Metal Around The World – Okzitanien

Wenn man Metalheads mit traditionellen Instrumenten experimentieren lässt

Hände hoch, liebe Reisegruppe: Wer hat schon einmal von Okzitanien gehört?

Euren fragenden Corpsepaintgesichtern nach zu urteilen wohl kaum einer. Dann lasst mich euer geografisches und geschichtliches Wissen mit der heutigen Ausgabe der Metal Around The World Tour ein wenig erweitern.

So weit in die Ferne reisen wir diesmal gar nicht. Auch wenn der Name Okzitanien ein wenig nach Orient, Sand und Ferne klingt, befinden wir uns doch „nur“ im Südwesten Europas.

Gedanklich setzen wir unsere Metallerfüße zwischen das südliche Frankreich und Nordspanien. Die historische Region Okzitanien reichte früher sogar noch weiter bis nach Italien. Heute ist sie überwiegend in der französischen Landesgrenze verortet.

Was ist nun aber das Besondere an dieser Region? In der seit 2016 wieder nach dem historischen Namen benannte Verwaltungsregion Okzitanien lernen immer mehr Einwohner wieder die alte ursprüngliche Sprache und ihre Dialekte. Okzitanisch wird sogar wieder in manchen Schulen unterrichtet und in einigen Gebieten erscheinen Straßenschilder oft zweisprachig.

Die Region hat natürlich auch eigene Bräuche, Geschichten und Traditionen, die man auch gerne mal eher aus den Nachbarländern kennt. So ist es gut möglich, hier und da auf Stierkämpfe zu stoßen, obwohl man sich nördlich der Pyrenäen befindet. Traditionelle Feste, farbenfrohe Märkte und gastronomische Besonderheiten wie der Roquefortkäse sind Teile der Kultur dieses Südwestens und machen Okzitanien zu einer Hochburg der Geselligkeit.

Neben all den kulturellen Aspekten kann sich das Touristenziel aber auch landschaftlich nicht verstecken. Aufgrund der südlichen Lage herrscht im Gegensatz zum Rest von Frankreich ein mildes und warmes Klima. Die Pyrenäenkette mit ihren prächtigen Gebirgsgipfeln, außergewöhnliche Felsenformationen in Montpellier-le-Vieux oder lange Mittelmeerstrände lassen jedes Naturliebhaberherz höherschlagen.

Kleine, malerische Gassen, romantische Brücken, mittelalterliche Schlösser und Ruinen sowie die bekannte Wallfahrtsstätte Lourdes ergänzen die touristische Attraktivität von Okzitanien. Die Hauptstadt Toulouse ist eine Perle der Renaissance Architektur.

Mit dieser traditionsreichen und historischen Geschichte haben sich auch Pereg Ar Bagol und das Kollektiv (Oc)kvlt, bestehend aus Metalheads von Bands wie Boisson Divine, Depressive Winter, Fleshgod Shaker, Hantaoma, Skiltron oder Stille Volk beschäftigt.

Laut Pereg ist (Ock)vlt das Ergebnis, das herauskommt, wenn man Metalheads mit traditionellen Instrumenten experimentieren lässt. Alle Kollektivmitglieder haben ihre unterschiedlichen Hintergründe und Verbindungen zu traditioneller Musik.

„Wir haben uns nicht bewusst zu irgendwas entschieden. Ich denke, es steckt in der Natur des Metalheads, alles was gefällt zu metalisieren“, antwortet er auf unsere Frage, warum (Oc)kvlt den Weg zu alten Instrumenten gefunden haben.

Doch fangen wir von vorne an. (Oc)kvlt ist eine Zusammensetzung der Wörter Occitanian, Culture und Occult. Hauptsächlich verarbeitet das Kollektiv okzitanisches Liedgut. Dabei entstehen einzigartige Kompositionen, die auf den Erfahrungen der beteiligten Musiker und Künstler aufbauen.

(Oc)kvlt war eine Initiative von Fabrice Buchholz (Khaos-Dei) und wurde 2017 gegründet. Im selben Jahr erschien die erste Veröffentlichung des wohl bekanntesten traditionellen okzitanischen Liedes Lo Boier. Vor ein paar Wochen folgte dann das neueste Werk Lo Parpalhon, was übersetzt Schmetterling bedeutet.

In beiden Liedern bedienen die Musiker sehr traditionelle Musikinstrumente wie beispielsweise eine Alt Drehleier, eine Schlüsselfidel, die Bouzouki – eine griechische Schalenhalslaute, ein diatonisches Akkordeon und ein französisches Saitentambourin. Typische Metalinstrumente sucht man hier also vergebens. Pereg sieht zwischen den beiden unterschiedlichen Instrumententypen dennoch eine Gemeinsamkeit.

Die meisten traditionellen Instrumente sind polyphon, laut, kratzig, grob und irgendwie out of tune. Viele Menschen hören dabei nur Lärm oder Imperfektion, ich höre Persönlichkeit, Identität und Harmonie.“ Das kommt uns doch sehr bekannt vor. Pereg erzählt weiter. „Metal Musik wäre nicht dieselbe, wenn sie sich nicht aus den verzerrten Gitarrensounds und dem Gesang entwickelt hätte.“.

Von vielen okzitanischen Liedern und Traditionen blieben nur die in Erinnerung, die am meisten gesungen oder gelebt wurden. Okzitanien verdankt es einzelnen Gruppierungen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Kultur ihrer Vorfahren wiederzubeleben und der jüngeren Generation weiterzugeben. (Oc)kult wollen ihren Teil dazu betragen, die alten Melodien zu erhalten und die Traditionen der geliebten Region in ihrer musikalischen und künstlerischen Arbeit neu aufleben zu lassen.

Die (Folk) Metalszene schätzt Pereg in dieser Region Frankreichs als wenig verbreitet ein. Natürlich gibt es in der traditionellen Szene, wie sie hier genannt wird, einen gewissen Underground. Vor der globalen Pandemie feierte man auch das eine oder andere beliebte Fest, bei dem auch traditionelle Musik gespielt wurde. Erst in den 80ern kam die traditionelle Musik wieder in den Vordergrund, als Los De Naudau ihre Gitarren verstärkten und den alten Liedtexten ein wenig Rock ’n‘ Roll verliehen. Es war dann nur eine Frage der Zeit, bis auch die eine oder andere Metalband wie Stille Volk, Hantaoma oder Boisson Divine diese Einflüsse aufnahmen und weiterentwickelten.

„Ob Vergangenheit oder Zukunft, wenn man weiß, wo man hinsehen muss, findet man Inspiration überall. Traditionen leben nur dann weiter, wenn sie ihre Aufgabe in der aktuellen Zeit gefunden haben.“ Mit diesen Sätzen verabschieden wir uns von Pereg, (Oc)kult und dem schönen Okzitanien. Doch bevor wir in unseren Reisebus steigen und uns auf den Heimweg machen, wollen wir noch einmal gemeinsam den malerischen (übersetzten) Lyrics von Lo Parpalhon lauschen.

Der Schmetterling folgt der Kerze und der Liebhaber der Schönheit. Der Schmetterling verbrennt seine Flügel und der Liebhaber seine Freiheit.“

 

Bis zum nächsten Mal!

Eure Time For Metal Reiseleitung!