Eventname: Break Out Open Air 2025
Bands: Afsky, Ancient, Archaic Thorn, Argorok, Asca, Dead Congregation, Doublewide, Ellende, Gernotshagen, Hamferd, Hate, Heretoir, Humiliation, Irem, Moor, Morbid Enema, Nail By Nail, Nornir, Pater Tenebrarum, Rope Sect, Saprobiontic, Soul Demise, Spearhead, Terrible Sickness, Unheil, Unleashed, Vermocracy, Wrathcast, Zeït
Ort: Ferienland Crispendorf, Schleiz, Thüringen
Kosten Abendkasse:
Wochenendticket 120 Euro
Donnerstag: 20 Euro (nur Metal-DJ)
Freitag: 65 Euro
Samstag: 65 Euro
Camping: 8 Euro
Besucher: ca. 1.200 (geschätzt)
Genres: Death Metal, Melodic Death Metal, Black Metal, Post-Black Metal
Das Event wurde unter andem präsentiert von Time For Metal.
Das vermutlich letzte Open Air für mich dieses Jahr, und mal abgesehen davon, dass ich natürlich für Time For Metal berichten und ein paar Schnappschüsse einfangen werde, bin ich bereits seit Monaten Teil der Break Out-Crew und daher auch etwas vor dem Startschuss auf dem charmanten Gelände im Ferienland Crispendorf. In früheren Zeiten wurde die Anlage von der SDAG für die FDGB-Mitglieder für die staatlich subventionierte Freizeiterholung genutzt und die Crew- und Bandunterkünfte atmen dementsprechend noch eine Menge Ostalgiecharme. Am witzigsten finde ich eigentlich die kleine Parkeisenbahn, wie sie zu DDR-Zeiten vielerorts existierte, und die von vielen Fans am Wochenende rege genutzt wird.
Nach einem entspannten Frühstück erledige ich noch verschiedene kleine Aufgaben als Springer auf dem Gelände, bevor gegen 12 Uhr der Einlass öffnet. Heute findet ja noch kein Bühnenprogramm statt, aber auf der HallStage findet die Warm-up-Party mit Metal-DJ Nico Belford Scott statt, der die Gäste mit einem launigen Potpourri an Metalklassikern, aber auch mit den jungen Wilden der neueren Generation erfreut. Natürlich wird auch der halleneigene Barbereich kräftig in Anspruch genommen, denn Metalheads lieben es schnell und laut, aber sind erfahrungsgemäß immer durstig. Zwar endet der Abend in der Halle um 03:00 Uhr, aber auf dem Zeltplatz geht die Party natürlich noch weiter. Viel Schlaf wird es dieses Wochenende bei Gästen und Crew eh nicht geben.
Nach einem kleinen Frühstück und größeren Mengen an Kaffee gilt es, Stück für Stück eintrudelnde Besucher, unter denen sich viele Freunde und Bekannte befinden, zu begrüßen. Auch der Zustrom an ankommenden Musikern wird nun spürbar größer. Das Zeltgelände füllt sich rasch. Auf beiden Bühnen laufen die ersten Line-Checks und das BOOA ist allmählich bereit für die erste Band des Tages.
Auf der HallStage fällt jetzt gewissermaßen der Startschuss des Festivals. Leider haben die Opener Pater Tenebrarum genau wie viele Bands in der Halle an diesem Wochenende verflucht wenig Publikum. Die sympathischen Wiener nehmen’s gelassen und liefern den paar Anwesenden in den 40 Minuten einige feine Melodeath-Granaten. Scheinbar ist auch bei den Jungs eine neue Platte in der Mache, da im Verlauf dieses frühen Nachmittags der eine oder andere Song davon zu Gehör gebracht wird. Der Debütnachfolger wird offensichtlich mindestens genauso stark wie der Albumerstling Of Gods And Madmen, von dem der Großteil des Sets bestritten wird. Die Schlussnummer hat für mich was auffallend Thrashlastiges. An alle, die diesem Gig ferngeblieben sind: Ihr habt was richtig Gutes verpasst.
