Artist: Mindreaper
Herkunft: Wetzlar
Genre: Melodic Death Metal
Label: Death Age Records
Link: https://mindreaper.de
Bandmitglieder:
Bass – Christian Schoenke
Schlagzeug – Marcel Schneider
Vocals – Sebastian Rehbein
Additional Vocals – Manuel Nozulak
Gitarre/Keyboard – Marcel Bangert
Die Melodic Death Metal Band Mindreaper hat am 02.12.2024 ihre neue Platte Withering Shine (…Into Oblivion) veröffentlicht. Da ich den Bassisten der Band schon seit längerem kenne, wurde es Zeit für einen kleinen Plausch:
Time For Metal / Lommer:
Ich sitze hier mit Christian Schoenke – habe ich das richtig ausgesprochen?
Mindreaper / Christian:
Ja, das ist richtig.
Time For Metal / Lommer:
Hervorragend! Christian ist Bassist der Band Mindreaper und ein großartiger Typ, dem ich schon seit längerem auf Instagram folge. Tatsächlich bin ich dort auf ein Static-X-Cover von dir gestoßen, das mich einerseits beeindruckt, andererseits leicht verstimmt hat – du hast gezeigt, dass es nicht so komplex ist, wie man denken könnte. Aber das sei mal dahingestellt. *lacht*
Jetzt aber zur Sache: Wir wollen heute über das aktuelle Album von Mindreaper sprechen, Withering Shine (…Into Oblivion). Ich habe dazu auch ein Review geschrieben, das ihr nachlesen könnt – ich packe den Link noch mit rein (hier). Nun aber zur ersten Frage: Wie lief der Release?
Mindreaper / Christian:
Chaotisch, aber erfolgreich – wie immer, wenn man vieles selbst macht. Natürlich steigt die Nervosität, je näher der Termin rückt. Wir hatten am 23.11. eine inoffizielle Release-Party in Frankfurt am Main im Ponyhof. Wir hatten bis kurz vor knapp Bedenken, ob die CDs rechtzeitig eintreffen, um dort schon mal einige der neuen Scheiben verkaufen zu können. Aber alles hat geklappt, dank der schnellen Arbeit vom Hofa Presswerk.
Die Party war klein, mit rund 30-35 Leuten, aber wir haben gleich 20 CDs unters Volk gebracht, was uns echt gefreut hat. Es ist ja nicht selbstverständlich, bei kleinen Gigs so viele Alben loszuwerden.
Time For Metal / Lommer:
Das klingt, als ob da viel Herzblut drinsteckt. Ihr macht ja, wie du sagst, viel selbst. Vorher wart ihr mit eurem letzten Album Mirror Construction bei MDD. Jetzt habt ihr euer eigenes Label gegründet. Magst du dazu etwas erzählen?
Mindreaper / Christian:
Klar! Unser Label heißt Death Age Records. Es war ein organisatorisches Mammutprojekt, aber letztlich hat alles erstaunlich gut funktioniert, von der Labelcodevergabe bis zur Struktur. Wir wollten unabhängig arbeiten und trotzdem die professionellen Kanäle nutzen.
Vor allem ging es uns darum, Kosten zu sparen und gleichzeitig die Promo selbst in die Hand zu nehmen. Was MDD früher für uns gemacht hat – und das haben sie gut gemacht – können wir mittlerweile selbst, teilweise sogar günstiger und effektiver. Zum Beispiel hatten wir dieses Mal mehr Reichweite und bessere Rückmeldungen von Magazinen. Es war stressig, aber die Arbeit hat sich gelohnt.
Time For Metal / Lommer:
Ich verstehe. Und was war der Hauptgrund, warum ihr das Label vorerst „unter dem Radar“ halten wollt?
Mindreaper / Christian:
Wir wollen vermeiden, dass wir den „Selbstgemacht“-Stempel aufgedrückt bekommen, der oft mit minderer Qualität assoziiert wird. Wenn Produktionen direkt über die Band laufen, werden sie oft weniger ernst genommen – selbst wenn das Endergebnis absolut professionell ist.
Time For Metal / Lommer:
Das ist ein guter Punkt. Zurück zum Album: Withering Shine (…Into Oblivion) klingt ganz anders als Mirror Construction (… A Disordered World). Es wirkt homogener und ausgefeilter. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Mindreaper / Christian:
Das liegt vor allem daran, dass das Songwriting diesmal „aus einem Guss“ von unserem Gitarristen – Marcel – stammt. Bei Mirror Construction hatten wir noch Songs, die von unserem Ex-Gitarristen Gynni mitentwickelt wurden. Stilistisch hat sich die Band seither weiterentwickelt, und wir wollten klarer und einheitlicher klingen.
Time For Metal / Lommer:
Der Song Black Stone Misery hat es mir besonders angetan. Ist das einer der ersten Tracks gewesen, den ihr geschrieben habt?
