Das Interview mit der Berliner Punk/Psychedelic/Grunge Band Juakali anlässlich ihres Debüts „No Choice“

Wir wollen keinen Anspruch erfüllen - aber das richtig gut!

Artist: Juakali

Herkunft: Berlin, Deutschland

Genre: Punk Rock, Garage Rock, Psychedelic Rock, Grunge

Link: https://www.juakali.org

Bandmitglieder:

Bass, Gesang – Andi Wand
Gitarre – Robbi Dick
Schlagzeug – Miss Antrop

Anlässlich der Veröffentlichung ihres Debüts No Choice (hier kommt ihr zum Review) durfte ich mit dem verrückten Trio Juakali aus Berlin ein Interview führen. Jedenfalls fragte mich Promo Pitbull Arne von Noisolution, ob ich das gerne machen möchte. Wenn man so nett angekläfft wird, dann bleibt einem echt No Choise! Das Interview entwickelte sich ziemlich crazy und wurde zu einer echten Sisyphusarbeit, die dann auch noch richtig Spaß gemacht hat.

Time For Metal / Jürgen S.
Hallo ihr Lieben, nett, mit euch ein Interview zu machen. Ihr wart mal wieder so eine Empfehlung vom Arne (Noisolution), der sich selbst als Promo Pitbull bei mir geoutet hat. Der schaut immer, dass die Berliner Bands mal Gehör bekommen. Könnt ihr bestätigen, dass er ein Pitbull ist, welche Erfahrung habt ihr mit ihm gemacht?

 Juakali / Andi
Wir als alte Hundesöhne können das bestätigen. Arne legt sich hart ins Zeug – ohne ihn hätten wir nie so schnell so viel Aufmerksamkeit bekommen. Wir haben großen Respekt vor seiner Arbeit!

Juakali / Rob
Wuff!

Time For Metal / Jürgen S.
Ihr seid ein Trio, am 2. September ist euer Debütalbum No Choice rausgekommen. Wie lange macht ihr schon Musik zusammen? Haben die einzelnen Bandmember vorher musikalisch was anderes gemacht?

Juakali / Rob
In dieser Besetzung spielen wir als Juakali jetzt seit 2019, davor waren wir noch in der Findungsphase mit wechselnder Besetzung. Dazu hatten wir alle, glaub ich, vorher schon in diversen Bands gespielt.

Juakali / Andi
Ich hab auch mal das Fagott geblasen in einem richtigen Orchester.

Time For Metal / Jürgen S.
Wo kommt der Bandname Juakali her? Da gibt es einen Juakali, der ist ein Sänger und MC aus Trinidad und ist in den Genres Dubstep und Reggae recht bekannt. Mit dem seid ihr jetzt aber nicht verwandt oder verschwägert?

Juakali / Andi
Papa??! Nee, zumindest nicht bekannterweise. Juakali –  gesprochen: Dschuakali – ist ein Begriff aus dem Suaheli. Zu der Sprache gibt es eine persönliche Verbindung. Dem Wortsinn nach heißt das so viel wie brennende oder sengende Sonne, im übertragenen Sinne beschreibt man so aber das vielseitige Schaffen derer, die aus kaputtem, defektem – also letztendlich auch zivilisatorischem Müll – Kraft ihrer Kreativität Neues, Brauchbares schaffen – und das oft mit primitivsten Mitteln eben unter der heißen Sonne. So haben wir uns dann halt benannt, weil wir dieses Moment halt auch verkörpern wollen – und das halt auch vor der “sengenden Sonne” als immer realistischer werdende Endzeit-Metapher. Dieses Bild der überdimensionierten Sonne als prägendes Visual des Desert Rock resoniert da natürlich auch schon mit bei uns.

Juakali / Rob
Wobei wir musikalisch eher nicht da reinpassen.

Juakali / Moe
Wir haben uns gefragt, ob gerade unsere Verwendung dieses Begriffs so ein Geschmäckle nach Aneignung hat. Im Moment beruhigen wir unser Gewissen dadurch, dass das eher so eine Huldigung dieser klangvollen Metapher ist. Natürlich wollen wir auch keine Suaheli-sprechenden Künstler bieten, unsere Musik ist dafür aber auch etwas zu speziell.

Juakali / Rob
Die alternativen Bandnamen waren aber auch einfach zu scheiße: “Rage Against The Fax Machine” …

Juakali / Andi
Oder “Schmarrn-Intelligenz” …

Time For Metal / Jürgen S.
Zu euren „Künstlernamen“, ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass die Namen echt sind, denn wer heißt schon: Andi Wand, Robbie Dick oder Miss Antrop? Wie seid ihr auf diese Namen gekommen und wofür stehen diese?