Weiter geht’s auf der MainStage. Dort schicken sich gerade die Blackdeather Irem an, den ersten Sturm über das Feld hereinbrechen zu lassen. Frostiger Schwarzmetall muss keineswegs aus Skandinavien stammen, den Beweis tritt das ostdeutsche Quintett heute einmal mehr an. Mit einem geballten Arsenal von fünf Platten bewaffnet, kartätschen die Jungs alles gnadenlos in Grund und Boden. Pfeilschnelle Gitarren, finstere Bassläufe und rasende Blasts begleiten den rasenden Gesang von Frontmonster Yuggoth, während gefühlt sämtliche Dämonen der Niederhöllen tanzen. Die meisten im Auditorium begnügen sich mit BM-typischer Stoik oder wenigstens artigem Kopfnicken. Leider kann man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen und auch auf dem BOOA kann man nicht zeitgleich vor zwei Bühnen feiern.
So bin ich erstmals an diesem Wochenende gezwungen, das Hauptfeld zu verlassen, um wenigstens noch etwas vom Gig meiner Freunde von Morbid Enema mitzubekommen. Würde eine Band wie Knorkator in einem Swingerclub einen dreckigen Bastard mit den Excrementory Grindfuckers zeugen, dann käme genau diese kultige Kapelle dabei heraus. Wunderbar perverser Kasperkram. Das Ganze fängt bei jedem Song mit geeigneten Samples aus mehr oder weniger bekannten Filmen an, um dann eine Attacke nach der anderen auf die Nackenmuskulatur und das Zwerchfell zu fahren. Lyrisch bewegt man sich dabei hart am Rand des guten Geschmacks … nee, Verzeihung, einen guten Schritt drüber. Daher war nämlich dem Bandmythos nach ein Gig überhaupt erst nach dem achtzehnten Geburtstag vom jugendlichen Spitzengitarristen Paul überhaupt realisierbar. Beim nächsten Mal rücke ich übrigens mit der unheiligen Klobürste an!
Weiter geht’s mit einem großen Kontrastprogramm. Halb getragener finsterer Doom, halb rasender Schwarzmetall – damit bekommen die Zuschauer auf dem Platz eine mehr als interessante Mischung aus Traurigkeit, Depressionen und Wahnsinn serviert, wohlgemerkt auf rein musikalischer Ebene. Ich persönlich finde vor allem den rohen minimalistischen Ansatz der Band Zeït äußerst spannend. Das ist zwar keine Mucke zum frenetischen Abfeiern, aber um Kontraste im gesamten Festivalprogramm zu setzen, auf jeden Fall perfekt geeignet. Ich persönlich könnte mir das weder live noch von Platte dauerhaft geben, aber für den Moment taugt mir das ganz gut und die Leipziger machen einen wirklich guten Job.
Leider steht für mich jetzt schon wieder ein Wechsel der Bühne an, um dort wenigstens noch einen nennenswerten Part von Archaic Thorn sehen zu können. Veranstaltungen mit mehreren Bühnen sind einfach ziemlich tricky.
Von den Lichtensteinern hab ich nur die Ende 2020 erschienene Scheibe Eradication im Schrank, ein Hassbatzen allerfeinster Kajüte. Entsprechend gehen die Jungs auch auf der kleinen HallStage zu Werke. Wütender, schneller Old-School-Death paart sich mit Elementen aus Black- und Thrash-Metal. Wäre die kleine Halle gut gefüllt, könnte deutlich mehr Stimmung aufkommen, aber leider verpuffen die drückenden Leads und schnellen Blastbeats in der kleinen Zuschauermenge etwas, was ich persönlich ziemlich schade finde, denn das Lichtensteiner Trio macht seine Sache für meine Begriffe saugut. Na, mal gucken, ob ich die Jungs noch mal anderswo erwische. Vielleicht, nachdem das kommende Album Malicious Spears dann draußen ist, von dem wir heute bereits eine Kostprobe hören durften.
