J.B.O. und Die Grüne Welle am 15.11.2019 in der Festhalle Durlach in Karlsruhe

Rosarotes Abriss-Kommando und Party-Alarm

Event: Sau-Tour 2019

Headliner: J.B.O. (James Zensiert Orchester)

Support: Die Grüne Welle

Ort: Festhalle Durlach, Kanzlerstr. 13, 76227 Karlsruhe

Datum: 15.11.2019

Kosten: 36,20 € VVK

Besucher: ca. 1.200 (Ausverkauft)

Genre: Comedy Metal, Fun Metal, Spaß Rock, Deutsch Rock. Punkrock, Ska-Punk, Deutschrap

Veranstalter: J.B.O. https://www.jbo.de/band/ und Venue Music https://www.facebook.com/venuemusic/?fref=profile_friend_list&hc_location=profile_browser

Link: https://www.facebook.com/events/333719887251579/

Setlisten:

Die Grüne Welle:
01. Dämonen
02. See You In Hell
03. Politik
04. Bier Gegen Wein
05. Discozombies
06. Zeitgeist
07. Wutbürger
08. Schrei Nach Liebe
09. Kein Problem
10. One Love
11. Wirf Dein Leben Weg
12. Hier Im Dreck
13. Outro

J.B.O. (James Zensiert Orchestrer):
01. Hoffen Und Bangen
02. Bolle
03. Gimme Dope Joanna
04. Ich Will Spaß
05. Du Hast Dein Smartphone Vergessen
06. Arschloch Und Spaß Dabei
07. Der Hofnarr
08. Mach Noch Eins Auf
09. Wer Lässt Die Sau Raus?!
10. Und Dann Hörst Du J.B.O.
11. Faulheit Siegt (Keine Lust)
12. Gänseblümchen
13. Wir Ham `Ne Party
14. Durst
15. Ich Glaube Du Liebst Mich Nicht Mehr
16. Könige
17. Alles Nur Geklaut
18. Drum Solo
19. Im Verkehr
20. Hallo Bier
21. Ein Guter Tag Zum Sterben
22. Verteidiger Des Blödsinns
23. Vier Finger Für Ein Halleluja
24. Ich Sag J.B.O.
25. Wacken Ist Nur Einmal Im Jahr
26. Ein Fest

30 Jahre rosarote Erfolgsgeschichte – 30 Jahre Blödsinn! Am 1. November war es endlich soweit, die Band, die laut ihrer Homepage erklärt, dass die Situation der Namensschöpfung bis heute durch Bierdunst verschleiert ist und sie deshalb nicht mehr wüssten, warum sie sich bei der Gründung im Jahr 1989 James Blast Orchester nannten, startete ihre Sau-Tour 2019 (nein, da fehlt kein f im Tour-Titel). Gleich die ersten beiden Konzerte in Wuppertal und Fulda waren seit Wochen ausverkauft, überhaupt sah es im Vorfeld nach der erfolgreichsten Tournee seit Langem in der Bandgeschichte von J.B.O. aus, denn für ganze fünf Termine wurde schon weit vor Tourstart Sold out vermeldet. Heute steht nun Karlsruhe auf der Reiseroute der vier rosaroten Franken und wie sollte es auch anders sein, schon am Nachmittag wird um 16:15 Uhr via Facebook verkündet, dass das Konzert restlos ausverkauft ist und das es keine Tickets mehr an der Abendkasse geben wird. Somit steht einer rosaroten Sause heute Abend fast nichts mehr im Wege.

Nun ja, zunächst muss ich mich aber erst einmal über die A5 von Freiburg nach Karlsruhe kämpfen, durch dichten Feierabendverkehr und etliche Baustellen. Obwohl ich mich früh auf den Weg mache, schaffe ich es gerade so bis zum Einlass an der Festhalle in Durlach anzukommen. Die Parkplatzsituation ist eine echte Katastrophe, doch nachdem ich sämtliche Seitenstraßen um die Location abgefahren bin, finde ich dann endlich ein kleines Eckchen, wo ich meine Karre unerlaubterweise abstellen kann. Vor den Toren der Festhalle steht natürlich schon eine kleine Schlange, jedoch weit weniger als erwartet. Kaum bin ich am Einlass angelangt, wird mir von den Men in Black mitgeteilt, dass sich die Abendkasse im Restaurant nebenan befindet und ich dort auch meinen Fotopass abholen kann …, na super. Also kehrt Marsch zur Abendkasse, doch das rosarote Grauen nimmt kein Ende, denn ich stehe wider Erwarten nicht auf der Gästeliste. Habe ich schon erwähnt, dass ich rosarot schon immer gehasst habe? Aber rosa ist ja bekanntlich das neue schwarz …!? Etliche Telefongespräche und etwa 30 Minuten Wartezeit später halte ich dann endlich meinen Pass in Händen und kann die Halle betreten, wenigstens direkt durch das Restaurant.