Juakali / Moe
Das sind alles unglaublich tiefsinnige Wortspiele, also Miss Antrop, das kann man gar nicht erklären, da muss sich jeder seinen Reim drauf machen …

Juakali / Rob
Robbie Dick ist halt Robbie Dick, klingt gut und ist mysteriös.

Juakali / Andi
… bei mir das “Wand” englisch als “Zauberstab” übersetzt ist da natürlich auch sehr phallisch, ansonsten halt so ein martialisches “An die Wand!!”… Geschichtlich eigentlich tatsächlich auch schon wieder problematisch.

Time For Metal / Jürgen S.
Zurück zum Album No Choice. Da hatte ich ja echte keine andere Wahl, als Pitbull Arne mit dem Album auf mich zukam. Ganz vorbei war es natürlich, als das Ding im CD-Player lag. Eure Mucke hat mich doch echt begeistert. Wie sind die Rückmeldungen von den Fans?

Juakali / Rob
Ja, vielen Dank, das freut uns natürlich sehr!

Juakali / Andi
Das schönste Kompliment war bislang: “Ihr seid echt zu groß für diesen Laden hier!” – dabei war der Laden, in dem wir da gespielt haben, gar nicht klein.

Juakali / Moe
Also viele sagen direkt, dass sie das Vielseitige an unserer Mucke feiern, dass wir halt spielerisch sind und dabei trotzdem einen roten Faden haben, weil man hört, glaube ich, sofort “das ist Juakali” … also wir haben definitiv einen musikalischen Stil – einfach, weil wir halt spielen, wie wir spielen, aber wir haben halt keine Zielvision von uns selbst, wie wir zu klingen haben, also kein zu erfüllendes Soll unter der Überschrift “Punk” oder “Alternative” oder so …

Juakali / Rob
Wir wollen keinen Anspruch erfüllen – aber das richtig gut!

Time For Metal / Jürgen S.
Das Album hat ja irgendwie eine recht raue Produktion. Das macht es für mich dann auch recht authentisch. Wie habt ihr aufgenommen?

Juakali / Moe
Das Ganze haben wir bei dem großartigen Richard Behrens im Big Snuff Studio mit analoger Aufnahmetechnik aufgenommen. Rob feiert den Sound von den fellow Berlinern Kadavar und hat dann irgendwie Richard gefunden, der die live mischt.

Juakali / Rob
Beim Wacken hab ich ihn jetzt auch wiedergesehen, als die da gespielt haben.

Juakali / Andi
Im Big Snuff sieht’s auch aus wie im Hauptquartier eines 70er Bond-Bösewichts – geile analoge Bandmaschinen und Vintage-Geräte, die wahrscheinlich auch einen Weltraum-Laser auf London abfeuern können.

Time For Metal / Jürgen S.
Nicht nur die Produktion ist rau, sondern auch die Stimme von Andi, quasi wie Andi Wand gerotzt (entschuldige das kleine Wortspiel). Musstest du eine Menge Whisky trinken, um solche eine Stimme zu bekommen?

Juakali / Andi
Nee, ich hab nur einmal so richtig Whisky getrunken und hatte dann ’nen Filmriss von ca. 10 Stunden, wobei ich behaupte, dass mir da vielleicht auch was in den Drink getan wurde – also nein, irgendwann habe ich gemerkt, ich kann mit sehr wenig Anspannung ziemlich dreckig klingen, irgendwas flattert da im Hals.

Juakali / Rob
Vielleicht ein Tumor.

Juakali / Andi
… also was auch immer es ist, ich bin auch nach längeren Konzerten oder Proben nicht heiser. Ich glaube also, das ist noch gesund, was ich da mache. Würde gerne mal z. B. einen HNO-Arzt da hinten reingucken lassen, währenddessen – auf YouTube gibt’s da so Videos von Endoskopien bei Sängern. An meiner clean-Stimme bin ich am Arbeiten, mache da glaube aber auch ganz okay-e Fortschritte.

Time For Metal / Jürgen S.
Euer Label Timezone Records schrieb im Promosheet: „Für Stoner zu schnell, für Grunge zu wenig Seattle Sound!“ Ich finde auch, dass ihr irgendwie dazwischenliegt und in vielen Subgenres des Rocks wildert: Punk Rock, Garage Rock, Psychedelic Rock, ein bisschen Grunge. Wo seht ihr euch selbst? Wo kommen die Inspirationen her? Versucht euch mal einzuordnen, für viele ist es ja ganz wichtig, dass man dem Ganzen einen Stempel aufdrückt bzw. es in eine Schublade legt.

