Lorna Shore – I Feel The Everblack Festering Within Me

Ein Meisterwerk!

Artist: Lorna Shore

Herkunft: USA

Album: I Feel The Everblack Festering Within Me

Spiellänge: 66 Minuten

Genre: Deathcore

Release: 12.09.2025

Label: Century Media

Link: https://lornashoreband.com

Bandmitglieder:

Gesang  – Will Ramos
Gitarre – Adam Di Micco
Gitarre – Andrew O’Connor
Bassgitarre – Michael Yager
Schlagzeug – Austin Archey

Tracklist:

1. Prison Of Flesh
2. Oblivion
3. In Darkness
4. Unbreakable
5. Glenwood
6. Lionheart
7. Death Can Take Me
8. War Machine
9. A Nameless Hymn
10. Forevermore

Es begann Anfang Mai. In den sozialen Medien tauchte ein Foto einer Reklame am Straßenrand irgendwo in den USA auf, mit einer Botschaft, die auf neue Musik aus dem Hause Lorna Shore schließen lassen könnte. Das Bild verbreitete sich schnell und die Spekulationen im Netz nahmen Fahrt auf. Gitarrist und Hauptsongschreiber Adam De Micco dementierte zwar noch in einem Statement, doch da waren die Diskussionen über ein neues Lorna-Shore-Album bereits in vollem Gange. Dann kam der 13. Mai und ein, soweit mir bekannt, anonymer Post, der nicht nur den Albumtitel und ein Veröffentlichungsdatum, sondern tatsächlich auch die komplette Tracklist inklusive Spielzeiten beinhaltete. Das Spannende daran: Hinter dem Song Oblivion stand ein Release-Datum, auf den 16.05. datiert. Die Vorfreude hielt sich mit einer gewissen Skepsis, ob dieser Post denn echt sei, die Waage. Doch dann, Freitag früh gleich nachgeschaut und da: die neue Lorna-Shore-Single war online. Bevor ich auf die Songs und das Album näher eingehe, wollte ich das noch erwähnen, da dies in meinen Augen marketingtechnisch ein absolut raffinierter Schachzug war. Es hat auf jeden Fall mal wieder richtig Spaß gemacht, in Echtzeit mitzuerleben, wie über neue Musik einer Band so viel spekuliert und diskutiert wurde, wie im Fall von I Feel The Everblack Festering Within Me. Und natürlich wurde die Vorfreude dadurch nur noch gesteigert. Die größte Frage war nun, wie wird das neue Material von Lorna Shore ausfallen? Drei Jahre ist das grandiose Pain Remains bereits alt und wurde in den Jahren bis jetzt weltweit ausreichend betourt. Die Erwartungen waren riesig, denn, nicht nur, dass die drei Album abschließenden Kracher Pain Remains I (Dancing Like Flames), Pain Remains II (After All I’ve Done I’ll Disapear) und Pain Remains III (In A Sea Of Fire) seither jedes Set als Zugabeteil beenden, vielmehr hat die Band damit musikalisch und emotional eine extrem hohe Messlatte gelegt, die sie bei den Fans schon jetzt unsterblich werden ließ. Kann das neue Material da mithalten? Oder geht die Band vielleicht einen ganz anderen, neuen Weg? Adam Di Micco äußerte sich nach der Veröffentlichung von Oblivion dahingehend, dass man auf der neuen Platte einige kleine Änderungen zu hören bekommen würde, die neu für Lorna Shore wären, diese aber nicht zu sehr ins Gewicht fallen würden. Vorweg kann ich sagen, dass dies absolut zutrifft und gelungen ist, denn man hat es geschafft, in den bandtypischen Sound einige kleine neue Facetten einzubauen, welche die Songs noch mal in andere Höhen transportieren.