Definitiv ein echtes Highlight für viele erwartet uns jetzt auf der großen Bühne mit den Schwarzmetallern Nornír aus dem sächsischen Freiberg. Die Band ist eine echte Macht im ostdeutschen Untergrund und überzeugt jedes Mal durch ihren Variantenreichtum. Eisiger Black Metal paart sich mit teils virtuosen Melodien und unglaublich viel Energie. Ich mag es ganz besonders, dass bei denen die satanischen Einflüsse außen vor bleiben, und man sich weitestgehend auf heidnischen Pfaden bewegt oder sich viel mit natürlicher Spiritualität beschäftigt. Sängerin Lethian bringt das mit ihren variantenreichen Vocals beeindruckend glaubhaft rüber, dabei kann sie natürlich auf die Unterstützung ihrer fantastischen Instrumentalfraktion aufbauen. Streckenweise verliere ich mich während der Show in einer Art meditativem Zustand. Die Mucke verströmt einfach auf eine etwas andere Art etwas vollkommen Magisches. Eine kleine Perle des Gigs ist dann zusätzlich das Wardruna-Cover Helvegen von der letzten Platte. Regelrecht anbetungswürdig.
Da ich die nächsten beiden Bands der MainStage auf jeden Fall vollumfänglich sehen muss, beziehungsweise will, fallen damit für mich die nächsten drei Shows auf der kleinen HallStage zu meinem Bedauern weg. Also geht’s erst mal zum Abendessen und danach mache ich den Norwegern Ancient meine Aufwartung. Die Jungs bewegen sich im Fahrwasser des melodischen Schwarzmetalls und obwohl diese Schublade des BMs ja bekanntermaßen genau meins ist, hatte ich noch nie das Vergnügen, die Vestlendinger mal live zu erleben. Bandgründer Magnus „Zel“ Garvik ist mir schon backstage aufgrund seiner ungewöhnlichen Montur aufgefallen. Mit seinem eigentümlichen Diadem sticht er auch auf der Bühne stark hervor. Aber die Band steht ja nicht aus optischen Gründen auf der Break Out-Bühne, sondern wegen ihrer absolut großartigen Musik. Von den ersten Akkorden an fressen die Zuschauer den Musikern förmlich aus der Hand. In ihrer 33-jährigen Bandhistorie brachte es die Band bislang auf sieben Studioalben und ebensoviele Nebenreleases. Genug Material also, um eine abwechslungsreiche Setlist für den heutigen Abend zu generieren. Und meinereiner bangt sich genau wie viele andere auf dem Platz förmlich den Nacken physiotherapiereif. Was für eine unglaubliche Band!
Kurze Pause, Zeit, eine neue Limo und neue Akkus zu holen und dann zur MainStage zurückzukehren. Ich habe mich definitiv sehr auf die Österreicher Ellende gefreut. Post-Black-Metal ist ja mittlerweile ebenfalls ziemlich mein Ding, und irgendwer hatte mich in den vergangenen Jahren immer mal wieder mit dem Backkatalog der sympathischen Jungs aus der Steiermark vertraut gemacht. Klar, ist das Ganze eigentlich nur L.G.s Projekt und die anderen Musiker sind Hired Guns für Liveauftritte, aber davon merkt man auf der Bühne nichts, da alle wie ein eingespieltes Team zusammenarbeiten und man doch eine Menge Herzblut bei jedem dort oben spüren kann. Natürlich lassen die Musiker eine ganze Menge Weltschmerz in die Songs fließen, und teilen den auch mit den zahlreich aufgelaufenen Fans. Aber wie sagt man so schön? Geteiltes Leid ist halbes Leid, und wir feiern hier und heute trotz alledem das Leben. Sänger Lukas Gosch wirkt zwar etwas getrieben, wie er auf der Bühne scheinbar Kilometergeld kassiert, weiß aber, genau wie seine Mitmusiker, auf ganzer Linie zu überzeugen, und so endet der ganze Gig vom Gefühl her nach 50 Minuten viel zu zeitig. Wir sehen uns auf jeden Fall wieder, wenn im nächsten Jahr Zerfall draußen sein wird.
