Spider Murphy Gang und Support am 30.11.2019 in der Konzertfabrik Z7 in Pratteln

Mittendrin statt nur dabei ... im Sperrbezirk

Headliner: Spider Murphy Gang

Support: The Kickstarters

Ort: Konzertfabrik Z7, Kraftwerkstr.7, 4133 Pratteln, Schweiz

Datum: 30.11.2019

Genre: Rock`n`Roll, Rock, Deutschpop, Deutschrock, Neue Deutsche Welle

Besucher: ca. 1.500

Veranstalter: Konzertfabrik Z7 http://www.z-7.ch

Link: https://www.facebook.com/events/291453811529243/

Setlisten:

The Kickstarters:
01. Intro
02. Sweet
03. Come Together
04. Hand Me A Drink
05. Famous
06. Bird On My Shoulder
07. Saturday Night
08. Little Things
09. Born On Holiday
10. What I Love

Spider Murphy Gang:
01. Mir San A Bayrische Band
02. Rock`N`Roll Schuah
03. Vis-A-Vis
04. So A Nacht
05. Überdosis Rock`N`Roll
06. Mit`n Frosch Im Hois Und Schwammerln In De Knia
07. Sommer In Der Stadt
08. Radio
09. Autostop
10. Pfüati Gott, Elisabeth
11. Schickeria
12. Wer Wird Denn Woana
13. Ich Schau Dich An
14. Wo Bist Du?
15. Skandal Im Sperrbezirk
16. Achterbahn (Zugabe)
17. Herzklopfen (Zugabe)
18. So A Schöner Tag (Zugabe)
19. Rock`N`Roll Rendezvouz

Ausnahmezustand in der Kult-Location Z7 in Pratteln, welche heute kurzerhand zum Sperrbezirk erklärt wird. Nachdem ich gestern schon bei Dr. Feelgood weit über den Tellerrand hinaus geschaut habe, begebe ich mich heute noch ein Stück weiter in für mich eher ungewohnte Klänge. Mit der Spider Murphy Gang ist heute eine der größten und bekanntesten Bands der Neuen Deutschen Welle in der Konzertfabrik zu Gast, die ihre Hits aus der mittlerweile 42-jährigen Bandgeschichte mit im Gepäck haben. Als Support fungieren die Augsburger The Kickstarters, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, den Rock`n`Roll der 50er und 60er Jahre in die Gegenwart zu transportieren.

Mit leichter Verspätung gehen die Augsburger gegen 20:10 Uhr auf die Bühne und steigen nach einem kurzen Intro mit Sweet von ihren letztjährigen Album Road#3 in ihr Set ein. Die Band, die sich bereits 2013 gründete, besteht aus Phil Igran (Gesang, Gitarre, Maxx Glavac (Bass), Johnny Flying Fingers (Piano, Keyboard) und Fabs O`Truss (Schlagzeug) und steht für lupenreinen Rock`n`Roll in Stil von Elvis, Buddy Holly, Little Richard, Jerry Lee Lewis, aber auch den The Rolling Stones. Die noch junge Band hat den schweren Job des Openers und muss das Publikum für den Hauptact des Abends aufheizen, das trotz dieser frühen Zeit schon sehr zahlreich vor Ort ist und die Bühne belagert. Natürlich ist auch heute nicht das übliche Z7-Publikum vor Ort, das hier sonst bei Rock- und Metal-Konzerten anzutreffen ist. Es sind auch nicht die schönen Mädchen in schicken Petticoats und auch nicht die kecken Jungs mit ihren wilden Elvis-Tollen, an die man bei Rock`n`Roll-Musik denkt. Die allermeisten sind Ü-50, gehen als „Otto Normal“ durch und viele haben damals den Rock`n`Roll und dann die Neue Deutsche Welle-Ära hautnah miterlebt. Nur sehr wenige junge Leute haben heute den Weg in die Konzertfabrik gefunden. Ähnlich wie der Kickstarter am Motorrad durch einen kräftigen Tritt die Kurbelwelle auf die benötigte Drehzahl beschleunigt, so starten auch die Bayern Rock`n`Roller mit großer Spielfreude durch und sprühen vor Ehrgeiz. Aber der Bandname wurde wohl auch gewählt, weil er zu der kraftvollen, dynamischen und ehrlichen Rock`n`Roll-Musik passt, zu einer Zeit, in der handgemachte Musik ohne doppelten Boden selten geworden ist. Die Freude und der Stolz, für die große Spider Murphy Gang eröffnen zu dürfen, ist den Jungs förmlich anzusehen, dabei waren sie allesamt garantiert noch nicht geboren, als die bayrischen Mundart-Rock`n`Roller ihre großen Hits hatten. Leider dürfen sie nur auf einem sehr kleinen Teil der Bühne spielen und sind in ihrer Bewegungsfreiheit sehr eingeschränkt, aber sie geben dennoch ihr Bestes und können mit ihren stampfenden Rhythmen und fetten Riffs zumindest einen Teil des Publikums mitreißen, das tanzend vor der Bühne feiert. Andere dagegen bevölkern noch die Bar, oder hocken irgendwo in der Ecke und warten auf die Spider`s. Der Musik der The Kickstarters, eigene Rock`n`Roll-Nummern in englischer Sprache, kann ich persönlich nicht so viel abgewinnen, vielleicht weil ich die Zeit nicht wirklich miterlebt habe und keinen Bezug zu der Musik habe. Dennoch, vom Spielerischen her, machen die Jungs ihr Ding gut. Man merkt ihnen an, dass sie mit viel Herzblut bei der Sache sind und in den letzten Jahren zu einer gut eingespielten Einheit zusammengewachsen sind. Vielleicht fehlen mir ein bisschen die entsprechenden Instrumente, z. B. ein Kontrabass und ein dazu passendes Bühnen-Outfit, aber auf der Bühne stehen eben keine waschechten Rock`n`Roller aus der Zeit, sondern ein paar Jungs aus der Moderne, die den Rock`n`Roll wiederbeleben oder nicht sterben lassen wollen. Nach etwa 40 Minuten werden die Augsburger mit Applaus verabschiedet.