Juakali / Rob
Genaugenommen haben wir kein Label, Timezone hilft uns mit dem Vertrieb, also, dass wir überall zu finden und zu hören sind. Der Text stammt tatsächlich aus Arnes Feder 🙂 Aber ja, in allen Genres zu wildern trifft es schon ziemlich gut. Wir haben alle verschiedenste Heroes und Einflüsse. Für mich hatten Limp Bizkit Ende des letzten Jahrtausends die Tür zu härterer Gitarrenmusik aufgestoßen. Davor war ich eher so für Britney Spears und die Vengaboys zu begeistern. Aber ab da hat sich für mich eine neue Welt eröffnet, alles, was irgendwie rockt, musste entdeckt werden. Ich musste 40 Jahre Rockgeschichte nachbüffeln. Und ich feier vieles! Und alles hat mich irgendwie beeinflusst, da jetzt bestimmte Bands zu nennen, würde den Ungenannten gegenüber nicht gerecht sein.

Juakali / Moe
Beatsteaks!!

Juakali / Andi
Nach meiner Cotton-Eye-Joe Phase bin ich damals durch das Nevermind-Album zum Rock gekommen, jetzt feier ich Queens Of The Stone Age, Desert Sessions und so ziemlich alles, was Josh Homme so macht … und immer schon Iggy Pop, die Stooges halt. Raw Power ist DAS Protopunk Album für mich.

Time For Metal / Jürgen S.
Da frage ich mal direkt hinterher. Welche Festivals mit welcher Richtung wären denn was für euch? Wo würdet ihr gerne spielen. Vielleicht kann ich ja mal irgendwo ein gutes Wort für euch einlegen?

Juakali / Rob
Ach was, hast du etwa Connections?? Wacken wär schon geil, hab da dieses Jahr beim Edeka angerufen und gefragt, ob die uns auf dem Parkplatz spielen lassen, hat leider nicht geklappt. Aber mal schauen, vielleicht probier ich’s nächstes Jahr mal beim Fleischer im Dorf 🙂

Juakali / Moe
Eigentlich spielen wir gerne überall, außer mit und vor Nazis.

Juakali / Andi
Desert Fest wär auch cool, aber unser Stoneranteil ist auch unter der Nachweisgrenze.

Time For Metal / Jürgen S.
Mal eine Frage zum Cover. Das ist doch Sisyphus, der da ein Smiley den Berg hochschiebt, oder? Von wem stammt das Cover?

Juakali / Moe
Auf die Idee zum Cover sind wir wie immer basisdemokratisch nach gefühlt tagelangen Diskussionen zusammen gekommen – genau, die Frage war halt, was ist der rote Faden, der alles zusammenhält, was ist unsere Grund-Attitüde, was ist die Essenz der ganzen verschiedenen Songs? Das spiegelt so ziemlich, dass wir auch viel Rumsitzen und diskutieren und über gesellschaftspolitisches Schwafeln. Umgesetzt, also gemalt, hat das Ganze dann Andi, der kann da auch noch ein bisschen was erklären.

Juakali / Andi
Irgendwo geht es ja bei uns thematisch immer um die Frage nach der eigenen Identität, also auch Selbstwahrnehmung und Positionierung in diesen Zeiten voller fundamentaler gesellschaftlicher Umbrüche und das alles halt auch auf dem Boden einer ziemlich pessimistischen Aussicht auf den Klimawandel und allem, was da noch kommen mag – also auch so richtig „No Future!“ aus unserer bräsigen Wohlstandsperspektive. Es ist halt schon so ein Gefühl der Machtlosigkeit, Endzeitlichkeit und Depression und auch ziemlich unromantisch, weil die Klimakatastrophe so akut und unausweichlich wirkt. Also vor diesem Hintergrund ist dann die Connection Sisyphus-Thema und dieser penetrante Smiley entstanden. Der Smiley geht mir ziemlich auf den Sack, seitdem wir den auf die -Bassdrum geklebt haben … von Albert Camus kommt ja dieses „one must imagine Sisyphus happy“, also quasi Glücklichsein in der eigenen Absurdität – wir verfremden das dadurch, dass wir das „Glück“ per Smiley auf den hochzurollenden Stein übertragen, also quasi eine absurde Daueranstrengung des Glücklichseins … und das alles wiederum natürlich vor dem Hintergrund der erbarmungslosen Sonne. Deeper shit ja.

Juakali / Rob
Boah, wie soll ich nach der Antwort jetzt noch was sagen, das nicht lapidar wirkt? Für mich steht das Cover für die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Lebens allgemein bzw. des Lebens, das wir hier in unseren Breitengraden führen. Dass man ständig ackern muss, um “glücklich” zu sein. Arbeiten, Geldverdienen, dass man Essen und Schlafen kann, um dann wieder Arbeiten zu gehen usw. Wie bescheuert ist das denn? Eigentlich sollten Maschinen für uns arbeiten, dass wir den ganzen Tag Musik machen können. Ich bin gegen Arbeit!

