Rockharz Open Air 2022 vom 06.07. bis 09.07.2022 in Ballenstedt

Die Teufelsmauer konnte nach zwei Jahren Abstinenz wieder laute Klänge genießen

Eventname: Rockharz Open Air 2022

Bands: Running Wild, Powerwolf, Accept, In Extremo, Eisbrecher, Steel Panther, Suicidal Tendencies, Eluveitie, Testament, Tarja, Subway To Sally, ASP, At The Gates, Sepultura, Knorkator, Dark Tranqullity, Kataklysm, Ensiferum, Exodus, Grave Digger, Beast In Black, Finntroll, Jinjer, Dark Funeral, The 69 Eyes, Insomnium, Unleashed, Betontod, Moonsorrow, Goitzsche Front, Tankard, Thundermother, Ektomorf, Deserted Fear, Ost Front, Knasterbart, Der Schulz Und BandScar Symmetry, Evil Invaders, Twilight Force, Lucifer, Paddy An The Rats, Ad Infintum, Hammer King, Attic, Asenblut, Obscurity, Mutz And The Blackeyed Banditz, April Art, Kambrium, Gernotshagen, Sibir, Strom Seeker, Enemy Inside, Burden Of Grief, Thomsen

Ort: Ballenstedt, Harz

Datum: 06.07. – 09.07.2022

Kosten: ab 119,80 € VVK inkl. Campen und Auto, Vortagesanreise 10 € pP

Genres: Hard Rock, Heavy Metal, Neue Deutsche Härte, Power Metal, Folk Metal, Fun Metal, Dark Metal, Speed Metal, Progressive Metal, Doom Metal, Dark Rock, Gothic, Mittelalter Rock, Pagan Metal

Veranstalter: Veruga GmbH

Link: https://www.rockharz-festival.com/

Zwei Jahre Warten haben ein Ende. Endlich gibt es auch an der Teufelsmauer wieder das beliebte Rockharz Open Air und das mit einem kompletten zusätzlichen Tag, dem Mittwoch. Nachdem die Anreise am Dienstag erwartungsgemäß lang gedauert hat und der erste Tag im Zeichen des Aufbaus, erkunden der neuen und alten Gegebenheiten (Mutantenstadl lässt grüßen) und verhaften der ersten Getränke, steht der heutige Mittwoch ab nachmittags mit geöffnetem Infield und den ersten Bands im Zeichen der Musik.

Mittwoch, 06.07.2022

Auf der Rock Stage

beginnen nach der offiziellen Begrüßung Mutz & The Blackeyed Banditz den musikalischen Reigen. Das noch mäßig gefüllte Feld vor der Bühne ist zunächst noch verhalten. Als Opener eine Rockband mit Country-Einflüssen? Geht das? Ja, das geht. Gerade Frontmann Mutz mit seiner stimmlichen Bandbreite und die dazu flirrenden Hammondklänge vereinen sich zu einer gekonnten Mischung aus Retrorock mit britischen und US-Rock Einflüssen. Das scheint auch dem Wetter zu gefallen und so lugt immer öfter die Sonne durch. Der Auftakt ist gemacht und nach einer guten halben Stunde ist schon wieder Schluss. Die Wege sind kurz und so braucht es nur ein paar Schritte vor die

Dark Stage,

auf der jetzt Sibiir loslegen. Die norwegische Post-Hardcore Band kann auf zwei Platten zurückblicken und so ist die Songauswahl nicht so schwierig. Die Norweger schaffen es innerhalb kürzester Zeit, die vor der Bühne stehenden Fans abzuholen. Zunächst noch etwas schleppend, dann aber immer schneller geht es voran. Worlds Apart oder For The Few sind nur einige, die auch schon für den ersten kleinen Circle Pit sorgen. Ich bin der nicht so Hardcore Fan, komme dabei trotzdem ins Wippen. Auch den Zuschauern gefällt es offensichtlich. Aber auch hier heißt es nach gut 35 Minuten Wechsel zur

Rock Stage,

Foto: Lars Thoke

auf der Twilight Force angesagt sind. Scheinbar kommt der Power Metal besser an, denn vor der Bühne ist es merklich voller. Feen, Einhörner und für das Genre typische Merkmale der Fantasy Welt inklusive angeklebter, spitzer Ohren kommen zum Tragen. Das Wetter hat ein leichtes Einsehen, obwohl die Temperaturen nicht ganz so prickelnd sind. Aber es ist besser als vor drei Jahren, als es so heiß war und der Wind den Staub aufwirbelte. Die Schweden beginnen mit Dawn Of A Dragonstar vom letzten Album. Allyson (Alessandro Conti) vermag sofort zu überzeugen. Die Gitarrenphalanx steht dem in nichts nach. So dürfen die Schweden hier ein Potpourri ihrer Songs abfeuern und das machen sie. Queen Of Eternity, Long Live The King oder The Power Of Anvient Force schreiben den Anhängern des epischen Metal die Freude ins Gesicht. So darf es weitergehen. Gelungener Auftritt der Schweden, die nicht zum ersten Mal beim Rockharz auftreten. Ein Slot zu etwas späterer Zeit wäre bestimmt auch nicht schlecht gewesen, um vielleicht etwas Light-Show zu integrieren, aber immerhin hatten sie eine gute Dreiviertelstunde Spielzeit. Auf der

Dark Stage

wird es jetzt thrashig. Die Evil Invadres aus Belgien entern die Bühne. Keine Kompromisse und so gibt es klassischen Thrash, der direkt aus der San Francisco Bay Area zu kommen scheint. Das letzte verbliebene Gründungsmitglied, der Sänger und Gitarrist Johannes „Joe“ Van Audenhove, macht keine Gefangenen. Dazu gibt es knackige Riffs, fette Drums und druckvollen Bass, die die anfänglichen leichten Soundprobleme vergessen machen. Beim zweiten Song wird bereits der Circle Pit ausgerufen und die Leute folgen. Hüpfen und Bangen sind die Reaktionen. In Deepest Black oder Eternal Darkness können überzeugen. Trotzdem bleiben wir nicht die ganze Zeit da, sondern schauen auch mal am dicht gelegenen Autogrammstand vorbei, um zu sehen, ob es was zu ergattern gibt. Und siehe da, Twilight Force lassen bitten. Das ist doch mal was Feines. Danach noch schnell ein Pils gegen den Durst und zur

Rock Stage

auf der Agnostic Front für die verhinderten Suicidal Tendencies auftreten. Ich gebe zu, diese Art von Musik, US-Amerikanischer Hardcore Punk, ist nicht so ganz meins. Dass sie aber viele Fans haben, sieht man deutlich. Entsprechend gut voll ist es vor der Stage. Nach einem Country Intro eröffnet AF Stomp und zeigt, in welche Richtung es geht. The Eleminator untermauert dies und auch Spray Painted Walls zeigt das Rebellische der Band. Circle Pit ist Pflicht und auch eine Wall Of Death ist auszumachen. Roger Miret lässt keine Zweifel aufkommen, dass sie zur Top Liga des Genres zählen und auch in der Interaktion ist der Amerikaner gut in Form. Bei Gotta Go beweist er seine Entertainerqualitäten und spätestens beim Ramones Klassiker Blitzkrieg Bob Cover gibt es kein Halten mehr. Die Jungs sehen eher aus wie finstere Gesellen, denen man nicht im Dunkeln begegnen möchte, aber musikalisch sind sie klasse. Wir nutzen die Zeit, um einen Snack einzuwerfen, bevor auf der

Dark Stage

Foto: Lars Thoke

Grave Digger auftreten. Die Band um Chris Boltendahl haben wir schon oft gesehen, und heute schaffen sie es doch, uns etwas zu überraschen. Eigentlich wollten sie bereits 2020 ihr vierzigjähriges Bühnenjubiläum feiern, das musste aber ja verschoben werden. Heute sind sie nun da und das nicht allein. Auf der Bühne stehen nicht nur die fünf Bandmitglieder, nein, sie haben Unterstützung durch ein ganzes Orchester erhalten. Dudelsackspieler und Drummer stehen auf der Bühne und intonieren als Intro die schottische Nationalhymne. Mit Dark Of The Sun und Excalibur geht es weiter und schnell wird klar, wohin die Reise geht. Das Publikum ist textsicher und geht voll mit. Die zahlreichen Crowdsurfer werden von den Grabenschlampen schnell wieder auf die Beine gestellt und können dann The Clans Will Rise Again und Rebellion wieder mitsingen. Wie immer ist rechts Axel Ritt an seiner im Zebralook gehaltenen Klampfe und nicht nur stehend, nein, auch kniend spielt er sich um Leib und Seele und darum, ein gutes Bild abzugeben. Das hat er drauf. Die abgeklärte Truppe weiß, was sie kann und macht es. Mit dem obligatorischen Song Breakdown beendet die Heavy Metal Institution ihren Auftritt nach gut 40 Minuten. Das hätte bestimmt dem einen oder anderen etwas länger gehen können. Aber sie werden ja diesen Sommer auf einigen Festivals zu sehen sein. Auf der

Rock Stage

bringen die Finnen Beast In Black kräftigen Power Metal mit. Sänger Yannis Papadopoulos treibt seine Kollegen an den Instrumenten an, während das Interesse als recht beachtlich bewertet werden darf. Mit den farbenfrohen Instrumenten ziehen die fünf Musiker zurück in das wohl stimmengewaltigste Jahrzehnt und verankern ihre Kunst mehr als deutlich hörbar in den 80ern. Lockere Heavy Metal Beats greifen in die rollenden Power Metal Riffs. Ihre Hits Blade Runner, From Hell With Love und Beast In Black kommen sofort gut an. In ihrer Heimat drangen die letzten beiden Werke, die über Nuclear Blast aufgenommen wurden, sogar auf den ersten Platz der Albumcharts. Ganz so weit ging es in Deutschland zwar nicht, Nummern wie Highway To Mars oder Moonlight Rendezvous werden jedoch wohlwollend vom Publikum aufgenommen und gefeiert. Im einsetzenden Sonnenuntergang lassen Beast In Black die Korken knallen und rein gar nichts anbrennen. Während die

Dark Stage

langsam im Dunklen versinkt. Die Kanadier Kataklysm ziehen ihr Death Metal Brett auf, das keine Gefangenen nimmt. Mit dem Willen zum Killen pusht Maurizio Iacon die Meute. Krachende Schlagzeugaktivitäten feuern Outsider und Like Angels Weeping (The Dark) in die Menge. Seit über 30 Jahren praktizieren die Nordeuropäer bereits und stehen für ehrlichen wie naturgewaltigen Extreme Metal, der keinen Stein auf dem anderen lässt. Das diesjährige Rockharz ist die erste Show nach der unfreiwilligen Pandemiepause, umso größer ist das Interesse an den Haudegen, die bei ihren Anhängern für ihre maschinenhaften, starken Performances gefeiert werden. Fehlen dürfen bei der Sause die immer heißen Crippled & Broken, As I Slither und Taking The World By Storm natürlich nicht. Ein lupenreiner Abriss, bei dem Maurizio Iacon die Puppen tanzen lässt, mit der einen oder anderen Ansage bezüglich der letzten Monate jedoch etwas übers Ziel hinausschießt. Der nächste Auftritt auf der

Rock Stage

Foto: Lars Thoke

offenbart ein emotionales Soloprojekt. Dass Tarja auch ohne Nightwish erfolgreich agiert, dürfte längst kein Geheimnis mehr für die Metalgemeinschaft sein. Dead Promises und Demons In You brechen für die charmante wie stimmengewaltige Sängerin das Eis. Fünf Alben hat sie bereits herausgebracht. Unterstützt von ihren fünf Kollegen schmieden die Künstler ein symphonisches Korsett, welches durch ein Cello und Piano immer mehr zu glänzen beginnt. In diesem farbenfrohen Set avancieren Tears In Rain und I Walk Alone zu den absoluten Höhepunkten, die nachhaltig im Kopf bleiben. Für alle, die nicht zum Auftritt vom Zeltplatz vor die Bühne gekommen sind, ihr habt was verpasst. Tarja ist immer noch ein heißes Eisen und hat alte Nightwish Songs nicht mehr nötig. Selbstbewusst, mit ihrer fantastischen Opernstimme wickelt sie einen direkt um den Finger. Eine perfekte Überleitung zur

Dark Stage,

auf der es Sepultura aus Brasilien krachen lassen. Früh wurde das Dreamteam auseinandergerissen. Einziges Gründungsmitglied Paulo Xisto Pinto Jr. am Bass zieht noch die Fäden beim Death-Metal-Kult-Schlachtschiff, das mit quietschender Schraube in den Rockharz Hafen abbiegt. Am Mikrofon Derrick Green, der immer noch mit der Bürde seines Vorgängers Max Cavalera kämpft. Seit 24 Jahren bekleidet Derrick das Amt, wenn man möchte, findet man auch noch ein kleines Haar in der Polícia oder Tribal Intro Suppe. Wer was über die Leistung von Arise sagen möchte, hat den Schuss nicht gehört. Der Evergreen lässt ganze Landstriche verglühen. Verzichten muss man leider auf Gitarrist Andreas Kisser, der nicht mit angereist ist, weil seine Frau verstarb und er Raum zum Trauern benötigt. Mehr als verständlich und auf diesem Wege unser Beileid an die Familie Kisser. Der Rest der Truppe bleibt seinen Fans nichts schuldig. Troops Of Doom und Agony Of Defeat zünden bei einem super Sound kleine Feuerwerke. Fette Trommeln, drückende Melodien und ein knochenbrechender Ratamahatta legt punktgenau aufs Finale Roots Bloody Roots auf. Was will man noch mehr? Zum Beispiel auf der

Rock Stage

weiter mit In Extremo zu feiern! 😉 Die Mittelalterrocker bzw. Metalheads haben einen festen Stand auf dem Open Air und lassen in regelmäßigen Abständen warme Feuerstöße durch die Ballenstedter Nachtluft sausen. Mit dem aktuellen Langeisen Kompass Zur Sonne von 2020 auf der Durchreise, werden sie dem ersten Headliner Slot (nicht überraschend) in vollem Umfang gerecht. Das Intro in Kombination mit Troja, Feuertaufe und Vollmond bringt die Deutschen um Sänger Das Letzte Einhorn (Michael Robert Rhein) blitzschnell auf die Siegerstraße. Man könnte meinen, In Extremo wollen auf dem Rockharz mit einem Best-of abschließen. Ein Kracher folgt dem Nächsten. Hit um Hit pflügen die sechs Musiker mit Rasend Herz, Spielmann oder Sängerkrieg durchs Set. Gut gelaunt, mit einer enormen Lust zu begeistern, schlängeln die Flammen aus dem Boden. Die altertümlichen Klänge, gepaart mit modernen Instrumenten, lassen das Tanzbein zucken. Schon gut angeheitert, geben die Besucher alles, um dem letzten Act eine gebührende Plattform zu bieten. Pikse Palve schließt nahezu perfekt den Vorhang einer 70 Minuten starken Machtdemonstration.

Donnerstag, 07.07.2022

Nach einer relativ ruhigen Nacht, wenn es auch aufs Dach plätschert (nicht vom Nachbarn, nein, es regnet) und der wo auch immer stattfindenden Party, geht es am folgenden Tag, dem Donnerstag, weiter. Auch jetzt hat der Wettergott noch kein wirkliches Einsehen, aber Regenklamotten sind immer dabei. Musikalisch fängt es auf der

Dark Stage

Foto: Lars Thoke

mit Enemy Inside an. Ganz in Weiß kommen die Musiker um Ex-Mystic-Prophecy-Gitarrist Evan K auf die Bühne. Eigentlich ist es eine gute Mischung aus Dark Rock und Modern Metal, die mit symphonischen Elementen angereichert ist. Die noch spärlichen Anwesenden zu animieren ist nicht einfach, aber im Laufe des Sets finden sich immer mehr Feierwillige ein. Mit Angel Suicide und Falling Away und einer sich auf das Publikum einlassenden Sängerin, werden die müden und teilweise auch durchnässten Knochen in Schwung gebracht. Die diversen Sprungaktionen kommen einem Workout gleich und so können die Enemies Inside (Achtung Wortspiel) überwunden werden. Ein guter Opener, der nach 40 Minuten den Staffelstab zur

Rock Stage

weiterreicht, auf der Gernotshagen nun dran sind. Als wenn der Verantwortliche da etwas drehen will, wird beim Pagan Metal nicht nur über Wasser und gesungen, nein, es kommt direkt von oben und das auch schon recht ergiebig. Die Natur freut es, den Regenklamotten-verkaufenden Händler ebenso – und dem Rest der Meute? Egal. Es ist, wie es ist. Also spielen sich Gernotshagen warm und aus Zucker, so der axtschwingende Sänger Daniel Müller, sind wir ja auch nicht. Die langen Tracks kommen gut an. Allerdings erst ab Song zwei hat das Publikum auch etwas davon, denn von Elbengang war so gut wie nichts hörbar. Dann ist auch das Publikum dankbar, auch wenn das Spektakel bereits nach 35 Minuten vorbei ist. Aber auf der

Dark Stage

sind nun die zumindest genremäßig nicht so weit entfernten Asenblut am Werk. Die aus Göttingen stammende Viking Metal Band hat eine ordentliche Anzahl an Fans dabei, die auch den auftretenden Böen und Regen standhalten. So schlechtes Wetter hatten wir die letzten Jahre nicht, aber zum Glück erweist sich die Kamera als regenfest und auch Hose und Jacke bleiben einigermaßen trocken. Nur das Schuhwerk lässt zu wünschen übrig. Egal. Eine Überraschung kommt dann auch noch. Alea von Saltatio Mortis kommt mit auf die Bühne und gemeinsam wird gesungen. Der Jubel reist während des restlichen Sets nicht ab und so ist es kaum verwunderlich, dass die Göttinger heute schon mal als Gewinner dastehen. Nebenan auf der

Rock Stage

Foto: Lars Thoke

sind jetzt Hammer King dran. Der Power Metal Gott hat noch kein Einsehen mit den regengeplagten Zuschauern. Trotzdem versuchen es die Jungs aus St. Tropez mit Pfälzer Akzent, es den verbliebenen Zuschauern recht zu machen. Wie bei einer Feuersbrunst, bei der mit Gegenfeuer Abhilfe geschaffen werden soll, versuchen es Hammer King auch. So soll jedes Mal, wenn die Worte Hammer oder King fallen, ein Schluck Alkohol getrunken werden, um dem Regen entgegenzuwirken. Spätestens beim Song Kingdom Of The Hammer King dürfte keiner der Mitmachenden das überstehen. Zum Glück haben nicht viele mitgemacht.

Nun wird es Zeit, sich etwas zu bewegen. Auch mal trockene Schuhe wären schön und so geht es zumindest für einen Teil zurück zum Zelt. Was Warmes auf die Hand, kein Bier, (apropos Bier, Hasseröder ist nicht wirklich lecker), also ein Kaffee soll es ein und dazu einen schnellen Zyklopenspieß, suchen wir etwas Schutz im Zelt. Während auf der

Dark Stage

ein weiterer Leckerbissen die Bretter entert. Um Scar Symmetry ist es lange ruhig gewesen, nun stehen sie endlich auf der Rockharz-Bühne. Das letzte Album The Singularity (Phase I – Neohumanity) wurde bereits vor acht Jahren über Nuclear Blast veröffentlicht. Mit dabei ist Robert Karlsson, der kaum wegzudenken ist. Modern, mit sauberen wie geschickten Wechseln im Clean und Growl Gesang wissen die Schweden noch, wo der Hammer hängt. Verlernt haben sie nichts und bringen einen frechen wie melodischen Death Metal mit nach Deutschland, der walzend aus den Boxen dringt. Agil, gut aufgelegt und als Einheit gewachsen, würde man gar nicht vermuten, dass Scar Symmetry neben dem Stammpersonal auch auf Livemusiker setzen. Wer die Band bereits totgeredet hat, sollte jetzt seine Meinung überdenken. Das Publikum sieht es jedenfalls anders und feiert den Auftritt einer Band, die eben nicht an der Steckdose zockt und einen Kracher wie The Illusionist ohne Probleme aus dem Köcher ziehen kann. Solche eher seltenen Gigs machen die Truppe noch interessanter, auch wenn Anhänger wie meine Person endlich mal wieder neues Material auf die Ohren bekommen würden! Schnell eingesprungen auf der

Rock Stage

besorgt die Erkrankung seiner Unzucht Kollegen Daniel „Der Schulz“ Schulz einen spontanen Auftritt seines Projektes Der Schulz & Band, der spontan zu einer Unplugged-Session einlädt. Für eingefleischte Fans alles andere als ein enttäuschender Ersatz. Das heutige Set kommt nicht von der Stange und schließt die Unzucht Lücke vielversprechend. Ein Höhepunkt ist das Reinhard Mey Cover Nein, Meine Söhne Geb‘ Ich Nicht, das politisch ganz klar auf die immer noch schwer zu verdauende Situation unserer ukrainischen Freunde zielt. Der Schulz kombiniert mit seiner Band die beiden aktuellen Themen, die uns alle unter den Fingern brennen. Virus und Krieg sind im Jahr 2022 leider allgegenwärtig, auch wenn wir uns das anders wünschen würden. Der spontane Auftritt lässt keine Wünsche offen, außer eben die Lust nach Unzucht, die mit der Darbietung zumindest gelindert wird. Der Regen setzt ein, während die

Dark Stage

vom Black Metal Exoten Dark Funeral heimgesucht wird. Mit dem starken neuen Album We Are The Apokalypse sprengen sie mit einer apokalyptischen Darbietung die Teufelsmauer. Es bleibt dabei, der Black Metal wird nicht das Lieblingsgenre der Rockharz Besucher. Nur durch den einsetzenden Regen wird es nicht lichter vor der Bühne. Sänger Andreas „Helharmadr“ Vingbäck bringt den diabolischen Pass genau auf die Reise. Eine absolute Zerstörung, die nur vor der Bühne etwas zu wünschen übrig lässt. Die Schweden wurden zwar schon ein paar Mal totgeredet, konnten aber, wie heute, stets mit guten Shows punkten und auch das letzte Werk knüpfte an die glorreichen Tage an. Where Shadows Forever Reign dringt über den Platz, während die Protagonisten mit ihren Corpse Paint verschmierten Gesichtern grimmig dreinblicken. Der Klassiker Open The Gates darf mitmischen, gleiches gilt für My Funeral, der ebenso nur schwer zur Entfaltung kommt wie Nail Them To The Cross. Ein guter Auftritt, der in der Kombination etwas glücklos wirkt. Mal sehen, ob die Skandinavier auf dem Party.San mehr Nährboden für ihre Schandtaten finden. Ruhiger geht es auf der

Rock Stage

zu, auf der die Deutsch Rock Band Goitzsche Front ihren Platz einnimmt. Die vier Jungs, die seit ihrer Gründung 2009 durch Dick und Dünn gehen, haben mit Ostgold und Ostgold 25 Karat gleich zwei neue Produktionen mit in den Harz gebracht. Der Mix aus Ostrock und Hardrock beschaffte schnell eine große Fanbase, die den Vieren auch heute zur Verfügung steht. Anders als anderen Deutsch Rock Bands greifen sie ganz bewusst ihre Heimat Bitterfeld auf und lassen in ihren Songs alle wissen, dass sie aus dem Osten stammen. Der Blick nach vorne lässt die Wurzeln nicht verblassen. Mit dem Gedanken an die Vergangenheit schafft es Pascal „Bocki“ Bock sympathisch das Hier und Jetzt mit längst vergangenen Jahrzehnten zu kombinieren. Ihre Songs kann man nicht als verstaubt oder gar nostalgisch bezeichnen. Stets werden Brücken aus den 90ern in das aktuelle Jahrzehnt geschlagen. Mutmacher, Partysongs und viel Spaß am Rock prägen die Session, in der ordentlich Gerstensaft bei den Fans die Kehle hinunterrinnt. Rechtzeitig gegen 19:30 Uhr kommen wir zur