Im Anschluss wird es dann mega kuschelig eng vor der Bühne, denn die Konzertfabrik ist mittlerweile brechendvoll und steht mit etwa 1500 Besuchern kurz vor dem Sold Out. Die Gäste fiebern dem Auftritt der Spider Murphy Gang entgegen und obwohl auf der Bühne nicht allzu viel umgebaut werden muss, dauert es noch eine Weile. Gegen 21:30 Uhr ist es dann soweit, die Münchener betreten die Bühne und werden mit lautem Jubel begrüßt. Gleich zu Beginn wird einmal klargestellt, damit es auch der letzte Schweizer versteht, Mir San A Bayrische Band, und sofort ist ganz offensichtlich, der bayrische Mundart-Rock`n`Roll funktioniert auch nach 42 Jahren immer noch. Vom ersten Moment an ist das Publikum dabei und feiert die Bayern-Riege wie zu besten Skandal-Zeiten. Natürlich hat der Zahn der Zeit im Laufe der Jahre auch an der Band genagt, so ist neben Frontmann, Sänger und Bassist Günther Sigl nur noch Gitarrist Barny Murphy von der Originalbesetzung mit an Bord, doch dafür hat man mit Gitarrist Willie Duncan den einzigen Schotten weltweit in den Reihen, der auch bayrisch singen kann. Aktuell besteht die Band aus Günther Sigl (Gesang, Bass), Barny Murphy (Gitarre), Ludwig Seuss (Piano, Keyboard, Orgel, Akkordeon), Willie Duncan (Gitarre, Bass, Mandoline), Andreas Keller (Schlagzeug) und Otto Staniloi (Saxofon, Querflöte, Tuba). Die Rock`n`Roll Schuah haben nun nicht zu den ganz großen Über-Hits der 80er Jahre gehört, dennoch wird mit dem Song schon mal ein ordentlicher Pflock in den Raum geschlagen und die Fans erweisen sich auch hier als ziemlich textsicher. Damit haben sie mir einiges voraus, denn ich bin in den 80er Jahren natürlich mit der Musik der Neuen Deutschen Welle und der Spider Murphy Gang aufgewachsen. Tatsächlich kam man ja auch gar nicht daran vorbei, aber ich war wohl nie der große Fan dieser Art von Musik. Offenbar hat aber auch Barny, der in seinem orange-roten Overall ein bisschen wie von der Müllabfuhr aussieht, damals schon andere Musik gehört und offenbar trägt er heute auch die „Rock`n`Roll Schuah“, denn während des Songs legt er gekonnt einen Angus-Walk auf`s Parkett, Respekt! Mit Vis-A-Vis, So A Nacht und Überdosis Rock`n`Roll folgen noch ein paar Nummern, die eher selten bis gar nicht im Radio präsent sind und die Reaktionen des Publikums fallen auch etwas zurückhaltender aus. Doch als Günther noch immer jungenhaft beginnt Mit`n Frosch Im Hois Und Schwammerln In De Knia zu singen, wird wieder lauthals mitgesungen und getanzt, jedenfalls so gut es eben in der Masse möglich ist. Zwischendurch gibt es immer mal wieder ein paar lockere Sprüche und Barny sorgt mit seiner Zigarette für ein paar Lacher, denn während des Spielens klemmt er sie immer wieder zwischen die Saiten seiner Gitarre. Ihre Witzigkeit haben die Jungs in all den Jahren jedenfalls nicht verloren und Front-Bayer Günther erklärt auch, nichts habe sich in den 42 Jahren verändert. Nun gut, der gelernte Bankkaufmann ist mittlerweile 72 Jahre alt und auch die Bandbesetzung hat sich geändert, aber zumindest die Musik ist immer noch gleich geblieben. Für