Event: Euroblast Festival
Bands: 22, Anima Tempo, Aphyxion, Atlas, Azure, Betraying The Martyrs, Between The Buried And Me, Cold Night For Alligators, Controversial, Dead Letter Circus, Frostbitt, Ghost Iris, Head With Wings, Hypophora, Klone, Odd Palace, Port Noir, Special Providence, Shokran, Shrezzers, Siamese, Sleep Token, Sunless Dawn, The Haarp Machine, Thrailkill, Tides From Nebula, Tides Of Man, Twelve Foot Ninja, Uneven Structure, Vola, Valis Ablaze, Votum, Wheel, Wings Denied
Ort: Essigfabrik, Siegburger Straße 110, 50679 Köln
Datum: 27.09. – 29.09.2019
Kosten: 119 € je 3-Tages-Festival-Hardticket, 129 € je 3-Tages-Festival-Hardticket (ab dem 01.09.2019)
224 € je Unterkunft-Bundle für 3 Tage, 259 € je Unterkunft-Bundle für 4 Tage
Genre: Progressive Metal, Post-Metal ,Technical Death Metal, Progressive Death Metal, Djent
Veranstalter: Euroblast Promotion Schneider und Sprich GbR, https://www.euroblast.net/de/contact
Link: https://www.euroblast.net/de, https://www.facebook.com/events/713620789001490/
Bilder: Toni Michel
Bericht: Toni Michel und Wolfgang Füßenich
Das Euroblast Festival geht dieses Jahr in die 15. Instanz. Angefangen im Bogen 2 vor einigen Jahren fand die Veranstaltung an einzelnen Abenden statt und das Line-Up war bescheidener, auf härtere Töne ausgelegt. Aus dem Bogen 2 zog das dann jährliche Event nach Ehrenfeld. Das Underground fungierte mit seinen zwei Bühnen als Sidestages und die größeren Acts wie Jeff Loomis oder Scar Symmetry heizten der Live Music Hall ordentlich ein. Seit einigen Jahren findet das Event in der Deutzer Essigfabrik inklusive der Elektroküche statt. Auch hier gibt es eine Side- und Mainstage. Mit den Jahren haben die jährlich wiederkehrenden Fans der Veranstaltungsreihe, um einige Kölner Booker und Gründungsmitglieder John G. Sprich und Dr. Daniel Schneider, die Location lieben gelernt. Das Festival, auf dem in den vergangenen Jahren weltbekannte Bands wie Animals As Leaders, Meshuggah oder Devin Townsend gespielt haben, bietet auch kleineren Bands eine große Bühne. So kommt es nicht selten vor, dass Bands wiederkehren und auf vergangenen Auftritten aufbauen. Es ist fast Oktober. Der Sommer ist vorbei. Endgültig.
Bei der Ignite Night des diesjährigen Festivals schüttet es wie aus allen Kübeln. Die Fans stört das wenig, es wird jedoch viel gebangt, da die Prognose für das Wochenende (und somit das Festival) nicht rosig aussieht. An diesem Abend: Svynx aus Köln, Mobius aus Frankreich, Soulsplitter aus Leipzig und als Headliner Toundra aus Spanien. Svynx sind ein Rock-Trio, das Progelemente mit Funk und Metal garniert. Trotz der frühen Stagetime von 18:30 Uhr ist der Club bereits gut gefüllt. Für die drei ist es Euroblast-Premiere, doch das Publikum heißt sie herzlich willkommen.