Mindreaper / Christian:
*grübelt* Ja tatsächlich! Black Stone Misery entstand bereits Anfang 2015 aus einer von vielen Ideen, die Marcel zwischenzeitlich entwickelte und in seiner Riffschublade abgelegt hatte.
Time For Metal / Lommer:
Der Sound des Albums ist beeindruckend – schön organisch. Ihr habt mit Andy Classen zusammengearbeitet, einem großen Namen in der Szene. Wie kam es dazu?
Mindreaper / Christian:
Unser Sänger Sebastian ist seit vielen Jahren ein großer Fan von Andys Produktionen und dieser hatte ja ursprünglich bereits das Human Edge Album für Mindreaper gemastert. Mirror Construction ist komplett bei ihm entstanden (Mix/Master). Andy ist ein Garant für rotzigen Sound (im schönsten Sinne) und hat einen fantastischen Mix abgeliefert. Nicht zu vergessen, dass dieses Mal das Mastering von Tue Madsen im Antfarm Studio stattgefunden hat, welcher ja auch kein Unbekannter in der Szene ist *grinst*. Er hat unsere Vorstellungen für den finalen Sound perfekt umsetzen können. Alles wurde im Stage One Studio aufgenommen, keine Home-Recordings. Das war zwar kostspielig, aber es hat sich gelohnt.
Time For Metal / Lommer:
Wie seid ihr eigentlich auf die Idee gekommen, euren alten Drummer gesanglich einzubinden? Das ist ja eher untypisch.
Mindreaper / Christian:
Ja, unser Ex-Drummer Manuel ist ein echtes Langzeitmitglied der Band gewesen, bevor er ausgestiegen ist. Nebenbei hat er noch eine andere Band, in der er ebenfalls singt und schreit. Sein Gespür für Vocals und Arrangements ist einfach klasse, und das weiß auch unser Sänger Sebastian zu schätzen. Die beiden haben schon zur Mirror Construction-Zeit die Vocals zusammen ausgearbeitet. Damals hat Manuel noch während des Drummings bei bestimmten Parts Backing-Geschrei übernommen.
Bei diesem Album hat sich das dann richtig intensiviert – eigentlich hat es sich bei den Demoaufnahmen schon fast herauskristallisiert, dass Manuel einen „50/50“-Anteil haben würde. Am Ende war er so stark in den Gesang involviert, dass er quasi als inoffizielles fünftes Bandmitglied gilt und sogar mit aufs Bandfoto gekommen ist. Ohne ihn wäre das Album sicher nicht so geworden, wie es jetzt ist.
Time For Metal / Lommer:
Das klingt ja nach einer tollen Zusammenarbeit. Wie macht ihr das denn live – übernimmt Sebastian dann beide Gesangsparts?
Mindreaper / Christian:
Ja, genau. Sebastian übernimmt live auch Manuels Parts. Es gab allerdings mal eine Ausnahme: Bei einem Gig musste Manuel für Sebastian einspringen, weil der verhindert war. Manuel hat in zwei Proben die Parts gelernt und dann den kompletten Gig übernommen. Das hat super funktioniert.
Time For Metal / Lommer:
Und könntet ihr euch vorstellen, live dauerhaft mit zwei Sängern aufzutreten?
Mindreaper / Christian:
Theoretisch ja, aber praktisch wird das schwierig. Manuel hat mit seiner Band Destince genug zu tun, die gerade selbst ein Release hatten. Außerdem ist das aus meiner Sicht live für das Publikum, wenn beide nur rumschreien, etwas schwer – bei einem cleanen Sänger und einem Shouter ist das einfacher zu unterscheiden. Aber falls Sebastian mal ausfällt, steht Manuel bereit.
Time For Metal / Lommer:
Wie läuft das eigentlich bei euch mit den Keyboards live?
Mindreaper / Christian:
Das geht alles über Backing-Tracks. Unser Drummer hat ein iPad mit einem Controller, das ihm einen Click-Track gibt. Er spielt dann zu den Backings und wir alle orientieren uns an ihm.
Time For Metal / Lommer:
Ihr hattet kürzlich eine Pre-Listening-Session für die Presse. Wie lief das ab?
Mindreaper / Christian:
Das war eine Old-School-Idee. Wir haben ein paar Magazine eingeladen, Schnittchen und Getränke bereitgestellt und die Songs über Studiomonitore präsentiert. Ursprünglich war das Ganze im Studio von Andy Classen geplant, aber das liebe Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir haben dann spontan umdisponiert und das Ganze im Desert Inn Studio von Thilo Krieger gemacht. Apropos: Bei Thilo im Studio haben wir auch die Drums aufgenommen.
