Dead Cross + Support am 16.06.2018 im Gloria, Köln

„Viel Glanz im Gloria“

Künstler: Dead Cross (USA)

Vorband: Zeus (IT)

Ort: Gloria Theater, Köln

Datum: 16.06.2018, Einlass: 19:30 Uhr

Kosten: 37,75 EUR

Genre: Hardcore Punk, Thrash Metal, Experimental Metal, Mathcore

Veranstalter: Prime Entertainment

Linkhttps://www.facebook.com/events/679268332463780/

Setlists:

Keine Angaben

01. Seizure and Desist
02. Idiopathic
03. Obedience School
04. Shillelagh
05. Skin of a Redneck
06. Bela Lugosi’s Dead
07. Divine Filth
08. Grave Slave
09. The Future Has Been Cancelled
10. My Perfect Prisoner
11. Gag Reflex
12. Church of the Motherfuckers
Zugabe:
13. Raining Blood (Slayer-Cover)
14. Nazi Punks Fuck Off (Dead Kennedys-Cover)

Photos im Auftrag für Time For Metal: www.quintenquist.com

Am heutigen Samstag, dem aber wirklich besten Tag der Woche, findet sich die hohe Prominenz des Metals im ehrenwerten Kölner Gloria Theater ein. Ex-Slayer Drummer Dave Lombardo und Filmmusik-Komponist, Synchronsprecher, Schauspieler, Multiinstrumentalist, Faith No More-/Mr. Bungle-/Tomahawk-/Peeping Tom– und The Moonchild Trio-Sänger Mike Patton, der bereits mit Lombardo bei Fantômas zusammengearbeitet hat haben den Weg in die Domstadt gefunden. Komplettiert wird das Konstrukt, das auf den Namen Dead Cross hört von Gitarrist Mike Crain (Retox) und Bassist Justin Pearson (The Locust, Head Wound City und Retox). Bäm! Für’s Warmup sind Zeus! aus dem italienischen Imola zuständig, ein Duo, das allein auf Bass und Drums setzt sowie verzerrte “Gesangs”-Einlagen. 2013 veröffentlichten sie ihr zweites Album Opera auf Justin Pearsons Label Three One G.

Um 19:30 Uhr geht’s los und zwei zottelbärtige Herren betreten die Bühne, einer von ihnen bereits vor dem ersten Ton von der Hälfte seiner Klamotten befreit, der andere mit schicker Sonnenbrille. Was dann passiert…nunja, sie beschreiben es wie folgt:

ZEUS! aims at using the minimum in order to get the maximum and is: not metal, not punk, not math, not noise, not prog, absolutely not jazz-core, neither post-whatever.

Und genauso unbeschreiblich ist es auch, was die Beiden abliefern. Schwer nachvollziehbare Rhythmus-Potpourris, die scheinbar keiner Linie folgen, dann aber doch wieder den Weg zusammen finden. Bassist und Teilzeit-Schreihals (echte Worte kann ich bei den vorgetragenen Songs nicht ausmachen) Luca Cavina schwitzt was das Zeug hält und greift nach den Songs wahlweise zu Wasser oder aus dem Publikum gereichtem Bier. Drummer Paolo Mongardi nimmt hingegen alles deutlich gelassener und hat bei aller Konzentration noch genügend Zeit für Sperenzchen mit der Gesichtsmuskulatur.

Zeus @ Gloria, Köln, 16.06.2018, Photo: www.quintenquist.com

Ansagen gibt es kaum. “We are cool, you are cool. Italy maybe a bit cooler.“ Man beschränkt sich auf kleine Sticheleien. Ein kleines Highlight ist der Gastauftritt vom Dead Cross-Bassisten Justin Pearson, der zum letzten Song das Mikro ergreift, das bisher recht stiefmütterlich behandelt wurde, brüllt sich die Seele aus dem Leib und springt in den Publikumsraum, von wo er die Nummer zu Ende bringt und den Meinungsverstärker passend zum letzten Ton von dort auf die Bühne pfeffert. 45 volle Minuten prügeln sie sich durch nahezu jeden Notenwert dieser Welt und das Publikum zollt mehr als Achtungsapplaus, während und nach dem Set. Einige Fans bahnen sich noch ihren Weg zur Bühne, um im Anschluss zur Show ihre Begeisterung auszudrücken.

