Ray Wilson & Band – Time And Social Distance Tour, Genesis Classics am 12.08.2021 in Glücksburg

Er kann es einfach

Event: Genesis Classics

Artist: Ray Wilson & Band

Datum: 12.08.2021

Genre: Rock, Classic Rock

Besucher: ca. 470

Ort: Wasserschloss Glücksburg

Kosten: 39,90 € VVK, 45,00 € AK

Links: https://raywilson.net/

Setliste:

  1. No Son Of Mine
  2. That’s All
  3. Wait For Better Days
  4. Take It Slow
  5. In Your Eyes
  6. The Carpet Crawlers
  7. Lemon Yellow Sun
  8. Almost Famous
  9. Change
  10. Follow You Follow Me

  1. Calling All Stations
  2. Makes Me Think Of Home
  3. Home By The Sea
  4. There Must Be Some Other
  5. Land Of Confusion
  6. In The Air Tonight
  7. Heroes
  8. Alone
  9. Solisbury Hill

Zugabe:

  1. Congo
  2. Inside

August 2021: Heute findet für uns das erste Konzert in diesem Jahr statt. Und wie es der Zufall will, das letzte Konzert im letzten Jahr vor dem erneuten Lockdown war….Ray Wilson in der Bluesgarage Isernhagen (Bericht hier) – wenn das mal nicht ein gutes Omen ist. So ist es dann auch. Pünktlich erscheinen wir beim Wasserschloss in Glücksburg und ohne Probleme kommen wir auf das Gelände. Voll durchgeimpft und mit der Luca App bewaffnet, betreten wir den Hof, der von den Wirtschaftsgebäuden des Schlosses eingegrenzt wird. Mittig ist eine Bühne aufgebaut, ein Bierwagen steht in einer Ecke und nur mit Maske und den entsprechenden Abständen bekommt man zu normalen Preisen ein Getränk. Das schenken wir uns zunächst, denn die Schlange davor schreckt etwas ab. Auf dem Hof ist die Maskenpflicht aufgehoben, aber die Abstände werden wie selbstverständlich eingehalten. Da es vor der Bühne kein Gedrängel gibt, ergattern wir einen Platz an der Absperrung. Die örtliche Feuerwehr steht ebenfalls bereit, um bei Gefahr schnell einschreiten zu können, denn immerhin stehen wir an einem historisch wertvollen Ort. Kurz vor 20:00 Uhr begrüßt Niels Godt, Veranstalter und Gastgeber, die Zuschauer im nicht ganz ausverkauften Rund, äh Eck. Das Durchschnittsalter liegt deutlich über 50 und der hohe Anteil an weiblichen Fans lässt vermuten, dass nicht nur die Musik anziehend ist. Ray Wilson kommt dann auch wie selbstverständlich mit Violinistin Alicja Chrząszcz am Arm durch die Menge und betritt die Bühne. Links nimmt sein Bruder Steve die Elektrische aus dem Ständer und hinter dem mit Plexiglas abgeschirmten Schlagzeug platziert sich Mario Koszel. Keyboarder und Pianist Kool Lyczek sitzt leicht im Hintergrund an der rechten Seite und neben der besagten Violinistin steht Bassist, Saxophonist, Flötist und Klarinettist Marcin Kajper. Bei angenehmen 25 Grad und noch leichter Sonne geht der erste Teil des Sets mit No Son Of Mine los. Da der heutige Abend im Rahmen der Genesis Classics steht, kommen immerhin elf Tracks von dieser Ausnahmeband oder den dazugehörigen Protagonisten wie Phil Collins oder Peter Gabriel. Ray, der auf der letzten Genesis Platte Calling All Stations am Mikro stand, versteht es, den Klassikern einen eigenen Stempel aufzudrücken, ohne die ursprüngliche Struktur zu verändern. Das macht er richtig gut und schafft es, diese Songs lebendig zu halten.

Mit That’s All geht es weiter und die ersten, im Takt der Musik bewegenden Zuschauer sind festzustellen. Ray Wilson hat bis dahin noch kein Wort an die Menge gerichtet und singt oftmals mit geschlossenen Augen, während er auf der akustischen Gitarre den Rhythmusgitarrenpart spielt. Sein Bruder Steve, merklich begabter an der Sechssaitigen, übernimmt die Leadgitarre und steuert so die nötigen elektrischen Klänge bei. Es folgen zwei Tracks vom eigenen Album Chasing Rainbows, bei dem dann Marcin Kajper zum ersten Mal sein Können am Saxophon unter Beweis stellt. Diese Songs sind das, was mir an Ray besonders gut gefällt. Viel Gefühl und Hingabe in seine Songs. Sie haben einfach Seele und man nimmt ihm die gesungenen Worte einfach ab. Gerade die eigenen Stücke kommen einfach super an und auch ich könnte seinen eigenen Songs durchweg immer lauschen.  Natürlich sind auch die Genesis, Phil Collins oder Peter Gabriel Songs Klasse, aber er hat nun mal auch viele eigene super Musik geschrieben. Bevor mit Carpet Crawlers ein weiterer großer Genesis Klassiker  mit einem an den Tasten hervorragend aufgelegtem Kool Lyczek ertönt, erzählt Ray Wilson noch, dass er die große Ehre hatte, diesen Song mit Steve Hackett auf seiner Genesis Revisited Tour singen zu dürfen. Genau diese Songs sorgten für den überragenden Erfolg von Genesis in den frühen 70ern und sind bis heute unvergessen. Die hier gespielte Version kommt gut an, wenn man in die Gesichter der Zuschauer sieht. Langsam wird es auch dunkel, sodass die Bühnenbeleuchtung das Gesamtbild gut zur Geltung bringt. Auch das rot angeleuchtete Schloss passt einfach hervorragend zum Gesamtbild. Es folgt mit Lemon Yellow Sun ein Stiltskin Track, bevor mit Almost Famous der einzige Song der neuen Ray Wilson Platte The Weight Of Man (erscheint am 28. August, Review dazu gibts hier) gespielt wird. Schade eigentlich, denn es befinden sich noch weitere tolle Songs auf der neuen Platte. Die dürften dann aber zu anderer Gelegenheit im Mittelpunkt stehen. Trotzdem scheint gerade Almost Famous bekannt zu sein, denn der Refrain „Girl You Are A Rockstar And A Queen“ wird von vielen mitgesungen. Nach Change vom gleichnamigen Soloalbum kommt noch Follow You Follow Me und dann ist erst mal Pause.