Mobius müssen improvisieren, da die Sängerin krankheitsbedingt nicht auftreten kann, und spielen kurzerhand ein instrumentales Set. Der fehlende Gesang fällt weitestgehend kaum auf, da der djentige Sound und die interessanten Songstrukturen die Zuhörer bei der Stange halten. Soulsplitter feiern an diesem Abend ihren Album-Release. Glückwunsch! Die vierköpfige Band fällt neben dem hohen dynamischen Spektrum ihrer Musik auch durch den mystisch gekleideten Redner am Ende der Bühne auf – wer braucht schon Samples? Toundra. Instrumentaler Post Metal aus Spanien. Wie eine Dampfwalze pflügt der Sound alles platt, auf dem 4/4 Takt steht. Oft spielen sie mit dem Metrum, haben ohrwurmträchtige Hooks und fette Basslines, die den inzwischen rappelvollen Club Volta ordentlich einheizen.
Der erste Tag ist ein perfekter Herbsttag. Wie schon so oft beim Euroblast ist das Wetter optimal. Die Stimmung unter den Besuchern ist gut, die Erleichterung über den ausgebliebenen Regen groß. Der Tag beginnt mit 13:00 Uhr für einen Wochentag recht früh. Trotzdem stehen schon vor Einlass einige Besucher vor den Toren. Eine Mauer umschließt das Gelände der Essigfabrik. Auf ihm können sich die Fans zwischen den Konzerten aufhalten und mit Merch, Bier, oder diversen kulinarischen Spezialitäten versorgen. Wie bei einem Festival eben. Nur kleiner. Der typische Euroblast Festival Besucher kennt das Setting bereits, da die meisten Besucher das Festival seit einigen Jahren für sich entdeckt haben. John, einer der Gründer, begrüßt auf der Main-Stage das Publikum – eher gesagt, seine “Euroblast Family” und wird mit lautem Gejubel und Applaus empfangen. Wie die Jahre zuvor, gibt es auch eine Weltkarte, in der Besucher ihre Heimat markieren können. 2012 kamen Besucher aus 43 verschiedenen Ländern. Auch dieses Jahr beweist das Euroblast trotz des “Euro” im Namen internationale Reichweite. Doch nicht nur die Fans stammen aus zahlreichen Ländern, die Musiker stammen aus allen Ecken der Welt. So kommen zum Beispiel Voyager aus Australien, Car Bomb aus New York.
Siamese
Spielen als zweite Band auf der Main-Stage. Was sofort auffällt, ist die Geige, deren Korpus aussieht wie ein Totenkopf. Metal as fuck. Auch die Gitarren hängen bei den Musikern ungewohnt tief. Der erste Eindruck bleibt nicht lange, als die Kopenhagener mit überraschend poppigem Sound vom Song Soul And Chemicals loslegen. Die Geige fügt sich gut ein, die Gitarren klingen satt, der Sänger ist Herr seiner Stimme und die Drums sind tight. Der sympathische Sänger spricht deutsch und schafft mit kurzen Ansagen und Humor schnell eine Brücke zu den recht zahlreichen Zuhörern. “Wie geht es euch, Techfest?!” Es wird fleißig genickt, die Beats sind straight forward, teils four-to-the-floor, fast schon radiotauglich. Dessen sind sich die Jungs bewusst, so wird ein Song angesagt mit “Der wird euch gefallen, wenn ihr Linkin Park und Michael Jackson mögt”. Der Song Not Coming Home klingt wirklich nach Linkin Parks Faint. Die Band überzeugt mit Performance und Charisma. Die Musik fällt etwas aus der Reihe des Line-Ups, aber auch diese Diversität passt zum Festival.
Azure
Spielen auf der Second-Stage (a.k.a Elektroküche). Die vier Musiker spielen vor voller Hütte. Der Sänger wirkt exzentrisch mit babyblauem Blazer. Die Musik geht nach vorn, die Parts sind lang und gut verknüpft. Technisch beweisen die Bandmitglieder, warum sie zu diesem Festival eingeladen wurden. Auffällig ist der teils schrill wirkende Gesang, der gerade in den ersten Songs heraussticht. Das Gesamtpaket überzeugt und die Sidestage ist gut gefüllt mit Musikbegeisterten. Nichts für jeden Tag, aber erfrischend anders.