jede andere Band könnte das nun eine Abwertung bedeuten, nicht so für die Spider Muphy Gang, die ihrer Leidenschaft, dem Rock`n`Roll, genauer gesagt, dem bayrischen Rock`n`Roll, heute noch genauso enthusiastisch frönt, wie sie es in den letzten vier Jahrzehnten auf jedem einzelnen ihrer Konzerte getan haben. Sommer in der Stadt liegt dem Frontmann wohl ganz besonders am Herzen, denn die Nummer handelt von ihrer Heimatstadt München. Während des Songs Radio bemerkt Sigl dann aber bei den Fans wohl eine gewisse Unzufriedenheit oder Ungeduld, denn jeder hier in der Location wartet natürlich auf die ganz großen Hits wie Skandal oder Schickeria. Günther weiß zu beruhigen und bemerkt, das man natürlich auch noch ältere Nummern mit im Gepäck hat und man sich doch mal ein bisschen in Geduld üben soll. Die Spider Murphy Gang, allen voran Gründungsmitglied Barny, spielt einen Rock`n`Roll, den sie von ihrem großen Lehrmeister Chuck Berry gelernt haben. Ohne Chuck Berry, witzelt Sigl, wären The Beatles, The Rolling Stones und natürlich auch die Spider Murphy Gang nicht weltberühmt geworden. Beim Autostopp nach Schwabing, im Original Little Queeny von Chuck Berry, wird das Publikum dann mit einbezogen und Barny darf in einem coolen Solo sein Können an der Gitarre unter Beweis stellen. Die Geduld der Zuschauer ist dann aber nicht mehr länger nötig, denn im Anschluss wird direkt Pfüati Gott, Elisabeth unter das Partyvolk gehauen, gefolgt von der Schickeria. Ich brauche wohl nicht extra erwähnen, dass die Stimmung nun rapide ansteigt, die Luft brodelt und die Begeisterung keine Grenzen mehr kennt. Während Wer Wird Denn Woana darf dann Drummer Andreas Keller, der erst seit 2016 in der Band ist, seine grandiosen Fähigkeiten an der Schießbude unter Beweis stellen. Während des Konzertes erhält jedes einzelne Bandmitglied Gelegenheit, seine Virtuosität an seinem Instrument auszuleben, was vielleicht einer der Gründe ist, warum die Band ihre alten Hits ständig wieder und wieder performen kann, ohne dass die Musiker auch nur kleinste Ermüdungserscheinungen erkennen lassen. Dann geht es Schlag auf Schlag, Ich Schau Dich An, Wo Bist Du und dann endlich kommt auch schon die Rosi. Schon als die ersten Akkorde von Skandal Im Sperrbezirk erklingen, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Jung und Alt gröhlen gleichermaßen um die Wette und es wird getanzt und gefeiert. Unglaublich, aber wahrscheinlich kennen die meisten im Z7 die 32-16-8 besser als wie ihre eigene Handynummer. Alleine mit diesem einzigen Song ist die Band damals schon zur lebenden Legende geworden. Damit ist das offizielle Set dann aber auch zu Ende und die Musiker verabschieden sich. Zwar folgen mit Achterbahn, Herzklopfen, So A Schöner Tag und Rock`n`Roll Rendezvouz noch ein paar Zugaben, doch eigentlich ist der Gig schon gelaufen und die ersten machen sich auf den Heimweg. Nach gut 90 Minuten ist das Spektakel dann auch endgültig vorbei und ehrlich gesagt, mir reicht es nun auch und ich freue mich schon auf der nächste geile Metal-Event in der Konzertfabrik Z7.