Event: Doppel-Release von Soulbound & Harpyie
Bands: Soulbound, Harpyie
Vorbands: Parasite Inc., Mythemia
Ort: Kulturwerk Herford
Datum: 26.10.2024
Zuschauer: ca. 500
Genre: Heavy Metal, Deutsch Folk Rock, Melodic Death Metal
Links: www.soulbound.de
www.harpyien.de
www.parasiteinc.de
www.mythemia.eu
Soulbound gehen auf Headliner-Tour und für uns kommt im ersten Moment dieser wundervollen News eine traurige Ernüchterung: Die Bielefelder Metalband fährt die großen Städte an und im näheren Dunstkreis der Heimat ist nichts dabei. Wir machen für uns erst mal einen Haken dran, um dann einige Zeit später jauchzend auf das Handy zu starren: Doppel-Release-Party in Herford mit Harpyie! Wie geil ist das denn bitte? Für uns ist klar, dass wir unbedingt bei diesem Event dabei sein wollen und sind dankbar, als wir die Bestätigung bekommen, dass wir berichten dürfen.
So starten wir heute nach Herford ins Kulturwerk und erreichen schon 20 Minuten später unser Ziel. Das nenn ich mal Heimspiel! Vor der Halle hat sich bereits eine beachtliche Schlange gebildet, was den unterschiedlichen Doors-Open-Zeiten aus verschiedenen Internetinfos geschuldet ist. Genervt ist hier trotzdem niemand, alle freuen sich auf einen tollen Abend.
Kurz nach dem Einlass um 19 Uhr sichere ich mir einen Sitzplatz gegenüber dem Eingang. Das einströmende Publikum ist ein Schauspiel für sich. Fantasievoll geschminkt, ausgefallene Outfits oder der Durchschnitts-Metaller im Wacken-Shirt, hier ist alles anwesend und es ist ein buntes Volk, das sich hier heute Abend mischt.
Schaut man auf die Bands, ist das ebenso. Von Deutsch Folk-Rock über Melodic Death bis zu Soulbounds We-Dont-Give-A-Fuck-Metal haben wir eine untypische Mischung, die einen spannenden Abend verspricht. Es bleibt abzuwarten, ob die Fans jeweils nach „ihrer“ Band das Weite suchen oder ob sie den langen Abend komplett durchziehen.
Um 19:45 eröffnen Mythemia als Vorgruppe zu Harpyie den Abend mit mystischen Klängen. Das Publikum verliert sich in der doch recht großen Location etwas und nur die ersten fünf Reihen sind wirklich gefüllt. Manch einer schaut erst mal von der Theke oder den Barhockern aus auf die Show der Bielefelder Folk-Rock-Band. Ich wechsele meinen Platz während des Auftritts einige Male, denn der Sound ist nicht überall gleich stark. Zum Teil kann man die Texte so gut wie gar nicht erfassen und im nächsten Moment ist dann wieder der Gesang klar zu hören. Das ist aber auch das Einzige, was diesen Auftritt schmälert. Die Jungs machen einen soliden Opener für die folgenden Bands. Es macht Spaß, ihnen zuzusehen und zwischendurch habe ich kurz einen Rednex-Flashback (keine Ahnung, wo das herkommt) und muss grinsen. Nimmerland wird beherzt vom Publikum mitgesungen und gegen 20:30 Uhr verabschieden sie sich dann von der Bühne.
Der Umbau dauert nur knapp 15 Minuten und erst mal bin ich verwirrt, als Soulbounds Felix mit der Gitarre um den Hals die Bühne betritt. Nein, es sind wirklich Parasite Inc., die als Nächste performen. Die Vorband, die auch auf der kommenden Soulbound-Tour als Opener dabei ist, wird heute und bei drei weiteren Auftritten den blonden Gitarristen als Gastmusiker auf der Bühne haben. Ich finde es super, wenn zwischen den Bands Freundschaft und nicht nur eine Geschäftsbeziehung existiert und das ist hier heute auch das Thema des Events „Ein Abend im Zeichen der Freundschaft“. Das Publikum sortiert sich im Laufe des Gigs kurz durch, ein paar der Folk-Rocker nutzen die Zeit für ein Bier und eine Pause auf den reichlich angebotenen Barhockern, die Lücken werden zügig von den Metalheads gefüllt und die, die alles mögen, bleiben einfach, wo sie sind. Parasite Inc. hatte ich bislang nicht im Repertoire und entsprechend ist es schwierig, hier mit Songtiteln aufzuwarten. Die gewitzte (hach, endlich kann ich das Wort mal verwenden!) Reporterin fotografiert sich also hinterher mal schnell die Setliste, auf der unter anderem Songs wie First Born, Headfuck Rollercoaster, Sunset Overdrive, Once And For All und When All She Said zu finden sind.
Die Combo aus Aalen ist jetzt nicht so bewegungsfreudig auf der Bühne wie ihre Vorgänger, aber dafür ist im Publikum ordentlich was los. Ob Circlepit oder Wall Of Death, hier wird alles geboten, was zu einem ordentlichen Metalkonzert dazu gehört. Auch dieser Slot endet nach 45 Minuten und die glücklich verschwitzen Fans eilen an die Theken, bevor sie sich wieder Plätze für Harpyie sichern.
