Ray Wilson – The Weight Of Man

Ein gewichtiges Album, das nach 20 Jahren Solokarriere einen Meilenstein darstellt

Artist: Ray Wilson

Herkunft: Edinburgh, Schottland

Album: The Weight OF Man

Spiellänge: 50:52 Minuten

Genre: Rock

Release: 28.08.2021

Label: Jaggy D.

Link: http://www.raywilson.net/

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Ray Wilson
Gitarre – Ali Ferguson
Bassgitarre – Laurie McMillan
Keyboard und Piano – Jethro Bodean
Schlagzeug – Nir Z
Saxophon, Klarinette – Marcin Kajper

Gäste:

Keyboards, Background Gesang – Yogi Lang
Gitarre, Banjo – Uwe Metzler
Violine – Alicija Chrzaszcz
Keyboards, Piano – Scott Spence
Drums – Frank Dapper
Piano – Rainer Scheithauer
Bass – Martin Ziaja
Cello – Henrik Mumm

Tracklist:

  1. You Could Have Been Someone
  2. Mother Earth
  3. We Knew The Truth Once
  4. I, Like You
  5. Amelia
  6. The Weight Of Man
  7. The Last Laugh
  8. Almost Famous
  9. Symptomatic
  10. Cold Like Stone
  11. Golden Slumbers

Einer meiner Lieblingsmusiker bringt die Tage ein neues Album auf den Markt. Das über eine Crowdfunding Kampagne realisierte Werk bietet elf Songs, von denen zehn eigene Stücke sind. Golden Slumber ist ein Beatlestrack, der hier in einer spannenden Version gecovert wird. Inspiriert durch den langen Lockdown und die damit verbundenen ausgefallenen Konzerte, hat Ray die online Un Tour Konzerte ins Leben gerufen, bei denen dann auch bereits die ersten neuen Tracks zu hören waren. Bei all den neuen Stücken haben Jethro Bodean, Scott Spence und Uwe Metzler als Co-Autoren mitgewirkt und eigene Aspekte einfließen lassen. Schaut man sich die beteiligten Musiker an, dann fällt auf, dass Ray neben Ali Ferguson an der Gitarre, Laurie McMillan am Bass an den Drums auf Nir Z. zurückgreift. Des Weiteren sind diverse Gastmusiker am Start, die hier tatkräftig unterstützen. Die Liste der beteiligten Musiker seht ihr weiter oben. Ist das Album erst einmal durchgehört, bemerkt man eine gewisse Schwere und Melancholie, die nicht nur durch die Covid-Krise hervorgerufen werden, denn auch der Brexit hat seine Spuren hinterlassen. Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Wahrheiten und ebenso fehlende, geben dem Album eine gewisse Richtung und Zusammenhang.

Die ersten Stücke waren ja bereits als Vorab-Singles auf der Homepage von Ray zu sehen und zu hören und bilden Auftakt des Albums. Durch das versetzte Erscheinen der ersten drei Songs war eine klare Richtung des Albums zunächst unklar und die Spannung, wie das Album denn nun wird, war groß. Der eingeschlagene Weg der ersten Songs setzt sich dann auf dem restlichen Album durch. Das eher ruhige You Could Have Been Someone mit den locker eingestreuten Klarinettenparts ist schon wieder eins der Stücke, die man ständig hören kann. Locker, leicht und doch mit einer gewissen Tiefe eröffnet es die Platte. Das als erste Single erschienene Mother Earth folgt und zeigt eine andere Facette. Zunächst sparsam instrumentalisiert mit viel Piano und dazu ein Text, der sich auf die Unbillen der Pandemie oder auch des Brexits beziehen lässt, machen das Stück aktuell. Sehr schöner Song, der sich in der zweiten Hälfte musikalisch weiterentwickelt. Ali Ferguson zeigt einmal mehr, warum er von Ray als Gitarrist ausgesucht wurde. Auch We Knew The Truth Once ist eher ein mit angezogenen Zügeln gespielter Track. Wie zuvor sind die Texte das Ausschlaggebende und werden durch die Musik richtig in Szene gesetzt. Nun folgen vier Songs, die man als die musikalische Mitte bezeichnen kann. I Like You beschreibt die fehlenden Publikumsreaktionen während der Pandemie und soll so der Gesellschaft den Wert von Wahrheit vermitteln. Der Song selbst überrascht mit untypischen Strukturen, was ihn aber umso spannender macht. Es folgt mit Amelia ein Stück, mit dem ich nicht so recht warm werde. Die hier aufgebrochenen Songstrukturen verwirren und an einigen Stellen weckt der Refrain Assoziationen an einen afrikanischen Rhythmus, wie in der König Der Löwen. Unbestritten sind aber die herausragenden Musiker, die zeigen, was sie draufhaben. Der Titeltrack The Weight Of Man, der sich sehr schnell zu einem meiner Favoriten herauskristallisiert, überzeugt auf der ganzen Linie. Der Wechsel von akustischer zu elektrischer Gitarre erinnert bisweilen an Pink Floyd und auch stimmlich ist es ein typischer Ray Wilson Song, den ich bereits auf der Bühne vorgetragen sehe. Das passt genau in seine Bühnen-Performance. Und wieder ist es Ali Ferguson, der an der Leadgitarre brilliert.

Ein weiteres Highlight ist The Last Laugh, welcher sich ebenfalls eher verhalten präsentiert. Die Melodie fängt einen sofort und auch musikalisch erzeugt der Track einfach ein Wohlgefühl. Schnell schweifen die Gedanken ab und man träumt vor sich hin. Es legt sich eine weitere Melodie über die bereits vorhandene und erzeugt ein gänzlich neues Klangwerk. Außerordentlich gelungen. Almost Famous wurde bereits bei den Un Tour Konzerten gespielt und sollte eigentlich gar nicht mit aufs Album. Er hat es aber doch geschafft und fungiert als Trennung zum Abschluss des Albums. Der Song ist kurz und handelt von einem weiblichen Rockstar, die ihren Weg gefunden hat. Symptomatic lebt von seiner Schlichtheit. Piano von Scott Spence, Ray mit seiner Stimme und ein wenig akustische Gitarre von Uwe Metzler, im Hintergrund etwas Bass und Drums, mehr braucht es nicht, um einen schönen Song zu kreieren, der von Stil her auch gut auf Song For A Friend gepasst hätte. Bevor das Beatles-Cover Golden Slumbers die Platte beendet, kommt mit Cold Like Stone ein weiteres schlicht gehaltenes Stück, das wie bereits Symptomatic nur von Stimme und akustischer Gitarre getragen wird. Durch seine Melodie erzeugt es aber eine gewisse Leichtigkeit, die im Gegensatz zu den doch melancholischeren Stücken des Mittelteils steht. Dazu passt dann auch der Beatles Song, der hier ebenfalls für eine gewisse Lockerheit sorgt.

Ray Wilson – The Weight Of Man
Fazit
Mit diesem Album gelingt Ray Wilson mal wieder ein großer Wurf. Viele schöne Melodien, ne ordentliche Portion Melancholie, dazu kritische, politische und auch sarkastische Texte treffen den Spirit der Zeit. Insgesamt ist das Album nachdenklicher und gereifter. Chapeau, eine klasse Leistung.

Anspieltipps: The Weight Of Man, The Last Laugh und You Could Have Been Someone
Kay L.
9.5
Leser Bewertung13 Bewertungen
6.7
9.5
Punkte