Festivalname: Euroblast Festival 2025
Bands: Haken, Night Verses, Tesseract, Intervals, The Dear Hunter, Voyager, Abbie Falls, Baikal, Benthos, Burden To Atlas, Cevret, Distant Dream, Dream State, Dvne, Esoterica, Isbjörg, Necrotted, No Oath, Ron Minis, Royal Sorrow, Second Horizon, Sunborn, The Broken Horizon, The Intersphere, Vianova, Walkways
Ort: Essigfabrik, Siegburger Straße 110, 50679 Köln
Datum: 26.09. – 28.09.2025
Kosten: 3-Tages-Festival-Ticket 139 €, Tagestickets ab 49,00 €
Genre: Progressive Metal, Post Metal, Technical Death Metal, Progressive Death Metal, Djent
Veranstalter: Euroblast Collective Schneider & Sprich GbR
Link: https://www.euroblast.net/
Bilder: Michelle R. Bericht: Philipp A.
Ausgeschlafen und von nächtlichem „pfandfreiem Genuss“ aka Erdbeermilch vom Kiosk unseres Vertrauens bestens gestärkt, beginnt der Festivalsamstag für uns mit den Eidgenossen Cevret, die auf Bühne 2 direkt dort weitermachen, wo Vianova in der Nacht zuvor aufgehört haben: Das explosive Modern-Metal-Gemisch der Schweizer schafft es selbst zu solch früher Stunde, die zahlreichen Neugierigen mit Nummern wie Castaway, Ablaze oder ihrem neuesten Streich namens Signs sofort wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Schnell formiert sich ein Pit, in dem sich bis zum Grand Finale (Blinded) ihres Sets keinerlei Ermüdungserscheinungen breitzumachen scheinen, während der Boxenturm, der am Vorabend noch schwächelte, dieses Mal trotz Cevrets melodischer Wucht, die 40 Minuten lang durch ihn in den Kölner Keller dringt, standhält. Ein Bilderbuchstart in Kapitel 2 des Euroblast-Festivals 2025!

U.a. einen Vorgeschmack auf ihr drittes Album, das sich aktuell in der Mache befindet, liefern anschließend die auch schon mehrfach in Wacken gastierenden israelischen Alternative Metaller Walkways. Neben neuem Material stehen überwiegend Songs ihres (noch) aktuellen Werks Bleed Out, Heal Out (2019) auf der Setlist, die die Menge auf eine 45-minütige Achterbahnfahrt mitnimmt: Einerseits brutal, andererseits äußerst emotional, lässt die Musik immer wieder tief ins Innere der Band blicken. „Safe in this sound“ setzen Walkways ein wichtiges Zeichen und schaffen es insbesondere mit ihrem Abschlusstrack Actions, die vor Bühne 1 Anwesenden, darunter nicht wenige Fans im Gewand der Auftretenden, in derart unsicheren Zeiten unter der Flagge des (Alternative) Metal zu vereinen, wobei alles andere im Falle der weltoffenen Euroblast-Familie auch eine Überraschung gewesen wäre. So sieht moderne Völkerverständigung aus! Es schließt sich eine Jubelarie an, der zeitbedingt jedoch leider keine Zugabe folgen kann.
Mit Monosphere präsentieren sich um kurz vor 16:00 Uhr vier Herren aus Mainz, die ihr vielschichtiges Soundgebräu auch regelmäßig mit Post-Metal-Elementen anreichern. Eigentlich erst 2023 beim Euroblast zu sehen gewesen, rutschte die Band erst kurz vor Beginn anstelle von The Broken Horizon, einem Dreier-Act, der relativ kurzfristig absagen musste, ins Line-Up der diesjährigen Festivalausgabe, dessen Platz die Truppe jedoch mit Bravour ausfüllt. Trotz ihres spontanen Einspringens bieten Monosphere um Sänger Kevin Ernst, der tags zuvor schon an der Seite von Burden To Atlas auf Bühne 2 stand, ein atmosphärisches Set ab, in das sie auch zwei brandneue Songs einbinden. Sollte ihre kommende Scheibe das Level jener halten können, dürfte ihre nächste Show beim Euroblast eigentlich nur eine Frage der Zeit sein.

Ein weiteres Euroblast-Debüt erwartet die Besucherinnen und Besucher kurz darauf mit No Oath. Als Ein-Mann-Projekt des Franzosen Timothé Baqué begonnen, steht das Trio in dieser Form gar erstmalig (!) zusammen auf einer Bühne und beweist den Fans, dass die bislang nur als Studioversionen verfügbaren Tracks in ihrer Live-Umsetzung nicht weniger packend sind. Breakdowns und Elektroelemente treffen in No Oaths Musik aufeinander und lassen vor dem inneren Auge einen Film entstehen, der die Euroblast-Anhängerschaft für eine knappe Stunde in eine ureigene Sci-Fi-Welt reisen lässt. Es ist daher auch kein Wunder, dass No Oath auch Teil des Soundtracks des PlayStation-Vita-Spiels Abyss sind.
Wieder in Köln-Deutz ‚gelandet‘, betreten mit Senna (arabisch: Glanz, Schein o.Ä.) ein angesagter neuer Act aus Mannheim erstmals die Euroblast-Bühne 2. Die technisch versierte Combo tourt aktuell anlässlich ihres Debütalbums Stranger To Love durch den Kontinent und hinterlässt auch bei allen Anwesenden einen positiven Eindruck. Insbesondere Bodyguard zapft die Energiereserven unseres Teams erfolgreich an und sorgt dafür, dass Senna das UG der Essigfabrik förmlich mit ihrem Schaffen erhellen, nachdem uns Monosphere eben noch in dunklere Gefilde führten.

Der Verbreitung des Post Hardcore und Alternative Metal hat sich das Quartett Dream State verschrieben: Ohne große Reden, dafür mit umso mehr Euphorie, packt die walisische Band um die charismatische Frontfrau Jessie Powell das Kölner Publikum am frühen Samstagabend. Zwei Alben können Dream State bislang vorweisen und Platte Nr. 3 scheint schon im Anmarsch zu sein, stellt die Combo mit Words Unsaid und Bittersweet Scars Of My Past doch zwei brandneue Perlen vor, wobei die Menge der Band vor allem bei Letzterem aus der Hand frisst („Alle Mittelfinger hoch!“ – Vergangenheitsbewältigung kann so einfach sein). Eine Dreiviertelstunde lang steckt die Truppe einfach alles, was sie hat, in ihre Songs, die sie durch den Saal und die Gehörgänge ihrer Anhängerschaft feuert, die nach diesem unverblümten Auftritt stark angewachsen sein dürfte. Eines unserer absoluten Tageshighlights und eine starke Show, mit der sich Dream State für deutlich höhere Aufgaben beweisen!
„Habt ihr Bock auf Death Metal?“ Eine einfache Einstiegsfrage von Fabian Fink, seines Zeichens Fronter der Abtsgmünder Necrotted, die die dicht gedrängte Zuhörerschaft vor Bühne 2 lauthals mit ‚Ja’ beantwortet. Wer also gedacht hat, dass ‚weniger komplexe‘ Musik beim Euroblast weniger Liebe entgegengebracht wird, wird eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Nicht alle Interessierten können einen Platz vor der Bühne des Essigfabrik-UGs ergattern, von der Necrotted einen Nackenbrecher – darunter So Sorrow For Victory von ihrem (noch) aktuellen Album Imperium sowie ihre zwei 2025er Singles Deux Ex und Fat God – nach dem anderen über die Menge walzen lassen, wofür sich das nach wie vor motivierte Publikum mit einem 45-minütigen Moshpit bedankt. Selbst Sänger Fabi lässt sich beim Performen zu ein paar Runden hinreißen, ehe er sich auf Händen zurück auf die Bretter tragen lässt. Ein todesmetallischer Abriss, wie er im Buche steht, dem Necrotted – heute übrigens erstmalig mit Neumitglied Greg am Bass – in Form von Reich Der Gier obendrein ein wichtiges Kapitel zur aktuellen weltpolitischen Lage hinzufügen, das einstimmigen Zuspruch von Seiten der Fans findet. Danke dafür – und selbstredend für das herrliche Africa-Outro!