Uneven Structure
Nicht zum ersten Mal spielen die Franzosen Uneven Structure auf dem Ground des Euroblast. Die Band gehört beim Euroblast zum guten Ton. Literally. Entsprechend spärlich fallen meine Notizen aus. Dreimal “Fett”, viermal “tight”. Der Sound ist on-spot, die massiven Klangtexturen brettern. Die Band bestreitet an diesem Abend das letzte Konzert ihrer Tour und das merkt man. Alle wirken eingespielt, ohne dabei steif zu wirken. Die Energie der Songs spiegelt sich auf der Bühne wider. Es wird rumgesprungen, Drummer Arnaud spielt dynamisch, geht ab wie ein Allergiker beim Imker. Man sieht ihm den Spaß an; er grinst permanent über beide Ohren. Zu guter Letzt spielen sie noch den obligatorischen “noch nie zuvor live gespielten” Song. Eine Ballade vom neuen Album. Auch dieser Song überzeugt durch geschickte Akzentuierungen in Richtung “slow and heavy”.
Runde, gewohnt gute Performance.
Kadinja
Nicht zum ersten Mal spielen die Franzosen. Kommt euch bekannt vor? Auch Kadinja sind auf dem Euroblast bewährte Wiederholungstäter. Die fünfköpfige Combo überzeugte in einigen Editionen des Euroblast so sehr, dass ihnen inzwischen ein Platz auf der Mainstage gebührt. Auch dieses Jahr überzeugt. Die Klangästhetik erinnert teilweise an KoRn. Insgesamt wirkt die Musik vertrackter, wenn man will “verkopfter”. Trotz der Rhythmusverliebtheit und den geschickt übereinandergelegten Melodien wird die Musik nie unübersichtlich. Auch hier ist Kopfnicken angesagt. Die Band macht dies derweil gut vor, so wird auf der Bühne fleißig synchron gebangt. Routiniert wird auch gefrickelt, was das Zeug hält, und die Metrumwechsel kommen tight daher. Überraschend abwechslungsreicher Gig, der Lust auf mehr macht.
The Hirsch Effekt
Zuletzt vor zwei Jahren durften die Hannoveraner damals einen Slot der Mainstage bestreiten. Dieses Jahr sind sie sogar Headliner des ersten Festivaltages und für mich eines der Highlights. Insgesamt das sechste oder siebte Mal stehe ich bei The Hirsch Effekt vor der Bühne. Dieser Auftritt sticht heraus, da die Auswahl der Tracks meine Favoriten-Checkliste fast komplett abdeckt. So spielen die Jungs Klassiker von allen Alben.
Mitten im Set gibt es eine Akustikeinlage von Sänger Nils an der Gitarre und Bassist Ilja am Cello. Der Gesang fällt heute besonders positiv auf und sticht nicht nur in der ruhigen Einlage hervor. Auch dem Publikum scheint es zu gefallen. Die zeigen sich textsicher und die ausschließlich deutschen Lyrics werden eifrig mitgesungen, gebrüllt und geschrien. Auch das obligatorische Crowdsurfen darf bei den Fans nicht fehlen. Obwohl bei The Hirsch Effekt Orchestrierung vom Band kommt und die Performance insgesamt sehr nah an den Albumsound herankommt, hört man, dass dies handgemachte Musik ist. Auf der Bühne scheint der Sound atmen zu können und kommt so lebendig nach vorn.
Vola
Die Dänen durften bereits letztes Jahr zum Release ihres Albums Applause Of A Distant Crowd auf dem Euroblast rocken. Ein Jahr später scheint sich die Platte bei den Zuhörern etabliert zu haben. Die Mainstage ist sehr gut besucht. Wie schon im Vorjahr können Vola mit ihrem offenen Mix aus eingängigen Hooks und rhythmischer Finesse auf der Bühne ihr Können beweisen. Neben den neueren Songs werden natürlich viele ältere Songs präsentiert. Der Anteil an mitsingenden Fans ist hoch, was aber nicht verwunderlich ist; die Songs teilen einen Charakter, sind aber so divers, dass jeder Song Wiedererkennungswert hat.