Dark Stage,

auf der die Donnermütter um Sängerin Guernica Mancini auftreten sollen. Fast hätte es nicht geklappt, denn ihr Backdrop und noch viel wichtiger, ihr Equipment ist am Flugplatz hängen geblieben. So hat das Rockharz aber alles in Bewegung gesetzt und die vier Mädels mit Leih-Equipment ausgestattet. Aber auch ohne eigene Instrumente sind die Damen nicht aufzuhalten und so gibt es, wie gewohnt, einen fulminanten Auftritt. Das Infield ist bis in die hintersten Ecken gefüllt und erlebt die wie wild aufspielenden Musikerinnen. Whatever eröffnet und ab den ersten Minuten sind sie voll da. Filippa Nässil, Bandleaderin und Gitarristin, jumpt über die Bühne. Emlee Johansson drischt auf die Felle, als wäre es das eigene Schlagzeugset, während Bassistin Mona Lindgern souverän unterstützt. Der neue Song Dying In Style kommt genauso gut an wie die älteren Stücke. Spätestens beim Beastie Boys Cover Fight For Your Right haben Thundermother alle abgeholt. Ihrem Motto We Fight For Rock ’n‘ Roll werden die vier Mädels gerecht und das haben sie hier bewiesen. Weiter geht’s auf der

Rock Stage

mit Dark Tranquility und wie vor ein paar Jahren scheint es hier ein Déjà-vu zu geben. Gitarrist Christopher Amott steht am Flugplatz und schafft es scheinbar nicht, herzukommen. Während 2017 noch ein privater Flieger ihn zum Auftritt brachte, klappt das dieses Jahr nicht. So spielen Dark Tranquility ohne ihn und auch das bekommen sie hervorragend hin, auch wenn der Wind zunächst den Ort Ballenstedt mit den Klängen verwöhnt. Das wird aber kompensiert und das Publikum feiert die Band. Sänger Mikael Stanne hat die Zuschauer wieder voll auf seiner Seite und Tracks wie The Dark Unbroken, TherIn oder der letzte Song Misery’s Crown überzeugen im Harz. Scheinbar hat auch das Wetter ein Einsehen und es zeigt sich ab und an der gelbe Himmelskörper.

Dark Stage

Nach In Extremo am Vortag dürfen heute die zweiten Mittelalter Rocker Subway To Sally zu später Stunde Geschichten aus längst vergessenen Tagen zum Besten geben. Alles Was Das Herz Will, Königin Der Käfer und Kleid Aus Rosen die Deutschen gehören zweifelsohne immer wieder auf dieses Festival. Die Beziehung ist perfekt und die Besucher genießen aufs Neue die ausschweifende Feier mit ihren Helden. Aus der Hand von Eric Fish werden die Nummern Mephisto oder Eisblumen förmlich verschlungen. Pyrotechnik, starke Statements und eine gesunde Prise Ekstase formen einen denkwürdigen Abend. Ein Höhepunkt ist Falscher Heiland, den sie allen Schurken und diktatorischen Staatsdienern widmen. Ganz unpolitisch kommen wir 2022 einfach nicht durch die Tage. Das Thema einfach untern Tisch fallen zu lassen, wenn man solche Songs wie Falscher Heiland im Repertoire hat, wäre auch nach unserer Meinung falsch. Genug zum Tanzen gibt es eh, jeder Bewegungslegastheniker darf den Körper zu Veitstanz zum Zucken bringen. Nach einer Stunde ist dann Feierabend – schade, dass nicht wie beim Burning Pants Festival 2022 noch der Evergreen Julia Und Die Räuber ein paar Sekunden Spielzeit bekommen hat. Während die letzten Klänge verhallen, hört man auf der

Rock Stage

Foto: Lars Thoke

das erste Wolfsgeheule. Powerwolf feiern auf dem Rockharz die Veröffentlichung ihrer neuen Liveplatte The Monumental Mass: A Cinematic Metal Event, welche eine Woche später Platz 1 der deutschen Albumcharts erklimmt. Attila Dorn bringt romantisches Power Metal Feeling nach Ballenstedt. Auch für die Senkrechtstarter ist es wie für viele Gruppen nicht der erste Gig im Harz. Wie schon bei Subway passen auch Powerwolf 1A auf die Veranstaltung. Die zahlreichen Anhänger machen ihre Headliner Show zum Heimspiel. Fire And Forgive und Army Of The Night kochen die Euphorie bis zum Siedepunkt hoch. Die Keyboardmelodien, gepaart mit den eingängigen Refrains pflanzen heute Nacht wieder viele Ohrwürmer in die Köpfe. Blood For Blood und Werewolves Of Armenia erwärmen die langsam abkühlende Luft. Deutlich mehr als 75 schweißtreibende Minuten finden in Sanctified With Dynamite und We Drink Your Blood ihren Meister. Zufrieden geht es für die meisten Headbanger zurück zum Zeltplatz. Andere nehmen den Umweg über die

Dark Stage

zum After Headliner Slot Knasterbart. Dort gibt es lustiges Liedgut aus dem Folk und Mittelalter Rock Sektor. Mit viel Met und anderen Getränken, die einen fröhlich stimmen, kann man die sieben Spaßmacher ganz gut aushalten. Gossenabitur oder Mein Stammbaum Ist Ein Kreis lassen die Köpfe und Krüge kreisen. Geige, Gitarre und Bass bringen einen wilden Mix an einzelnen Elementen, die nur dafür da sind, um den Konsumenten ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Spätestens nach der geselligen Runde zu später Stunde fallen die letzten schweren Leiber auf die weichen Kissen.

Freitag, 08.07.2022

Die Nacht war verhältnismäßig ruhig, aber frisch. Das zeitige Aufstehen hat sich zumindest für die Duschschlange gelohnt, so war es noch nicht so voll und schnell erledigt. Die Umgestaltung und Aufweitung der Duschkapazitäten war ein erfolgreiches und auch notwendiges Unterfangen. Nach Kaffee und Brötchen geht es ein wenig die Shopping-Meile entlang, um ggf. das eine oder andere Vinyl–Schätzchen zu ergattern. Musikalisch geht es dann um 11:20 Uhr auf der

Rock Stage

mit Burden Of Grief los. Unerwartet viele stehen bereits vor der Bühne, um dem Opener des heutigen Tages zu lauschen. Melodic Death Metal kurz vor Mittag scheint zu gehen und so können Burden Of Grief heute bereits überzeugen. Leider geht das nur eine halbe Stunde so, denn dann kommt die knappe Taktung der auftretenden Bands zum Tragen und auf der

Dark Stage

bereiten Kambrium bereits ihren Gig vor. Letztes Jahr haben die Musiker aus Helmstedt, nicht unweit vom Rockharz, über Reaper Entertainment ein vielversprechendes Album mit dem Titel Synthetic Era veröffentlicht. Etwas mehr Zuschauer hätte man den ambitionierten Recken schon gewünscht. Nach den wirklich gelungenen letzten Alben hätten definitiv mehr Fäuste zu den eng verschmolzenen Melodic Death Metal und Power Metal Tracks durch die Luft fliegen müssen. Wie dem auch sei, Jan Hein gibt an den Tasten alles. Ebenso unbeeindruckt lassen Sänger Martin Simon und Karsten Simon in ihrem Duett nichts anbrennen und servieren ihrem treuen Gefolge eine Leistung, mit der man auch zur späten Stunde vor vollem Rund noch hätte punkten können. Wer Kambrium immer noch nicht auf dem Zettel hat, sollte diesen großen grauen Klecks in der Metallandkarte endlich mit Farbe füllen.

