Artist: The Spirit
Herkunft: Deutschland
Genre: Black Metal
Link: https://thespiritmetal.bandcamp.com/
Bandmitglieder:
Gitarre, Gesang – Matthias Trautes
Schlagzeug – Manuel Steitz
Wir hatten die Gelegenheit, mit Matthias Trautes, dem Sänger und Gitarristen von The Spirit, vor ihrem Konzert im Soltmann in Leipzig (Konzertbericht hier) über die Band, ihre musikalische Entwicklung und das neue Album Songs Against Humanity sprechen können (Review hier). Matthias gab uns Einblicke in die Entstehung der Musik und dem Songwriting und erzählte uns von den Herausforderungen im Musikeralltag. Lasst uns eintauchen in die Leidenschaft, die hinter der Musik der Schwarzmetaller steckt!
Time For Metal / Sascha
In einem eurer letzten Posts auf den Social-Media-Kanälen habt ihr bekannt gegeben, dass euer Tourmitglied Linus ausgestiegen ist. Was kannst du uns dazu sagen?
The Spirit / Matthias
Als wir unser Album Of Clarity And Galactic Structures im Studio von Viktor Santura von Dark Fortress aufgenommen haben, ist unser vorheriger Bassist aus Zeitgründen ausgestiegen. Wir brauchten also einen Ersatz und da kam Linus, einer der besten Bassisten Europas, ins Gespräch und wir haben ihn einfach gefragt. Er hat dann zugesagt und wollte uns für ein paar Gelegenheiten aushelfen. Daraus sind dann doch zwei Jahre geworden. Es war aber von vornherein klar, dass es nur auf Zeit klappen wird. Und so kam es dann auch, dass es einfach zeitlich nicht mehr ging. Jetzt haben wir mit Kevin einen sehr engagierten neuen Bassisten, der sich in Rekordzeit in die komplette Setlist eingearbeitet hat.
Time For Metal / Sascha
Gibt es Überlegungen, die Tourmusiker irgendwann als feste Bandmitglieder zu etablieren oder soll The Spirit ein Duo bleiben, dass sich nur für die Liveauftritte Verstärkung holt?
The Spirit / Matthias
Meine Idee war es, so eine Band zu haben, in der jeder 100 % gibt und wo alles aufgeteilt wird. Wobei jeder seine Aufgabe hat. Der eine kümmert sich um das und der andere um jenes. Das ist aber ein Ding der Unmöglichkeit und hat einfach so nicht funktioniert. Ich habe schon von Anfang an immer mehr gemacht, damit die Band überhaupt in Fahrt kommen kann. Und da ich auch das komplette Songwriting selbst übernehme, kann das zu Spannungen führen, die nicht unbedingt sein müssen. Daher machen Manuel und ich die Band erst einmal zu zweit, seit mein Bruder ausgestiegen ist. Wir sind der harte Kern und die anderen beiden Jungs sind dann live dabei und damit ist auch jeder happy. Das passt alles wunderbar. Es ist einfacher zu zweit als eine ganze Band am Laufen zu halten.
Für das Songwriting und das neue Album ist es auch einfacher. Ich habe schon immer die komplette Musik geschrieben. Auch den Großteil vom Bass habe ich geschrieben, als mein Bruder noch in der Band war. Aber es ist auch der helle Wahnsinn, wenn die Deadline für ein Album immer näher und näher rückt und irgendwie läuft’s nicht. Wenn man jeden Tag stundenlang an der Gitarre sitzt. Es wäre natürlich schon cool, wenn da jetzt jemand sagt: „Ich habe hier einen neuen Song“. Das ist dann natürlich toll und der Druck sinkt dann entsprechend.
Time For Metal / Sascha
Dann gehen wir doch mal direkt zum neuen Album. Ich habe schon im Review geschrieben, dass Songs Against Humanity für mich die Höchstpunktzahl verdient hat. Weil es einfach von Anfang bis Ende ein absolut geiles Album ist. Ich bin zwar tatsächlich kein Freund von instrumentalen Songs, aber das dreiminütige instrumentale Werk Orbiting Sol IV am Ende rundet für mich das ganze Album wunderbar ab. Besser kann man es eigentlich nicht machen. Ich persönlich finde, dass euer Vorgänger ein bisschen mehr die progressiveren Parts hatte, die ihr aber wieder etwas runtergefahren habt. Ihr habt euch wieder mehr auf Black und Death Metal konzentriert. Was, wie ich finde, euch wahnsinnig gut zu Gesicht steht. Seid ihr da bewusst so rangegangen oder war das einfach aus der Laune heraus, dass es in diese Richtung geht?
