Arsames – Iranische Regierung erneut auf Kreuzzug gegen den Heavy Metal

Der Band drohen insgesamt 15 Jahre Knast, weil sie das Verbrechen beging, Heavy Metal zu spielen

Dass Heavy Metal im gläubigen Iran nicht zu den bevorzugten Musikstilen gehört, ist allgemein bekannt. Besonders der Death Metal gilt in der islamischen Republik am Persischen Golf als illegal, und immer wieder werden dort hart rockende Musiker und Bands verfolgt und der Blasphemie angeklagt und verurteilt.

Dabei hat Rockmusik schon seit vielen Jahren im Iran einen hohen Stellenwert, bereits illustre Gesellen wie Elvis Presley und Chuck Berry erfreuten sich (sehr zum Leidwesen der Regierung) großer Beliebtheit. Doch es sollte alles noch viel schlimmer kommen, in den 70er-Jahren nahm die Rockmusik ungeahnte Formen an und Bands wie Deep Purple, Led Zeppelin, Thin Lizzy und Black Sabbath stießen im Mittleren Osten auf offene Ohren. In den 80ern kam es dann für die heuchlerischen Gläubigen ganz dicke, denn der Heavy Metal wurde im Iran eine Art von Protestform. Die neue, härtere und viel intensivere Form der Rockmusik wurde anfangs ins Land geschmuggelt und unter den neuen Generationen wie Drogen gehandelt. Man fühlte sich von den Vorschriften der Regierung eingeschränkt, und so wurde die Musik immer mehr zum krassen Gegensatz zur zurückgebliebenen, verknöcherten und stark heuchlerischen Version des Islam, die das Regime seit Jahr und Tag propagiert.

Erwartungsgemäß dauerte es nicht allzu lange, bis sich auch in der islamischen Welt die ersten Metal-Kapellen gründeten und so ihre Art von Protest unter das Volk brachten. Zu den Vorreitern der modernen iranischen Rockmusik zählten O-Hum aus eheran, die westlichen Hard Rock mit Elementen aus der traditionellen persischen Musik verbanden, wobei sie viele Texte der persischen Dichter Hafis und Rumi übernahmen. Die iranischen Zensoren schwangen jedoch ein eisernes Zepter und so durften O-Hum und weitere Bands weder öffentlich auftreten noch CDs herausbringen. O-Hum nahmen dennoch einige Demos auf und veröffentlichten auch die Single Darvish. 1999 nahmen sie dann sogar ihr erstes Album Nahal-e Heyrat auf, doch die Veröffentlichung wurde seitens der Regierung mehrfach abgelehnt. So wurde das Album zum kostenlosen Download angeboten und verschaffte der Band einen beachtlichen Bekanntheitsgrad. Sie spielten überwiegend auf geheimen Konzerten in Privatwohnungen und Räumlichkeiten der russisch-orthodoxen Kirche. Kirchen, Privatbehausungen und auch ausländische Botschaften wurden zu Konzertbühnen, vor denen sich nicht selten mehrere Hundert Fans einfanden. Nur hier brauchten sich Musiker und Fans nicht vor Schikanen und Festnahmen durch die Regierung fürchten. Jedoch galt diese Nische nur von 1997 bis 2005, die Zeit unter der Präsidentschaft von Mohammed Khatami, denn nach der Wahl von Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2005 begann die Regierung auch in diese Nischen vorzudringen und nahm Musiker und Fans fest. 2003 spielte die Band dann auch erstmals in Deutschland.

