Quelle: Metal Promotions

Das Interview mit Chris, Seraina, Roger und Jan von Dreams In Fragments zum aktuellen Album „When Echoes Fade“

Alles zum aktuellen Langeisen "When Echoes Fade", über die Schweizer Metalszene und die Hoffnung auf Konzerte noch in diesem Jahr

Artist: Dreams In Fragments

Herkunft: Wangen, Schweiz

Genre: Female Fronted Melodic Metal, Heavy Metal, Symphonic Metal, Metal

Label: Boersma Records, Nova MD

Link: https://www.facebook.com/dreamsinfragments

Bandmitglieder:

Gesang – Seraina Schöpfer
Gitarre, Gesang – Christian Geissmann
Bassgitarre – Jan Thomas
Schlagzeug – Roger Häfliger

Time For Metal / René W.:
Hallo liebe Band,
ich freue mich, dass ihr Zeit für ein Interview gefunden habt. Ihr habt vor ein paar Wochen euer zweites Studioalbum When Echoes Fade veröffentlicht, über das wir heute sprechen wollen. Gegründet habt ihr euch vor vier Jahren und 2019 das Debüt Reflections Of A Nightmare herausgebracht. Viele unserer Leser dürften euch noch nicht kennen, daher würde ich euch bitten, einmal etwas zu eurer Entstehung von Dreams In Fragments zu berichten und wie sich die Band langsam geformt hat.

Dreams In Fragments / Chris:
Ich bin schon lange musikalisch aktiv, genauer gesagt, bin ich seit nunmehr 25 Jahren in Bands zu Hause. Meine erste Band Majesty Of Silence gibt es immer noch. Dieses Jahr wird bereits das fünfte Studioalbum veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang habe ich vor Jahren auch unseren Bassisten Jan kennengelernt, denn er hat mit seinem damaligen Label die Samplerreihe Heavy Metal Nation herausgebracht, auf deren erster Inkarnation wir damals mit einem Song vertreten waren. Er organisierte auch den landesweiten Vertrieb eines unserer Alben. Eines Tages fragte er mich, ob ich Interesse hätte, in einer Band einzusteigen, in der er spielte. Offensichtlich habe ich zugesagt. Kurze Zeit später änderte sich die Besetzung dann derart stark, dass wir unter dem neuen Namen Dreams In Fragments durchstarteten. Es ging alles eigentlich eher schnell, und hier sind wir nun.

Time For Metal / René W.:
Eure Ausrichtung darf man durchaus sportlich betrachten, wenn man auf das Genre Female Fronted Melodic Metal blickt und die Einflüsse aus dem Heavy Metal und Symphonic Metal mit im Kopf hat. Parallelen zu Bands wie Nightwish bleiben bestehen, ohne dort zu sehr auf den Zug aufzuspringen. Wo seht ihr euch und wohin soll die Reise bestenfalls gehen?

Dreams In Fragments / Chris:
Es gibt so viele andere, auch sehr gute und bekannte Bands in dem Genre neben Nightwish, die man keinesfalls ignorieren darf, die man ebenso gut als Vergleich heranziehen kann und die als Inspiration genannt werden können. Große Namen wie Delain, Epica, Within Temptation und Xandria sowie Aufsteiger wie Visions Of Atlantis oder Blackbriar. Es gäbe noch viele mehr. Was ich damit sagen will, ist, dass, was immer ich auch höre, mich beim Songschreiben inspirieren kann. Dabei spielt es nicht mal eine Rolle, aus welchem Stil die Musik stammt.

Dreams In Fragments / Seraina:
Da geht es mir wie Chris. Offensichtlich bin ich eine Frau und meine Stimme ist eher klassisch, aber deshalb sind die bekannten Symphonic-Metal-Bands noch lange nicht meine einzige Inspiration bzw. meine Vorbilder. Im Gegenteil, ich finde es interessant, wenn verschiedene Stile zusammenkommen. Deshalb mag ich zum Beispiel auch unsere elektronischen Parts, die in gewissen Songs zu finden sind. Generell machen wir einfach, was uns gefällt und was sich richtig anfühlt.

Time For Metal / René W.:
Ihr seid von Rockshots Records zu Boersma Records gewechselt. Warum habt ihr euch so früh für ein Labelwechsel entschieden und warum hat es euch zur Familie von Boersma Records gezogen?

Dreams In Fragments / Chris:
Wir waren froh, bei Rockshots unser Debüt veröffentlichen zu können, aber ein Label, das im selben Sprachraum zu Hause ist, bringt den großen Vorteil der einfachen Verständigung. Der deutschsprachige Raum ist momentan das wichtigste Gebiet für uns, nicht zuletzt für mögliche Konzerte. Als Band auf unserer Stufe macht man meist sowieso nur Deals für ein einzelnes Album, und Boersma hat uns da ein ansprechendes Angebot gemacht.