Between The Burried And Me
Für BTBAM sind zwei ganze Slots eingeräumt. Wie auch auf der Tour werden Between The Burried And Me an diesem Abend zwei Sets spielen. Für einige verständlicherweise ein Highlight des Wochenendes. Die Essigfabrik, selten für guten Sound gelobt, fügt sich dem Soundengineer der Band und es klingt super. Auch die Lichtshow ist on Spot, lässt das Konzert zu einem Ereignis für die Sinne werden. Die Band, sympathische Amerikaner, scheint sich in ihrem Element zu wissen und versprüht regelrecht gute Laune. Wie ein musikalisches Uhrwerk greifen die Instrumente ineinander, entwickeln sich Sounds und Texturen. Ebenso präzise wie besagtes Uhrwerk. Die sehr gut arrangierten Songs werden von den Musikern unglaublich gut rezitiert und die sehr häufigen Metrum- und Taktwechsel gehen scheinbar mühelos über die Finger. Zwei Sets. Musik von 2002 – 2019. Es ist eine bunte Mischung, jedes Set für sich hat seine Daseinsberechtigung. Zusammen betrachtet ergeben beide Sets ein riesiges Happening. Die Hörer sind gefordert, ohne sich je vom Sound überwältigt, oder der komplexen Musik überfordert zu fühlen.
The Haarp Machine
Der Auftritt von The Haarp Machine steht dieses Jahr scheinbar unter keinem guten Stern. Bereits zu Beginn gibt es technische Schwierigkeiten mit dem Backing-Track. Die Gitarristen wirken sichtlich nervös. Einen Bassisten gibt es nicht. Der Sänger (und Kopf der Band) begrüßt die Menge mit “Hi, I don’t play in this band anymore.. I sing now.” Eine zweifelhafte Entscheidung, at best. Als der Backing-Track dann läuft, schauen sich viele im Publikum betroffen um. Der Sound ist schlecht. Der Gesang ist schlecht. Was ist da los? Nach kurzem Rumfragen offenbart sich die Misere: Die Band hatte sich Freitag das erste Mal in dieser Konstellation getroffen und zu allem Übel auf einen Soundcheck verzichtet. Diese unglückliche Kombination an fragwürdigen Entscheidungen führt dazu, dass viele der Zuschauer lieber draußen im Regen stehen, als vor der Bühne. Zu einem späteren Zeitpunkt des Auftritts hat man sich im FOH dazu entschieden, Gitarren und Gesang kaum noch hörbar in den Backing-Track einzumischen. Die Drums sind zu Recht gut hörbar, der Schlagzeuger liefert eine solide Performance und spielt beinahe mechanisch die auswendig gelernten Noten auf das Metronom. Die schlechte Performance spricht sich schnell herum. Wie für Festivals üblich, führen laute Rufe á la “Helga” zu einer Kettenreaktion aus Rufen. Bloß wird hier der Gesang des Sängers imitiert. Aua. Dies sorgt für eine Weile für allgemeine Erheiterung, ebbt jedoch schnell wieder ab. Viele hier sind selbst Musiker und ich glaube, was dort auf der Bühne passiert ist, stellt den Albtraum aller dar.