Ob ich mit der Band, die jetzt auf der Bühne steht, jemals warm werde, muss die Zeit weisen. Im vergangenen Jahr waren Rope Sect bereits auf der TentStage des Party.San Metal Open Airs zu Gast, da hab ich sie aber schlicht verpasst. Heute stehe ich neugierig vor der MainStage und harre der Dinge, die da kommen. Death Rock ließ zwar von Anfang an einen stilistischen Ausreißer im Billing vermuten, dass die Band aber meiner Meinung nach eher auf einer Veranstaltung wie dem Wave Gothic Treffen in Leipzig richtiger platziert wäre, damit hätte ich nicht wirklich gerechnet. Mutiges Booking, muss ich schon sagen. Entsprechend klein ist auch die Zahl der Zuhörer, die letztlich vor der Bühne bleiben. Die Band nimmt es sportlich und legt all ihre spielerische Energie und ihr Können in den Gig, und die ist beileibe nicht schlecht. Für das Gros der Festivalbesucher nur leider eine Möglichkeit für anderweitige Aktivitäten abseits der Bühnen.
Mir bietet es halt die Gelegenheit, ohne größeres schlechtes Gewissen schon zu Gernotshagen in die HallStage zu wechseln, da ich deren Show leider nicht komplett werde schauen können. Auch wenn die Lebenszeichen aus dem Thüringer Wald des Öfteren lange auf sich warten lassen, hat es im vergangenen Jahr eine Hommage an die eigene Heimat in Form der EP Mein Trusetal gegeben. Und heute darf ich Daniel „Askan“ Möller und seine Truppe endlich mal wieder live erleben, wenn auch leider nicht vollumfänglich. Der kleine Saal ist sichtbar besser gefüllt als bei so manch einer anderen HallStage-Band, aber immer noch weit weg von voll. Nichtsdestotrotz legt das Sextett hochmotiviert mit melodischem, nach wie vor mit paganem Content gespicktem Black Metal los, als würde es sich um eine altgermanische Heerschau handeln. Frontmann Askan mit altbewährter Ganzkörperkriegsbemalung versucht, die Zuschauer zu Höchstleistungen zu motivieren. Zusammen mit anderen moshe ich ein wenig zu den großartigen Songs, bevor ich wieder zurück zum Hauptgelände wechseln muss.
Hamferð können ganz ohne Zweifel einen Exotenbonus für sich beanspruchen, nicht nur, dass sie von den Färöer Inseln stammen, sie besingen zudem viele der tragischen Seefahrtsgeschichten ihrer Tórshavener Heimat in ihrer Muttersprache. Allein diese Tatsache hatte mich neben diversen Hörproben sehr neugierig auf diese Band gemacht, und entsprechend aufgeregt bin ich, dass ich meine Neuentdeckung aus dem vergangenen Jahr heute auch live genießen darf. Während der reichlich 50 Minuten Bühnenzeit spricht keiner der Musiker ein Wort mit dem Auditorium, zu 100 Prozent überlässt man es dem genialen Death Doom, Inhalt und Emotion zu übermitteln. Das gelingt den Färöern trotz der sprachlichen Barriere extrem gut. Es mag esoterisch klingen, aber Hamferð schaffen es mit ihrer Energie, zwischen den Fans und sich als Band eine Verbindung auf eher spiritueller Ebene herzustellen. Mit dem Hauch an Hintergrundwissen fühle ich mich mit meinem geistigen Auge auf die raue See vor der Färingischen Küste versetzt. Der abwechselnd emotionale, klare, schreiend-klagende oder tief grollende Gesang von Jón Aldará lässt das raue Leben, Schmerz und Verlust seiner Vorfahren fühlbar werden. Ein Paradebeispiel dafür, wie Musik Situationen lebendig werden lassen kann. Auf jeden Fall habe ich gerade eines der absoluten Highlights des gesamten Break Out Open Airs erleben dürfen. Ich muss gerade mit dem Schreiben pausieren und Men Guðs Hond Er Sterk eine Runde auf dem Dreher gönnen.
Nach dieser emotional tiefgreifenden Erfahrung eben können die Griechen von Dead Congregation mit ihrem Hau-Drauf-Death-Metal eigentlich nur verlieren. Na klar, machen Anastasis Valtsanis und seine Mannen einen echt guten Job, und für Fans von Incantation oder Immolation dürfte der Gig auch heute noch eine echte Offenbarung sein. Unter normalen Umständen hätte ich ebenfalls headbangend in der Menge gestanden, die ob der Uhrzeit und der mittlerweile vorherrschenden tiefen Temperaturen recht überschaubar geworden ist. Aber ich muss gestehen, dass mein Innerstes gerade noch nicht wieder bereit zu sein scheint, diese musikalischen Fausthiebe vernünftig wegzustecken. Mag ziemlich doof klingen, aber ich stehe noch für ein paar Songs einfach nur am Rand des Geländes und verfolge regungslos und schweigend das Gerödel auf der Bühne, bevor ich mich langsam in Richtung Unterkunft und Feierabend bewege.