Time For Metal / René W.:
Wie schon erwähnt habt ihr mit Reflections Of A Nightmare als neu formiertes Team erste Erfahrungen gesammelt. Sowohl live als auch im Studio nimmt man alles mit, um seine Kunst zu verbessern. Welche Einflüsse haben euch da mehr geprägt: Die gemeinsame Zeit beim Aufnehmen oder die Phase, als das Material zeigen musste, wie die Fans damit vor der Bühne klarkommen?

Dreams In Fragments / Chris:
Es waren erste Erfahrungen für die Band als Team, aber die Hälfte der Bandmitglieder machte das schon seit geraumer Zeit, weshalb es für diese nicht grundsätzlich neu war. Die Konzerte waren aus diesem Grund sicher der größere Prüfstein, da man hier zusammen funktionieren muss und das Bandgefüge den Ausschlag gibt für einen überzeugenden Auftritt. Im Studio, wo jeder seine Performance einzeln abliefert, kann man auch auf jeden einzeln eingehen.

Time For Metal / René W.:
Wenn ihr einmal auf diese Tage zurückblickt, seid ihr bei When Echoes Fade anders an das Songwriting herangegangen? Wo liegen die Unterschiede bzw. Parallelen der beiden Alben und wie schwer war es, bei der aktuellen Corona-Pandemie, die Bandaktivtäten aufrechtzuerhalten oder gar neues Material einzuspielen?

Dreams In Fragments / Chris:
Ja, es war ziemlich anders. Dieses Mal war ich im Jahr 2020 von heute auf morgen mit Kurzarbeit konfrontiert. Daher habe ich mehrere Monate täglich im Studio verbracht und die Songs allein geschrieben, ohne dass wir sie an Proben angeschaut haben. Daneben gab es eine zum Glück relativ kurze Zeit, in der wir auf Proben verzichten mussten. Das war doch eine eher geringfügige Einschränkung.

Time For Metal / René W.:
Wollen wir When Echoes Fade weiter vertiefen und nicht nur mehr auf den Silberling eingehen, sondern auch auf die einzelnen zwölf Songs. Könnt ihr einmal in einem kleinen Track-By-Track eure Ideen, Gedanken und Emotionen der einzelnen Werke durchleuchten? Welche Message soll für den Hörer zurückbleiben?

1. Hey You

Dreams In Fragments / Seraina: In dem Song geht es um Stalking. Genaugenommen bin ich darin der Stalker. Ich kenne das Thema leider (zum Glück nur im Ansatz) als das Opfer und wollte dem Ganzen etwas die Macht nehmen, indem ich es umdrehte.

2. Nightmare

Dreams In Fragments / Seraina: Hier geht es um Schlaflosigkeit und diesen seltsamen Wach-Schlaf-Zustand, den man manchmal hat. Das Thema Schlaf und Träume finde ich extrem interessant und es inspiriert mich total, nicht nur für diesen Song.

3. Rage And Fire

Dreams In Fragments / Seraina: Das ist ein klassischer Trennungs-Text aus beiden Perspektiven. Zum Glück kann ich hiervon nicht autobiografisch schreiben. Aber die Trennung von zwei Freunden, die ich mich selbst sehr mitgenommen hat, hat mir hier als eine gewisse Vorlage gedient.

4. By The Sea Forever

Dreams In Fragments / Chris: In diesem Song beschäftigte mich die ewige Frage: Was kommt nach dem Tod? Manche sagen, es komme, was man sich am meisten wünsche. Und genau das vermittle ich in diesem Song.

5. Bulletproof

Dreams In Fragments / Seraina: Das ist der für mich wohl persönlichste Text auf dem Album. Er ist etwas verschlüsselt, geht aber im Kern um psychische Probleme und das gemeinsame Bewältigen derselben, auch wenn das oft schwierig und hart ist. Im Grunde genommen ist es ein Liebessong, auch wenn er nicht auf den ersten Blick als solcher erkennbar ist.

6. To Avalon

Dreams In Fragments / Jan: Chris war zunächst skeptisch, ob seine Komposition auf das Album passe. Ich war auf Anhieb begeistert von diesem Werk mit seiner epischen Breite und hörte eine wilde Jagd entfesselter Seelen durch die Höhen und Tiefen des Ozeans. Auf der Aufnahme durfte Seraina sich die Gesangsarbeit mit Chris und Barbara Brawand teilen, doch live wird es mehr für sie zu tun geben. – Verzeih, Seraina!

7. She’s The Fall

Dreams In Fragments / Chris: Der Song basiert auf einer tatsächlich existierenden Person und wie ich sie erlebte bzw. welche Gefühle (nicht romantischer Natur) ich empfand.