Trotz zunehmender Repressalien und einem Zensursystem, welches aggressive, satanische Texte und die Verwendung von Drum-Kits verbot, wurde Heavy Metal in den letzten Jahren immer beliebter. Die Musiker führen einen unerbittlichen Kampf, um den Metal am Leben zu erhalten, doch die Regierung geht immer unerbittlicher gegen die ungläubigen „Schwerverbrecher“ vor und führt einen regelrechten Kreuzzug. Erst 2015 war die 2010 gegründete iranische Metalband Confess ins Fadenkreuz der Regierung und Justiz geraten. Die Anklagepunkte beinhalteten unter anderem schwere Regelverstöße wie z.B. – Blasphemie – Werbung gegen das System – Beleidigung der Heiligkeit des Islam – die Störung des öffentlichen Friedens durch die Produktion von Musik mit regimekritischen Texten und beleidigendem Inhalt – die Gründung und Leitung einer verbotenen satanischen Band –  die Teilnahme an Interviews mit oppositionellen ausländischen Medien, bis hin zur Beleidigung des Obersten Führers und des Präsidenten. Dabei hatten die Jungs aus Teheran nichts weiter getan, als im Oktober 2015 ihr Album In Pursuit Of Dreams zu veröffentlichen, für die Regierung jedoch zu viel Provokation auf einmal, denn keine zwei Wochen später wurden die Bandmitglieder Nikan Khosravi und Arash Ilkhani von der iranischen Revolutionsgarde festgenommen. Die Vorwürfe waren an langen Haaren herbeigezogen, dennoch drohte ihnen zeitweise die Todesstrafe, in jedem Fall jedoch eine langjährige Gefängnisstrafe. Eine wenig verlockende Aussicht im Iran, deshalb flohen sie, nachdem sie 2017 gegen eine Kautionszahlung von umgerechnet 30.000 US-Dollar freikamen, über die Türkei nach Norwegen, wo sie Asyl bekamen. In Abwesenheit wurden die Musiker zu 14 Jahren Haft verurteilt. Bandleader und Sänger erwarten bei einer Rückkehr in den Iran zudem noch 74 Peitschenhiebe, weshalb die Band es vorzieht, vorerst nicht in die Heimat zurückzukehren. Künstlerische Freiheit und Menschenrechte gelten im Iran einen Scheißdreck.

Der Fall Confess ist lange kein Einzelfall, immer wieder kam es über die Jahre zu ganz ähnlichen Vorfällen. Angeklagt werden immer wieder die „satanische“ Musik, die als Blasphemie hingestellt wird, aber auch die Kleidung und das Verhalten der Fans. Nun steht mit der Death Metal Band Arsames aus Mashhad seit einiger Zeit eine weitere Band im Fadenkreuz der iranischen Sittenwächter.

Das Quintett Arsames gründete sich bereits 2002 und konnte sich unter dem Banner New Wave of Persian Death Metal schnell einen Namen machen. Sie spielten bereits in der Türkei, Dubai, Indien und Armenien, nur in ihrer Heimat dürfen sie offiziell nicht auftreten, wollen sie nicht riskieren, schikaniert, verfolgt, verurteilt und im schlimmsten Fall sogar hingerichtet zu werden. Das Martyrium begann für die Musiker bereits im Jahr 2017, wo sie während einer Probe verhaftet wurden. Sie wurden ins Gefängnis verfrachtet und ihre Familien und Angehörigen erfuhren eine Woche lang nicht, wo die Musiker sich befanden. Einen Monat später wurden die Bandmitglieder, genauso wie im Fall Confess, gegen eine Kautionszahlung vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt. Unter Auflagen sollten sie bis zur Gerichtsverhandlung freikommen: Sie sollten ihre musikalischen Aktivitäten mit sofortiger Wirkung einstellen, keine neuen Songs oder Merchandise mehr veröffentlichen und keinesfalls mit den Medien reden. Ihre Internetaktivitäten wurden zudem eingeschränkt und Bandseiten von der Regierung gesperrt. Die Band kümmerte sich einen Dreck um all diese Auflagen, bis ihnen nun die Rechnung präsentiert wurde, denn die iranische Regierung ließ die Bandmitglieder zu jeweils fünf Jahren Gefängnis verurteilen, sodass die Band nun im August 2020 ebenfalls aus dem Iran fliehen und ihre Heimat verlassen musste. Wo man sich aktuell aufhält, will man derzeit lieber nicht preisgeben.

In einer Erklärung gegenüber Loudwire meldete sich die Band zu Wort: „Unsere Musik handelt von unserer früheren Kultur, Geschichte …, sodass sie denken, wenn wir growlen und schnelle Musik spielen, würden wir Satanismus mögen! Die Schädel auf unseren T-Shirts ist für sie gleichzusetzen mit satanischer Musik.“

In einer Videobotschaft meldete sich jetzt die Band zu Wort: