Metal Hammer Paradise 2022 am 18. und 19.11.2022 im Ferienpark Weissenhäuser Strand

Ausverkauftes Festival bringt die Ostsee zum Beben

Eventname: Metal Hammer Paradise 2022

Bands: Eisbrecher, Sepultura, Sodom, Clawfinger, Tiamat, Sacred Reich, Crowbar, Temperance, Soulbound, Undertow, Cobra Spell, In Extremo, Doro, J.B.O., Primal Fear, Rhapsody Of Fire, Bonded, The Night Flight Orchestra, Axxis, Night Demon, Crematory, The Unity, Dragony, Oversense, April Art, Bonsai Kitten, Knife

Ort: Ferienpark Weissenhäuser Strand

Datum: 18. und 19.11.2022

Kosten: ab 140 € p. P. für zwei Tage, dazu ggf. Übernachtung in unterschiedlichen Preiskategorien

Genre: Heavy Metal, Power Metal, Psychobilly, Hard Rock, Thrash Metal

Besucher: ca. 5000 Besucher

Veranstalter: Metal Hammer und FKP Scorpio

Links: https://www.metal-hammer-paradise.de/
https://www.fkpscorpio.com/ 

Tag 1: Freitag, der 18.11.2022
 

Mit großer Vorfreude fahren wir los zum Metal Hammer Paradise am Weißenhäuser Strand. Der Parkplatz ist sehr voll, was auf ein ausverkauftes Festival schließen lässt. Nachdem wir das Auto abgestellt haben, geht es los zum Bändchen abholen. Das Wetter ist kalt und ungemütlich, und schnell bereuen wir es uns entschieden zu haben, die Jacken im Auto zu lassen. Die Stimmung der Metalheads, die uns begegnen, trübt es aber zum Glück nicht und auch unsere nicht. Schließlich ist es ein Indoorfestival, gerade im November keine so dumme Entscheidung. Bei der Bändchenausgabe begegnen uns bekannte Gesichter und schnell kommt man ins Gespräch. Nachdem die Formalitäten geklärt sind, können wir einen ersten Rundgang übers Gelände starten. 

Dieses Jahr gibt es kein zusätzliches Zelt für Autogrammstunden oder Händler, sondern dies findet, wie in den Vorjahren, in der Galeria statt. Von dort erreicht man die Restaurants und das Freizeitbad sowie den Baltic Ballroom. Hier werden wir uns noch des Öfteren aufhalten. Zudem gibt es noch die Motörhütt, in der nicht nur die After Show Party stattfinden wird, sondern noch ein paar weitere Programmpunkte wie eine Lesung von Till Burgwächter oder der Veranstalter Talk. Wir durchqueren die Galeria und kommen zu dem bekannten Schriftzug und weiteren Buden. Hier bekommt man nicht nur Glühwein, sondern kann sich auch mit warmen Mützen und allerlei anderen Sachen ausstatten. Es kommen etwas Weihnachtsmarktgefühle auf. Aber da es uns zu kalt wird und das Festival bald starten soll, gehen wir lieber wieder rein. Was uns auffällt, sind die gesalzenen Preise für Essen und Getränke. Ein Stück Pizza auf die Hand kostet 6 €, ein halber Liter Bier ebenfalls und ein halber Liter Wasser kostet 4,50 €. Dafür bekommt man draußen schon teilweise ein Sixpack Wasser mit 9 Litern … Was die Pizza angeht, lohnt es sich dann schon im Restaurant Platz zu nehmen und sich ab 10 € eine normalgroße Pizza zu bestellen. 