8. The Queens Crown

Dreams In Fragments / Seraina: Das ist meine persönliche Interpretation von Alice im Wunderland. Eine Geschichte, die ich sehr liebe. Ich lande darin selbst an diesem wunderlichen Ort, bin erst verwirrt und verirrt, finde mich dann aber schnell zurecht und mache das Wunderland zu meinem eigenen, möchte gar selbst die Königin darin sein. Das manifestiert meine Faszination für wunderliche und fantastische Welten.

9. We Shout Again

Dreams In Fragments / Seraina: Hier geht es darum, sich nicht die Stimme verbieten zu lassen (oder sie sich selbst zu verbieten). When echoes fade, we shout again!

10. The Mind’s Abyss

Dreams In Fragments / Chris: Mein Ansatz hier war das Gefühl, in einem bestimmten Verhaltensschema gefangen zu sein, welches mir nicht zusagt und wie ich da wieder rauskomme.

11. Showgirl

Dreams In Fragments / Chris: Den Grundstein für diesen Text schrieb ich auf unserer Osteuropatour mit Forge im Jahr 2019, basierend auf den Erlebnissen, real und idealisiert, während dieser Tage und Konzerte.

12. Own The Night

Dreams In Fragments / Chris: Ich hatte eine Gangster-Szene in einer Serie gesehen und dieser Song kam bei meiner persönlichen Vertonung heraus.

Dreams In Fragments / Seraina: Ein klassischer Disco-Song. 😉 Bewusst plakativ habe ich mich hier von der Dark-Wave-Szene bzw. Chris’ eingebauten stampfenden Beats inspirieren lassen und mir eine Partynacht nach einem Konzert vorgestellt, wie wir sie hoffentlich schon bald wieder erleben dürfen.

Time For Metal / René W.:
Eine Frage, die mich persönlich beschäftig, seitdem ich eure Scheibe When Echoes Fade das erste Mal in den Händen hielt: Ist die Ähnlichkeit zu Wishmaster von Nightwish gewollt oder ein reines Zerfallsprodukt – zudem: Wer war für das Artwork verantwortlich oder habt ihr dieses selber erstellt?

Dreams In Fragments / Chris:
Ich sehe jetzt nicht wirklich viel Ähnlichkeit. Auf beiden Covers hat es etwas Wasser und einen wolkenverhangenen Himmel, aber damit hat es sich ja dann auch schon. Bei uns tauchen keine der anderen vordergründigen Elemente des Nightwish Covers auf. Sogar die Farbigkeit ist komplett verschieden. Die Antwort ist daher klar: Nein, das ist nicht gewollt und ich bin mir auch sicher, dass die Ideen hinter den beiden Covers sehr verschieden sind. Wir hatten die Covergestaltung nach unserer Idee online ausgeschrieben, das Rennen gemacht hat Roy von creativetoolkit.

Time For Metal / René W.:
Ihr stammt aus Wangen in der Schweiz. Ich kann mir vorstellen, dass die Metalszene dort recht klein sein könnte. Wie schwer ist es daher am Anfang, ein Netzwerk aufzubauen und mit Gleichgesinnten aus Bern oder Zürich in Kontakt für Gigs usw. zu kommen?

Dreams In Fragments / Chris:
Mit den Ortsnamen in der Schweiz muss man immer sehr genau sein, da es die meisten mehrfach gibt, wir kommen aus Wangen bei Olten ?. Ja, die Schweizer Metalszene ist nicht übermäßig groß, obschon gefühlt fast jeder Metaller auch in einer Band spielt. Auf jeden Fall finde ich gerade aufgrund der Größe der Szene kommt man sehr leicht in Kontakt mit anderen Bands.

Dreams In Fragments / Seraina:
Ich bin selbst (wenn nicht gerade Pandemie herrscht) sehr viel auf Konzerten. Man trifft dort immer wieder etwas dieselben Leute, weil die Schweiz eben auch genug klein ist, dass an Metalkonzerten die Leute von fast überall her kommen, egal wo es stattfindet. So kennt man sich auch recht schnell oder zumindest über ein oder zwei Ecken. Das ist eigentlich ein ziemlicher Vorteil als Band.

Dreams In Fragments / Jan:
Gewiss, wir mögen in jenem Käffchen proben, doch wir sind ja keine Frischlinge mehr, für die die Ortsgrenzen den Bewegungsradius verkörpern. Gerade auch durch meine ehemalige Labelarbeit nehme ich die Metalszene in der Schweiz als durchaus gesund und vital wahr. Unter normalen Bedingungen herrscht ein Überangebot an Konzerten und die Bands sind veröffentlichungsfreudig. Was vielen von uns allerdings abgeht, ist entweder die Vision, wie man seine Band aus der Masse herausstechen lassen kann, oder der Mut, eine derartige Vision umzusetzen.