Rock Stage

Hier kommen Attic zum Zuge. Die Befürchtungen, dass die Musiker sich in Staub auflösen (die Sonne meint es heute gut mit uns), bewahrheitet sich zum Glück nicht. Der Bühnenaufbau lässt eine Nähe zum Vampirismus zu und auch musikalisch ist eine gewisse Nähe zu King Diamond nicht zu verleugnen. Aber alles geht gut und wer schon den hohen Gesang von King Diamond mochte, wird von Meister Cagliostro entsprechend verwöhnt. Mir persönlich ist es etwas zu hoch, aber die feinen Riffs und treibenden Drums gehen voran. Nebenan auf der

Dark Stage

wird es nun genremäßig etwas anders. Keltischer Punk Rock in Form von Paddy And The Rats steht auf dem Programm. That’s My Nature und The Six Rat Rovers laden zum Schunkeln ein. Wer hätte gedacht, dass die Klänge auch die ersten Crowdsurfer animieren, die von allen Ecken nach vorne getragen werden. Die Ungarn zaubern des Weiteren Freedom und Time Is In My Hands aus dem Hut. Nichts würde vermuten lassen, dass die Truppe aus Osteuropa den Weg zur Teufelsmauer eingeschlagen hat. Eher würde man sie klassisch nach Irland oder Schottland schieben. Nach etwas mehr als einer halben Stunde und dem letzten Gassenhauer Party Like A Pirate haben sie dann flink Feierabend. Ein völlig anderes Konzept funktioniert auf der

Rock Stage

mit den NDH-Verfechtern Ost+Front. Herrmann Ostfront, Sänger und Gründer der Berliner Krachmacher, konnte in den letzten Jahren immer mehr an Klasse dazugewinnen. Die immer frecheren Hits, verstörenden Darbietungen und provozierenden Handlungen katapultieren Ost+Front in die Spitze des Genres. Über den Flugplatz schallt es Geld Geld Geld. Auf den Pfaden der ganz großen Genre Heros haben die sechs Musiker noch das Nachsehen. Das wiederum soll die Leistung und den Partyfaktor nicht verschleiern. Mit Heavy Metal netzen sie geschickt den Spielball mit dem Schlusspfiff per Dreier ins Netz.

Dark Stage

Lucifer, derzeit komplett in Schweden beheimatet, obwohl auch deutsche Musiker dazugehören, spielen eine Mischung aus ihren starken letzten beiden Alben. Irgendwo ist der klassische Heavy Metal zwischen Black Sabbath und Pentagram angesiedelt und gerade Sängerin Johanna Sadonis weiß zu gefallen. Zunächst ist es überschaubar vor der Stage, aber im Verlaufe des Sets finden sich immer mehr Zuschauer ein. Das mag an der Mischung zwischen Musik zum Bangen oder auch zum Träumen liegen. Neben The Beast And Dragon kann man auch zu Held oder The Underdog abgehen. Weiter geht es auf der

Rock Stage

mit Moonsorrow, die aus den tiefsten Wäldern Finnlands ihre düsteren Folk Metal Atmosphären pechschwarz gefärbt in die offenen Ohren drücken. Während die Sonne verdunkelt, dringen bissige Vocals von Ville Sorvali in die melodische Soundwand. Der kleinste mögliche Partygrad wird genutzt, um schwermütige Momente zu erzeugen. Zwerge, Trolle und Gnome kämpfen um die Gunst der Anwesenden, während sie die Unterwelt verlassen. Kivenkantaja oder Sankarihauta offenbaren das Festivalproblem der Skandinavier. Lange Nummern haben es schwer, die Wikinger vor der Bühne zum Tanzen zu bringen. Die durchdringenden Beats vernebeln die Sinne, verblassen jedoch bei Tageslicht viel schneller als im Dunklen. Moonsorrow ist eine typische Band, die erst dann spielen sollte, wenn der Mond die einzige Lichtquelle am Himmel ist. Daran kann man nichts ändern, die zufriedenen Gesichter in den durchaus gedrängten ersten Reihen dürften Lohn genug für das Quartett sein.

Dark Stage,

auf der Deserted Fear gleich dran sind. Zunächst gibt es eine Chance für den Nachwuchs und so wird der junge Mann als Anheizer und bereits guter Poser mit seiner Gitarre gefeiert. Wer das im Endeffekt ist, bleibt unklar. Aber jetzt legen die Old School Death Metal Thüringer los. Wehende Mähnen, vom Wind und der Musik gepeitscht, lassen die Vier hier zu einem Siegeszug ansetzen. Die vielen Crowdsurfer lassen die Security gehörig ins Schwitzen kommen. Der 45-minütige Slot wird dann bei Burial Depth mit einem nochmaligen Auftritt des jungen Posers gekrönt, der das schon wie ein Großer draufhat. Ganz großer Auftritt, der den Jungs neue Fans beschert haben dürfte. Auf der

Rock Stage

kommen viele Emotionen hoch, als die Ukrainer Jinjer um Frontfrau Tatiana Shmailyuk die große Bühne im Harz betreten. Das sehr gut gefüllt Infield zeigt die Anteilnahme auf, die unter den Metalheads herrscht und den vielen Musikern, Bands und Mitmenschen entgegengebracht wird. Das übergroße Peace-Zeichen verdeutlicht den Grund, warum Jinjer, wie auch andere Landsleute, tapfer durch Europa touren. Das Leid in ihrem Land darf nicht vergessen werden, die Ukraine muss durch ihre Musik gehört werden. Wir haben viele Freunde, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten, die dieser Krieg kalt erwischt hat. Wenn man bei den ersten Melodien feuchte Augen bekommt, braucht man sich gar nicht schämen. Zurück zu Jinjer, die natürlich nicht auf Ansagen verzichten wollen. Tatiana Shmailyuk dankt allen Unterstützern ihres Landes und zeigt ganz klar auf, was sie von Krieg und Elend hält. Aufgestachelt von dem eigenen Schmerz, fahren die vier Musiker zur Bestform auf. Teacher, Teacher!, Home Back und Pisces vereinen gefühlvolle Balladen-Passagen mit einem giftigen Cocktail aus Metalcore, Djent, Death Metal und Groove Metal. Unter Applaus verlassen Roman Ibramchalilow und Jewhen Abdjuchanow die Austragungsstätte – ein kleiner Kloß im Hals bleibt zurück und die Hoffnung auf bessere Tage flammt unausweichlich auf.

Dark Stage

Mit Finntroll kommt ein wenig finnischer Humpa zum Einsatz. Die Gute-Laune-Musik der sechs Musiker erreicht viele und da auch das Wetter ein Einsehen hat, ist es gut voll vor der Bühne. Während die Synthesizer vom Band kommen, spielt der Rest frei raus und Sänger Vreth vermag es den einsetzendem Circle Pit bis zum Ende in Bewegung zu halten. Dass er mal den aktuellen Titel des letzten Albums vergisst, ist sympathisch und dass man die finnischen Texte nicht versteht, ist insgesamt zweitrangig. Die Songs machen Spaß und Musik ist international und verbindet. Leider wird Trollhammaren nicht gespielt, aber andere Gute-Laune-Songs machen das wieder wett. Weiter geht es ohne nennenswerte Pause auf der

Rock Stage

weiter mit At The Gates, die den Presslufthammer herausholen mit Slaughter Of The Soul, der 1995 veröffentlicht wurde und immer in Ehren gehalten wird. Feuer frei für Blinded By Fear, Slaughter Of The Soul und das Death Metal Herz fängt an zu beben. Die Growls von Tomas Lindberg dringen durch den Abend und nicht ohne Grund gibt es die beiden Leckerbissen direkt zum Start. Tomas Mutter ist vor zwei Jahren verstorben und sie hatte den Klassiker stets in ihrer CD-Sammlung gehalten. Zu Ehren seiner Mutter soll nun dieser Silberling das Set prägen. Ungläubig kommen alle unverhofft zu einer Liveperformance des kompletten Albums in voller Länge und mit allen geliebten Hits. Ein der bis heute der wichtigsten Melodic Death Metal Alben fährt die Teufelsmauer hernieder, um alle Seelen einzufangen, die dieser Darbietung nicht positiv Tribut zollen. Cold sowie Into The Dead Sky münden in Unto Others. Hochkonzentriert legen die Göteburger den Finger in die Wunde. Ein absolutes Highlight stampfen At The Gates in den Boden, dessen Messlatte für die meisten Acts an diesem Wochenende eine Nummer zu hoch ist. Heidnischer geht es auf der