The Spirit / Matthias
Also erst mal freut mich zu hören, dass dir das Album so zusagt. Für den letzten Song war es genauso gedacht. Der Song hat so ein eindringliches Riff und ich hatte ein Bild im Kopf und das habe ich versucht mit einzufangen.
Warum Songs Against Humanity jetzt etwas anders als der Vorgänger klingt? Ja, auf der Of Clarity And Galactic Structures wollte ich experimentieren. Ich bin ein Riesenfan von Rock aus den 70ern und Anfang 80ern und wollte das irgendwie mit unseren Songs verbinden, was in dem Genre eher untypisch ist.
Ich hatte aber letztes Jahr ein beschissenes Jahr. Dann habe ich gesundheitliche Probleme bekommen, die mich komplett zurückgeworfen haben und ich habe über ein halbes Jahr keine Gitarre spielen können. Die Studios müssen wir aber immer ein Jahr im Vorlauf buchen, damit wir unseren Zwei-Jahres-Rhythmus beibehalten können und wenn ein halbes Jahr im Songwriting flöten geht, dann ist das ein Riesenproblem. Als ich wieder anfangen konnte Gitarre zu spielen, hatte ich überhaupt keinen Bock, da weiterzumachen, wo ich davor aufgehört hatte. Auf dem ersten Song hört man das noch so ein bisschen. Danach ging dann aber alles bei mir bergab und als ich dann wieder mit dem Songwriting angefangen hatte, hatte ich halt einfach keinen Bock mehr darauf. Ich habe eine unglaubliche Wut in mir gehabt und es kam alles anders.
Time For Metal / Sascha
Für mich machen die Bandbreite, die Black Metal Parts aber auch die eher rockigeren Elemente das Album Songs Against Humanity aus. Wie ist das, wenn ihr während des Aufnehmens merkt, dass es in unterschiedliche Songs und Richtungen geht? Wie geht ihr damit um? Ordnet ihr die Songs dann bisschen um oder kommen die nacheinander aufs Album?
The Spirit / Matthias
Ja klar. Wenn im Studio alles aufgenommen ist, sitzen wir zusammen und schauen, was passt, damit wir am Anfang nicht zwei superlahme Nummern haben, sondern gleich ein „in your face“ Song dabei ist. Ich gehöre zum Beispiel auch noch zu den Leuten, die sich Alben anhören und nicht nur einzelne Songs oder Playlisten. Da ist das superwichtig, dass die Songs gut angeordnet sind, damit es Spaß macht, das Album als Ganzes zu hören und da keine Durchhänger sind oder dass auf einen etwas langsameren Song eben noch mal was Flotteres folgt. Und auch dass zwischendrin, wenn irgendwie zwei flotte Nummern kamen, was zum Durchatmen kommt. Also ja, das ist sehr wichtig, dass die Songauswahl richtig ausgewählt ist.
Time For Metal / Sascha
Ich finde, ihr habt ja mit Songs Against Humanity schon ein sehr krasses Statement so vom Titel her. Was kannst du dazu sagen?
The Spirit / Matthias
Mit Sicherheit spielt da mein Zustand des letzten Jahres mit rein. Dass ich jetzt kein großer Fan meiner Mitmenschen bin, sollte eigentlich schon vom ersten Album an klar sein. Leute, die mich kennen, die wissen das sowieso schon. Mittlerweile passiert einfach so viel Scheiße. Ich habe in den letzten Jahren so viele kranke Sachen erlebt und gesehen. Sachen, die ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe und die ich erlebt habe, verändern einen einfach. Ich verliere wirklich Tag für Tag meinen Respekt vor der Menschheit im Allgemeinen. Genauso gibt es aber auch noch irgendwo Lichtpunkte und Leute, die einem so ein bisschen die Hoffnung zurückbringen.