Mittlerweile ist die Halle schon gut gefüllt, auch wenn man noch locker bis in die ersten Reihen vor der Bühne durchkommt. Was hier heute Abend angesagt ist, das ist jedoch nicht zu übersehen, denn irgendwie erstrahlt die ganze Halle, in, wie sollte es auch anders sein, ROSAROT. Auf der Bühne ist das J.B.O.-Equipment zwar abgedeckt, doch unter den Planen schimmert es rosarot. Hunderte Fans in rosaroten J.B.O.-Shirts sind da echt noch das kleinere Übel, viel heftiger sind die Die Hard Fans anzusehen, von der rosaroten Perücke bis zum älteren Herrn im schicken Abendanzug, natürlich auch in rosarot, ist alles vertreten, was den Augen wehtun kann. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob im Sau-Tour-Titel nicht doch ein f fehlt, denn ohne einen gewissen Pegel ist dieser Farbflash kaum zu ertragen. Ich glaube, es ist mein erstes Konzert in 40 Jahren, wo ich einen großen Bogen um den Merchstand mache, denn in meinem Kleiderschrank ist weder Platz für ein rosarotes T-Shirt, noch für einen rosaroten Franken-Hut.

Bis der rosarote Wahnsinn startet, geht es aber noch eine Weile. Obwohl im Vorfeld nichts angekündigt war, geht mit Die Grüne Welle eine Supportband an den Start. Die Band sagt mir rein gar nichts und bei solch einem bescheuerten Bandnamen erwarte ich da auch nicht viel. Ich habe ja schon `ne Menge blöder Bandnamen gehört, aber sorry, Leute, Die Grüne Welle geht ja mal gar nicht. Mit wenigen Minuten Verspätung verstummt dann die Hintergrundmusik und ein offenbar gut gelaunter Hannes „G. Laber“ Holzmann betritt die Bühne, sagt die Vorband höchstpersönlich an und verspricht dabei, dass die Stuttgarter, obwohl es Stuttgarter sind, saugeil sind. Eigentlich habe ich bei dem Bandnamen mittlerweile erwartet, dass die Jungs samt Mädel neongrün angemalt die Bühne betreten, doch dem ist glücklicherweise nicht so. Das Mädel, Saxophonistin Liz, sieht auf dem Kopf zwar aus, als wäre sie in einen Farbtopf gefallen, viel blau, ein bisschen lila und auch einen Schimmer grün, aber ansonsten überwiegt hier glücklicherweise schwarz. Der Einstieg erfolgt dann mit der Single Dämonen vom aktuellen Album Wirf Dein Leben Weg, welches erst vor wenigen Tagen erschienen ist. Das ist weder Gemüseauflauf noch vegetarischer Schinkenspicker, nicht Veggischnitzel, nicht Chili sin Carne, so beschreibt sich die Band auf Facebook. Nun gut, was soll ich sagen, schon der erste Song zeigt, das trifft es, denn Deutsch Rock trifft hier auf Punk, einen hohen Ska-Anteil und Rap, von allem ein bisschen und doch nichts so ganz. Hier geben sich gerappte deutsche Texte mit hymnisch gesungenen Refrains die Klinke in die Hand, doch so wirklich will das alles nicht in das Vorprogramm der Verteidiger des Blödsinns passen und auch das Publikum bleibt zunächst abwartend zurückhaltend. Deutschpunk mit Ska-Einflüssen sind ja im Normalfall immer ein Gute-Laune-Garant, mich persönlich stören aber die gerappten Vocals von Locke, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Ernstere Songs wie die AFD-Klatsche Politik wechseln sich ab mit Partysongs wie z.B. Bier Gegen Wein und Discozombies. Durch den beständigen Einsatz des Saxophons kann man den Punkrock des einstigen Hip-Hop-Projektes heute eher dem Ska zuordnen. Auf der Bühne herrscht ordentlich Bewegung, die Saitenfraktion post mit der Saxophonistin um die Wette und das Lauf- und Springpensum ist enorm. Frontmann und Rapper Locke übertreibt es dabei sogar ein wenig, denn nicht eine Sekunde kann der Mann still stehen und läuft auf der Bühne wie ein springender Flummi. Die junge Band, die sich schon etablierten Acts wie Madsen, Zebrahead, Rantanplan, Heisskalt und den Ohrbooten die Bühne teilten, spielt sich den Arsch ab und gibt wirklich alles, doch so richtig will der Funke zum Publikum nicht überspringen. Oder liegt es doch daran, dass die Band aus Stuttgart kommt? Eher nicht, denn mit Drummer Leon hat man zumindest einen Karlsruher in den Reihen. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf den eigenen Songs vom aktuellen Album Wirf Dein Leben Weg, doch zwischendurch wird auch gecovert. Wieso die Band dann jedoch fragt, ob es im Publikum Menschen gibt, die die Düsseldorfer Die Toten Hosen mögen, dann aber die Die Ärzte-Nummer Schrei Nach Liebe spielen, wird mir nicht so ganz klar. Erstmals kommt nun aber etwas wie gute Stimmung im Publikum auf und der Song wird von einigen mitgegrölt, was aber nicht verwunderlich ist, denn kaum jemand in Deutschland kennt die Nummer der Berliner Ärzteschaft nicht. Danach folgen noch ein paar aktuelle eigene Nummern, doch die Stimmung flaut wieder ab, was aber sicherlich zuallererst daran liegt, dass das Publikum eigentlich nur die rosaroten Blödelbarden von J.B.O. sehen will. Die Stuttgarter machen keinen schlechten Job, aber letztendlich passt es einfach nicht, dennoch wird Die Grüne Welle, die sich übrigens nach dem Ampelrhythmus benannt haben, mit Applaus verabschiedet.