Dark Stage

mit Ensiferum zur Sache. Die Finnen verstehen ihr Handwerk und ab der ersten Minute haben sie das Rockharz erobert. Rum, Woman, Victory eröffnet die folgende Stunde, in der Hit auf Hit der sympathischen Finnen abgefeuert wird. Da bleibt kein Fuß still und die Menge an Crowdsurfern scheint die Grabenschlampen fast zu überfordern. In My Sword I Trust, From Afar oder der im Wechsel mit dem Publikum intonierte Song Lai, Lai, Hei sorgen für überkochende Stimmung an der Teufelsmauer. Der Moshpit bei Run From The Crushing Tide ist schon riesig, aber bedauerlicherweise ist mit Iron dann schon Ende. Ich habe die Jungs schon des Öfteren gesehen und immer wieder fasziniert mich die Spielfreude der Musiker und ihre scheinbar immerwährende gute Laune auf der Bühne. Das dürfte auch ein Grund sein, warum Ensiferum nicht zum ersten Mal auf der Rockharz Bühne zu sehen sind. Für mich schon jetzt ein Highlight des diesjährigen Rockharz Festivals. Nebenan auf der

Foto: Lars Thoke

Rock Stage 

treffen Steel Panther nach Ensiferum auf ein gut vorbereitetes Infield. Die Amerikaner gerade erst in Hamburg gesehen, lassen die Glam Rocker keine Wünsche offen. Goin‘ In The Backdoor und Tomorrow Night zünden sofort wieder. Blankgezogen wird fleißig, schließlich ist es nicht so kalt. Wie sagt man im Volksmund so schön? Es ist Nippelwetter. Michael Starr und Satchel stehen als Duo für viel Blödsinn, für dumme Sprüche am Fließband und heißen Rock, der einen permanent zum Schwitzen bringt. Fliegende Menschen gleiten über die Hände gen Bühne. Asian Hooker dreht laut auf, 17 Girls In A Row darf nicht fehlen und das Finale zündet einmal mehr Gloryhole. Dass sie nicht nur ihre eigene Tour verzaubern, sondern auch einen Festival Slot mit Leben füllen können, dürfen alle hautnah und am besten nackt erleben.

Dark Stage

Mit ASP kommt einer der Top Acts der schwarzen Szene, der vor allem mit ihrem Zyklus um den schwarzen Schmetterling bekannt geworden ist. Ihr Auftritt wird schon fast mit einem scheinenden Mond belohnt, der braucht aber noch etwas, um über dem Horizont aufzugehen. Trotzdem schafft es die Band um Mastermind Alexander Spring, die Menschen mit ihren Songs zu bannen. Ganz anders als die vorherigen Bands wird hier nicht auf bangen und surfen gesetzt, sondern die Songs erzählen Geschichten aus dem Krabat– oder auch Fremder Zyklus. Natürlich darf Ich Will Brennen nicht fehlen und nach einer guten Stunde bleiben viele zufriedene Gäste zurück. Nach den etwas ruhigeren Tönen geht es auf der

Rock Stage

Foto: Lars Thoke

mit echtem Piraten Rock der deutschen Kult Combo Running Wild weiter. Altmeister Rolf „Rock ’n’ Rolf“ Kasparek setzt zur Kaperfahrt an. Seltene Livemomente sollte man genießen. Nach fast 50 Jahren im Business ist der Lack noch nicht ab, auch wenn es auf der Bühne nicht mehr ganz so wild wie früher zur Sache geht. Einen Kniefall müssten alle Anwesenden machen, die von vielen Fans beneidet werden, die seit Jahren auf einen Gig der Deutschen warten. Fistful Of Dynamite, Purgatory und Rapid Foray setzen die Segel hart in den Wind. Warum nicht alle Besucher des Rockharz völlig ausrasten, bleibt fast ein Rätsel. Viele alte Klassiker ebnen den Weg in eine ruhmreiche Schlacht. Peter Jordan und Ole Hempelmann zeigen gemeinsam mit Rock ’n’ Rolf, dass man auch 2022 noch mit Running Wild rechnen muss und sollte. Krachend dröhnen Blood On Blood und Riding The Storm durch die Nacht. Die Jahre gehen auch an Piraten nicht spurlos vorbei, eine erneute Rente liegt hoffentlich dennoch noch in weiter Ferne. Wer möchte als Heavy Metal Fan auf Under Jolly Roger live verzichten müssen? Für unser Team steigt die große Party mit dem vorletzten Raubzug in Form von Conquistadores. Der Klassiker geht runter wie Öl oder auch wahlweise kaltes Pils. Nach den Zugaben schließt Raise Your Fist das Set, das kaum Wünsche offenlässt. Heavy Metal Fans der ersten Stunde bekommen einmal mehr ihre Lieblingshits aus der Jugend aufs Ohr gebügelt. Auf der

Dark Stage

ziehen mit The 69 Eyes ein letztes Mal für heute dunkle Wolken auf. Die Finnen wollen mit ihrem Mix aus Gothic, Rock und Metal schnell beim Publikum punkten. Die mitternächtliche Session macht Frontmann Jyrki 69 nichts aus. Stilgetreu betritt er mit Sonnenbrille die Bühne, um in seinen schwarzen Klamotten eins mit der Nacht zu werden. Devils und Feel Berlin dringen aus der Anlage, in die der Sänger viel Gefühl legt. Der Dark Rock bringt alle nach einem harten dritten Tag sicher ins Bett. Als After Headliner erfüllen sie ihren Job mit Ehrgeiz und der unbändigen Lust an ihrer Musik. Mit vielen großen Kompositionen im Set fahren sie alles auf, was geht. Sowohl Never Say Die bleibt im Kopf als auch Two Horns Up.

Samstag, 09.07.2022

Es beginnt der letzte Tag des diesjährigen Festivals im Harz. Ein bisheriges Fazit ist relativ schnell gefasst. Das Wetter ist nicht beeinflussbar und man braucht schon einiges an Ausrüstung, um die unterschiedlichen Wetterbedingungen abzudecken. Nass, kalt und auch trocken und warm im Wechsel lassen den Koffer voll werden. Organisatorisch gereifter, wenn auch mit einigen Schwächen bei der Durchsetzung von z.B. Camp-Verordnungen, den immer noch großen Müllbergen in einigen Camps (was da wohl alles am Abreisetag liegen bleibt) und der insgesamt verbesserten sanitären Situation wird es dieses Jahr insgesamt ein gutes Festival werden. Musikalisch ist von bis alles vertreten und für jeden etwas dabei. Wir lassen den letzten Tag musikalisch auf der

Rock Stage

mit Storm Seeker beginnen. Wer glaubt, die Pirat Folk Band kommt von irgendwo an der Ostsee, der irrt, denn die Musiker stammen allesamt aus der Düsseldorfer Gegend. Nun ja, auch da gibt es mit dem Rhein Wasser, aber ob es für Piraten reicht? Nun ja, Flusspiraten gab es wohl auch mal. Den immerhin schon vielen vor der Bühne stehenden Zuschauern dürfte es egal sein und spätestens als mit Row, Row, Row alle zum Rudern aufgefordert werden, kommt man der Küste näher. So schaffen es die „Sturm Sucher“ für einen ordentlichen Tagesbeginn zu sorgen. Nach der obligatorischen halben Stunde für den Opener des Tages geht es auf der

Foto: Lars Thoke

Dark Stage

mit Thomsen weiter. Ich gebe zu, die Band ist an mir bisher vorbeigegangen. Aber wie so häufig entdeckt man spannende Truppen auf solchen Festivals und ist erfreut ob der guten Musik. René Thomsen betreibt eigentlich ein gut gehendes Backliner Geschäft und hat nach seinen Diensten als Roadie mal nur zum Spaß mit eigener Musik angefangen. Daraus sind dann bisher vier Alben entstanden, und die haben sich dem typischen 80er-Jahre Heavy Metal verschrieben. Ein kleiner Circle Pit entsteht und Tracks wie Liar oder Fight Your Demon können überzeugen. Aber wie so oft ist auch hier nach dreißig Minuten Schluss. Ein kleines Trostpflaster gibt es in Form von CDs, die von der Bühne ins Publikum geworfen werden. Leider stehe ich zu weit weg, da ich bereits vor die