Time For Metal / Sascha
Zu eurem Songwriting noch eine Frage. Ich hatte euch damals kurz nach eurem Debüt live gesehen, da hattet ihr auf der Tour mit Hypocrisy und Kataklysm eröffnet. Ihr werdet ja immer so von Anfang an ein bisschen mit Dissection verglichen. Man benutzt ja gerne Vergleiche zu Bands und kategorisiert. Wie seht ihr das? Ist das für euch Fluch oder Segen mit einer Band wie Dissection verglichen zu werden?
The Spirit / Matthias
Es geht nicht darum, was das für eine Band ist, mit der man verglichen wird oder was die für zwei Meisterwerke rausgehauen haben. Aber wenn man jemandem erzählt, dass The Spirit so und so klingen, dann hat derjenige das direkt im Kopf und dann ist die Erwartungshaltung halt sehr hoch. Natürlich ist es erst mal ein Riesenkompliment, aber ich weiß nicht genau, wo es herkommt. Auf dem ersten Album sind natürlich ein paar Riffs drauf, die gehen schon voll in die Richtung. Ich werde öfter darauf angesprochen und frage dann immer, in welchem Song wir genau nach Dissection klingen. Da gibt es kaum eine Antwort drauf. Aber das ist vollkommen okay und die Leute werden das immer machen. Es gibt Schlimmeres, als mit Dissection verglichen zu werden. Es ist ein ähnliches Musikgenre und ich arbeite extrem viel mit Melodien. Das war vielleicht der größte Einfluss von Dissection für mich. Ein Killerriff nach dem anderen auf den Alben zu haben. Mir geht es aber schon seit einigen Jahren so, dass mir die Sachen, die im Extrem Metal Bereich rauskommen, nichts mehr geben. Es ist so selten geworden, dass ein Album rauskommt, das geil ist und es geht auch nicht darum, dass man das Genre neu erfindet. Du musst halt nicht das Rad neu erfinden, du musst einfach gute Songs schreiben und darum geht’s. Und das war, was ich komplett vermisst hatte. So als Musikliebhaber, weil ich Musik konsumiere ohne Ende. Ich brauche das wie ein Junkie seinen nächsten Schuss. Es ist immer schwieriger geworden, etwas zu finden, was mich nicht langweilt. Das war dann auch der Grund für mich, ein Album zu schreiben, das ich gerne hören würde. Und um es zum Abschluss zu bringen, gibt es mit Sicherheit einige Überschneidungen und ich würde auch nicht sagen, dass Dissection kein Rieseneinfluss sind, aber andere Bands eben auch. Von Empire bis Rush ist alles dabei.
Time For Metal / Sascha
Gibt es noch irgendwelche Einflüsse, die du gerne verwirklichen würdest in deiner Musik?
The Spirit / Matthias
Was ich gerne von Anfang an gemacht hätte, sind Keyboards. Ich mag generell gerne Keyboards. Ob das jetzt 80s Pop ist oder Black Metal.
Das Problem ist, ich will bei The Spirit nichts vom Band laufen lassen. Geddy Lee von Rush hat in einem Interview mal gesagt, dass die im Studio nichts machen, was sie nicht zu dritt live auf der Bühne umsetzen können. Ich habe mir geschworen, dass wir alles live machen und dann eventuell noch ein Bandmitglied für Keyboards reinzuholen, das wird unseren Stil irgendwie ändern. Ich würde eher eine neue Band gründen, bei der ich mich austoben kann. Wir hatten aber einmal Keyboards drin und zwar auf dem letzten Album beim Rausschmeißer.
Time For Metal / Sascha
Wenn wir jetzt mal das Genre nehmen, in dem ihr euch bewegt. Die Stadien wird man mit Black/Death Metal nicht unbedingt füllen. Wie ist das für euch? Seid ihr als Band so weit gekommen, wie ihr euch das vorgestellt habt? Ihr könnt Alben veröffentlichen und Konzerte spielen. Ist das das, was ihr wollt oder sind da noch Ambitionen mehr zu erreichen und zum Beispiel solche Touren wie mit Hypocrisy und Kataklysm regelmäßiger zu machen?