Temperance, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Temperance 

Wir stellen uns beim Baltic Ballroom an. Den ersten Act des Festivals, Temperance, wollen wir uns anschauen. Die fünf Musiker kommen aus Italien und sind eine Band für Freunde des modernen Metals. Gegründet haben sie sich 2013 und spielen melodischen Power Metal mit einem Gesangsduo, bestehend aus Alessia Coletti und Michele Guaitoli, unterstützt von Leadgitarrist Marc Pastorino. Bassist Luca Negro und der Schlagzeuger Alfonso Mocerino machen die Band komplett. Bevor die Italiener allerdings die Bühne stürmen können, begrüßt Sebastian Kessler, neuer Chefredakteur vom Metal Hammer, die Fans mit ein paar warmen Worten. Dann wird es dunkel und es geht endlich los. Was allerdings sofort auffällt, ist, dass nicht nur bekannte Gesichter zu sehen sind, sondern das Gesangsduo anders besetzt ist. Aufgrund von Proben für eine Tour waren diese verhindert und werden durch Lina Victoria von Sleeping Romance und Gabriele Gozzi von Eternal Idol ersetzt. Die Band startet mitreißend mit Pure Life Unfolds und wird einem noch neun weitere Song um die Ohren hauen wie My Demons Can’t Sleep und Of Jupiters And Moons. Allen merkt man die Spielfreude an, sie fegen energiegeladen über die Bühne und immer wieder wird der direkte Kontakt zu den Fans gesucht. Allerdings ist der Sound leider dürftig eingestellt. Schade für Temperance, die einen super Auftritt hinlegen. Lina Victoria muss sich ziemlich anstrengen, um gehört zu werden und die Tontechniker feilen den ganzen Auftritt an den Einstellungen, was leider dazu führt, dass sich einige Gäste anders orientierten. Dem energetischen Auftritt tut dies zum Glück keinen Abbruch. Und die überwiegenden Fans blieben auch treu und singen immer wieder kräftig mit, wie auch beim letzten Song, ihrem Hit Diamanti. 

Cobra Spell, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Cobra Spell 

Wir machen uns auf den Weg zum nächsten Act, Cobra Spell, in der Riff Alm. Hier muss man sich rechtzeitig auf den Weg machen, wenn man dort einen Auftritt sehen möchte. Die Riff Alm ist mit ungefähr 240 Fans maximal die kleinste Bühne. Zum Vergleich, der Baltic Ballroom fasst 800 Besucher und im Zelt können 3100 Metalheads abfeiern. Allerdings lassen sich von der geringen Kapazität nur wenige abschrecken, die Schlange für Cobra Spell ist ziemlich lang und schlängelt sich fast bis zum Eingang der Galeria. Wie immer bei den Geheimtipps des Festivals, werden also nicht alle in den Genuss kommen, den gewünschten Act sehen zu können. Vielleicht könnte das Planungsteam des Festivals sich hier mal eine Änderung überlegen. Es ist schon ärgerlich, wenn man sich gefühlte Stunden die Beine in den Bauch steht und dann nicht mal die Band sehen kann. Aber wenden wir uns nun dem erfreulichen Teil zu. Cobra Spell ist ebenfalls eine fünfköpfige Combo mit einem bisher häufigen Mitgliederkarussell. Nun hat sich reine Frauenpower zusammengefunden. Im Sommer hatten drei Mitglieder, Sänger, Schlagzeuger und Gitarristin, die Band verlassen. Die Spanierin Kristina Vega, mit ihrer rockig-rotzigen tiefen Stimme, brettert einem nun die Songs um die Ohren. Am Schlagzeug überzeugt Jess Pinas und die Rhythmusgitarre übernimmt die Wahlberlinerin Noelle dos Anjos. Die Riff Alm füllt sich bis zum Bersten und kurze Zeit später betreten die fünf Damen die Bühne. Nicht nur optisch erinnert alles an 80er-Jahre Glam Metal und Hard Rock. Poison Bite und Addicted To The Night heizen dem Publikum ordentlich ein, welches auch gleich animiert wird, mitzusingen. Noelle dos Anjos beweist mit einem Solo, was man alles aus einer Rhythmusgitarre rausholen kann. Dem Publikum wird keine Pause gegönnt und die erste gemeinsame Single der Mädels, Flaming Heart, darf im einstündigen Set nicht fehlen. Man merkt aber, dass die Bühne zu klein ist. Sängerin Kristina Vega, die von sich selber sagt „my english is cute“, hüpft und springt über die Bühne und vom Schlagzeug, und es ist erstaunlich, dass sie dabei keine der Saitenkünstlerinnen trifft. Diese streiten sich schon fast darum, direkt beim Publikum stehen zu können und Angelina Vehera merkt an, dass auch sie ganz vorne mitrocken möchte. Beim Song Animal Fuck Like A Beast geht Kristina Vega ganz auf Tuchfühlung und zieht eine Kutte eines Fans an. Nach diesem super mitreißenden Auftritt gibt es bestimmt den einen oder anderen neuen Fan. 

Sodom 

Am frühen Freitagabend ist es so weit, Sodom entern die Maximum Metal Stage. Bandleader Tom Angelripper hat sein Thrash Metal Schlachtschiff in Stellung gebracht und ist bereit, aus vollen Läufen zu schießen. Grund zum Feiern haben die Deutschen ebenfalls, nicht nur, weil sie wieder herzlich in Empfang genommen werden, sondern die 40 Jahre Sodom müssen gebührend gefeiert werden. Old but gold darf man in diesem Zusammenhang sicher mal in den Mund nehmen. Auf der Bühne lassen sie jedenfalls nicht an Frische vermissen. One Step Over The Line, Sodomized und Agent Orange bringen jedenfalls schnell Schwung in die Bude. Krächzend und mit leichtem Lächeln auf den Lippen werden im Mittelteil die Klassiker Outbreak Of Evil und Wachturm angestimmt. Schnelle Breaks krachende Thrash Salven und fertig ist die Abrissparty. Da dürfen Blasphemer, Remember The Fallen und Bombenhagel natürlich nicht fehlen. Auf die nächsten 40 Jahre Sodom und Tom Angelripper. 

J.B.O. 

Wacken Ist Nur Einmal Im Jahr? Wer jetzt nur Fragezeichen vor den Augen hat, der ist bislang noch nicht mit dem Kassenschlager der Fu Metal Combo J.B.O. in Berührung gekommen. Nicht weit vom Holy Ground kann man den Titel natürlich in die Waagschale werfen. Die pinke Höllenshow ist berühmt-berüchtigt und zieht das Publikum an oder vertreibt es. Bei den Deutschen gibt es keine drei Meinungen, entweder liebt man sie, oder man geht Hannes „G. Laber“ Holzmann und Gefolge bewusst aus dem Weg. Alle, die durch den Schabernack angezogen werden, mutieren zum Verteidiger Des Blödsinns. Feuer frei, gute Laune an und kaltes Bier im Kopf. Bei Songs wie Alles Nur Geklaut kann man nur mitschunkeln und es sich gut gehen lassen. Als Partyband kann man J.B.O. einfach immer bringen. Schwache Shows gibt es vom Quartett nicht, bei denen auch Coversongs nicht fehlen dürfen. So bricht Rockin‘ In The Free World von Neil Young alle Dämme. Seit 33 Jahren im Geschäft – dabei ist ein pinkes Ende noch lange nicht in Sicht. 

Sacred Reich, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Sacred Reich 

Von Sodom geht es für viele Genre-Fans direkt weiter zu Sacred Reich in den Baltic Ballroom. Im Gegensatz zu den Deutschen kann man die amerikanischen Thrash Metal Jünger in unserer Republik deutlich seltener live erleben. Gegründet 1985 in Phoenix, Arizona, stehen die Musiker um Sänger Phil Rind für eine humorlose Umsetzung des Thrash Metals. Der typisch amerikanische Sound dröhnt aus der Anlage. Mit geringen Wechseln im Line-Up bringen sie so seit über 35 Jahren markante Riffs zum Tragen, die von Fans noch heute gefeiert werden. Der abschließende Surf Nicaragua bedeutet Ekstase pure. Doch die Jungs haben noch so viel mehr zu bieten als diesen Überhit. In gut 75 Minuten stimmen sie zum Beispiel Free, One Nation oder Killing Machine an. Aus den glorreichen Achtzigern und Neunzigern kaum wegzudenken, lassen es Sacred Reich seit ihrer Reunion 2006 deutlich ruhiger angehen. Die Qualität bringen sie jedoch wie heute auf den Punkt. Fliegende Haare und in die Luft gestreckte Fäuste bei kaltem Gerstensaft sind die Folge, bis das Quartett wieder von der Stage verschwindet. 

