Eventname: Anda Fardha „The End Of A Journey“
Bands: The Hu, Heilung
Ort: Wunderino Arena, Kiel, Schleswig-Holstein, Deutschland
Datum: 08.07.2025
Kosten: Stehplatz 82,90 €; Sitzplatz 82,90 €, 88,65 €, 94,40 €
Genre: Folk Metal, Nordic Ritual Folk
Zuschauer: etwa 3.000
Setlisten:

Endlich mal wieder was los in der altehrwürdigen Ostseehalle. Rockmusik ist hier in der Wunderino Arena, wie die alte Flugzeughalle jetzt heißt, selten geworden. Warum auch immer, ist jetzt die Zielgruppe Musical und Schlager bevorzugt. Bei schönstem Wetter stehen schon hunderte Menschen weit vor dem Einlass vor der Halle. Viele schick gestylt oder im passenden Look zum Zeitalter der Geschehnisse von Heilung.

Ich bin ehrlich. Ich bin eigentlich nur hier, um endlich einmal The Hu zu sehen. Die Mongolen haben mich mit ihrer Musik schon vor vielen Jahren begeistert. 19:00 Uhr ist Einlass, bereits 19:45 Uhr beginnen die Asiaten ihren Auftritt vorzeitig. Als Support bleibt ihnen so ein 45-Minuten-Slot, den sie hervorragend mit allen Songs ausfüllen, die auf meiner Wunschliste stehen. Hier natürlich auch die beiden bekanntesten Songs Yuve Yuve Yu sowie This Is Mongol. Die Bühne ist mit einer riesigen Statue bestückt und davor stehen etliche Musiker. Neben den vier Hauptakteuren Jaya, Temka, Gala und Emkush, die sich ganz im Vordergrund der Bühne platziert haben, stehen noch weitere Livemusiker mit auf der riesigen Bühne. Somit sind die klassischen Instrumente wie Bass, Gitarre, Schlagzeug und Percussion ebenfalls vertreten. Laut Wikipedia nennen sie ihren Stil selbst Hunnu Rock. Hier kreuzen sie überaus erfolgreich klassische mongolische Musik mit Heavy Metal. An den ersten Reihen merkt man, dass ihre Fanbase nicht nur sehr groß, sondern heute auch stark in Kiel vertreten ist. Die Bühne taucht in blaues Licht und das Konzert nimmt mit dem Song Black Thunder passenderweise sofort Fahrt auf. Die acht Musiker entfachen ein klangliches Donnerwetter. Für uns ungewohnt sind Instrumente wie Maultrommel, die mongolische Laute Topshur oder die Pferdekopfgeige Morin Khuur. Dazu der ungewöhnliche Kehlkopfgesang, der allerdings den Reiz mancher Songs erst ausmacht. Die klassischen Instrumente geben dem Ganzen den notwendigen Dampf. Die Halle ist aus dem Häuschen. Klares Licht ist Fehlanzeige. Nach dem blauen Salon wechselt der Lichtmeister auf Mongolisch Orange. Ich versuche, das Beste daraus zu machen, denn mein Pixelerzeugnisgerät basiert auf Infrarot und mag bekannterweise diese Farbgebung rein gar nicht. Kaum sitzt man auf seinem Platz, legen die Mongolen mit ihrem Megahit Juve Juve Ju los. Hu, Hu, Hu-Rufe aus dem Publikum unterstützen die Jungs und feuern sie an. Auf der Bühne wird einem Bandmitglied eine Geburtstagstorte gereicht, leider habe ich nicht mitbekommen, wem. Ich feiere noch den letzten Song This Is Mongol ab, dann geht schon das Licht an.

Pünktlich 21 Uhr geht das Licht wieder aus. Was dann kommt, macht mich sprachlos. Ich habe mich im Vorfeld nicht mit der Band Heilung auseinandergesetzt. Ich stehe mit meinen Fotografenkollegen vor einem Elbenwald, Vogelgezwitscher ertönt. Die Zeremonie beginnt. “Remember, we are all brothers. All people, beasts, tree and stone and wind, we all descend from the one great being that was always there, before people lived and named it, before the first seed sprouted.”, tönt es von Kai Uwe Faust, einem der Gründungsmitglieder der Band. Heilung bestehen aus internationalen Mitgliedern, die aus Deutschland, Dänemark und Norwegen stammen. Mir war vorher nicht bewusst, dass es diese Truppe schon seit über zehn Jahren gibt. Zwei Stunden lang zelebrieren Heilung kein Konzert, keine Show, sondern ein schamanisches Ritual. Begleitet durch mehrsprachige Gesänge, wobei ich irgendwie nur einmal ein paar Brocken Englisch verstanden habe, wird nah an der wissenschaftlichen Realität eine Szene aus den vormittelalterlichen Geschehnissen dargestellt. Authentisch, mit Geweihen als Kopfschmuck, mit Grünzeug als Tarnung und großen Schilden nimmt die Eisenzeit im Wald Gestalt an. Die Instrumentalisierung besteht aus überwiegend Trommeln, Rasseln und Glocken. Über die spezielle Anlage in der Halle kommt der Ton im wahrsten Sinne des Wortes „Glockenklar“ herüber. Ich versuche meine Ohren zuzuklappen und mich auf die Geschehnisse auf der Bühne zu konzentrieren. Krieger tauchen auf. Nach ihren Tänzen werden ihre Speere geweiht. Die Licht- und Tonverhältnisse sind hervorragend aufeinander abgestimmt. Auf den Rängen herrscht zum Teil gespenstische Stille. In den Klangpausen könnte man eine Stecknadel fallen hören. Ich bin und bleibe sprachlos. So etwas habe ich in meinen nahezu 2.500 Konzerten noch nicht erlebt. Mein Zustand schwebt zwischen Ungläubigkeit und Euphorie. Der weibliche Gesangspart von Maria Franz wirkt glockenklar, der Gesang von Kai Uwe Faust erinnert mich an die vorhin gehörte mongolische Gesangsweise. Zwei Stunden lang versetzen Heilung die Fans auf der Tribüne in Ekstase, in eine Art Trance. Jederzeit kraftvoll wird die Show nicht langweilig, sie entwickelt etwas Magisches. Vielleicht einen Ticken zu lang, ist diese Show, ich verfalle immer wieder in diese Denkweise, jederzeit faszinierend. Es entwickelt sich eine unnachahmliche Atmosphäre, der man sich kaum entziehen kann.










