Das Interview mit Karl Walterbach zur großen Re-Release Kampagne der Noise Records-Veröffentlichungen

Time For Metal / Rene W.:

Hallo Herr Walterbach,

vielen Dank das Sie sich die Zeit genommen haben um über die große Re-Release Kampagne der Noise Records-Veröffentlichungen zu sprechen.

BMG hat Noise Records über die Mutterfirma Sanctuary Records erworben und wird bereits im Mai die ersten Re-Releases veröffentlichen. Waren Sie direkt mit involviert, als BMG Interesse angemeldet hat, und welche Gefühle werden erzeugt, wenn man weiß, dass die eigenen alten Babys in einem neuen Licht erstrahlen sollen?

Noise Records / Karl Walterbach:

Also ich war da nicht involviert. Da wurden wohl zwei UK Productmanager, die schon für Sanctuary gearbeitet hatten, engagiert. Ich hätte nicht die Idee gehabt Best Off’s im derzeitigen Marktumfeld zu veröffentlichen. Große Bauchschmerzen hat mir allerdings die VÖ Planung der Helloween Alben aus der EMI Phase (Pink Bubbles goes Ape, Chaemelon….) unter dem Noise Banner bereitet. Diese Platten hätte Noise niemals produziert! Pink Bubbles war ja für Helloween auch ein Karriere Killer und EMI hat die Band dann letztlich wegen der katastrophalen Verkäufe dieser Alben rausgeschmissen.

Time For Metal / Rene W.:

Als Modern Music Records GmbH im Jahr 1981 gegründet, entwickelte sich Ihre Arbeit erfolgreich über die ersten deutschen wie auch amerikanischen Punk-Bands. Durch die gewonnenen Kontakte entstand rasant Noise Records, wo es nur drei Jahre später den Startschuss gab. Eine unglaubliche Entwicklung, die heute wohl kaum noch möglich ist. Wie haben Sie diese Jahre rückblickend in Erinnerung behalten, und wie sehr prägen sie auch die Zukunft?

Noise Records / Karl Walterbach:

Sowohl mein damaliges Punk Label Aggressive Rock Produktionen als auch Noise profitierten von Trends, die ich in Ihrer jeweiligen embryonalen Frühphase wahrgenommen hatte. Man kann sagen, ich hatte den richtigen Riecher damals 🙂 Die Dynamik war tatsächlich unglaublich. Die Bands waren so gut wie alle um die 18 J. Und nicht wie heute 30 J. Plus und älter. Das waren junge kreative Scenen. Und mein Leitmotiv bei Punk und Metal war immer: bloß keine US/UK Kopien. Und diese Einstellung hatte kreative Früchte getragen und letztlich auch großen kommerziellen Erfolg. Die Bands heutzutage wagen nichts, die sind meistens recht bieder, halt technisch.

Time For Metal / Rene W.:

Wenn man die Liste der Bands anschaut, von denen Alben produziert wurden, bekommt man auch nach drei Jahrzehnten schwitzende Finger, und es schießen einem Freudentränen in die Augen. Was denkt man, wenn man sieht, wie nachhaltig die Arbeit gewesen ist und welch ein Händchen man vor dreißig Jahren hatte, um Bands zu signen, die heute noch groß im Geschäft sind bzw. Legendenstatus erreicht haben?

Noise Records / Karl Walterbach:

Ich hab als Labelmanager damals immer mein Ding gemacht. Die Konkurrenz hat mich wenig interessiert, US Vorbilder überhaupt nicht. Auch hat mich nicht besonders bei meinen A+R Entscheidungen interessiert, was die Journalisten sagten. Drei meiner größten Bands, Running Wild, Kreator, Hellhammer/Celtic Frost sind in ihrer Frühphase ziemlich verrissen worden, sowohl im Rock Hard als auch MetalHammer, national und international. Wer wagt heute noch eine Band aufzubauen ohne die Presse ? Wer hat noch Mut und Vision ?