Sepultura, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Sepultura 

Alle guten Dinge sind bekanntlich drei und von dieser Glücksformel lassen sich auch die Macher des Metal Hammer Paradies nicht abbringen. Nach Sodom und Sacred Reich gibt es die nächste Thrash Combo mit Sepultura. Die Brasilianer gehen dabei am extremsten zur Sache und sprengen die Grenzen zum Extreme Metal. Sänger Derrick Green ist seit 1998 dabei und bringt die Klassiker wie das neuere Material punktgenau an den Mann. An der Gitarre agiert Andreas Kisser wie gewohnt brillant. Probleme hat das Quartett jedenfalls nicht, um die Hauptbühne in Schwingungen zu bringen. Polícia, Isolation, Territory und Means To An End sorgen sofort für klare Verhältnisse. Mit an Bord Eloy Casagrande, der mittlerweile über zehn Jahre schon die Felle für die Südamerikaner gerbt. Siebzehn Songs bringen sie mit an die Ostsee. Morgen ist dann die Markthalle in Hamburg dran. Bis dahin gibt es ein Feuerwerk, welches jeder Fan direkt so unterschrieben hätte. Als Finale agieren die Evergreens Refuse/Resist, Arise, Ratamahatta und Roots Bloody Roots. Wenn jetzt noch jemand gepöbelt hätte, wären die Jungs wohl persönlich vorgerückt, um einen körperlichen Verweis auszusprechen. Somit schlagen bereits drei gelungene Auftritte für die Thrash Metal Jünger unter uns zu einem frühen Festivalzeitpunkt zu Buche. Sowohl Sodom als auch Sacred Reich und die jetzigen Sepulura haben alle über die Jahre nicht an Klasse verloren. 

Eisbrecher, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Eisbrecher 

Es ist Zeit für den Headliner Eisbrecher um Sänger Alexander „Alexx“ Wesselsky, die nicht nur bayerisches Feeling mit ins Paradise bringen, sondern auch Falco-Feeling mit This Is Deutsch. Kräftige Neue Deutsche Härte Beats fliegen durch die Luft. Die Stimme von Alexx ist eine Macht. Der charismatische Frontmann ist nicht ohne Grund mit seiner Band Eisbrecher im Olymp des Genres angekommen und steht Rammstein maximal mit der Pyrotechnik nach. Dafür setzen sie auf deutlich mehr Elektroelemente. Die Stimmung steigt, die Boxen krachen und das Bier rinnt fleißig die Kehlen herunter. FAKK legt für 1000 Narben auf. Zudem verkündet Herr Wesselsky, dass er heute Geburtstag hat und die gute Stimmung der Fans sein Geschenk ist. Damit wären bislang alle zufrieden und haben einen zusätzlichen Grund zum Feiern. Im gelb flackernden Licht blitzen die zufriedenen Gesichter der Musiker immer wieder aus dem Dunkeln heraus. Das Stimmungsbarometer springt auf Exzellent und fällt nicht mehr ab. Das Zelt prall gefüllt, kann der Prototyp sofort punkten. Die Hände gehen Richtung Himmel, aus vollen Lungen wird mitgesungen und wer vorab noch an Eisbrecher in der Headliner Position gezweifelt hat, wird eines Besseren belehrt. Nach gut 42 Minuten ist mit Eiszeit dann die letzte Glut erloschen. 

Tag 2: Samstag, der 19.11.2022
 

Dragony, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Dragony 

Dragony eröffnen am Samstag das Programm. Das Sextett um Sänger Siegfried Samer hätte eigentlich schon letztes Jahr auftreten sollen. Dies wurde durch Corona verhindert und auch dieses Jahr stand unter keinem guten Stern. Sie kommen später als geplant, sodass weder das Backdrop aufgehängt wurde, noch die Musiker ihre Bühnenoutfits anziehen konnten. Aber so kommt das Publikum noch in den Genuss, die letzten Minuten des Soundchecks mitanhören zu können. Wer also neugierig auf die Jungs war, konnte schon einen Eindruck gewinnen, was ihn oder sie erwarten würde. Und das ist in diesem Fall bester Power und Symphonic Metal zum Mitgrölen und Abfeiern. Ich bin gespannt, wie der Auftritt wird. Bisher habe ich die Drachentöter noch nicht live gesehen. Anfang des Jahres kam der Gitarrist Matt Plekhanov dazu, aber bei so vielen Auftritten wird er sich inzwischen perfekt aufeinander eingespielt haben mit Simon Saito, ebenfalls Gitarre und dem Bassisten Herbert Glos. Was auffällt, als der Auftritt losgeht und der Schlagzeuger die Bühne betritt, ist, dass dieses Gesicht bei einer anderen, mir sehr bekannten Band unterwegs ist. Frank Koppe von Victorius, einer Power Metal Band aus Leipzig, unterstützt die Österreicher, da Frederic Brünner die Tour nicht mitspielen konnte. Dragony haben zwar recht wenig Zeit, aber diese nutzen sie ausgiebig. Fröhlich und energetisch haut der Keyboarder Manuel Hartleb in seine Tasten. Seine Bandkollegen haben aber nicht weniger Spielfreude und das Publikum wird mit Gods Of War eingestimmt. Der Hit If It Bleeds We Can Kill It animiert den kompletten Saal zum Mitsingen, aber auch Songs wie Wolves Of The North und Battle Royal lassen niemanden kalt. Sehr schön, dass diese Jungs noch mal eingeladen wurden und ihren Auftritt nachholen konnten. 

