Euroblast Festival 2022 vom 30.09. bis 02.10. in der Essigfabrik in Köln

Das Festival für progressive Musik in der Domstadt

Festivalname: Euroblast Festival

Bands: Aeries, Allt, Azure, Cold Night For Alligators, Destrage, Dirty Loops, Edge Of Haze, Exploring Birdsong, Four Stroke Baron, Hippotraktor, Horizis, Humanity’s Last Breath, Karmanjakah, Khroma, Koj, Master Boot Record, Masuria, Nero Di Marte, Obsidious, Panzerballett, Plini, Telepathy, Time, The Valuator, Unprocessed, Vildhjarta, Viscera, Vola, Voyager, White Ward

Ort: Essigfabrik, Siegburger Straße 110, 50679 Köln

Datum: 30.09. – 02.10.2022

Kosten: 3-Tages-Festival-Ticket 109 €, Tagestickets: 39,00 €

Genre: Progressive Metal, Post Metal, Technical Death Metal, Progressive Death Metal, Djent

Veranstalter: Euroblast Collective Schneider & Sprich GbR

Link: https://tickets.euroblast.net

Das Euroblast Festival ist seit vielen Jahren eine Institution in Sachen Progressive Metal und vereint jährlich Prog-Fans aus der ganzen Welt in der Domstadt Köln. Geprägt wird das Festival auch durch die familiäre Atmosphäre und Intimität. Fans und Bands befinden sich zusammen auf dem Gelände der Essigfabrik, tauschen sich aus, essen den deliziösen Kuchen mit Band-Design von Le Petit Asshole und bewundern gegenseitig ihr musikalisches Können auf und neben den Bühnen. Das Festival lebt von seiner musikalischen Vielfalt. Neben den Headlinern auf der Mainstage bekommen stets auch Newcomer die Chance, ihr Können auf der Secondstage unter Beweis zu stellen, auch wenn noch keine internationalen Erfolge gefeiert wurden. Das Einzige, was zählt, ist die Musik. Die Festivalveranstalter John und Daniel holten beispielsweise bereits vor vielen Jahren TesseracT zum Euroblast auf ihr erstes Konzert außerhalb Großbritanniens. Seit der ersten Ausgabe 2008 spielten schon Größen wie Meshuggah, Devin Townsend, Monuments, Between The Buried And Me und viele weitere.

So war die Freude groß, dass das Festival von 2020 in diesem Jahr nachgeholt werden konnte und sich die Euroblast Family endlich in der Essigfabrik wieder trifft.

Das Line-Up war von Anfang an sehr vielversprechend, wenn auch leider noch spontane krankheitsbedingte Ausfälle zu verzeichnen waren, wie von Carbon Killer, The Sleeper und Akew’s Tag.

Im Profil der Time For Metal Instagram-Seite gibt es ein Story-Highlight über das ganze Festivalwochenende.

Tag 1

Zuversichtlich mache ich mich auf den Weg mit der Deutschen Bahn und unerwartet läuft alles nach Plan. An der Essigfabrik angekommen, ist alles ausgeschildert und ich bekomme schnell meinen Pressezugang. Es ist etwas ungewohnt, nach so langer Pause das Geländer der Essigfabrik in Köln zu betreten, aber ich spüre direkt die familiäre Atmosphäre und freue mich über die vielen bekannten Gesichter.

Der erste Tag wird von Time, The Valuator auf der Mainstage eröffnet. Die Jungs aus dem Ruhrgebiet sind seit 2015 in Sachen Progressive Metalcore unterwegs, der trotz harten Djent-Parts auch eingängige Melodien zu bieten hat. Die Newcomer Aeries um Frontfrau Laura Kiddo eröffnen die Secondstage im Keller der Essigfabrik. Die Band veröffentlichte dieses Jahr ihr Debütalbum Arcanum und performt heute zu dritt mit einer intensiven, progressiven Show, die die vorderen Reihen schnell in Bewegung bringt. Sängerin Laura zeigt dabei das ganze Spektrum von klaren Tönen bis brutalen Screams in ihrem ganz persönlichen Stil.