Das heutige Event könnte man auch als kleines Indoor-Festival bezeichnen und die „Arten-Vielfalt“ ist interessant und macht Spaß. Im hinteren Bereich der Location sind die Merchartikel aufgebaut und es ist schon fast eine kleine Flaniermeile (ja, okay, eine ganz kleine Meile). Ich mag es, dass hier alles dicht an dicht angeboten wird und dabei die Merchartikel auch noch schön abwechslungsreich sind.
Gegen 21:45 Uhr starten Harpyie mit lauten Blechtrommeln. Im März wollten wir sie schon in Osnabrücks Lagerhalle sehen, leider fiel der Gig aus. Umso gespannter bin ich heute. Mit viel Spielfreude beginnen die Jungs aus dem nahen Bad Oeynhausen ihren Auftritt. Bei Schildmaid wird das Publikum in zwei ordentliche Chöre unterteilt und auch Löwenherz wird lautstark mitgesungen. Die Fans sind gut organisiert und im passenden Song tauchen zahlreiche Regenbogenfahnen auf. Leider ist auch bei diesem Slot der Sound nicht auf meiner Wellenlänge. Es fällt mir schwer, etwas zu verstehen, mittig hinten finde ich zum Ende des Konzerts einen Platz, der mich einigermaßen zufriedenstellt. Der Auftritt endet um 22:45 Uhr und für mich war es insgesamt etwas zu viel Sprechtext vom Sänger, die Zeit hätte man auch gut mit weiteren Songs füllen können. Aber vermutlich überkommt es einen auch einfach, seine Dankbarkeit ausdrücken zu wollen, wenn man so einen Abend zum Release erlebt.
Für viel Sprechtext ist auch Johnny von Soulbound bekannt, der sich jetzt endlich auf den Weg zur Bühne macht. Natürlich hatten wir auch Spaß mit den anderen Combos, aber jetzt kommt das, wofür wir eigentlich hergekommen sind. Während des Soundchecks läuft der Frontmann über die Bühne und die Ketten seines Outfits rasseln, als wäre Hui Buh persönlich am Start. Später wird man das nicht mehr hören, aber jetzt grad zaubert es mir das erste Grinsen aufs Gesicht. Sie starten mit dem starken Burn vom neuen Album Obsydian (Review hier). Ganz am Anfang gibt es einige kurze verwirrte Blicke von Felix in Richtung Kollegen, dann scheint alles zu passen und sie gehen direkt in die Vollen. March March und Unleashed Aporia ballern uns um die Ohren und ich bin direkt in meiner Wohlfühlzone. Wie jedes Mal bewundere ich, wie gut die Band untereinander, aber auch im Umgang mit dem Publikum harmoniert. Sie schaffen es, aus dem anfangs genannten bunt gemischten Volk, das sich hier heute versammelt hat, ein großes Ganzes zu machen. Das Einzige, was mich an dieser Stelle verwirrt, sind die „Ausziehen“-Rufe aus dem Publikum, die hier schon den ganzen Abend immer mal aufwaberten, aber jetzt ihren Höhepunkt erreichen. Ehrlich, die sollen Musik spielen, das würde uns doch jetzt nur aufhalten, bis die sich alle aus ihren Outfits gepellt haben. Also weiter! Nach Insane und Addicted To Hell folgt das nachdenkliche Undone und entschleunigt einen Moment. Die erneuten „Ausziehen“-Rufe kontert Johnny nun durch das Entledigen seiner Schuhe und dann ist das Thema auch endlich durch. Ob es allerdings so bequem ist, auf Sneaker-Socken auf den Bühnenrosten herumzuspringen, wage ich zu bezweifeln.
Fuck You hat sich inzwischen zum Klassiker entwickelt und wohl jeder im Saal singt lauthals mit. Die Band ist sichtlich ergriffen, dass trotz des späten Slots der Innenraum noch richtig voll ist. Mir erscheint es tatsächlich voller als über den gesamten bisherigen Abend. So langsam ist dann wohl doch jeder aus den Lücken hervorgekommen und feiert mit. Und auch der Sound ist erstaunlicherweise bei diesem Auftritt makellos. Wir hören Devil, Forever In The Dark, Isolate und Alive und ich genieße jeden einzelnen Song in vollen Zügen. Genau das ist es, was die Batterien wieder auflädt. Musik, in die man sich reinfallen lassen kann, die einen mitnimmt und einhüllt und die Glückshormone auf Touren bringt. Und natürlich bekommt auch Saint Sinner vom neuen Album seinen Platz im heutigen Set.
Ich habe Soulbound jetzt als Vorgruppe, auf einem Festival und heute als Headliner gesehen und sie wussten mich in jeder Rolle zu begeistern. Frontmann Johnny hat heute ein absolutes Händchen für die passende Mischung aus Songs und Ansagenlänge. Der kleine Clicktrack-Schnitzer (ich glaube, das war die Verwirrung am Anfang?) macht diesen perfekten Auftritt perfekt unperfekt und gibt dem Ganzen die passende Prise Menschlichkeit. Den krönenden Abschluss dieses wundervollen Events bildet dann noch ein Heiratsantrag auf der Bühne. Die Braut sagt ja und alle liegen sich glücklich in den Armen. So muss das: Friede, Freude, Eierkuchen auf ganz hohem Level. Danke für den schönen Abend!
Wer nun Lust bekommen hat, sich Soulbound mit Parasite Inc. live anzusehen, der kann dies auf der jetzt startenden Tour zu Obsydian tun. Allerdings sind die Hälfte der Locations schon ausverkauft, es empfiehlt sich also jetzt Tickets zu ordern!