Caligula‘s Horse + Support am 17.05.2024 im Backstage München

Auf seltenen Pferden: Caligula‘s Horse live im Backstage München

Eventname: Caligula‘s Horse – Charcoal Grace Europe Tour 2024

Headliner: Caligula‘s Horse

Vorbands: The Hirsch Effekt, Four Stroke Baron

Ort: Backstage München (Club)

Datum: 17.05.2024

Kosten: 25,00 € VVK

Genre: Progressive Metal, Artcore, Retro Rock

Besucher: ca. 100 Besucher

Veranstalter: Live Nation

Link: https://backstage.eu/caligula-s-horse-live-2024.html

Caligula's Horse Europe Tour 2024

Auch wenn moderne Verkehrsmittel die zeitlichen Distanzen zwischen den Kontinenten auf wenige Stunden verkürzen – von Australien nach Europa ist es wahrlich kein Katzensprung. Da verwundert es dann auch nicht, dass Künstler aus Down Under eher seltene Gäste in heimischen Gefilden sind. Die Prog-Metaller von Caligula’s Horse gibt es seit etwas über zehn Jahren, und auch wenn die internationale Reputation mit jedem Album weiter gewachsen ist – mehr als einmal alle ein bis zwei Jahre hat es die Band bisher nicht in die Alte Welt verschlagen, schon gar nicht während der Pandemie. Nach zwei Terminen im letzten Jahr in Berlin und München und diversen Festivalauftritten steht für 2024 endlich wieder eine richtige Europatour an, und die bestreiten die Australier nicht allein.

Caligulas Horse – 2024 -München

Als Support stehen zum einen Four Stroke Baron bereit, eine Band aus den Vereinigten Staaten, die sich mit ihrem Mix aus ultraschweren Gitarrenriffs, abgefahrenen Synthiesounds, Frickeleinlagen und der New-Wave-Stimme von Frontmann Kirk Witt geschickt einer griffigen Stilbeschreibung entzieht. Alles schon mal gehört, aber gewiss nicht in dieser Kombination. Nach immerhin vier veröffentlichten Alben seit 2015 haben die Jungs eine Menge Material vorzuweisen, und Langrille Nummer fünf steht für Ende Mai bereits in den Startlöchern.

Die Zweiten im Bunde sind alte Bekannte – The Hirsch Effekt aus Hannover, die nicht nur für ihren abgedrehten Mix aus Punk, Hardcore und Progrock, sondern auch für ihre energiegeladenen Liveshows bekannt sind.

Zu Beginn ist noch reichlich Platz im Club vorhanden, auch wenn der Gig komplett ausverkauft ist, der Bekanntheitsgrad von Four Stroke Baron ist hierzulande offenbar (noch) zu gering, um alle Anwesenden direkt vom ersten Moment an vor die Bühne zu ziehen. Es wird direkt und ohne großes Palaver losgelegt, im farbigen Dämmerlicht der kleinen Clubbühne wirken die Protagonisten ein wenig der Realität entrückt, dieser Auftritt ist eher von der introvertierten Sorte, was man vom Sound nicht behaupten kann. Die Gitarrenwand, die das Trio in den Raum zaubert, hat eine immense Wucht, und die Songs laden vom ersten Moment an ein, das Haupthaar fliegen zu lassen. Sänger Kirk klingt, als hätte man per Zeitmaschine die Stimme eines britischen Wavers aus den Achtzigern geklaut, einem Typus, dem Kirks Optik ebenso wenig entspricht wie die Mucke von Four Stroke Baron. Und trotzdem passt all das irgendwie wunderbar zusammen. Da verwundert es nicht, dass die Band längst bei Prosthetic Records untergekommen ist, anstatt auf irgendeinem Indie-Kleinstlabel zu veröffentlichen.

Neben bekannten und gern live gespielten Songs des Backkatalogs gibt es vom kommenden Album Data Diamond den Song The Witch als Appetizer zu hören. Hin und wieder kommt – um dem schieren Überfluss an Stilen und Einflüssen noch eins draufzusetzen – auch noch eine Talkbox zum Einsatz, mit der der Gitarrensound durch die Mundbewegungen moduliert wird (denkt an California Love von Tupac, falls ihr euch fragt, wie das klingt).

The Hirsch Effekt – 2024 -München

Kurze Umbaupause, dann geht es mit The Hirsch Effekt weiter. Ein bisschen schade, dass die Bühne im Club relativ klein ist, Sänger und Gitarrist Nils ist dafür bekannt, den zur Verfügung stehenden Raum voll und ganz für sich einzunehmen, seine Performance besteht, neben dem Bespielen seines Instruments, nicht zuletzt auch aus einer ausdrucksstarken Mimik und ausgedehnten Erkundungstouren seines Arbeitsplatzes. Boxentürme, Bühnengräben – alles willkommene Ziele. So bleibt es heute Abend beim gelegentlichen Besteigen der Monitorboxen und dem obligatorischen Hin- und Herrennen.
Der Großteil der Songs stammt vom 2017er Eskapist (wie immer absolut großartig und einer meiner absoluten Favoriten: Inukshuk), aber auch Kollaps (Kris) und Urian (Otus) sind vertreten.
Es wird ein gewohnt ausgelassener Auftritt, Melodie und eruptives Gitarrengefrickel wechseln sich ab, während Nils von links nach rechts und wieder zurück hechtet. Auch Drummer Moritz hält es nicht auf seinem Schemel, immer wieder springt er auf und sucht den Kontakt mit den Menschen vor der Bühne.
Die Band hat Bock heute, das wird dann zum Schluss nicht zuletzt auch aus Nils’ Abschiedsworten ersichtlich, der sich – unverkennbar auch ein wenig erstaunt – für die tolle Resonanz bedankt.

Nach so viel Bewegung kommt der Höhepunkt im Line-Up des Abends fast einer Zäsur gleich, die Musik von Caligula’s Horse ist zwar voller Kraft und Emotion, aber in der Instrumentierung eher atmosphärisch und getragen.

Ein gut gelaunter Jim Grey begrüßt das Münchner Publikum und verleiht seiner Freude Ausdruck, in einen ausverkauften Saal schauen zu dürfen. Den Auftakt machen The World Breathes With Me und Golem vom neuen Album Charcoal Grace, bevor es zurück ins Jahr 2015 geht und Bloom bzw. Marigold erklingen. Immer wieder plaudert Sänger Jim mit dem Publikum, fordert zum Mitsingen auf, bringt Anekdoten aus der Bandgeschichte oder greift Lautäußerungen aus der Menge auf, um deren Anwendbarkeit auf verschiedenste Lebenssituationen zu erörtern.

Caligulas Horse – 2024 -München

Nach und nach werden die Mitglieder der Band vorgestellt und Bassist Dale Prinsse dabei gar als „cat-like“ attributiert, was dieser mit einem entsprechend geschmeidigen Ausfallschritt unterstreicht. Gitarrist Sam Vallen, PhD (ja, der Mann ist Doktor der Musik!) zaubert – lächelnd und oft mit geschlossenen Augen – ein Riff nach dem anderen aus dem Siebensaiter und sieht dabei die meiste Zeit so aus, als hätte er gerade etwas extrem Wohlschmeckendes serviert bekommen.
Es folgen weitere Songs aus den letzten zehn Jahren, darunter The Tempest, Slow Violence und The Stormchaser, der Club bebt und kann schier nicht genug bekommen.

Mit der Stimmung ist leider auch der Alkoholpegel bei einigen Besuchern deutlich gestiegen, was zu vorlauten Zwischenrufen und überschwänglicher Resonanz führt, was Jim in den meisten Fällen ignoriert, einen besonders auffälligen Fan jedoch schließlich zur Räson ruft.

Die Zugabe und das damit verbundene Ritual des Von-der-Bühne-Gehens und Zurückkommens bedenkt Mr. Grey noch mit einer spöttischen Reflexion über dessen Absurdität, nicht jedoch ohne auch seine Zuneigung für diese Tradition zum Ausdruck zu bringen. Der Song Daughter Of The Mountain vom Album Bloom beschließt den Abend.

Verschwitzt und glücklich geht’s nach Hause, nicht ohne noch ein paar Taler am Merchtable gelassen zu haben.