Los geht I Feel The Everblack Festering Within Me mit einem echten Brett, der dritten Vorabsingle Prison Of Flesh. Sänger Will Ramos schrieb diesen Song, um auf die schlimme Demenzerkrankung hinzuweisen, die auch seine Familie schon mehrfach heimsuchte. Auch wenn der ganze Song, mit seiner wirren Atmosphäre, schon komplett überzeugt, so gipfelt diese Stimmung am Ende mit einem der besten Breakdowns aller Zeiten. Anschließend folgt mit dem, bereits erwähnten, Oblivion ein erstes Highlight, welches musikalisch die Brücke zu der Pain-Remains-Saga bildet. Hier wird ein Meisterwerk Stück für Stück aufgebaut. Emotionen pur, Melodien, die einfach nur Gänsehaut verursachen, und ein Will Ramos am Mikro in Höchstform. Ich kann versprechen, dass dies nicht das letzte Mal gewesen ist, dass Lorna Shore emotional alle Register ziehen. Denn direkt danach geht es mit In Darkness und seinen ergreifenden Melodien weiter. Nach den ersten beiden Liedern, die ja bereits vorab zu hören waren, war dies hier nun für mich die erste große Überraschung und ich wurde nicht enttäuscht. Hier zeigt die Band alles, wozu sie musikalisch fähig ist.
Weiter geht es mit Unbreakable und seiner überraschend gut gelaunten Stimmung. Ein Song, der live mit Sicherheit wunderbar funktionieren wird, da er im Refrain tatsächlich sehr stark zum Mitsingen einlädt. Laut Bandmitglieder der Titel, mit dem sie das Schreiben des Albums begonnen, aber auch beendet haben, da sie sich schwer damit taten, Musik mit solch einer positiven Stimmung aufzunehmen. Auf jeden Fall ist Unbreakable super platziert, denn es wirkt durch die gute Laune wie eine Auflockerung, nach den bisherigen Songs und dem, was noch kommen soll. Denn was jetzt folgt, ist eigentlich kaum zu beschreiben. Bei Glenwood zeigen Lorna Shore, dass sie DIE Band im Deathcore sind, die es wie keine andere schafft, harte Musik mit viel Gefühl zu kreieren. Dieses Lied, beginnend mit den ruhigen Gitarren, über die ergreifenden Melodien bis hin zu Will Ramos Schrei „Take Me Home“, muss man einfach erleben. Und wenn man sich das dazugehörige neue Video noch anschaut, dürfte eigentlich kein Auge trocken bleiben.
Melodiös weiterhin großartig, aber deutlich eingängiger geht es dann mit Lionheart weiter. Hier werden im Vergleich zu Glenwood die Geschwindigkeit wie auch die Härte wieder etwas angezogen, was einen perfekten Übergang zu den kommenden drei Titeln darstellt. Denn jetzt packen die Jungs noch mal den Vorschlaghammer aus, bevor es zum Abschluss wieder epochal wird. Den Anfang im Endspurt macht Death Can Take Me, der mit einem einzigartigen, diabolischen, fast schon horrorartigen Refrain für Abwechslung sorgt. Beim anschließenden War Machine ist der Name absolut Programm. Schlagzeuger Austin Archey ballert hier alles raus, was er hat, und trägt einen Song, dem ein paar Hördurchläufe wirklich guttun, um seine komplette Klasse zu entfalten. Dass Lorna Shore hier und da auch mal gerne Black-Metal-Elemente in ihre Musik einbauen, beweisen sie bei A Nameless Hymn. Da kamen von Beginn an Erinnerungen an neuere Dimmu-Borgir-Alben mit ihren symphonischen und stark orchestralen Ausrichtungen auf, ohne dabei wie ein Abklatsch zu klingen. Natürlich bleibt der Sound typisch, aber mit A Nameless Hymn zeigt die Band eine weitere wichtige Facette ihrer Identität.
So großartig diese drei härteren Nummern auch sind, ich glaube, sie haben den Sinn, uns auf das große Finale vorzubereiten. Forevermore, eine knapp zehnminütige Offenbarung, die dieses komplette Album in sich zusammenfasst und würdig abschließt. Episch, cineastisch, emotional, melodiös, traurig, mit einem Schuss Hoffnung. Ich könnte weiter aufzählen. Eingangs hatte ich das Statement von Gitarrist Adam Di Micco erwähnt, in dem er ein paar wenige Änderungen versprach. Diese sind selbstverständlich auch bei einigen anderen Songs zu hören, werden bei Forevermore aber noch mal zusammengetragen, um den Abschluss unvergesslich zu machen. Frauenstimme im Hintergrund, Meeresrauschen zum Schluss und sogar ein Cello hat man eingebaut, um die Stimmung so richtig auf die Spitze zu treiben. Auch wenn sich die Platte zu dem Zeitpunkt bereits seit fast ’ner Stunde dreht, hier wird es zu keiner Sekunde langatmig oder gar langweilig. Ganz, ganz großes Kino!!!

Lorna Shore – I Feel The Everblack Festering Within Me
Fazit
Lorna Shore hatten es nach Pain Remains wahrhaftig nicht leicht, mit neuer Musik an den Start zu gehen, und sich gut Zeit dafür gelassen. Das Ergebnis spricht ohne Zweifel für sich. Sie hätten es sich auch einfach machen und die Pain-Remains-Trilogie musikalisch einfach weiterführen können, aber das ist nicht der Fall. Ein fantastischer Mix aus all ihren bisherigen, plus einigen neuen Einflüssen, ergibt zusammen die in Gänze beste Veröffentlichung der Band, die in ihrem Ablauf sehr abwechslungsreich und frisch daherkommt. Eine Verschmelzung von Härte, atemberaubenden Melodien, Gefühl sowie brachialen Breakdowns, garniert mit dem für mich besten Sänger des Extrem-Metal-Bereichs, zeigt, wie großartig und einzigartig Lorna Shore sind. Ihr bisheriges Meisterstück.

Anspieltipps: Glenwood, Oblivion, War Machine, Unbreakable und Forevermore
Sascha E.
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