Rock Stage

wechsele, um Obscuritys Auftritt zu verfolgen. Viking Metal vom Feinsten ist angesagt. Davon lassen sich auch die Rockharzer begeistern und so wird es ein ansprechender Auftritt vor gut gefüllten Plätzen. Die fünf aus Velbert stammenden Musiker mit so schön klingenden Namen wie Agalaz, Dornaz oder Ziu sind in bester Spiellaune. So ist es kaum verwunderlich, dass sie die Zeit vergessen und es muss ihnen beim letzten Song der Saft abgedreht werden. So verlieren die auf der

Dark Stage

auftretenden April Art keine Spielzeit. Das wäre in der Tat schade gewesen. Die Mittelfranken im stylishen Rot legen mächtig los. Mit Painkiller untermauern sie eindrucksvoll, weshalb Dark Tranquility sie als Opener im Frühjahr mit auf Tour nahmen. Die rothaarige Frontfrau Lisa Marie Watz schafft es in bester Anpeitschermanier, das Publikum sportlich zu betätigen. Springeinlagen mit hochgereckter Faust fordern die Zuschauer, und die lassen das dann in einem anständigen Circle Pit münden. Neben Break Out spielt die Band aus Hessen noch weitere Songs des erst jüngst erschienenen Albums Pokerface. Superhero und Change inklusive etwas Pyroshow (verblast etwas wegen der Sonne) passen hervorragend und auch eine Wall Of Death lässt nicht lange auf sich warten. Super gelungener Auftritt, der Lust auf die im Herbst stattfindende Headliner Show macht. Weiter geht es auf der

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Foto: Lars Thoke

mit AD Infinitum. Die noch junge Truppe, erst kurz vor der Pandemie gegründet, hat bereits zwei Platten auf den Markt gebracht, aus denen nun auch die Setlist besteht. Wie bei April Art setzt die Band auf eine Frontfrau. Die hat das Projekt zunächst allein gestartet und dann später weitere Musiker dazu geholt. Der symphonisch angehauchte Metal lebt von der Stimmgewalt Melissa Bonnys, die mal mit Klargesang und dann kräftigen Growls zu gefallen weiß. Den ganz großen Andrang können sie noch nicht verbuchen, aber es bleiben doch immer mehr Menschen stehen, um zu lauschen. Mit Marching To Versailles, vom Debütalbum, mit dem ihre Karriere 2018 startete, können sie auch dann einige von sich überzeugen. Nebenan auf der

Dark Stage

haben sich derweilen Ektomorf vorbereitet und wollen gleich ihr Set starten. Die Ungarn sind bereits das vierte Mal als Gäste hier und werden entsprechend gefeiert. Dass die Songs teilweise politisch motiviert sind, ist nicht verwunderlich, denn in Ungarn ist es derzeit nicht einfach, und gerade die Minderheit der Roma, denen auch Frontmann Zoltán „Zoli“ Farkas angehört, haben in ihrem Heimatland einen schweren Stand. Obwohl nicht jedermann mit den politischen Themen vertraut ist, können Tracks wie Rise Your Fist oder Tears Of Christ überzeugen und sorgen für die erste richtige Wall Of Death am frühen Nachmittag. Nach diesem eindrucksvollen Auftritt geht es fast ohne Pause auf der

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mit den Pils Liebhabern von Tankard weiter. Hier wird kein politisches Statement gesetzt, sondern einfach auf gute Laune und die musikalische Liebe zum Trinken, vorrangig natürlich Bier, gebaut. Nachdem der Lautstärkepegel entsprechend gehoben wird, kommt Gerre auch zu seiner ersten Frage, “Habt ihr Bock auf Thrash Metal von alten Säcken?“ Das wird lautstark bejaht und ab geht die Party. Gerre in Höchstform, bewegt sich ordentlich und kalorienmäßig dürfte da einiges verbrannt werden, was aber schnell durch den Gerstensaftverzehr wieder drauf ist. Die Thrash Urgesteine sind bereits seit über 40 Jahren im Geschäft und haben es irgendwie geschafft zu überleben – und das erfolgreich. Das Set besteht aus einer Vielzahl von musikalischen Perlen. Dem obligatorischen The Morning After (dürfte hier beim Festival vielen bekannt vorkommen) und One Foot In The Grave (wollen mal hoffen, dass das noch lange dauert, bis es so weit ist) folgt mit Chemical Invasion ein Song aus dem Jahre 1987. So feiern die Jungs eine ordentliche Party inklusive einer anständigen Mitsingsequenz. Nach dieser Liebeserklärung an den Gerstensaft und der auf den Platz knallenden Sonne wird es an den Bierständen voller, obwohl auf der

Dark Stage

Unleashed eine ordentliche Portion Death Metal zu liefern haben. Dass trotz der Wärme so viele vor der Bühne stehen, entlockt dem Bassisten und Sänger Johnny Hedlund ein herzliches Danke und mit To Asgard We Fly geht es los. In der folgenden Dreiviertelstunde gibt es dann neuere Songs wie Lead Us Into war oder auch ältere Stücke wie Into Glory Ride und The Dark One. Immerhin können die Schweden auch auf bereits 33 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und so kann der Auftritt nur als Erfolg verbucht werden. Es geht auf der

Rock Stage 

weiter mit Insomnium. Einer der vielen Finnen bringt frostige Klänge in das durchwachsene Rockharz Wochenende. Durchwachsen ist jedoch nur das Wetter. Die Leistung der einzelnen Bands darf als sehr positiv bisher notiert werden. Daran knüpfen auch die fünf Musiker aus Joensuu an, die mit ihrem melodischen Doom Death Metal auf das Erlöschen der Sonne setzen. Frostige Atmosphären werden von Niilo Sevänen getragen. An der dritten Gitarre zaubert Markus Vanhala erdrückende Riffs, die Hand in Hand mit den beruhigenden Elementen gehen. Aus der nordeuropäischen Metallandschaft ist die Formation schon lange nicht mehr wegzudenken. Mit Winter’s Gate und Heart Like A Grave gelangen ihnen in der Heimat gleich zwei Nummer 1 Alben in Folge! Um 17 Uhr im sommerlichen Deutschland kommen bei den Lichtverhältnissen die imposanten Lichtspiele nur bedingt an. Ein Act, der eigentlich wie Dark Funeral am Donnerstag nur im Dunklen spielen sollte. Eine Rebellion und der Ruf nach Freiheit ist auf der

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der Wunsch der Punkrocker Betontod aus Rheinberg. Sonnenschein und Das Kapital mit Oliver Meister am Mikrofon kann im Harz beginnen. Deutsche Lyrics funktionieren in Ballenstedt wunderbar. Man hat das Gefühl, dass Texte in Landessprache in der Gunst der Besucher weit oben stehen. Alle Acts, die solche Werke aufgefahren haben, können wie Betontod ohne Probleme eine stimmungsvolle Party lostreten. Dicht gedrängt wollen alle in der ersten Reihe stehen, wenn die lockeren Melodien die Kehle umgarnen, um der Band stimmgewaltig beizuwohnen. Neben den Anti-Nazi-Gedanken, die sie ganz klar ans Publikum bringen, lassen sie mit Ohrwürmern die Korken knallen. Das Bier schäumt in Massen – anscheinend sind Löcher im Becher oder Betontod regen einfach nur zum Trinken an. Einen Push auf der

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geben Exodus. Mit offenem Visier und Steve „Zetro“ Souza brauchen Gary Holt sowie Brandon Elis an den Äxten nicht lange, um Knochen splittern zu lassen. Das Feld Testament kampflos zu überlassen, kommt nicht infrage. Der stärker werdende Wind hält die Amerikaner ebenfalls nicht von ihrem Vorhaben ab, die Köpfe ihrer Opfer als Souvenir mitzuverschiffen. A Lesson In Violence und Deathamphetamine lassen den Thrash Metal Knüppel aus dem Sack. Kleine Slayer Anspielungen in Form von Raining Blood von Gary lassen die Headbanger weiter ausrasten. Gewillt, mit Exodus bis zum Letzten zu gehen, brechen die Crowdsurfer über die Security herein. Kleine Pits und wilde Aktionen lassen The Toxic Waltz kollabieren. Der Harz will frechen Bay Area Sound und Exodus liefern diesen quasi auf dem Silbertablett, um diesen nach einer guten Dreiviertelstunde zur