Weiter geht es mit The Dali Thundering Concept aus Paris, mit der ersten großen Überraschung und absoluten Hörempfehlung. Die Metalcore-Cleanvocals zeitgleich mit Hardcore-Screams holen mich einfach ab. Im Anschluss begrüßt Veranstalter John das Publikum nach der Corona-Zwangspause seit 2019 mit großer Freude auf beiden Seiten. Eher sanfte Klänge mit wundervollem, emotionalem Gesang gibt es von KOJ aus Münster, die ihre Musik als Dark Deep Indie beschreiben. Dem kann ich nur zustimmen und die Genre-Abwechslung ist mir sehr willkommen. Ich gönne mir dann erst mal den langersehnten veganen Kuchen am Euroblast-Kuchenstand und bin im Himmel.

Dann geht es weiter mit den viel angepriesenen Unprocessed aus Wiesbaden auf der Mainstage. Die Band um Sänger und Gitarrist Manuel Gardner ist mit zwei statt früher drei Gitarristen auf der Bühne, dafür mit Videograf, der alles auf der Bühne mit festhält. Auch wenn ich die Musik der Wiesbadener vor dem Festival schon gehört und zelebriert habe, bin ich etwas von der Publikumsanimation irritiert. Aus meiner Perspektive ist die Musik verglichen mit dem Rest des Line-Ups eher entspannt und die Aufforderung von Manuel zu mehr Bewegung finde ich schwer umzusetzen.

Abgeschlossen wird der erste Tag mit einem intensiven und verzaubernden Set von Plini inklusive Schlagzeugsolo, Geburtstagsüberraschungskuchen für Keyboarder Dave auf der Bühne, einem Happy Birthday vom gesamten Publikum und dem mit Abstand lustigsten Intro-Song jemals. Der Australier Plini wird unter anderem von Steve Vai als einer der bedeutendsten Prog Gitarristen und Songwriter bezeichnet, und während des Sets versteht man schnell warum. Bei der ganzen Virtuosität steht Plini oft mit konzentriertem Gesicht an einem Fleck, versichert dem Publikum aber zwischendurch lachend, dass er gerade die beste Zeit seines Lebens hat, auch wenn man es ihm vor Konzentration nicht ansieht.

Tag 2

Heute bin ich extra früh angereist. Die Lage der Essigfabrik ist perfekt für die Anreise mit der Straßenbahn mit kurzem Fußweg. Meine erste Amtshandlung ist wie zu erwarten das Kuchen-Buffet und auch heute sind die Designs auf den Kuchen wieder wunderschön. Ein Stück Kuchen ist dann für mich auch eine ganze Mahlzeit und so kann ich gut gestärkt Richtung Mainstage.

Zum ersten Mal auf der Euroblast Mainstage eröffnet die Progressive Metalcore Band Masuria als Heimspiel den zweiten Tag. Am Ende der energiegeladenen Show gibt Sänger Stefan seinen Abschied aus der Band bekannt, verteilt Sekt und im Publikum sind Plakate mit Herzen zu sehen. Auf der Mainstage geht es überragend weiter mit Cold Night For Alligators aus Kopenhagen. Die Alternative Metal Band vereint musikalische Präzision mit melancholischen, aber eingängigen Melodien, welche durch die programmierte Lichtshow noch mehr betont werden.

Als neues Projekt von Ex-Heart Of A Coward Sänger Jamie Graham geben Viscera aus Großbritannien ein brutal-technisches Euroblast-Debüt zum Besten. Da der Schlagzeuger spontan erkrankt ist, lernte der Schlagzeuger der morgen spielenden Band ALLT innerhalb einer Woche das hochanspruchsvolle Set voller Polyrhythmen und macht den Auftritt von Viscera damit möglich. Das freut mich sehr und meine Haare fliegen zusammen mit vielen anderen durch die Luft.

Weiter geht es mit der nächsten, frisch gegründeten Supergroup Obsidious mit neuem, altem Wind in den Segeln. Musikalisch im Technical Death Metal angesiedelt, kombinieren Obsidious Härte mit vielseitigen Vocals von Sänger Javi Perera.

