Noch schnell vor dem großen Weihnachtsgeschäft der Musikindustrie: Ein paar Reviews zu Veröffentlichungen, die in diesem Jahr – aus mir vermeintlich unerklärlichen Gründen – bisher unter meinem Radar geblieben sind.
Die Würzburger Dagdrøm haben ihr Album Schauder bereits am 09.05.2025 im Eigenvertrieb als Digi-Pack-CD herausgebracht.
Debüt unter den Fittichen von Nikita Kamprad (Der Weg Einer Freiheit)
Mit Schauder präsentieren Dagdrøm ein Debütalbum, das von der ersten Minute an klarmacht, wie viel musikalische Vision und handwerkliche Reife in dieser jungen Band steckt. Das Werk bewegt sich auf einem konstant hohen Niveau und verbindet klassischen Black Metal, moderne melodische Strukturen und progressive Elemente zu einem äußerst stimmigen Gesamtklang. Der von Nikita Kamprad (Der Weg Einer Freiheit) realisierte Mix sorgt dafür, dass alle Nuancen deutlich zur Geltung kommen und das Album einen frischen, druckvollen Charakter erhält.
Bereits der Opener Ascheregen zeigt, wo die Reise hingeht: Rasende Gitarrenlinien, treibende Drums und ein wuchtiger Gesang bilden das Fundament, auf dem sich melodische Einschübe entfalten, die dem Stück zusätzliche Tiefe verleihen. Besonders eindrucksvoll ist der Moment, in dem das Finale des Songs in thrashig angehauchte Riffstrukturen übergeht – eine mutige Wendung, die dennoch vollkommen natürlich wirkt und den Song zu einem frühen Höhepunkt macht. Purpurne Stadt schlägt danach eine stärker progressive Richtung ein. Hier beweisen Dagdrøm, wie geschmeidig sie vertrackte Gitarrenfiguren, Tempowechsel und melodische Akzente miteinander verweben können, ohne den Fluss des Songs auszubremsen. Die Struktur ist detailreich, aber gleichzeitig zugänglich – ein Balanceakt, der vielen Bands erst nach Jahren gelingt. Das Zusammenspiel der Instrumente besitzt eine fast erzählerische Qualität und nimmt den Hörer durch unterschiedliche emotionale Stimmungen mit.
Ein weiteres Glanzstück ist Freund, das mit einem intensiven Einstieg sofort Präsenz zeigt. Das Stück nutzt rhythmische Verschiebungen und atmosphärische Gitarrenflächen, um ein Gefühl innerer Spannung zu erzeugen, das sich stetig steigert. Gerade die Wechsel zwischen harscher Energie und melodischer Offenheit machen den Track zu einem der interessantesten des Albums. Auch Atme verdient Erwähnung. Der Song schlägt eine etwas kontrolliertere, fast introvertierte Klangrichtung ein und erweitert das Spektrum des Albums um eine ruhige, atmende, leicht schwebende Note. Durch seine reduziertere Struktur wirkt er wie ein bewusster Ruhepunkt, der dem Album dramaturgische Tiefe verleiht.
Abgerundet wird das Gesamtwerk durch eine homogene Grundstimmung, die trotz der stilistischen Vielfalt nie zerfällt. Härte und Melodie, Raserei und Eleganz stehen in einem beständigen Gleichgewicht. Immer wieder fühlt man sich atmosphärisch an moderne, bekannte Black-Metal-Acts erinnert – nicht als Plagiat, sondern als Verwandtschaft im künstlerischen Denken.
Abwechslungsreiches Debüt mit tiefem Hörerlebnis
Schauder ist ein beeindruckendes Erstlingswerk, das sowohl in seinen härtesten als auch in seinen melodischsten Momenten überzeugt. Die Band zeigt ein außergewöhnliches Gespür für Dynamik, Struktur und Atmosphäre und liefert ein abwechslungsreiches, kurzweiliges und gleichzeitig tiefes Hörerlebnis ab. Wer moderne, technisch versierte und dennoch emotional zugängliche Black-Metal-Musik schätzt, sollte dieses Album unbedingt einmal antesten.
Hier! geht es für weitere Informationen zu Dagdrøm – Schauder in unserem Time For Metal Release-Kalender.



