Lordfest 2024 am 14.12.2024 in der Sporthalle Hamburg

Mit Joachim Witt, Swiss, Oomph!, Nachtblut und Robse feiern LOTL das Jahr

Event: Lordfest 2024

Headliner: Lord Of The Lost

Special Guests: Joachim Witt, Swiss

Vorbands: Oomph!, Nachtblut, Robse

Ort: Sporthalle Hamburg

Datum: 14.12.2024

Genre: Gothic Rock & Metal, Neue Deutsche Härte

Besucher: Schätzungsweise 5.000

Setlisten: Lord Of The Lost | Oomph!

Es ist 21:00 Uhr, als Lord Of The Lost (LOTL), die Stars des Abends, die Bühne der Alsterdorfer Sporthalle betreten. Davor haben schon Oomph!, Nachtblut und Robse drei Stunden lang die Zuschauer aufgewärmt. Doch erst mit dem Auftritt der Lords wird dem Publikum so richtig eingeheizt. Das liegt nicht nur an dem Haufen Pyrotechnik, die sie wie beim M’era Luna aufgefahren haben. Sondern vor allem daran, dass sie die Stars ihrer eigenen Show sind. Die meisten im Publikum scheinen ihretwegen da zu sein – mich eingeschlossen, sie gehören zu meinen Lieblingsbands.

Die Pyro vom M’era Luna ist wieder mit dabei. | Foto: Alexander C. Mühlhausen

Zu den Klängen von My Heart Is Black betreten die Musiker nach und nach die Bühne, begleitet von immer mehr Flammen, die sich im Verlauf des Intros immer weiter steigern. Erst flackern dezente, bühnenbreite Flammenlinien. Dann folgen erst kleinere Explosionen, bevor schließlich meterhohe Feuersäulen bis zur Hallendecke schießen. Während der Fotografenzeit im Bühnengraben wird die Pyrotechnik zurückgefahren, doch musikalisch bleibt es bei Klassikern wie Black Lolita oder Kingdom Come.

Witt: Der Goldene Reiter lässt nach

Das erste Drittel des Sets gehört ebensolchen Klassikern, wie Live Today / Die Tomorrow sowie einzelnen neueren Songs, etwa For They Know Not What They Do. Danach ändern LOTL den Fokus und holen sich Gäste auf die Bühne. Zuerst Joachim Witt, den LOTL-Sänger Chris Harms schwärmend anmoderiert: Er erzählt, wie er zu MTV-Zeiten von Witts Musikvideos beeindruckt war und wie sehr er sich jetzt freut, zusammen mit ihm Musik zu machen.

Zusammen mit Witt und einem Gitarristen aus seiner Live-Band spielen sie drei Songs, darunter den obligatorischen Goldenen Reiter und Die Flut. Der Jubel ist ordentlich, doch noch nicht euphorisch. Auch mir fehlt gerade etwas die Energie, die Witt bei seinem sehr starken Auftritt auf dem M’era Luna ’23 gezeigt hat. Viele filmende Handys, eine solide Performance, aber keine ausrastenden Massen.

Nachtblut: Kollegah-Cover und starke Vorband

Nachtblut haben eine gute Show geliefert – die Lichtshow erforderte aber kreativere Bearbeitung. | Foto: Alexander C. Mühlhausen

Nach weiteren LOTL-Songs gesellen sich Nachtblut zu den Lords auf die Bühne. Die Band hatte bereits im Vorprogramm eine starke Show abgeliefert: musikalisch überzeugend und mit klarem Sound. Einzig die Lichtshow hätte für meinen Geschmack schon zu Beginn mehr Effekte zeigen können, statt alles in monochromes Licht zu tauchen (die Bildbearbeitungen sind daher eher künstlerisch als journalistisch gehalten …).

In ihrem Vorband-Slot boten Nachtblut einen bunten schwarzen Querschnitt ihres Repertoires – Lied für die Götter, Alles Nur Geklaut, Todschick (Live-Premiere), …

Zusammen mit den Lords überraschen sie nun mit einem Kollegah-Cover: Wat Is’ Denn Los Mit Dir? Definitiv unerwartet, aber mein persönliches Highlight des Abends.