Mittlerweile ist die Festhalle rappelvoll, was ich bisher aus dem Fotograben gar nicht so mitbekommen habe, und in der Umbaupause strömen auch noch die letzten Raucher herein. Auf der Bühne wird währenddessen das rosarote Fest vorbereitet…, sagte ich schon, dass ich die Farbe hasse?! Wahrscheinlich habe ich morgen rosarote Allergiepickel, dennoch freue ich mich auf die Jubiläumsshow zum 30-jährigen Bestehen der Band. Das Intro ist dann natürlich Klamauk, die Band wird angesagt, sitzt aber angeblich noch hinter der Bühne im Interview, in das das Publikum dann mit hineinhören kann. Dann ist es aber soweit, rosaroter Partyalarm ist angesagt, als zuerst Dummer Wolfram Kellner die Bühne betritt und hinter seinem gewaltigen, rosaroten Drum-Kit Platz nimmt, bevor dann auch die restlichen Musiker erscheinen und mit Hoffen Und Bangen vom aktuellen Album Wer Lässt Die Sau Raus?! in ihr Set einsteigen. Der Song ist eine Hommage an die großen Metal-Heroes der goldenen Zeiten, die oft ein wichtiges Streitthema bei Dates sind, oft das Zünglein an der Waage, der Musikgeschmack der Angebeteten. Auf gewohnt witzige Art und Weise bringen die Erlanger Fun-Metaller das rosarote Publikum auf Betriebstemperatur, was aber eigentlich gar nicht nötig ist, denn die Karlsruher Besucher sind ganz offenbar schon den ganzen Tag in Feierlaune. Jedes Wort und jeder Ton von den Franken wird laut bejubelt und abgefeiert. Schon mit dem nächsten Song wird die Abrissbirne rausgeholt, denn Bolle ist nicht nur eines der bekanntesten Berliner Volkslieder überhaupt, sondern auch ein J.B.O.-Klassiker mit Mitbrüllgarantie und so erzittert zu „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten …“ die Festhalle zu Durlach ein erstes Mal. Nicht nur Bolle amüsiert sich köstlich, auch die Konzertbesucher rufen die Party aus, auch ohne dass es in Karlsruhe Kitzmann-Bier zu kaufen gibt. Der blonde Engel ziert sich zunächst noch etwas, doch letztendlich muss er doch raus auf die Bühne, nur sieht er verdächtig männlich aus. Scheiß drauf, das rosarote Kleidchen sitzt auch mit künstlichen Brüsten und behaarten Beinen. Danach ist Eddy Grant-Time und zu Gimme Dope Joanna erscheint passend ein kleiner Kiffer mit überdimensionaler Tüte auf der Stage, welcher laut bejubelt wird. Während Gitarrist und Sänger Vito C. und Bassist Ralph Bach offenbar nicht abgeneigt sind, verzieht Gitarrist und Sänger Hannes „G. Laber“ Holzmann angewidert das Gesicht, als er die Tüte der Glückseligkeit hingehalten bekommt. Auch die nächste Nummer kennt jeder und kann sie auch mitsingen, denn schon 1982 sang Neue Deutsche Welle Ikone Markus „Mein Maserati fährt 210 …“ und begeisterte die Massen. Während sonst gelegentlich ein geeigneter Fahrer zu Ich Geb Gas aus dem Publikum gefischt wird, müssen heute zwei Fahrer aus der eigenen Crew herhalten und ordentlich Gas geben, natürlich nicht ohne rosarote Schutzbrille. Auch