Eventname: Big Brave EU+UK November 2025 / Ellereve Umbra Tour
Bands: Ellereve, Big Brave
Ort: Backstage München (Club)
Datum: 11.11.2025
Kosten: 22,50 € VVK
Genre: Doom, Post Metal, Drone
Besucher: ca. 40
Veranstalter: Backstage München
Es gibt Konzertabende, an denen stimmt einfach alles. Der Saal ist gut gefüllt (aber nicht übervoll), die Bands sind in Höchstform und das Publikum hat einfach nur Bock. Die Stimmung überträgt sich zu solchen Gelegenheiten in beide Richtungen, es liegt etwas in der Luft, das man nur schwer erklären kann und das sich schon gar nicht planen oder auf Knopfdruck erzeugen lässt.
Dieser Mittwochabend im Münchner Backstage Club gehört nicht ganz in diese Kategorie, auch wenn sich da zwei ganz außergewöhnliche und erwiesenermaßen fähige Acts eingefunden haben. Was ein wenig fehlt, sind die Besucher. So geraten beide Sets zu einem in Teilen unfreiwillig intensiven und intimen Erlebnis, auch wenn das musikalisch absolut passt.

Ellereves neues Album Umbra ist gerade ein paar Tage alt und hat seine Existenz primär einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne zu verdanken. Die düster-melancholischen Songs in Verbindung mit Elisas wunderbarer Stimme haben schon den ersten Longplayer und das 2024 erschienene Akustikalbum Funeral Songs aus der Masse der Veröffentlichungen herausstechen lassen. Das Konzert in der Spitalkirche Pfaffenhofen, zusammen mit den ebenfalls großartigen Dornenreich, dem ich letztes Jahr beiwohnen durfte, gehört nicht zuletzt aufgrund des einzigartigen Zusammenspiels aus Location und Performance zu meinen All-Time-Highlights.
Umso größer sind die Erwartungen an diesen Abend. Um ehrlich zu sein, sind Ellereve der Hauptgrund meiner Anwesenheit, Big Brave, die zweite Band des Abends, kenne ich bisher nur flüchtig.
Mit dem Näherrücken des Konzertbeginns wird dann leider wieder einmal klar, dass ein Mittwoch in München für weniger etablierte Bands ein ziemlich hartes Brot sein kann. Ein nicht zu kleiner Teil des Publikums steht unverkennbar mit einer der Bands in Verbindung, oder gehört direkt dazu. Die Anzahl zahlender Gäste beläuft sich auf maximal 30, selbst im kleinen Backstage Club ist das mehr als luftig. Und auch wenn keine der Bands des Abends auch nur im Entferntesten für tanzbare Partymusik bekannt ist – das schlägt sich auf die allgemeine Stimmung im Raum nieder. Auch zutiefst verträumte Klänge können berühren und Verzückung auslösen, die sich zumindest stellenweise in Ausbrüchen ehrlicher Begeisterung niederschlägt. So richtig sicher ist sich das Publikum anscheinend nicht, ob und wann man jetzt klatschen soll, manche Pause verstreicht in Stille.
Falls Ellereve das ähnlich empfinden wie ich – anmerken lässt sich die Band das nicht. Irgendwann, nach ein paar warmherzigen Worten von Elisa, rücken die lichten Reihen dann ein paar Meter weiter Richtung Bühne, und der eine oder andere taut langsam auf. Dass erkältungsbedingt die stimmliche Wucht etwas fehlt, schadet dem Auftritt dabei nur marginal, kein Grund, sich zu entschuldigen.
Wir hören ausschließlich Songs des neuen Albums Umbra, wobei Irreversible bereits live und auf der erwähnten Akustikscheibe zu Gehör kam. Beklemmend, intensiv, ein Wechselbad aus Zerbrechlichkeit und Wut, so kenne ich die Musik von Ellereve, und so ist auch die aktuelle Scheibe geraten, ein Album zum Hinhören und Hineinfallen, das ganz gut in die heutige, ruhige Dämmerstimmung des Backstage Clubs passt. Trotzdem hätte ich der Band einen herzlicheren, um nicht zu sagen euphorischeren, Empfang in München gewünscht.

Die Kanadier von Big Brave, die sich während des Auftritts von Ellereve bereits im Publikum herumgedrückt haben, sind dann musikalisch noch einmal eine ganz spezielle Nummer. Wie im Traum mäandert sich dieser Koloss aus Gitarrenfeedback und Soundeffekten durch das Halbdunkel, allein die Drums geben dem Klangteppich hin und wieder ein wenig Struktur. Die Herren an Gitarre und Bass sind hauptsächlich damit beschäftigt, an ihren Effektgeräten zu drehen und ihre Instrumente in der Nähe der mannshohen Amps in Feedbackschleifen einzukoppeln. Gern wird auch die Umgebung einbezogen, ein beherzter Kontakt zwischen Bühnengeländer und Gitarrenhals ist ebenso Teil des Soundkonzepts wie ein Bearbeiten der Becken durch Schlagzeuger Tasy mit einem Geigenbogen oder der Einsatz von Kuhglocken.
Sängerin Robin fügt sich dabei eher nachgeordnet in das Gesamtkonzept ein, mehr Instrument als Stimme, und harmoniert trotzdem – oder gerade deshalb – ganz hervorragend mit dieser Urgewalt an Gitarrenfeedback.
Kein Wunder, dass die ersten Alben der Band auf Southern Lord erschienen sind. Man kann sich die Musik von Big Brave als eine Art Brücke zwischen herkömmlichem Rock und dem völlig von jedem Rhythmus befreiten Drone von Bands wie Sunn O))) vorstellen, kaum weniger mächtig, aber nicht mit der völligen Vernichtung des Zuhörers durch Infraschall befasst.
Hier zählt nun die Interaktion mit der Umgebung weniger als noch beim Auftritt von Ellereve, das obligatorische Versinken im Klang und der völlig von Songstrukturen und Mitmachelementen befreite Charakter des Auftritts kommen der Zurückhaltung der Anwesenden entgegen.
Auch Big Brave verlassen die Bühne nicht ohne von Herzen kommende Worte des Dankes. Am Ende ist es ein gelungener Abend, ohne große Euphorie, aber mit zwei ganz großartigen Bands und einem Gefühl stiller Zufriedenheit auf beiden Seiten der Bühne.





