‚Schlagerstar‘ Swiss hilft aus

Nach diesem Cover kehren LOTL wieder zu ihren eigenen Stücken zurück – besonders One Last Song bleibt mir als sehr emotional Erinnerung. Doch schon bald kommt der nächste Sondergast auf die Bühne: Um sich der Kritik, sie würden doch längst nur noch Schlager machen, jetzt auch offiziell anzuschließen, haben die Lords einen renommierten Experten einbestellt. Helfen soll ihnen Swiss. In blauer Jogginghose und grauem Pulli mit pinker Katze drauf wirkt er stilistisch wunderbar deplatziert.

Swiss, punkig und rappig, performt seinen linksradikalen Schlager, begleitet von Lord Of The Lost an den Instrumenten. Chris Harms, sein Podcastpartner, nutzt derweil die Gelegenheit, auf einem Schlauchboot über die Köpfe der Fans hinweg möglichst weit zu entkommen. Swiss ist sicherlich polarisierend, in diesem Moment scheint der Auftritt in der Halle jedoch überwiegend positiv anzukommen.

Oomph! bieten gewohnte Leistung

Sänger Schulz für Oomph! | Foto: Alexander C. Mühlhausen

Der nächste Song trifft voll ins Schwarze: Schrei Nach Liebe, gecovert von LOTL mit Swiss und Oomph! an ihrer Seite. Jetzt singt fast die ganze Halle mit, ein Song voller Energie.

Oomph! selbst hatten zuvor als Vorband eine solide Show abgeliefert, die allerdings nicht überrascht hat. Ihre Performance und Setliste waren ähnlich dem M’era Luna, inklusive Gestik und Mimik von Sänger Schulz. Die hat mich sehr daran erinnert, wie ich ihn bereits Mitte der 2010er das erste Mal fotografiert habe.

Ohne Kamera hätte ich mich vermutlich in die Menge gestürzt und viel Spaß mit Augen Auf und Labyrinth gehabt, doch so fehlte der besondere Funken. Es reichte, um als Vorband das Publikum bis zur Soundstage zu mitzureißen, aber nicht für die letzten Reihen oder die Sitzplätze. Zum Vergleich: Doro, die ich zwei Tage später gesehen habe, ist ähnlich lange im Show-Business, hat mir aber viel stärker das Gefühl gegeben, dass ein jedes Konzert noch besonders ist. 

Chris Harms mag Glitzer

Chris Harms, hier in silberner Glitzerjacke | Foto: Alexander C. Mühlhausen

Zum Abschluss spielen LOTL nur noch ihren ESC-Hit: Blood & Glitter. Dafür holt Chris Harms seine goldene Glitzerjacke aus der Requisitenkiste und es regnen unzählige Funken von der Hallendecke. Es folgt eine ausgiebige Verabschiedung, bevor mit Last Christmas ein augenzwinkernder Rausschmeißer erklingt. Wer danach noch nicht genug hat, kann zur basslastigen Aftershow-Party auf St. Pauli weiterziehen

Alles in allem war es ein Konzertabend, der von 18:00 Uhr bis Punkt 23:00 Uhr Unterhaltung bot – auch wenn ich Robse als erste Vorband verpasst habe. Nachtblut und Oomph! legten gute Performances hin, aber erst LOTL konnten mich wirklich mitreißen. Ihre ehrliche Freude, in dieser großen Halle in ihrer Heimatstadt Hamburg aufzutreten, vor Fans von nah und fern, war ansteckend. Die Gastauftritte waren teils witzig, teils bewegend, doch das ultimative i-Tüpfelchen hat mir persönlich gefehlt. Ein oder zwei wirklich besondere Lieder wie Credo oder La Bomba oder ein reiner Akustik-/Klassik-Song hätten den Abend für mich perfekt abgerundet – ebenso wie ein paar Soli, die es früher gefühlt noch häufiger gab.