Nach einer längeren geselligen Nacht mit ein paar Musikern, anderen Fans und Crewkollegen geht es nach nur wenigen Stunden Schlaf in den neuen Tag. Nach einem entspannten Frühstück wird der Vormittag mit kleineren Aufgaben überbrückt, bis gegen 12 Uhr das Infield zum finalen Tag öffnet.
Zwar dauert es von da an noch zwei Stunden, bis der Tag erneut auf der HallStage eröffnet wird, dafür wird wenigstens in klangtechnischer Hinsicht das Geheimnis um die Band Asca gelöst. Das relativ junge Quintett frönt unüberhörbar dem Melodic-Death-Metal-Sound, und das gar nicht mal schlecht. Bei einigen in dem kleinen Saal scheint die Kapelle bereits bekannt zu sein, zumindest die rechte Flanke der Zuschauer feiert die Band recht konstant und geschlossen ab. In manchen Songs kommt unüberhörbar weiblicher Backgroundgesang zum Einsatz, was in meinen Ohren sehr angenehm klingt. Da aber auf der Bühne keine Musikerin zu entdecken ist, vermute ich entsprechende Samples oder entsprechend eingespielte Vorabaufnahmen. Ich hoffe, dass ihr jetzt auch medial etwas sichtbarer werdet, und würde mich sehr freuen, was Greifbares für die heimische Anlage bekommen zu können, das war ehrlich nicht übel.
Auch im Black-Metal-Sektor haben wir immer mal wieder einen neuen Sheriff in der Stadt, und mit dem Debütalbum bewaffnet, konnte man die Karlsruher Nail By Nail direkt für das diesjährige Break Out Open Air verpflichten. Die Jungs sind jeder für sich genommen keine ganz Unbekannten mehr, und wie im Vorfeld versprochen, lassen sie eine Dreiviertelstunde lang eine durchaus abwechslungsreiche finstere Welle über den Acker rollen. Mal Midtempo, mal intensives Geblaste und des Öfteren paaren sie ihr Schwarzmetall mit deathlastigen Akkorden. Prinzipiell müsste das so jedem Liebhaber derber Klänge richtig gut reingehen, mir auf jeden Fall machen die Nagelpistolen einen Heidenspaß, und ich lasse ordentlich die Rübe kreisen und die Pommesgabeln fliegen. Alles in allem wirkt die Show atmosphärisch dicht gepackt und aus einem Guss. Trotzdem fällt es mir leider am Ende trotzdem schwer, besondere Momente auszumachen und damit die Basis für eine dauerhafte Erinnerung zu schaffen.
Für die Melodeather Wrathcast steigt nun auf der HallStage der erste Gig außerhalb ihrer Wiener Heimat. Ich bedauere es sehr, nicht die ganze Show begleiten zu können, denn zum einen war bereits der Austausch im Vorfeld mit dieser ursympathischen Band aufs Höchste angenehm und zum anderen hauen mich die Jungs und Mädels mit ihrer Performance richtiggehend um. Da werden absolut keine Gefangenen gemacht und jede Nummer schlägt prinzipiell ein, wie eine kleine, sanfte Splitterbombe. Frontfrau Bettina hat ihre Band offensichtlich gut im Griff und übernimmt auch ziemlich zügig mit ihrer sehr charmanten Art das Kommando über das kleine Publikum. Metalparty geht auch in kleinerem Maßstab, und allen Anwesenden scheint das ausnehmend gut zu gefallen. Bislang gibt’s von dem Quintett zwar noch nix für die heimische Anlage, aber da die Sängersuche ganz offensichtlich sehr erfolgreich gewesen ist, kann der ursprünglich geplanten EP ja nun nichts mehr im Weg stehen. Wir drücken fest die Daumen.
Humiliation aus Malaysia besetzen an diesem Wochenende die zweite Exotenposition. Von allen Break Out-Kapellen sind es auf jeden Fall die, welche streckentechnisch die weiteste Anreise gehabt haben dürften. Seit ich die Band kurz nach Beginn der 2010er Jahre kennengelernt habe, ist ihr Backkatalog ganz erheblich gewachsen und die ostasiatischen Energiebündel haben kräftig an Livebeliebtheit zugelegt. Ich durfte die Malayaner bereits auf dem einen oder anderen Festival erleben, aber auch bei diversen Clubgigs. Und es fasziniert mich jedes Mal aufs Neue, wie die abseits der Bühne so unscheinbaren Kerlchen on Stage ihre Songs mit dem todesmetallischen Dampfhammer runterkloppen. Bereits auf dem In Flammen Open Air dieses Jahr durfte ich erleben, dass die Songs ihrer Anfang Mai erschienenen Platte Echies Of The Annexation genau wie die Titel der vierzehn vorangegangenen Scheiben ganz ausgezeichnet auf einer Bühne funktionieren und auf jeden Fall in der Kürze der Zeit größere Zuschauermengen mobilisieren können. Mir selbst schraubt es förmlich das Gerippe auseinander, und ich weiß nach den 45 Minuten, dass ich von Humiliation definitiv noch lange nicht genug habe, und auch die kommende Tour wieder mitnehmen möchte. Wer kommt mit?
Eine der aufspielenden Bands mit demnächst erscheinendem neuen Material ist die Augsburger Post-Black-Metal-Band Heretoir. Die kenn ich bislang tatsächlich nur von CD. Aber genau wie von den Alben und EPs findet logischerweise auch live alles in eher getragenem Midtempo statt, sodass zum wiederholten Mal viel mit entsprechender Härte gepaarte tiefe Emotionen über den Platz wabern. Diese Spielart des Metals gewinnt für mich mit jeder Band, die ihn zelebriert, mehr und mehr an Faszination, und nur das Liveerlebnis toppt – wie fast überall – den reinen Konsum aus der heimischen Anlage. Leider schafft es das Quintett nicht ganz, die entstehenden Zwangspausen beim Zwischenstimmen ihrer Instrumente zu überbrücken, was den Zauber des Moments immer mal etwas stört. Zwischenzeitlich wechsele ich dann eine Weile rüber zur HallStage, bei der Zugabe bin ich aber wieder auf dem hinteren Teil des Infields anwesend; David „Eklatanz“ Conrad und seine Mitstreiter sind zwar einfach zu gut, um schon wieder einen Gig rein zweigeteilt zu erleben, trotzdem bleibt in mir ein ganz leichtes Gefühl der Unzufriedenheit zurück.
Zum bereits dritten Mal sehe ich die Jungs der Dresdner Melogroovedeather Argorok nun schon live, im heutigen Fall zwar leider die Hälfte der Show auf der kleinen HallStage, aber immerhin macht der Fünfer aus der sächsischen Landeshauptstadt von Anfang an ordentlich Druck. Leider gibt’s auch dieses Mal für die Elbflorenz und ihr mächtiges Material nur wenig Publikumszuspruch. Aber wie immer lassen sich die Jungs davon keineswegs beirren und zeigen auch der überschaubaren Zuschauermenge, wie und warum zum Beispiel aus Asche und Blut eine Religion erwachsen kann. Live wird bei Fronter Boa und seinen Kollegen das Fundament vom Machine-Head- und Soulfly-artigen Sound überdeutlich, einziger Unterschied ist hier stilistisch der Gebrauch von durch die Bank weg deutschen Texten, was es deutlich einfacher macht, den bildgewaltigen Lyrics zu folgen, auch wenn man bereits das eine oder andere alkoholische Erfrischungsgetränk ins System integriert hat. Ist echt wahnsinnig partytauglich, gleichwohl die Lyriks in großen Teilen doch eher ernsthafter Natur sind. Der Gig – zumindest der Teil, dem ich beiwohnen durfte – unterscheidet sich nicht im Mindesten von den anderen bereits erlebten. Doch, die Kapelle ist deutlich der Kinderstube entwachsen und gefestigter geworden. Hoffe, wir sehen uns bald wieder.
Seit ich letztes Jahr die Dänen Afsky endlich auch live kennenlernen durfte, bin ich Ole Pedersen Luds Projekt regelrecht verfallen. Zu Hause liegt mit steigender Häufigkeit eine der Scheiben der Band im CD-Schacht. In Grundzügen ist der Sound schwerstens doomig, aber mischt sich in feinster Regelmäßigkeit mit fiesen schwarzmetallischen Klängen. Die Vocals wabern zumeist depressiv-klagend von der Bühne herab oder schreien pure Verzweiflung heraus. Natürlich kann ein Soloprojekt keine Songs ohne Hilfe auf die Bühne bringen, aber Lud hat extrem fähige Musiker mit nach Crispendorf gebracht, die seinen Traum spürbar teilen und absolut fantastisch zusammen performen, sodass dieser Sunset-Slot zu etwas ganz, ganz Großem erwächst. Nach meinem kleinen Job im Fotopit stehe ich in regelrechter Anbetung vor der Bühne und lausche andächtig diesem absolut großartigen Konzert und muss leider konsterniert feststellen, wie wenig Zuschauer sich überhaupt vor der Bühne auch nur aufhalten. Bei allen Göttern, was muss euch denn noch geboten werden, um euch vor die Bühne zu ziehen? Ist die Szene mittlerweile echt schon derart satt? Unfass of Hell!
Bei aller Finsternis, die bislang schon über dem unheiligen Grund des Break Out Open Air geherrscht hat, fehlte bislang nur der gewisse Hauch Avantgarde. Den liefern für die nächsten 50 Minuten die Eidgenossen von Schammasch gern nach. Einheitlich maskiert und in rituelle Roben gehüllt, zelebrieren die fünf Baseler eine Art unheilige Messe, die zunächst mal tiefschwarzen Deathdoom zum Besten gibt. Meist ist es gar nicht so ganz klar, ob diese Art des Sounds das Kernstück bildet, oder die Schweizer sich dann doch eher dem Post-Black-Metal zugehörig fühlen möchten. Ich muss aber zugeben, dass die Übergänge zwischen den beiden Genres ziemlich fließend sind. Fakt ist: Zur Optik von Schammasch passt einfach beides sehr gut. Schwarze Raserei oder hypnotische, finstere Gesänge – für mich lässt die Show keine Wünsche offen. Hat insgesamt etwas echt Beeindruckendes, aber ich muss auch zugeben, dass ich das nicht unbedingt oft brauche, weder von Platte noch live.
Allmählich befindet sich das Break Out Open Air auf der Zielgeraden. Bislang hat die Running Order auch nicht gewackelt, da sich jeder sehr diszipliniert an die vorgegebenen Zeitpläne gehalten hat. Wenn aber eine Band meint, dass ein Bühnenaufbau vollständig abgeräumt und vollständig durch eigene Technik ersetzt werden muss, kann auch die beste Stagecrew, zu der die Break Out-Mannschaft zweifelsfrei gehört, keinen Schedule halten. So startet die polnische Black-Death-Kapelle Hate leider mit etwa 30 Minuten Verzug. Auf jeden Fall zählen die Warschauer Deathheads Hate mittlerweile zu den besseren Vertretern der europäischen Hartwurstszene und sind zudem alles andere als Release-faul. Allerdings verleiht das keiner Kapelle in diesem Universum das Recht, Fans derart lang warten zu lassen, und schon gar nicht, einer tollen Localcrew so einen Quatsch zuzumuten. Ganz außer Frage steht, dass die Jungs um Frontmann Adam „The First Sinner“ Buszko eine vorzügliche Bühnenperformance abliefern. Eine feine polnische, alles vernichtende Todesblei-Dampfwalze rollt jetzt über den Platz. Weitestgehend baut sich das Set zwar um den jüngst erschienenen hochklassigen Albumneuling Bellum Regiis auf, aber da das masurische Quartett weit mehr gutes Material in der Hinterhand hält, wird es doch noch ein cooles, bunt gemischtes Riffmassaker.