Time For Metal / Rene W.:

Im Mai starten die ersten acht The Very Best Of The Noise Years-Veröffentlichungen. Konnten Sie direkt an der Zusammensetzung der einzelnen „Best Of“ mitwirken? Wie werden die  Zusammenstellungen aufgebaut sein, und was erwartet den Hörer auf den jeweils zwei Silberlingen umfassenden Produktionen?

Noise Records / Karl Walterbach:

Wie gesagt ich war hier nicht beteiligt. Die Scheiben wurden in Zusammenarbeit mit den Bands erstellt. Ausnahmen: Grave Digger und Skyclad. Warum Chris Boltendahl und Martin sich allerdings hier verweigert haben ist mir schleierhaft.

Time For Metal / Rene W.:

Gestartet wird die Re-Release-Kampagne am 06.05.2016 mit zwei deutschen Bands, die man aus der Thrash- bzw. Heavy Metal-Szene nicht mehr wegdenken kann. Die Rede ist von Kreator und Helloween, die als Schlachtschiffe den Stapellauf geben. Damit stehen gleich zwei der erfolgreichsten Noise Records-Bands zur Begutachtung, die nicht nur in den 80ern für Furore sorgten. Wie emotional wird es, die ersten „Best Of“ in den Plattenläden sehen zu können?

Noise Records / Karl Walterbach:

Wie schon angedeutet bin ich kein Fan von Best Offs und Mille auch nicht ! Leider dauert es dann noch bis Anfang 2017 bis die alten Kreator Klassiker mit Liner Notes und Bonus Material, neu gemastert auf CD und Vinyl erscheinen. Die Helloween Re-Issues die ja keine originalen Noise Scheiben waren, finde ich unglücklich. Die Helloween Compilation wurde von Michael Weikath erstellt und ist ganz ordentlich gemacht mit allen relevanten Klassikern.

Time For Metal / Rene W.:

Mit im Mai-Programm 2016 stehen neben Kreator und Helloween noch folgende Acts: Kamelot, Sinner, Running Wild, Tankard, Skyclad und Grave Digger, die jedes Wochenende in Zweier-Reihen losgelassen werden. Welche Reaktionen der einzelnen Bands gab es, als die The Very Best Of The Noise Years-Reihe bekannt gegeben wurde?

Noise Records / Karl Walterbach:

Da ich bis auf Mille mit den Mitgliedern meiner früheren Noise Bands nicht mehr in Kontakt bin kann ich dazu nicht viel sagen. Ich würde diese direkt befragen.

Time For Metal / Rene W.:

Im Mai wird es also laut mit altem Noise Records Material. Eine einmalige Sache, oder stehen von weiteren Bands im Laufe der nächsten Monate „Best Of“-Produktionen an?

Noise Records / Karl Walterbach:

Die Best Off Welle ist wohl einmalig. Die Planungen die ich gesehen habe ziehen sich bis ins nächste Jahr und beinhalten 4-6 VÖ’s pro Monat.

Time For Metal / Rene W.:

Wie sehr juckt es in den Fingern, Noise Records noch einmal mit frischem Material zu füttern, und vielleicht auch einige der großen Ehemaligen dafür zu gewinnen?

Noise Records / Karl Walterbach:

Die Label Phase ist für mich eindeutig Vergangenheit. Ich habe das Label ja wg. der Digitalisierung in 2001 verkauft, die damals erst anfing. Ich will mich nicht mehr als Rechtserwerber rumschlagen mit diesen fürchterlichen 360 Grad Deals wie ihn alle großen Metal Labels den Bands aufzuwingen. Ich habe mich mit meiner neuen Firma seit 2013 im Management Lager aufgestellt wo es um Service geht. Sie heißt Sonic Attack Management . Zur Zeit mache ich da 4 Bands: Wucan aus Dresden, Alpha Tiger aus Freiberg, Hammercult aus Tel Aviv (jetzt Berlin) und Die Vorboten aus Wismar. Wir konzentrieren uns auf junge Bands unter 25 J. und deren Aufbau und sind immer auf der Suche nach neuen Talenten.

Time For Metal / Rene W.:

Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.