Time For Metal / Jürgen S.
Sisyphusarbeit bzw. Sisyphusaufgabe ist ein Wort für eine ertraglose und dabei schwere Tätigkeit ohne absehbares Ende. Irgendwie könnte das ja auch auf die Rockmusik zutreffen, oder?

Juakali / Rob
Nein, erstens macht Musik ja glücklich, das ist wissenschaftlich belegt und zweitens haben wir schon vor, damit sehr sehr viel Geld zu verdienen.

Juakali / Andi
und das dann umzuverteilen, sodass niemand mehr arm ist – außer an Friedrich Merzkeks. Also kauft unser Album für den Weltfrieden!

Juakali / Moe
… und außerdem, haben wir nicht alle ein absehbares Ende?

Time For Metal / Jürgen S.
In der Philosophie von Albert Camus steht der Begriff Sisyphus für das Absurde, dem man sich nicht entziehen kann. Die ständige Revolte und das Annehmen der Absurdität als Lösung. Das würde natürlich auch zu eurer Mucke passen, oder? So ein wenig Absurdität vermittelt ihr ja auch in den Videos. Ich denke da nur einmal an The Bush. Also wirklich keine Wahl / No Choice, ist das Absurde unausweichlich?

Juakali / Rob
Ja, ohne Selbstironie und Absurditäten hat man schon verloren.

Juakali / Moe
Also bei allem Dada, wir haben uns bei den meisten Sachen was gedacht …

Juakali / Rob
Ja, ihr habt euch was gedacht.

Juakali / Andi
… außer bei diesem Scheiß-Flamingo.

Juakali / Rob
Der is geil, hab ich im Hausflur gefunden … is super nachhaltig, dass wir den weiterverwenden, da hab ich mir was gedacht dabei.

Juakali / Moe
Was, der Flamingo ist nicht Dada???

Juakali / Andi
Gerade im Video zu The Bush haben wir uns die Sequenzen sehr genau überlegt, also jede einzelne der schwarz-weiß gefilmten Handlungen ist eine Metapher für den Inhalt von dem Song, da haben wir auch wieder lange drüber diskutiert. So richtig dekodierbar ist das Ganze wahrscheinlich nur schwer, also zumindest versteht das wohl kaum einer, worum es da immer gehen soll … hohe Kunst.

Juakali / Rob
Lalala lalalalal lalalala, oh ein Flugzeug!

Juakali / Andi
It’s not a plane.

Juakali / Moe
Bislang haben wir ja drei Video-Singles rausgebracht: No Choice, The Bush und Arabella –  jedes davon ist immer auch so eine Reaktion auf das vorherige Video. Wir lernen jedes Mal dazu und wollen uns auch nicht wiederholen.

Time For Metal / Jürgen S.
Wo wird euch das alles noch hinbringen? Was habt ihr die nächste Zeit vor? Ich denke, es wird ja nicht alleine dabei bleiben, den Smiley immer wieder erneut den Berg hinaufzuschieben. Steht eine ausgedehnte Tour an? Das Zeugs muss ja schließlich unters Volk.

Juakali / Rob
Eigentlich war eine kleine Tour jetzt im Herbst geplant, aber wegen der ganzen Verlegungen durch Corona ist es grad echt schwierig, an Daten zu kommen. Davon übrig geblieben sind jetzt der 30.09., da spielen wir in Hannover, am 01.10. in der Nähe von Düsseldorf, am 07.10. in Stuttgart und am 14.10. in Altenburg. Ansonsten sind wir jetzt dabei, eine Tour für Winter/Frühjahr 2023 zu planen, da entzerrt sich alles wieder etwas – also stay tuned! Guckt auf unserer Homepage www.juakali.wtf nach Updates!

Time For Metal / Jürgen S.
Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für das Interview während eurer Sisyphusarbeit genommen habt. Jetzt aber wieder an die Arbeit mit euch! Da habt ihr keine Wahl / No Choice. Ihr könnt zum Schluss allerdings noch etwas sagen, was noch unbedingt gesagt werden muss, wie zum Beispiel Grüße an die Oma oder sonst etwas!

Juakali / Moe
Grüße an alle Ommas da draußen! Ihr seid die besten, besonders wenn ihr bei „Omas gegen Rechts“ mitmacht!

Juakali / Rob
… und nicht AfD wählt …

Juakali / Andi
oder diesen Gabalier feiert oder so Layla-Rebellinnen sind.

Juakali / Rob
volle Soli mit allen Omas, die nicht im Berghain reinkommen!