Dreams In Fragments / Roger:
Da ich schon seit ein paar Jahren als Musiker unterwegs bin, kam ich schon mit vielen Bands und kleinen Clubs in Kontakt und es entwickelte sich auch schon mal eine persönliche Freundschaft, auf die man immer wieder zurückgreifen und von ihrem Netzwerk profitieren kann.

Time For Metal / René W.:
Wie wichtig ist euch Kritik von außen? Lest ihr Reviews zu euren Shows, Alben und Songs oder ist für euch der Impuls von der Presse für mögliche Gedankenanstöße nicht relevant?

Dreams In Fragments / Chris:
Ich lese die Kritiken alle. Allerdings sind Kritiken relativ zu betrachten, der Mensch ist halt mit Geschmack ausgestattet und nur sehr wenige können das Ausschalten, um eine tatsächlich neutrale Kritik zu verfassen. Daher bin ich natürlich nicht immer einverstanden ? Falls doch, lasse ich hin und wieder beim nächsten Mal etwas einfließen.

Dreams In Fragments / Seraina:
Ich lese auch alles. Die Kritiken sind aber natürlich alle Geschmacksache, und man muss sich bewusst sein, dass nicht alles allen gefällt. Ansonsten finde ich es aber wichtig, über gewisse begründete Kritikpunkte wenigstens nachzudenken.

Dreams In Fragments / Jan:
Vielleicht bin ich abgehärteter oder abgeklärter. Wohl bin ich dankbar für die freundliche Beachtung – selbst wenn sich jemand die Zeit nimmt, einen Verriss zu formulieren – doch meine Wahrnehmung ist es, dass es für jede Person, der ein Album gefällt, eine weitere gibt, die sich davon nicht angesprochen fühlt. Lieber beobachte ich, welche Stücke für die einzelnen Rezensenten so hervorstechen, dass sie in der Plattenbesprechung Erwähnung finden.

Dreams In Fragments / Roger:
Kritik von außen ist ein wichtiger Aspekt, wie ich finde. Sie kann als Wegweiser für die Zukunft dienen oder einem die Bestätigung liefern, dass man auf dem richtigen Weg ist. Dadurch entscheidet sich, ob man den Kurs beibehält oder nicht.

Time For Metal / René W.:
Kommen wir langsam zum Ende. Eine Frage, an der aktuell leider noch kein Weg vorbeiführt. Wie groß seht ihr eure Chance, dieses Jahr noch live spielen zu können? Gibt es bereits Pläne für die nächsten Monate oder haltet ihr euch das Szenarium, dass Konzerte wieder im speziellen Rahmen möglich sind, offen?

Dreams In Fragments / Chris:
Es sind tatsächlich noch ein paar Gigs in Planung, für die wir realistische Chancen sehen, nun, da die Beschränkungen langsam wieder wegfallen. Aber hellsehen können auch wir nicht ?

Time For Metal / René W.:
Danke für eure Zeit. Bleibt gesund und lasst euch nicht unterkriegen. Das letzte Wort gehört (wie bei mir traditionell üblich) ganz alleine euch und könnt ihr ganz offen an eure Fans und unsere Leser wenden.

Dreams In Fragments / Chris:
Wir sind leider momentan etwas isoliert. Falls ihr uns also eine Nachricht zukommen lassen wollt, wie euch das Album gefällt oder was ihr gerne von uns wissen möchtet, würden wir uns sehr freuen!

Dreams In Fragments / Seraina:
Vielen Dank für euer Interesse! Hört gerne in das Album rein, lasst uns ein Feedback da wenn ihr mögt, und wir würden uns sehr freuen, den einen oder anderen mal an einem Konzert zu sehen.

Dreams In Fragments / Jan:
Hast du während der Lektüre dieses Interviews Musik gehört? – Falls es When Echoes Fade war, hast du Gleiches bereits zu Gleichem gefügt. Falls nicht, so empfehlen wir dir, dem Album oder dem Video zu By The Sea Forever auf YouTube baldmöglichst eine Chance zu geben und es bei Gefallen auf dreamsinfragments.bandcamp.com zu bestellen, denn von deiner Unterstützung leben wir.

Dreams In Fragments / Roger:
Danke, dass du bis zum Ende durchgelesen und uns somit auf deine Art unterstützt hast. Unseren Fans sei an diesem Punkt für das fleißige Streamen bzw. Kaufen unseres Albums sowie das zahlreiche Anschauen des Videos zu By The Sea Forever auf YouTube gedankt. Ich hoffe, euch baldmöglichst wieder von der Bühne aus begrüßen zu dürfen.