An dieser Stelle würden wir gerne über die britischen Ausnahmekönner Haken berichten, doch diese mussten ihren Auftritt leider wenige Tage vor Festivalbeginn absagen, weshalb gegen 20.00 Uhr stattdessen die schottisch-britische Institution Ihlo ins Rampenlicht tritt. Erst am 29.08.2025 erschienen, liegt der Fokus der Band heute auf ihrem brandneuen Zweitwerk Legacy und auch wenn Sänger Andy Robinson vereinzelt mit den allerhöchsten Tönen zu kämpfen hat, sorgt die eigentlich als Trio agierende Band (live setzen Ihlo ihre Musik heute zu viert um) dennoch für viele offene Münder. Auch vereinzelte technische Probleme können die faszinierenden, fast schon psychedelischen Klangwelten, die die Herren erzeugen, nicht trüben, weshalb wir Robinsons Bitte, ihre Show trotz erschwerter Bedingungen (oder eben gerade deshalb?) mit mindestens „4/5 Sternen“ zu bewerten, sehr gerne nachkommen! 🙂
Necrotteds letzte Töne sind kaum verklungen, legen mit ihren einstigen Tourkollegen Abbie Falls auch schon die Samstagsheadliner der zweiten Bühne los. Dieses Mal haben auch wir teilweise das Nachsehen und können das Geschehen leider nur eingeschränkt begutachten bzw. dem Orkan der Tschechen, der mit fettesten Breakdowns und moderner Tech-Raffinesse gespickt ist, ums Eck lauschen. Zutaten, die nichts anderes als eine letzte UG-Party des Tages auslösten, während sich unser Team zeitig auf den Weg zurück zu Stage 1 macht, um den berührenden Festival-Shoutouts zu lauschen und sich für den kurzfristig vom Co-Headliner zum absoluten Headliner aufgestiegenen Hauptact in eine gute Position zu bringen.

Diesen Status nimmt heute die Pop-Prog-Band Voyager ein, deren exklusiver Europastopp auch einige Fans anzieht, die definitiv mehr als die sonst übliche Entfernung auf sich genommen haben, um diesem beiwohnen zu können. Auf musikalischer, aber insbesondere auch emotionaler Ebene berührende 90 Minuten: Nach ihrem sensationellen Top-10-Erfolg beim Eurovision Song Contest 2023 sollten Voyager beim damaligen Euroblast eigentlich den Höhepunkt ihrer Karriere feiern. Doch es kam alles anders! Wirklich nur Tage vor dieser Kür erhielt Frontmann Danny Estrin die Diagnose, an Krebs, der sich bereits im vierten Stadium befand, erkrankt zu sein. Dass jener an diesem 27.09.2025 – nach knapp 50 (!) Chemobehandlungen – im gelben Pelzmantel die Bühne entert, gleicht quasi einem Wunder, nachdem die Euroblast-Familie 2023 (wir waren vor Ort) noch ein Genesungsvideo nach Down Under sandte. Eine Geschichte, wie sie nur unser aller Lieblingsfestival zu schreiben imstande ist und wie sie nicht zuletzt aufgrund Estrins eisernem Überlebenswillen entstehen konnte! Es folgt nicht nur eine Feier des musikalischen Schaffens Voyagers, die von der ESC-Melodie eingeleitet wird, sondern auch des Lebens, die so manchen Fan an einigen Stellen zu (Freuden-)Tränen rührt. Es ist eine wahre Freude zu sehen, wie das Quintett sein Set meistert, als hätte es die letzten zwei Jahre unentwegt auf der Bühne gestanden. Überraschende gesangliche Unterstützung kommt von Leprous-Frontmann Einar Solberg, mit dem Voyager die Livepremiere ihres Colours In The Sun-Tracks Entropy feiern. Es hätte keinen besseren Anlass für diese Uraufführung geben können, wenn man bedenkt, dass es 2023 wiederum Solberg und seine Mannen waren, die kurzfristig für Voyager in die Bresche sprangen und damals beim Euroblast fix aus einem zwei Sets werden ließen. Hit an Hit, darunter selbstverständlich auch das wegweisende Promise von ihrem 2023er-Album Fearless In Love, vergehen die eineinhalb Stunden Aussie-Power wie im Flug, ehe nach der Zugabe White Shadow die Lichter angehen und sich die Menge nach einem überaus ereignisreichen Tag 2 zum vorletzten Mal auf den Heimweg macht. Selbstredend mit der Hoffnung, dass dies nicht das letzte Mal war, dass Voyager in Köln-Deutz aufschlugen … Danny, promise us it’s gonna be alright!
Hier kommt ihr zum Bericht vom Freitag:
Euroblast 2025 vom 26.09. bis 28.09.2025 in der Essigfabrik in Köln (Freitag)





























