die augenzwinkernde Neuinterpretation von Nina Hagens Du Hast Den Farbfilm Vergessen, hier Du Hast Dein Smartphone Vergessen, wird frenetisch gefeiert. Leider haben die Karlsruher ihre Handys nicht vergessen und so wird auch heute wieder gefilmt auf Teufel komm raus und wieder unendliche, sinnlose YouTube-Videos produziert, die anschließend sowieso kein Mensch sehen will. Um das Ganze auf der Bühne optisch zu untermalen, springen wieder zwei Crew-Mitglieder auf der Bühne rum und machen Selfies mit den Musikern und dem Publikum. Hier zeigt sich die Band allerdings von einer anderen Seite und nimmt ein klein wenig Rücksicht auf die Augen der Gäste, denn die Smartphones sind schwarz und nicht rosarot. So zieht sich der rosarote Schwachsinn durch den Abend und natürlich wird auch Arschloch Und Spaß Dabei gnadenlos gefeiert, hier jedoch jeden einzelnen Song aufzubröseln, würde jeden Rahmen sprengen. Natürlich werden mit Mach Noch Eins Auf, Wer Lässt Die Sau Raus?!, Durst und Hallo Bier noch einige aktuelle Nummern gespielt, aber auch auf die Klassiker wie z.B. Gänseblümchen, Könige, Alles Nur Geklaut, Im Verkehr oder Ein Guter Tag Zum Sterben braucht Karlsruhe nicht verzichten. Dazu wird viel Blödsinn verzapft und Schwachsinn geredet, doch es geht auch noch ans Eingemachte, denn J.B.O.-Fan Rick macht seiner Angebeteten Marina auf der Bühne einen Heiratsantrag, den diese kurz und knapp annimmt. Wir von Time For Metal wünschen alles Gute für die Zukunft! Vito C. kommentiert das Ganze folgendermaßen: „Es gab auf unseren Konzerten ja schon eine ganze Reihe Heiratsanträge, aber noch nie hat sich jemand so herrlich kurz gefasst wie ihr beiden“. Zeit ist Geld …, The Show must go on und mit Verteidiger Des Blödsinns geht das offizielle Set zu Ende. Natürlich hat man noch ein paar rosarote Leckerlis in der Hinterhand und so gibt es in zwei Zugabeblöcken noch Vier Finger Für Ein Hallejuja und Ich Sag J.B.O., sowie Wacken Ist Nur Einmal Im Jahr und abschließend Ein Fest auf die Ohren. Ein Fest war es in Karlsruhe definitiv und ich wage zu behaupten, dass heute Abend niemand unzufrieden nach Hause geht. Viele werden morgen Nackenschmerzen haben, viele werden jeden Knochen im Leib einzeln spüren und fast jeder dürfte morgen früh mit tierischem Kater aufwachen, aber ein bisschen Verlust ist halt immer, so bei einigen auch der Verlust der Muttersprache. Für meinen ganz persönlichen Geschmack hätte man gerne auch den einen oder anderen aktuellen Song verzichten und ein paar Klassiker mehr zum Besten geben können, so haben mir vor allem Ich Möcht` So Gern Metal Hör`n, Fränkisches Bier, Hose Runter!, Mei Alde Is` Im Playboy Drin, I Don`t Like Metal, Wir Sind Die Champignons, Satan Ist Wieder Da … u.v.a. gefehlt. Bei einem 30-jährigen Bandjubiläum hätte ich erwartet, das wesentlich mehr in die rosarote Hitkiste gegriffen wird.

Hier könnt ihr die Tour noch besuchen: