Artist: BA’AL
Herkunft: Sheffield, England, Vereinigtes Königreich
Album: The Fine Line Between Heaven And Here
Genre: Post-Black Metal, Blackened Post-Metal
Spiellänge: 62:09 Minuten
Release: 18. Juli 2025
Label: Road to Masochist Records
Link: https://baalband.co.uk/
Bandmitglieder:
Gesang – Joe Stamps – Vocals
Gitarre – Nick Gosling – Guitars
Gitarre – Chris Mole – Guitars
Bassgitarre (und Violin/Viola) – Richard Spencer
Schlagzeug – Luke Rutter
Tracklist:
1. Mother’s Concrete Womb
2. Waxwork Gorgon
3. Floral Cairn
4. Well Of Sorrows
5 . The Ocean That Fills A Wound
6. Legasov
Die britische Formation BA’AL aus Sheffield wurde 2016 gegründet und bewegt sich seitdem im Spannungsfeld zwischen Black Metal, Sludge und Post-Metal. Ihre Musik ist geprägt von düsteren Klanglandschaften, emotionaler Tiefe und einer beständigen Bereitschaft, die Grenzen zwischen den Genres zu durchbrechen. Bereits mit ihrem Debüt Ellipsism im Jahr 2020 zeigte die Band, dass sie es versteht, rohe Black-Metal-Ausbrüche mit sphärischer Weite und introspektiver Melancholie zu verbinden. Mit dem zweiten Album The Fine Line Between Heaven And Here, das am 18. Juli 2025 über Road to Masochist Records erschienen ist, gehen BA’AL diesen Weg konsequent weiter. Das Werk ist dichter arrangiert, emotionaler aufgeladen und in seiner Gesamtwirkung reifer. Thematisch kreist es um urbane Isolation, Natur, Vergänglichkeit und die Zerbrechlichkeit menschlicher Existenz – ein Themenfeld, das perfekt zur kühlen, nebligen Ästhetik der Band passt.
Der Opener Mother’s Concrete Womb eröffnet das Album mit einem Statement. Typische Black-Metal-Riffs und ein Schlagzeuggewitter verschmelzen mit atmosphärischen Gitarren und einem Gesang, der zwischen Wut, Verzweiflung und Einkehr schwankt. Der Song entfaltet sich über mehrere Ebenen, durchläuft intensive Temposchübe und weitet sich schließlich in einen unerwartet warmen Akustikpart. Hier zeigt sich, wie sehr BA’AL in ihrer Ausdruckskraft gewachsen sind – nicht nur laut und finster, sondern auch subtil und tiefgründig.
Waxwork Gorgon setzt mit einer fast unheimlichen Atmosphäre an. Der Track baut sich schleichend auf, bevor sich schwere Gitarren und eindringliche Vocals ihren Weg bahnen. BA’AL erschaffen ein Bild der inneren Erstarrung – ein musikalischer Balanceakt zwischen kontrollierter Kälte und eruptiver Emotion. Der Song funktioniert hervorragend als dunkles Bindeglied zwischen den epischen Momenten des Albums.
Mit Floral Cairn zeigt die Band ihre aggressive Seite. Das Stück beginnt mit einem schnellen, peitschenden Riff, das sofort zündet, bevor es sich in ruhige, fast gesprochene Passagen zurückzieht. Der Text beschreibt eine von Tod und Erinnerung durchzogene Landschaft, in der Verwesung und Blüte ineinander übergehen. Diese Gegensätze – zwischen Brutalität und Schönheit, Chaos und Klarheit – machen Floral Cairn zu einem der eindrucksvollsten Songs des Albums. Hier passt einfach nahezu alles: Energie, Emotion, Atmosphäre.
Well Of Sorrows markiert den emotionalen Mittelpunkt der Platte. Der Song nimmt sich Zeit, um sich zu entfalten: sanft beginnend, dann eruptiv, schließlich in melancholischen Harmonien endend. In seiner Thematik – Verlust, Schmerz und der Versuch, darin Bedeutung zu finden – bündelt er all das, was BA’AL ausmacht. Die Band versteht es, emotionale Intensität nicht zu erzwingen, sondern entstehen zu lassen. Gerade in den ruhigeren Momenten entfaltet dieser Song eine Wucht, die man nicht vergisst.
Mit dem Song The Ocean That Fills A Wound erreicht das Album seinen atmosphärischen Höhepunkt. Über mehrere Akte hinweg wächst der Song von einer fast meditativen Ruhe hin zu einem gewaltigen, kathartischen Finale. Hier werden die Spannungsfelder zwischen Himmel und Erde, Hoffnung und Verzweiflung hörbar. Der Track fordert Geduld, belohnt aber mit einer emotionalen Tiefe, die man selten im Metal findet.
Der Abschluss Legasov schlägt schließlich einen nachdenklichen Ton an. Benannt nach dem sowjetischen Wissenschaftler, der nach der Tschernobyl-Katastrophe zum Symbol moralischer Verantwortung wurde, steht das Stück sinnbildlich für das gesamte Album: zwischen Erkenntnis und Resignation, zwischen Zerstörung und dem Versuch, Sinn zu finden. Die Musik baut sich in Wellen auf, schichtet sich aus dissonanten Gitarren, zurückgenommenem Gesang und einer fast sakralen Stimmung. Kein bombastisches Finale, sondern ein leises Verhallen – ein Ausklang, der nachhallt.
The Fine Line Between Heaven And Here ist ein Werk, das nicht beeindrucken will, sondern überzeugt. BA’AL beweisen ein feines Gespür für Dynamik, Atmosphäre und Songwriting. Die Produktion von Joe Clayton klingt klar und druckvoll, ohne die raue Energie zu glätten, während Brad Boatright für das Mastering verantwortlich ist.
Zwar gibt es auch Momente, in denen das Album etwas zu viel Raum atmet und einige Übergänge länger wirken als nötig, doch das ist Teil seines Charakters. BA’AL verlangen Aufmerksamkeit und Zeit – wer sich darauf einlässt, wird mit einem tiefgehenden, intensiven Hörerlebnis belohnt. The Fine Line Between Heaven And Here ist nicht nur und kein Hintergrundrauschen, sondern ein Album, das atmet, fühlt und fordert und immer mal wieder gehört werden muss, um einzutauchen, um immer wieder Neues zu entdecken.




