Artist: Hippotraktor
Herkunft: Mechelen, Belgien
Album: Stasis
Genre: Post Metal, Progressive Metal
Spiellänge: 46:38 Minuten
Release: 07.06.2024
Label: Pelagic Records
Link: Bandcamp
Bandmitglieder:
Gesang – Stefan de Graef
Gitarre – Chiaran Verheyden
Gitarre, Gesang – Sander Rom
Bassgitarre – Jakob Fiszer
Schlagzeug – Lander De Nyn
Tracklist:
1. Descent
2. Echoes
3. Silver Tongue
4. Renegade
5. The Indifferent Human Eye
6. Stasis
7. The Reckoning
Mit Voidkind servieren Dvne das beste Post/Progressive-Metal-Album des ersten Halbjahres 2024. Hatte ich gedacht. Doch jetzt gibt es Stasis. Das zweite Album der belgischen Klangvirtuosen Hippotraktor ist ein kleines Erlebnis.
Das aus dem Griechischen stammende „Stasis“ bezeichnet Stillstand und gleichwohl einen Konflikt innerhalb einer politischen Gemeinschaft. Ein Spannungsfeld, in das sich Hippotraktor begeben. Klar ist: Still steht hier nichts.
Die ursprünglich von Chiaran Verheyden (Gitarre, Songwriting), Jakob Fiszer (Bass) und Lander De Nyn (Schlagzeug) als Trio gegründete Band spielte zunächst nur Instrumentalstücke. Ein fruchtbarer Boden für musikalische Abenteuer, zu denen später Stefan de Graef (Leadgesang – stimmlich und als Gitarrist auch bei Psychonaut aktiv) und Sander Rom (Gitarre, Gesang) hinzustießen.
Auf Stasis präsentiert das Quintett durchdachte Arrangements zwischen viereinhalb und acht Minuten mit der Tendenz zu längeren Stücken, auf denen sich jedes Bandmitglied entfalten kann. Langeweile kommt nie auf, denn es gibt viel zu entdecken. Ruhige Passagen wechseln mit dynamischen Ausbrüchen, die streckenweise an jenen Progsound erinnern, den Bands wie Tesseract und Periphery geprägt haben. Konventionell klingen Hippotraktor deswegen nicht. Dafür sind die Kompositionen zu vielschichtig und ausgefeilt.
Silver Tongue etwa lässt das einlullende Riff wie ein Damoklesschwert über dem gleichsam bedrohlichen Bass baumeln, Renegades Wechselspiel von Growls und Klargesang – was ein Brett, das Ding – haut einen herben Headbanger raus. In Stasis macht sich die Gitarre auf den Weg und erforscht neugierig den Raum und wir folgen ebenso neugierig mit den Ohren. Zum Schluss begeistert The Reckoning mit sorgsamem Spannungsaufbau. Schlagzeug und Bass bilden die Vorhut, dann leichtfüßig Gitarre, Klargesang schmiegt sich an. Vielleicht sogar schade, dass Growls die Luft zerreißen. Dennoch ein feiner Abgang für ein tolles Album.
Bei aller musikalischer Finesse sind es der mehrstimmige Gesang und die Clean Vocals von Stefan de Graef, die den Liedern Charakter verleihen. Die einnehmende Stimme des Frontmanns beruhigt, verführt, tröstet, um dann fast ins Schreien umzukippen. Das erzeugt ein nahezu erhabenes Gefühl. De Graefs Stimmapparat beherrscht daneben dämonische Growls, die gelegentlich eine technisch verzerrte Qualität anzunehmen scheinen. Ist wirklich eine Person für diese Laute verantwortlich? Japp.
Inhaltlich schildert Stasis die „Geschichte über die menschliche Natur“, erklärt Sänger De Graef „Als der Protagonist eine neue Welt betritt und erstmals auf andere Menschen trifft, lernt er deren Sitten und Gebräuche kennen und entdeckt Großzügigkeit und Einfühlungsvermögen, aber auch Gier, Eifersucht und Hass.“ Ein Kampf gegen die Stagnation eines Lebens – der beim Hören Lust aufs Leben macht. Danke, Musik. Danke, Hippotraktor.