The Unity, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

The Unity 

Wir bleiben im Baltic Ballroom. Hier rocken gleich die Jungs von The Unity. Die melodische Power Metal und Hard Rock Band war bisher bei den Auftritten, die ich gesehen habe, ein Garant für gute Laune. Nach der zügigen Umbauphase kann es dann auch bald losgehen. Die Band stürmt enthusiastisch die Bühne, der neue Bassist Tobias Exxel etwas zu sehr. Er stößt sich an dem niedrigen Bühnenaufgang den Kopf, aber zum Glück ist nichts passiert und ganz der Profi, rockt er weiter. Es geht los mit Hands Of Time und das Publikum steigt schnell mit ein. Auch bei Songs wie No More Lies und Rusty Cadillac steht kein Kopf still und jeder singt mit. Wie bei den Bands davor merkt man auch dem Sextett an, dass alle froh sind, wieder unter Bedingungen wie vor Corona auftreten zu können. Sänger Gianbatista Manenti gönnt sich sogar ein Bad in der Menge und kommt den Fans in den ersten Reihen ganz nah. Er stellt sich auf die Absperrung zum Fotograben und feuert die Fans an. 

Night Demon, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Night Demon 

Das amerikanische Heavy Metal Trio Jarvis, Armand John Anthony und Dusty Squires sorgt seit Wochen für Furore. Die drei Männer agieren unter dem Deckmantel Night Demon und zelebrieren lupenreinen Heavy Metal. Jede Veröffentlichung ein Treffer. Die Year Of The Demon von 2022 konnte zuletzt als Kompilation mal eben in die Albumcharts spazieren. Live eine Bank, lassen sie auch heute ihre Muskeln spielen. Dafür brauchen sie nicht viel und vertrauen auf alte Tugenden, denen sie nur einen neuen Spirit verleihen. Wild, ungebrochen, mit einem klaren Ziel vor Augen und das ist mit Screams In The Night, Empires Fall und Hallowed Ground die Show zu starten. Locker laufen die Refrains aus den Boxen. Wie geschnitten Brot fliegen die Melodien in die Ohren. Mittendrin Kill The Pain und Vysteria, bis Night Demon das gelungene Set ausklingen lassen. Die eine Stunde Spielzeit verstreicht wie im Fluge. Als Top Live Act angekündigt, bekommen sie auf dem Metal Hammer Paradise den Ritterschlag. 

The Night Flight Orchestra 

Der Verlust von David Andersson im September setzte nicht nur bei seinen Kollegen von The Night Flight Orchestra und Soilwork einen tiefen Stachel ins Herz. Die gesamte Metalszene muss diesen Schock immer noch verdauen, umso schwerer dürften die aktuellen Tage bei seinen ehemaligen Kollegen sein. The Night Flight Orchestra haben ihn nicht vergessen und spielen auch für ihn ihren 80er-Discorock. Tauschen möchte man mit Sänger Björn Strid wirklich nicht. Trotz der Trauer spielen die Musiker ein starkes Brett.  Burn For Me und This Boy’s Last Summer sprudeln wie bunte Blumen aus den Instrumenten. Die Lyrics wirken nach, nostalgisch, gar episch, lassen Satellite und Something Mysterious die Herzen schneller schlagen. Nach West Ruth Ave ist Schluss. Das Fazit fällt nach den 75 Minuten sehr positiv aus, schließlich geht das Leben weiter. Trotz der Wehmut am Anfang konnten die Musiker die Stimmung lockern und bleiben weiter eine Band, die man allen 80ern Rock Fans nahe legen muss, die zu Disco Feeling der ersten Stunde abfeiern möchten. 