Drei Magazine sind gekommen, haben zugehört und viele Notizen gemacht, als wir erklärt haben, warum das Album so ist, wie es ist. Es war eine lockere Runde, und die Studiomonitore haben das Hörerlebnis natürlich noch mal bombastischer gemacht. Danach haben wir den Leuten ein bisschen Merch mitgegeben – und alle sind zufrieden gegangen. *lacht*
Time For Metal / Lommer:
Das klingt richtig gut. Du hast erwähnt, dass ihr dabei erklärt habt, warum das Album so geworden ist, wie es ist. Was waren eure Hauptgedanken dazu?
Mindreaper / Christian:
Die Themen der Songs sind recht vielfältig, aber oft dystopisch. Zum Beispiel dreht sich Withering Shine um Verlust/Vergänglichkeit, basierend auf persönlichen Erfahrungen. Andere Tracks wie Black Stone Misery sind eher politisch und nehmen Themen wie die amerikanische Finanzindustrie aufs Korn.
Time For Metal / Lommer:
Ah, spannend. Einer meiner Lieblingssongs ist übrigens Death T(h)rust. Der hat diese typische 90er-Jahre-Ohrwurmmelodie.
Mindreaper / Christian:
Ja, das ist unser „Radiokuschelriff“ *lacht*.
Time For Metal / Lommer:
Ja, aber ich finde es echt cool. Wenn man sonst nur so fieses Geballer hört, dann lockert das hier mal richtig auf. Das geht direkt ins Ohr. Es ist ein wunderschöner Song, der Spaß macht und echt cool ist.
Mindreaper / Christian:
Der bekommt im Frühjahr sogar ein eigenes Musikvideo, mit einer kleinen Story und etwas Performance. Mal schauen, wie wir das hinbekommen. Eigentlich wollten wir es dieses Jahr machen, aber der Drehtermin musste wegen privater Verpflichtungen leider verschoben werden. Deshalb drehen wir jetzt erst im Frühjahr nächstes Jahr.
Time For Metal / Lommer:
Ah, okay, ja gut. So was passiert. Man wird ja nicht jünger und hat dann auch Verpflichtungen. Aber cool, dass ihr da so viel Zeit reinsteckt! Ich habe jetzt natürlich noch die letzte große Frage, die fast immer in einem Interview kommt: Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus? Ihr hattet ja schon eine Tour mit Six Feet Under und auch eine selbstorganisierte Tour durch Osteuropa, inklusive Russland. Ich nehme an, Russland ist jetzt wegen der aktuellen Lage eher raus. Aber plant ihr schon eine neue Tour, oder wie sehen eure nächsten Schritte aus?
Mindreaper / Christian:
Wir machen uns seit zwei Jahren Gedanken darüber, aber im westlichen europäischen Bereich ist das fast unmöglich. Wegen der Coronanachwirkungen sind die Clubs immer noch überlaufen, und ohne externe Hilfe, Promo oder eine Agentur lässt sich das einfach nicht stemmen. Was wir vielleicht nächstes Jahr hinbekommen könnten, wäre noch mal eine Woche Osteuropa – das ist verhältnismäßig einfacher zu organisieren.
Ansonsten schauen wir weiterhin, ob wir uns wie bei Six Feet Under für eine Woche (oder länger) bei einer größeren Band „ranhängen“ können. Aber das ist alles ungewiss, und die größeren Bands werden leider auch nicht günstiger.
Unser Fokus liegt jetzt darauf, das Album im kommenden Jahr bestmöglich zu promoten. Parallel dazu wollen wir nicht wieder sechs Jahre bis zum nächsten Release brauchen. *lacht* Der nächste Output wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine EP.
Time For Metal / Lommer:
Das klingt nach einem sinnvollen Schritt, gerade um die letzten kreativen Ideen vom Album noch mal gut zu verwerten. Danke dir für das Interview! Es hat echt Spaß gemacht. Wir können gleich noch ein bisschen plaudern, wenn du magst.
Mindreaper / Christian:
Gerne!
Time For Metal / Lommer:
Wie immer gehören die letzten Worte dir.
Mindreaper / Christian:
Vielen Dank für das Interview! Es ist immer schön, wenn man gehört wird, vor allem, wenn der Bassist mal was sagen darf – das passiert nicht oft *lacht*. Ich hoffe, unser Album wird viele Gehörgänge erreichen. Und unabhängig von uns: Es gibt so viele geile Bands mit Skill und Herzblut, die richtig viel Arbeit reinstecken und es verdienen, gehört zu werden. Supportet den Underground, anstatt 250 Euro für Rammstein-Tickets auszugeben!
Time For Metal / Lommer:
Wahre und zugleich traurige Worte. Vielen Dank!
Mindreaper / Christian:
Gern!
Time For Metal / Lommer:
Dann stoppe ich die Aufnahme … wenn ich herausfinde, wie das geht.
Mindreaper / Christian:
Jetzt kann man lästern!
Time For Metal / Lommer:
Ja, genau. Dann geht’s los. Aufnahme beenden.