Hypophora
“Der. Hammer.” Meine Notizen. Die im Interview sehr zurückhaltend wirkenden Engländer erschrecken mich zuerst etwas. Die ersten paar Töne der Sängerin sind schief. Für einige wenige Sekunden zeichnet sich vor meinem inneren Auge ein HaarpMachine2.0 ab. So schnell wie dieser Gedanke kam, übermannt mich Erleichterung. Anstatt sich von den missratenen Tönen aus der Ruhe bringen zu lassen, schließt sie die Augen und jeder noch kommende Ton sitzt. Und wie. Die Musik der Combo ist flott, lädt zum Tanzen ein und nistet sich in den Gehörgang mit scheinbar unbeugsamen Widerhaken. Der klassische “Djenty-Sound” der Gitarre und des Basses wird geschickt über groovige, sehr fette Beats gelegt. Dass kaum eine Seele vor der Bühne stillsteht, ist selbstredend. Auch diese Musik ist handgemacht. Es gibt keine Backing-Tracks, kein Metronom. Gitarren-Flächen werden durch scheinbar willkürliches Drehen und Drücken am monströsen Pedalboard erzeugt. Die Sängerin weiß die Effekte auf dem Vocal-Mic geschickt zu bedienen und erzeugt so einen Teppich, der sich gut in den Mix einfügt. Schlagzeug und Bass spielen wie eine Einheit; präzise wie einst Dr.Lecter werden hier Schallwellen seziert. Trotz des teils recht lockeren, pop-Rock anmutenden Sounds haben Hypophora dieses Jahr nicht nur auf dem UK Tech-Fest gezeigt, was sie können, sondern mit ihren fetten Grooves auch beim Euroblast einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Tides From Nebula
Die musikalische Vielfalt des Euroblast zeigt sich auch anhand von Bands wie Tides From Nebula. Die polnischen Postrocker haben sich bereits bei früheren Ausgaben bewährt und werden hier herzlich auf der Mainstage empfangen. Backing-Tracks kann man lieben, oder hassen. Was bei Tides From Nebula zunächst nach Backing-Track klingt, stellt sich schnell als Keyboard heraus. An dieser Band sieht man noch einmal, dass gutes Songwriting für einen guten Sound unentbehrlich ist. Der Sound fällt nie ab, selbst wenn Bassist Przemek an das Keyboard wechselt.
Die Lichtshow fällt positiv auf, da ebenso minimalistisch. Auf der Bühne bewegen sich die Musiker meist als Silhouetten zur sehr flächigen Musik. Eben diese Fläche lädt zum Träumen ein und zeigt, dass beim EuroBLAST nicht alles Ballern muss, um zu knallen.
Betraying The Martyrs
Keytar. FUCK YEAH. Das Publikum ist in der klaren Mehrzahl; die Mainstage ist voll, um die sechs Musiker performen zu sehen. Und genau das tun sie. Der Sound nagelt alles an die Wand, die teils flotten Sounds inklusive kurzen knackigen Gitarrensoli bewegen die Fans nach allen Regeln der Kunst. Inklusive Circlepit, der vom Schlagzeuger mit Blastbeats befeuert wird. Die Top-Performance wird von den Fans mit eifrigem Mitsingen belohnt. Einziger Downer in dieser Performance stellt für mich die Crowd-Control des Sängers dar, der zwischen den Songs das Publikum mit einer schiefen Imitation des Haarp Machine Sängers anheizt. Das für mich zu diesem Zeitpunkt schon abgelatschte Meme wird zunächst eifrig aufgegriffen. Der Sänger, der mit diesem einfachen Kniff und scheinbar ohne kreativen Aufwand eine massive Reaktion beim Publikum hervorrufen kann, reitet für den Rest der Show darauf rum. An dieser Stelle muss ich Rick & Morty zitieren: “In bird culture, this is considered a dick move”.
Abgesehen davon liefern Betraying The Martyrs eine solide, erwartungsgemäß tighte Show der für diese Ausgabe des Euroblasts etwas härteren Sorte.
Voyager
Wie lässt sich diese Musik gut zusammenfassen? Es klingt wie eine Hommage an die 80er, mit Synth-getränkten Flächen und oft tanzbaren Beats. Gut und gerne bedient sich die Band an Djent-Sounds und fetten, Double-Bass-Burst-trächtigen Breakdowns. Klingt nach einem Erfolgsrezept? Nicht nur auf dem Papier. Die Band erfreut sich einer hohen Besucherzahl, da sie sich gerade durch den Synth-Sound von den anderen Bands abheben kann. Passend dazu weiß Sänger Daniel, wie man dem Publikum einheizt. Auf der Bühne herrscht rege Bewegung. Die Musiker scheinen den Auftritt zu genießen, was auch vor der Bühne gut ankommt.