Bonsai Kitten, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Bonsai Kitten 

Es geht wieder in die Riff Alm. Bonsai Kitten sind der Act der Stunde und wir sind gespannt, was uns erwartet. Auf Spotify hat mich das Quartett um Sängerin ‚Tiger Lilly‘ Marleen Retsina schon mal neugierig gemacht. Wir können uns vorher noch mit demjenigen unterhalten, der für das Merchandise zuständig ist. Die Bandhistorie ist ziemlich interessant. Gegründet wurden Bonsai Kitten 2005, und bis auf die Sängerin ist davon niemand mehr dabei. Bis 2014 wurde eine Mischung aus Punk ’n‘ Roll und Rockmusik gespielt, im selben Jahr wurde es durch den Wechsel von Kontrabass zu E-Bass deutlich rockiger. Es entwickelte sich zu Riot Rock, der seit 2020 einen starken Einfluss durch Metal und Bluesrock bekommen hat. Bonsai Kitten scheinen also eine Band zu sein, die sich oft neu erfindet und immer wieder neue Wege geht. Es wird also gleich spannend beim Auftritt. Die Riff Alm füllt sich ziemlich schnell. Und dann geht der Auftritt los. Von den ersten Klängen bis zur Zugabe herrscht eine wahnsinnig tolle Stimmung. Tiger Lilly Marleen gibt alles und sucht immer wieder den Kontakt zum Publikum. Andre ‚Wally‘ Wallhäuser kitzelt alles aus seiner Gitarre heraus, was diese geben kann. Marcus Schütze bespielt seinen dreisaitigen Bass, ein ungewöhnlicher Anblick, und Marc Reign drischt auf sein Schlagzeug ein, als wolle er es in den Erdboden hämmern. Diese Energie kommt auch direkt beim Publikum an, welches fleißig mitsingt, sei es bei Love And Let Die, Limit To Your Love oder Now Or Never. Das Publikum geht so sehr mit, dass sogar die Becher fliegen, was beinah zum Abbruch des Konzertes geführt hätte, da das Mischpult eine leichte Dusche bekommt. Nachdem aber der Tontechniker wieder alles unter Kontrolle hat, kann weiter gerockt werden. Der Auftritt ist gefühlt zu schnell vorbei, aber eine Stunde lang wurden alle sehr gut unterhalten. Hinterher nimmt sich die Band noch etwas Zeit und erfüllt den neuen Fans noch einige Autogrammwünsche. Wir kommen ins Gespräch mit Tiger Lilly Marleen, die von ihrem Love, Peace & Harmony Projekt zugunsten der Betroffenen des Ukrainekrieges erzählte. Dort steuerten viele Künstler, unter anderem Die Toten Hosen, Doro, Kreator, The Boss Hoss, Psychopunch, U.D.O. und viele weitere, Songs bei. Die Nettoerlöse der CD und der Vinyl gehen an die Mission Lifeline. 

Doro, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Doro 

Auf der Mainstage ist die Zeit für die Queen Of Metal gekommen. Natürlich, die Rede ist von Doro und ihrer Band, die mit sieben Warlock Tracks die Sause an der Ostsee starten. Bestens aufgelegt stimmt Doro Pesch I Rule The Ruins, Rock Till Death oder Evil an. Seit 2018 ist es, was neues Material angeht, etwas ruhiger geworden. Dafür bleibt die Sängerin inkl. Band trotzdem immer in aller Munde. Eine feste Säule in der Szene hat Doro definitiv inne, so schlägt ihr Jubiläumskonzert am 28.10.2023 in Düsseldorf bereits hohe Wellen. So weit sind wir jetzt jedoch noch nicht, erst einmal muss das Urlaubsparadies zerlegt werden. Dafür mit im Schlepptau sind Hits wie Raise Your Fist In The Air, Für Immer und You’re My Family. Ausgelassen nehmen die Fans die Klänge auf und tragen Frau Pesch förmlich auf Händen. Der starke Sound in Kombination mit der agilen Performance macht Lust auf mehr. Diesen Nachschlag bekommen alle Anwesenden mit Revenge, All We Are (Warlock Cover) und All For Metal, bis der Vorhang endgültig fällt.  