Passend zur eingetretenen Dämmerung walzt nun die Naturgewalt Humanity’s Last Breath aus Schweden über die Mainstage. Der Name ist Programm und so stell ich mir tatsächlich den technisch anspruchsvollen Metal-Soundtrack unseres Aussterbens vor. Den zweiten Tagesabschluss machten Dirty Loops, ebenfalls aus Schweden, mit dem kompletten Kontrastprogramm als Mischung aus Pop, Jazz und guter Laune.

Tag 3

Der letzte Tag wird spontan von der Nerd Metal Newcomer Band Horizis aus Aachen auf der Secondstage als Euroblast Premiere eröffnet. Die Mischung aus Symphonic Metal, Metalcore und Deathmetal, kombiniert mit nerdigen Texten bringt das Publikum spätestens, als die Band den großen D20-Würfel ins Publikum wirft, zum Schmunzeln. Weiter geht es mit den belgischen Hippotraktor auf der Mainstage. Das Bild von einem großen, schweren Prog-Traktor überrollt zu werden, wird der Musik der Belgier zwar nicht gerecht, beschreibt aber ganz gut mein Gefühl im allerpositivsten Sinne.

Karmanjakah liefern emotionalen Prog auf der Scondstage ab und lassen mich wieder etwas runterkommen. Die italienische Prog-Band Destrage heizt anschließend auf der Mainstage ordentlich ein. Mit ihrer Mischung aus Progressive Metalcore bis Punk und Hardcore bringen sie das Publikum ordentlich in Bewegung und trotz herbstlicher Temperaturen ist schnell sehr warm. Schließlich bringen Panzerballett die Gehirne des Publikums mit ihrer jazzigen Komplexität zum Qualmen und lösen nach jedem Song begeisterten Applaus aus. Auch wenn ich zwischendurch das Gefühl habe, verschiedene Songs gleichzeitig zu hören, kommt die Band immer zusammen am Ende an. Auf die Frage in meinem Kopf nach dem Warum, drängt sich eine Antwort auf: Weil die Band es kann. Während andere Bands im Radio mit vier Akkorden und Viervierteltakt auskommen, ist das hier das andere Ende auf dem Spektrum und begeistert mich maßlos. Im Anschluss feiern Voyager aus Australien eine riesen Party mit dem Publikum. Voyager bringen neben dem Prog auch Pop und Power Metal auf die Bühne.

Im Anschluss gibt es noch das traditionelle Euroblast Family-Foto, bei dem alle helfenden Hände auf die Bühne kommen. Das ist für alle Anwesenden ein weiterer emotionaler Moment gegenseitiger Wertschätzung.

Weiter geht es auf der Secondstage mit hohen Erwartungen an Allt. Der Keller vor der Secondstage ist bis zum Anschlag gefüllt und der entstehende Moshpit füllt auch die letzten Zentimeter mit Bewegung aus. Diese Progressive Metalcore Band aus Schweden sollte man die nächste Zeit definitiv im Auge behalten. Danach heißt es aber schnell wieder auf die Mainstage für eine atemberaubende Show von Vola. Musikalisch eine große Bandbreite an Prog Rock von nur Gitarre mit Gesang von Sänger Asger Mygind bis hin zu djentigen Headbang-Parts bieten hier die Dänen gepaart mit einer perfekt geplanten Lichtshow. Diese Show ist definitiv eines meiner Highlights, denn das Album Witness gehörte letztes Jahr zu meinen Top-Alben.

Auf der Secondstage startet mit etwas Verspätung die britische Elfen-Progmetal Band Azure mit einer inspirierenden Show voller Energie und überragender Musikalität. Schließlich spielt zum Festivalabschluss die letzte Band Vildhjarta ein intensives Set auf der Mainstage und gibt dem Publikum den Djent auf den es gewartet hat – Thall. Überlappend beginnt bereits die legendäre Afterparty des Euroblast mit DJ Rémi Gallego von The Algorithm auf der Secondstage.

Das Euroblast ist ein besonderes Festival, bei dem nicht nur die anspruchsvolle Musik im Vordergrund steht. Es ist eine Gemeinschaft, wie eine Familie, die alle Menschen willkommen heißt. Ich kann das Euroblast absolut empfehlen und werde auch nächstes Jahr wieder dabei sein.