Car Bomb
Was ist Musik? Die vier New Yorker kommen daher wie Dr. Strange, im Stande, die Zeit zu krümmen. Die Performance der Band ist vulgär. Bei einem Livestream müsste man das ganze Konzert zensieren. Pünktlich zum Euroblast erschien am Freitag das neue Album Mordial via Holy Roar Records (auch erhältlich via Bandcamp). Ironischerweise beginnt das Konzert mit dem Smash-Hit Finish It vom spektakulären Album w^w^^w^w (auch “Waveforms” genannt). Sofort ist klar, dass die Touren mit Animals As Leaders, Meshuggah oder Gojira in den vergangenen Jahren nicht erkauft, sondern klar verdient waren. Wie schon beim 13. Euroblast vor zwei Jahren, greift die Menge Teile des Songs auf und für den Rest der Show hört man aus allen Ecken sporadische “WHOU!”-Rufe. Dies sorgt sichtlich für Begeisterung bei der Band, was der eh ausgelassenen Stimmung auf der Bühne nur zu Gute kommt. Alles bebt. Die Menge tobt. Für mich als Musiker ist es schier unbegreiflich, dass so etwas tightes ohne Click möglich ist. Es gibt kaum Passagen, in denen nicht abrupt das Metrum gewechselt, oder sämtliche Instrumente teils schwer nachvollziehbare rhythmische Kunststücke durchführen. Der Click zu dieser Musik würde eher wie ein Specht mit Rhythmusstörungen auf Speed klingen, als nach einem Metronom. Es gibt lediglich eine kurze Instanz, in der es mir vorkommt, als würde das Tempo schwanken. Diese Instanz ist so kurz und so subtil, dass ich es eher meiner Wahrnehmung zuschreibe. Auf der Bühne ist die Stimmung nach wie vor ausgelassen. Meine Notizen sind repetitiv. Schlagwörter wie “tight” oder “wtf” dominieren. Apropos “dominieren”. Car Bomb. Das schier endlose Geballer und Gefrickel wird gelegentlich von sehr künstlich klingenden, dissonanten Gitarreneffekten unterbrochen. Zwischen den Ansagen hält Sänger Michael noch ein kleines Ständchen, bedankt sich in gesungenem Wort beim Publikum und dem Festival. Man freue sich, hier zu sein, danke, dass ihr da seid. Mitten im Set werden Rosen überreicht. Heavy Metal. Wie Drum Sticks werden die Rosen mit dem Publikum geteilt. Kitschig wäre an dieser Stelle zu behaupten, dass dies wie eine Liebeserklärung an die Fans zu verstehen ist. Also zurück zum Wesentlichen. Geballer. Davon ganz viel. Eine der neuen Singles Dissect Yourself wird direkt zum nächsten Fanliebling des Abends. “pew pew pew pew” klingt es aus allen Ecken. Es gibt nur wenige Zuhörer, die komplett stillstehen. Meiner wilden Beschreibung der Musik zum trotz, gibt es immer einen Beat, der für jeden im Raum klar spürbar ist. Dieser Beat ist aber nicht statisch, er ist dynamisch und wandelbar. Dieser Beat holt jeden Anwesenden ab. Kurz nach Mitternacht findet das Spektakel ein Ende. Mit knapp 75 Minuten Spielzeit ist es eins der längsten Shows dieses Jahr. Der Applaus der Festivalbesucher fällt üppig aus. Die Stimmung ist überwältigend. Man könnte meinen, dass dieser Auftritt eine Art kathartische Wirkung auf alle Anwesenden hatte.