Dark Stage

Foto: Lars Thoke

und Testament zu reichen. Die Amerikaner und Festivals stehen gerne auf Kriegsfuß. Gerne nehmen sie Unwetter mit und lassen ihre Fans im Regen stehen. Auf dem Party.San 2019 hatte das Gewitter Verzögerung – also auch ein Slot nach den Thrashern kann undankbar sein. Heute bleibt das Wetter stabil, dafür schmiert kurzzeitig der linke Boxenturm ab. Die einseitige Beschallung bringt den erfahrenen Chuck Billy nicht aus der Fassung. Unbeeindruckt vom kurzen Aussetzer, ziehen die fünf US-Thrasher ihr Programm durch. Durch Exodus befinden sich viele Genrefans im Infield – ein Trumpf, den Testament dankend annehmen. Over The Wall und Into The Pit funktionieren immer. Wie auf Knopfdruck werden die letzten Kraftreserven mobilisiert. Schade, dass Brotherhood Of The Snake keinen Platz bekommen hat. In einer Stunde kann man eben nicht jeden persönlichen Wunsch erfüllen. Disciples Of The Watch wirbelt mächtig Staub auf, der bis zur

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hinüberweht, auf der Knorkator ihre berühmt-berüchtigte bunte Party feiern möchten. Die Berliner um Sänger Stumpen gehören zum Rockharz Inventar. Ein Dutzend Auftritte stehen längst auf der Habenseite der kultigen Fun Metal Band. Das Niveau ist im Gegensatz zu anderen Spaßmachern hoch. Langweilig wird es auch alle zwei Jahre nicht. Das Liedgut ist weitreichend angesammelt und kann stets angemessen verändert werden. Neues Material gibt es bereits mit Sieg Der Vernunft im Herbst, so lange bleibt Widerstand Ist Zwecklos ein heißes Eisen im Feuer. Du Nich, Eigentum und Ich Hasse Musik bringt die lockeren Hüften in Schwung, bevor der Alte Mann, Böse wird. Kleiner Flachwitz am Rand, beide Hits dürfen in Kombination ihre Wirkung entfalten. Gut aufgelegt (wer hat auch schon mal schlecht gestimmte Knorkator Musiker gesehen?), lockt Zähneputzen, Pullern Und Ab Ins Bett zum Abschluss.

Dark Stage

Eisbrecher wollen ihrem Namen gerecht werden und den sinkenden Temperaturen trotzen. Mit einsetzender Dunkelheit wird es merklich kühler. Trotzdem versuchen die Mannen um Sänger Alex Wesselsky der Crowd vor der Bühne einzuheizen. Bereits zu Beginn wird ein glücklicher Fan mit einem Eisbrecher Teddybären beglückt und mit der scherzhaften Ankündigung, dass mit Sturmfahrt eine Ballade folgt, geht es mit Stücken vom aktuellen Album und älteren Songs los. Himmel, Arsch Und Zwirn, FAKK und This Is Deutsch lassen die textsicheren Zuschauer einstimmen und fast jeder Song kann mitgesungen werden. Zum Schluss kommt mit Miststück noch ein nicht ganz genderneutraler Megaherz Song, bevor sich Eisbrecher mit einem „Das haben wir alle gebraucht“ verabschieden. Somit haben sie kurz vor Ende des Rockharz 2022 die Gemüter noch mal erwärmt. Davon sollen auf der

Rock Stage

Foto: Lars Thoke

Accept profitieren. Die deutsche Heavy Metal Institution um Frontman Marc Tornillo und Bandleader und Gitarristen Wolf Hoffmann kann auf eine lange Karriere zurückblicken. Das Infield ist noch gut gefüllt, auch wenn in den hinteren Reihen deutliche Lücken auszumachen sind. Trotzdem sind alle in bester Spiellaune und mit Songs des aktuellen Albums Too Mean To Die legen sie los. Dabei kommt die Phalanx aus drei Gitarristen gut zum Tragen, auch wenn Wolf das eine oder andere Solo extra bestreitet. Zombie Apocalypse und Symphony Of Pain zeigen die Qualität der modernen Accept. Aber erst mit den Klassikern wie Restless And Wild, Princess Of The Dawn und Fast As A Shark wird die Meute erst richtig warm und die fliegenden Mähnen lassen die guten 80er wieder aufleben. Obwohl Accept seit zwanzig Jahren gute bis sehr gute Alben herausgebracht haben, sind es noch immer die alten Stücke, die am meisten ziehen. So sind die beiden letzten Stücke natürlich Balls To The Wall inklusive hohem Mitsinganteil und I’m A Rebell, die mit am stärksten gefeierten. Nach anderthalb Stunden verabschiedet sich die Band und nun wird es auf der

Dark Stage

mit Eluveitie noch mal etwas ruhiger. Es soll ein doppelter Abschied werden, denn Michalina Malisz hat heute ihren letzten Auftritt mit der Band und auch das Rockharz 2022 endet nach diesem letzten Set. Mit viel Pyro und Licht wird der Abendhimmel erleuchtet. Chrigel Glanzmann widmet der scheidenden Drehleierspielerin den Song Inis Mona. Die vor der Bühne verbliebenen Zuschauer kommen in den Genuss, schöne Momente zu erleben und der schweizerische Folk Metal lässt alle miteinander verschmelzen. Fabienne Erni und Chrigel beeindrucken bei Artio mit einem Gesangsduett und zeigen, dass sie hier auf einer Wellenlänge liegen. Dann kommt das, was immer kommt, irgendwann ist Schluss. Kurz vor zwei Uhr morgens gibt’s noch eine Sektdusche für Michalina, die sich doch hoffentlich wegen der tiefen Temperaturen nicht erkältet.

Damit ist das Rockharz 2022 Geschichte. Die Erweiterung auf vier Tage ist sicherlich nachvollziehbar und dürfte auch in Zukunft beibehalten werden. Die Neuerungen kamen zum größten Teil gut an und sind positiv zu bewerten. Natürlich gibt es einige Kritikpunkte, die ggf. noch abgestellt werden können. Ein großes Ärgernis war die Merch Situation. Auch der Versuch, den Verkaufsstand so zu platzieren, dass er vom Infield und von außen gleichzeitig bedient werden kann, ist zunächst ein guter Gedanke. Nur waren bereits am Dienstag viele der Rockharz-Shirts ausverkauft und auch die langen Anstehzeiten sind nicht nachvollziehbar. Auch darf noch stärker auf Sauberkeit und Ordnung geachtet werden. Ganze Wohneinrichtungen sollten auf einem Festival nicht mehr erlaubt werden oder durch ein Pfandsystem kontrolliert werden. So könnten die Unbelehrbaren mit Kohle gefügig gemacht werden, ihren Sperrmüll wieder mitzunehmen. Auch sollten Kontrollen bzw. Ordnerrundgänge etwas auf Einhaltung der Regularien hinwirken. Gut gelöst wurde die Duschsituation und auch der Einlass war gut geregelt. Weshalb sich die Abfahrt bei einigen so hinzog, ist noch nicht ganz klar. Da sollte ggf. über alternative Abfahrtswege nachgedacht werden. Insgesamt aber ein gelungenes Festival ohne nennenswerte Ausschreitungen.

Inzwischen ist der Vorverkauf mit unterschiedlichen Frühbucher-Packages für das 30-jährige Jubiläumsfestival 2023 gestartet. Die Preise sind erwartungsgemäß gestiegen und liegen nun bei guten 154 bis 159 €. Das ist eine Preissteigerung um gute 40 %. Bereits jetzt wurden Paradise Lost, Destruction, Hämatom, Die Apokalyptischen Reiter, Skald, Lord Of The Lost, Equilibrium, Lacuna Coil, Firkin und Die Letzte Instanz angekündigt. Weitere Bands und die Headliner folgen. In diesem Sinne freuen wir uns bereits jetzt aufs kommende Jahr.