The Spirit / Matthias
Wenn du nicht regelmäßig live spielst, kommt ganz schnell nichts mehr bei rum. Du musst ja live spielen. Das Ding ist, wir sind keine Band, die sich bei Social Media austobt und einen halben Zirkus mit auf die Bühne nimmt. Bei uns geht es einfach nur um die Musik. Dadurch, dass wir online kaum Reichweite haben, müssen wir viel live spielen, damit wir neue Leute erreichen.
Generell irgendwie größer zu werden, ja wollen wir auf jeden Fall. Aber sobald wir höhere Gagen bekommen, wird das sofort wieder in die Band investiert für besseres Equipment oder ein weiteres Crewmitglied, um einfach bessere Shows spielen zu können. Das kostet alles Geld. Die Leute müssen alle bezahlt werden. In einem 150er-Club zu spielen, kann geil sein, aber ich habe auch nichts dagegen, in einem 600er-Club zu spielen, bei dem die ganze PA High End ist und man den bestmöglichen Sound hat. Und um in solchen Venues zu spielen, musst du natürlich eine gewisse Größe haben. Und da sage ich definitiv nicht nein dazu, wenn wir noch ein paar Level aufsteigen können.
Viele Leute wollen nicht hören, dass da eben auch Geld eine Rolle spielt. Jeder steht morgens auf und muss irgendwie seine Kohle verdienen. Da regt sich niemand drüber auf, aber sobald man in einer Band ist und es, wie bei uns, eine Firma ist, muss man irgendwie Geld generieren. Man muss irgendwie die ganzen Kosten tragen. Im Extrem Metal Bereich ist das irgendwie immer noch so ein bisschen merkwürdig, wie das Thema angegangen wird.
Aber beispielsweise gestern war wieder so eine kleine Show. Das war mega. 150 Leute, die auf kleinstem engem Raum da waren – es war schwül, es war verschwitzt und trotzdem war es eine richtig geile Energie und eine top Show. Aber wir haben auch schon Shows mit The Spirit vor weitaus größerem Publikum gespielt, die auch mega waren.
Ob man es dann geschafft hat? Nee, das denke ich nicht. Ich sehe es immer mit Manuel, wenn wir wieder ein Album aufgenommen haben. Dafür, dass wir eigentlich nur mal so ein Ding raushauen wollten, sind wir schon bei Nummer vier und das ist für uns schon ein Ding. Krass, dass wir das immer noch so durchziehen und den Zwei-Jahres-Rhythmus beibehalten. Und hey, vielleicht gibt’s da noch ein Fünftes und man weiß ja nie, was passiert.
Time For Metal / Sascha
Es gibt viele Bands oder Musiker, die es nicht so weit schaffen. Ich finde es immer sehr interessant. Ihr habt ein Label, ihr habt Alben veröffentlicht und ihr geht auf Tour und ich finde, das ist doch eigentlich schon echt cool.
The Spirit / Matthias
Also, das ist verdammt harte Arbeit. Wir hatten jetzt nur vier Shows, und diese habe ich selber gebucht. In Oberhausen bin ich auch noch Veranstalter. Das ist alles ein Haufen Arbeit. Unsere ehemalige Booking-Agentur haben wir verlassen, und nun bin ich auch Tourmanager. Ich steh nur unter Strom. Das steckt viel Arbeit, selbst hinter kleinen Shows. Und das ist auch der Grund, warum viele Bands irgendwann keinen Bock mehr haben. Weil man einen Haufen Arbeit reinstecken muss und das ist nicht immer leicht. Ich genieße es, auf der Bühne zu sein, aber ich kann euch sagen, ich bin so froh, wenn nächste Woche ist und das Release draußen ist.
Ja, es ist viel Arbeit, aber wenn ich dann sehe, wie Leute im Publikum total abgehen. Leute, die genauso jede Zeile mitsingen und die Songs auswendig können. Das sind Sachen, die berühren mich. Da ist dann egal, mit wem du auf Tour warst oder welche großen Festivals du gespielt hast. Dass es solche Leute gibt, die wirklich so viel an unserer Musik haben, denen das wirklich was bedeutet und bei denen unsere Musik Emotionen auslöst – das ist der Hammer.