“Soundtrack zur Sternentstehung“
Artist: Wintersun
Album: Time I
Spiellänge: 39:29 Minuten
Genre: Epic Metal
Release: 19.10.2012
Label: Nuclear Blast Records
Link: www.facebook.com/wintersun
Bandmitglieder:
Gesang, Gitarre – Jari Mäenpää
Gitarre – Teemu Mäntysaari
Bass – Jukka Koskinen
Schlagzeug – Kai Hahto
Tracklist:
- When Time Fades Away
- Sons of Winter and Stars
- Land of Snow and Sorrow
- Darkness and Frost
- Time
Endlich ist es soweit, Wintersun wuchten mir ihrem zweiten Album die lang ersehnte Kristallscheibe Time I in die Plattenregale. Dabei dürfte die Band sich im Aufnahmeprozess der titanischen Aufgabe gestellt haben, dass mit am meisten erträumte und ersehnte Album der epischen Pagan Metal-Szene überhaupt erstellen zu müssen, lag doch mit dem Vorgänger Wintersun die Messlatte fast schon unerschwinglich hoch. Erschwerend kommt hinzu, dass teilweise Hardline-Paganfans im sympathischen Frontmann Jari Mäenpää den „Erfinder“ des Pagan Metal-Sounds schlechthin sehen, zuerst mit Altformation Ensiferum, dann mit Wintersun, somit Veränderung und Weiterentwicklung zwei sich scheinbar ausschließende Kriterien darstellen. Hinderlich im Aufnahmeprozess war ebenfalls die Tatsache, dass Oberperfektionist Jari Mäenpää in seiner Vision von Time I eine Orchestrierung untergebracht hat, die zum einen ihresgleichen im Metalsektor sucht, zum anderen die Grenzen des überhaupt Machbaren jahrelang an die Grenze des Möglichen gebracht hat!
Es vereinen sich dabei kunstvoll orientalisch/asiatische Merkmale mit okzidentalisch/europäischen Melodiespuren zu einem filmreifen Soundtrack der emotionalen Spitzenklasse. Mit Pagan Metal hat das absolut überhaupt nichts mehr zu tun, tendenziell würde ich es als fast schon klassisch – ästhetisch, hoch progressives Album mit einem unglaublich guten Metalanteil werten. Dabei ist das Material so dicht verwoben, dass Frontmann Jari Mäenpää selber sagt, er hätte lediglich diesen Teil des Albums zu diesem Zeitpunkt mixen können, was gleichzeitig Hoffnung auf Time II macht.
Lyrisch unternimmt man eine Reise ins eigene Ich, Fragen wie: „Wer bin ich?“, „Wo komme ich her?“, „Was fange ich mit der kurzen Zeit auf Erden an?“, „Was kommt danach?“, „Warum stirbt man?“, „Wie kann ich den Moment bestmöglich nutzen?“ lassen tief philosophische Konflikte erkennen und laden zur Selbstreflexion ein, bieten jedoch auch ein Aufbäumen, ein Erwehren gegen Verzweiflung und bilden somit den energetischen Kontrast zur existenzialistischen Fragestellung.
Aus diesem energetischen Kontrast lebt das Album und bietet eigentlich nur drei Tracks, denn When Time Fades Away und Darkness and Frost sind dynamische Hinführungen zu den Nachfolgesongs, greifen dabei immer wieder das Hauptthema mit unterschiedlichen Instrumenten auf, um schließlich im Hauptsong selber schier zu explodieren. Pulsierende Drums und filigrane Melodiebögen bieten dabei eine Spannung, die die Musik sehr plastisch und überwältigend macht. Parallel jagen sich dabei große Keyboard- und Gitarrenparts gegenseitig um sich selber, entstehen neu, verklingen, bäumen sich auf, um schließlich zu verhallen. Somit setzt man musikalisch das lyrische Konzept einer sterbenden und gleichzeitig neu entstehenden Zeit um und erschafft damit ein eigenes musikalisches Universum, beeindruckend nachzuhören im dreizehnminütigen Sons of Winter and Stars. Etwas gediegener und rifflastiger, jedoch nicht weniger bombastisch und an Mundanus Imperium erinnernd, schmiegt sich Land of Snow and Sorrow an den soeben entstehenden Stern an. Dabei ist dies im Vergleich allerdings ein weniger spannender Song. Die Galaxie dreht sich mit besagtem Darkness and Frost stetig weiter und lässt in ihrer Mitte ein wunderschönes Riff entstehen, das teleologisch durch den ganzen Song Time geführt wird, flankiert von brachialer Monumentalität, brettharten Riffs und wunderbarer Atmosphäre, ein Soundtrack für ein Universum.