Zeus @ Gloria, Köln, 16.06.2018, Photo: www.quintenquist.com

Nach kurzer Umbauphase folgt dann der Headliner. Pearson hat sich seines langen Lodenmantels entledigt und bringt einen schicken Acrylglas-Bass mit auf die Bühne. Lombardos Drumkit hat wenig Anmutung eines Hardcore Punk-Sets und ist durch seine Wuchtigkeit eher Zeitzeuge seiner Metal-Affinität. Patton hat vor sich ein Effektboard in Brusthöhe aufgebaut, an dem zwei Mikrofone auf ihn warten, eines davon mit einem gerne genutzten Weltempfänger-Effekt. Vermutlich aus Sicherheitsgründen muss die Presse den Publikumsraum verlassen und darf die Show leider nur vom Mischpult aus weiterverfolgen. Dass hier Kalkül hinterstecken könnte, soll sich gleich aufklären. Denn der Fünfzigjährige nimmt schon beim zweiten Song Anlauf und wirft sich mit einem Satz ins Publikum, dabei weiter ins Mikro brüllend. Der Stagehand ist (vermutlich wie geplant) sofort zur Stelle und koordiniert das Mikrokabel, während sich Patton zurückkämpft zur Bühne. “Doppelt hält besser”, denkt er sich und wiederholt die Akrobatik nochmal auf der anderen Seite des Publikums. Das ist Mike Patton, wie er leibt und lebt. Ganz oder gar nicht.

Dead Cross @ Gloria, Köln, 16.06.2018, Photo: www.quintenquist.com

Und so knüppeln sich die Vier munter durch die Songs ihres gleichnamigen Debütalbums des letzten Jahres und der Überraschungs-EP aus März 2018. Zwischendurch gibt’s kleinere Spielchen, wie z. B. die Suche nach dem besten Bandshirt des Abends, denn “Bandshirts are my specialty”. Und so wird ein Herr mit einem Retox-Shirt auf die Bühne beordert, der dort nach kurzer Unterhaltung das Tamburin spielen darf und auf Anweisung zu Beginn des Songs von der Bühne springt. Oder der Gast mit weißen Rauschehaaren, von dem Patton vollkommen fasziniert ist und der ein wenig an Ex-Faith No More Gitarrist Jim Martin – bloß in Weiß – erinnert. “Who looks like that?!” lacht er unverständlich, aber dennoch liebenswert.

Dead Cross @ Gloria, Köln, 16.06.2018, Photo: www.quintenquist.com

Ein anderes Mal befiehlt Patton dem Publikum kollektiv sein vorgegebenes Kussgeräusch zu imitieren (Tarkan lässt grüßen) oder fordert alle mit den Worten “Get the fuck down. Also you with the mobile in your hands!” auf, in die Knie zu gehen, um anschließend gleichzeitig hochzuspringen. “Who’s got a Kölsch?“ Auf die Frage Pattons, ob jemand in der Band Deutsch könne, entgegnet Pearson nur trocken “Fick Dich, fick mich, fick alle.”. Hier wird dem Zuschauer nicht nur was für’s Ohr, sondern auch für’s Herz geboten.

Dead Cross @ Gloria, Köln, 16.06.2018, Photo: www.quintenquist.com

Nach 40 Minuten gibt es dann noch eine kurze Mashup-Zugabe aus Slayers Raining Blood und – man möge mir verzeihen, wenn ich mich irre – Nazi Punks Fuck Off von den Dead Kennedys. Wer gehofft hat, die Band würde mehr/überhaupt etwas von Slayer oder Faith No More spielen, wurde leider enttäuscht. Aber bei der Vielfalt an musikalischem Background hätte das Quartett dann direkt das gesamte Wochenende durchspielen müssen. Dead Cross wirkten nicht wie ein kurzfristiges Spaßprojekt, das demnächst wieder verschwinden könnte, sondern scheint spätestens nach dem Einstieg von Mike Patton eine ernstzunehmende Band zu sein, von der wir vermutlich noch einiges hören und sehen werden.