April Art 

Der letzte Auftritt in der Riff Alm sind April Art, eine Band aus Mittelhessen. Diese haben 2022 die Bühnen der Metalszene gestürmt mit einem tollen Auftritt beim RockHarz (unseren Bericht findest du hier). Zu ihrem erschienenen Album Pokerface (hier geht’s zu unserem Review) gab es eine kleine Tour und einige der Gesichter im Publikum scheinen diese schon besucht zu haben. Die Schlange ist wieder sehr lang und auch hier werden bestimmt einige den Auftritt nur hören können. Energiegeladen heizen die drei Jungs, Chris Bunnell an der Gitarre, Julian Schütze am Bass und Ben Juelg am Schlagzeug die Menge schon mal vor. Bald darauf läuft auch Frontfrau Lisa-Marie Watz, Flagge schwingend auf die Bühne und es geht los mit dem titelgebenden Song ihres neuen Albums. Von Anfang an herrscht eine super Stimmung, was nicht nur an der sympathischen Sängerin liegt, sondern auch an der mitreißenden Musik. Immer wieder werden die Metal Heads zum Springen und Abrocken animiert, wo sich keiner lange bitten lässt. Während einer Jamsession haben die Jungs die Bühne für sich alleine und beweisen, was sie alles draufhaben. Aber jedes Konzert muss irgendwann leider ein Ende finden, wie auch dieses. Die Vier nehmen sich danach noch ganz viel Zeit für die alten und neuen Fans, kommen den Autogrammwünschen nach und quatschen. 

Rhapsody Of Fire, Metal Hammer Paradise 2022,
Foto: Lars Thoke

Rhapsody Of Fire 

Kurz vor dem Ende der diesjährigen Heavy Metal Party am Weissenhäuser Strand steht noch ein weiteres Highlight auf dem Programm. Der Baltic Ballroom macht sich bereit für die italienische Power Metal Legende Rhapsody Of Fire. Der Beginn verzögert sich jedoch um gut 15 Minuten, was den einen oder anderen schon zum Weiterziehen veranlasst. Denn im Zelt startet gleich der letzte Headliner und auch die Konkurrenz in der Riff Alm ist noch mal groß. Bei der Vergabe der Slots wurde scheinbar nicht sehr darauf geachtet, welche Bands möglicherweise ein ähnliches Publikum anziehen. Rhapsody Of Fire starten unterdessen mit I’ll Be Your Hero in ihr Programm. Die anwesenden Fans sind voll dabei und feiern ihre Helden. Neben Songs von ihrem aktuellen Album Glory For Salvation hat das Quintett auch einige Evergreens wie Dawn Of Victory oder Emerald Sword im Gepäck. Der Saal ist am Köcheln, könnte aber gerne voller sein. Leider ist es mir nicht möglich, auch die letzten Songs des 15 Songs umfassenden Sets zu hören, da die Garderobe sinnigerweise schon vor dem Ende des Konzertes schließt. Wer plant denn so etwas? Dennoch verlasse ich den Saal mit einem guten Gefühl und freue mich schon auf das nächste Club-Konzert von Rhapsody Of Fire. 

In Extremo 

Ein würdiger Headliner wird noch gesucht, der von 23:30 bis 01:00 Uhr nachts noch zum wilden Treiben animieren kann. Ob In Extremo das schaffen? Ihr habt Zweifel? Wir nicht und so greift das Das Letzte Einhorn unter tosendem Applaus zum Mikrofon, um das diesjährige Metal Hammer Paradise zu beenden. Mittelalter Metal mit diversen Rock und Folk Einflüssen soll nicht nur der Mainstage einheizen, sondern das Wochenende fest in die Köpfe der Besucher brennen. Wintermärchen, Troja und Feuertaufe bauen das Fundament für 90 intensive Minuten auf. Als Erstes nutzt diese Plattform der Evergreen Vollmond. Melancholisch, düster und trotzdem liebevoll nimmt die Komposition die Anhänger an die Hand. Nicht nur vor der Bühne stehen die Beteiligten dicht gedrängt, auch auf der Stage wird es deutlich enger, während der Spielmannzug Kompass Zur Sonne, Rasend Herz oder Sternhagelvoll in die Nacht schicken. Störtebeker, Spielmannsfluch und Pikse Palve formen das Ende des 18 Songs starken Sets. Wie am Vortag schon Eisbrecher haben auch In Extremo nach einem langen Tag keine Probleme, um noch mal die Stimmung nach oben zu ziehen.