Kurz noch mit dem Veranstalter geredet und schon mal am Merchstand geluschert, ob es etwas Neues gibt. Dem ist nicht so, nur das offiziell erst am 28. August erscheinende Album und ältere Scheiben sind erwerbbar. Tja, der zweite Teil fängt dann mit dem Titeltrack des Albums an, bei dem Ray 1997 den Gesangspart übernommen hatte. Calling All Stations lässt den nun dunklen Abendhimmel heller erscheinen und erwärmt die Zuschauer. Noch kuscheliger wird es, als das etwas melancholische Makes Me Think Of Home folgt. Das ist so einer der Songs, von denen ich ja bereits sagte, Ray hat super schöne eigene Lieder im Repertoire. Der ursprünglich aus Schottland stammende Sänger wird es nicht müde zu erwähnen, dass es in seiner Heimat ja so gut wie nie regnet und solche lauen Abende, wie hier und heute in Glücksburg in den Highlands an der Tagesordnung sind. Das wissende, leichte Gelächter der Anwesenden lässt erahnen, dass sie den leichten Seitenhieb auf seine Heimat sehr wohl verstanden haben. Solche kleinen Geschichten und Anekdoten und auch das Bedanken für den ordentlichen Applaus fließen das eine oder andere Mal in die Performance ein und machen sie locker und angenehm persönlich. Die folgenden drei Lieder stammen wieder aus der Feder von Genesis und sind etwas schneller. Das Publikum gerät zunehmend in Tanzlaune und man sieht viele, die, natürlich auf Distanz, sich zu der Musik mehr oder minder stark bewegen. Die Band spürt die Energie und gibt sie an die Zuschauer zurück. Allerdings verpuffen Rays Bemühungen, das Publikum zu noch mehr Reaktion zu bewegen bzw. auch mal einen Refrain mitzusingen, denn die norddeutsche Mentalität braucht etwas länger, um aufzutauen. Trotzdem passt der fast schon intime Rahmen einfach zu der dargebotenen Musik und man fühlt sich einfach gut und erfreut sich an der Darbietung, ohne überschwänglich zu sein.

Ob man das nun gespielte In Air Tonight von Phil Collins ihm auch zuordnet, ja es ist von ihm als Solokünstler, oder doch im Genesis Kontext sieht, ist relativ egal, denn es passt ins Gesamtkonzept. Die ersten Töne eines David Bowie Klassikers folgen und auch Heroes kann der Ray richtig gut. Alone vom The Next Best Thing Album darf nicht fehlen und hier zeigt Marcin Kajper einmal mehr, dass er seine Instrumente beherrscht. Es kommt die Querflöte zum Einsatz und wer darauf achtet, der sieht eine typische Ian Anderson Pose auf der Bühne. So steht er auf einem Bein und das ist andere angewinkelt. Das soll wohl seine Hochachtung vor Jethro Tull ausdrücken. Tja, dann kommt schon der letzte Song und mit Peter Gabriels Solisbury Hill endet nach gut zwei Stunden der reguläre Part. Allerdings lassen sich die Musiker nicht lange bitten und erscheinen zur leider nur zwei Songs umfassenden Zugabe. Zunächst kommt Congo, das noch mal alle mobilisiert und die nordischen Zuschauer zum kollektiven Mitschunkeln animiert. Als letzten Song performt Ray Wilson natürlich Inside, seinen wohl größten kommerziellen Erfolg, der mit seiner Band Stiltskin erschien. Der von einer großen Jeansmarke zu Werbezwecken genutzte Song ist ein guter Abschluss und darf nicht fehlen. Bei vorhergegangenen Events wurde schon noch mal Mama gespielt, aber heute entfällt das, warum auch immer. Die Band kommt dann noch an den Bühnenrand und verabschiedet sich.

Nach kurzer Zeit erscheinen dann Ray und Marcin am Merchstand und signieren (coronakonform mit Maske) CDs oder Poster und unterhalten sich auch mit den noch anwesenden Zuschauern. Auf Bilder wird verzichtet, um jegliche Gefährdung auszuschließen. Damit endet ein kurzweiliger Abend in einer passenden Location mit einer professionell auftretenden Ray Wilson Band und einem Frontmann, dem man sein Faible für Musik anmerkt. Er kommt als einer von uns rüber und vermittelt nicht den Eindruck, der unnahbare Musiker zu sein. Das macht ihn so sympathisch und authentisch.