Die Schwedenklassiker Unleashed sind nicht ausschließlich für den altbekannten Wortwitz gut, sondern egal, wie knülle man gegen Ende eines nicht wenig anstrengenden Festivals auch sein mag, ist die Band ein wirklich guter Grund, noch einmal alle verfügbaren Energiereserven zu mobilisieren und richtig Gas zu geben. Das Schwedentod-Quartett scheint hochmotiviert, als die Jungs die MainStage entern, und der höchstsympathische Frontgrunzer Johnny Hedlund witzelt gefühlt über die volle Länge des Gigs mit den Zuschauern. Man möchte gar nicht glauben, dass es bereits straff auf Mitternacht zugeht. Der Schweinekälte, die meinen Körper eigentlich schon eisenhart in ihre Gewalt bekommen hat, begegne ich mit intensivem Gemoshe zu diesem megageilen Set, das neben einigen neuen Titeln mit vielen Klassikern gespickt ist. Der Gassenhauer Hammer Battalion taucht im Set bereits überraschend zeitig auf, dicht gefolgt von einem meiner Favoritten: The Longships Are Coming, den ich aus voller Kehle mitgröle. Merkwürdig finde ich, dass Johnny der Meinung zu sein scheint, dass manche Zuschauer zu jung wären, um bestimmte Alben zu kennen. Also ich für meinen Teil beschäftige mich umfassend mit dem Backkatalog einer Band, sobald ich die Liebe zu ihr entdeckt habe, und da es von den Schweden schlicht keine schlechte Platte gab, kenne ich sie alle, auch wenn ich längst nicht alle im Regal habe. Und wenn wir schon dabei sind: Ein schlechtes Unleashed-Konzert hatte ich auch noch nicht, und nach dem Abend steht halt noch ein geiler Gig mehr auf dem Zähler. Well done, guys!
Wo der Posten des Openers zumeist als recht undankbar eingeschätzt wird, ist auch der Posten der Schlussband mindestens genauso unbeliebt. Nach den schwedischen Todesbleirüpeln von Unleashed ist mir zwar nicht mehr kalt, aber meine Füße sind trotzdem mittlerweile komplett fritte. Da ich aber weiß, dass mit den Post-Black-Metallern von Moor noch ein kleines Juwel auf uns wartet, hieve ich meinen Kadaver ein letztes Mal aufs Infield. Vor zwei Jahren spielten die Dresdner noch als Opener des Chronical Moshers Open Airs in der heißen Mittagssonne. Heute in der Vollmondnacht und bei Eiseskälte herrscht eine ungleich passendere Stimmung für diese Art Musik. Sängerin und Keyboarderin Renata Serafina trägt während des Line-Checks noch eine dicke Jacke über ihrem schneeweißen Kleid, denn eigentlich ist es für ihre Banshee-artige Montur bereits viel zu frisch. Doch dann fällt der Kälteschutz, die ersten Riffs erklingen und eine wundervoll finstere, atmosphärische Show startet, die uns in einen letzten traumhaften, düsteren Mosh schickt. Flirrende Gitarrenläufe, knackiger Bass, blastende Drums und über allem thront Renatas deathdoomiger Gesang, abwechselnd fies und düster, dann wieder mit melancholischer Schwermut. Auch dieses Mal fällt es mir schwer, die Songübergänge bewusst wahrzunehmen. Die ganze Show wirkt damit erneut wie aus einem Guss. Die Sängerin zumindest macht irgendwie den Eindruck, ihre Mitmusiker fest im Griff zu haben. Einmal mehr bin ich begeistert und extrem beeindruckt von so viel finsterer Schönheit. Ganz lieben Dank für so einen herrlichen Festivalausklang!
Interessanterweise bin ich mittlerweile wieder hellwach und verspüre noch so etwas wie Restenergie. So drängt es mich und eine Crewkollegin zwecks diverser Feierabendgetränke Richtung HallStage, wo wir den Herren Morgenstern und Deathmaster – ihres Zeichens Break Out-DJs – noch für ein Stündchen unsere Aufwartung machen. Zu Metalklassikern und legendärer Filmmusik lassen wir das geniale Festival ausklingen. Zu Abbas Evergreen Thank You For The Music schließt die Bar und allmählich wird auch die kleine Halle ausgekehrt.
Danke an das Veranstalterteam, an meine wundervollen Crewkollegen, natürlich an alle Bands und die ganzen Servicemenschen, ohne die so ein Festival nicht möglich gewesen wäre. Bleibt gesund und lasst uns das 2026 wiederholen.