Event: Here Be Dragons Tour 2025
Bands: Avantasia
Datum: 28.03.2025
Genres: Heavy Metal, Power Metal, Metal Oper
Besucher: ca. 4.000 Besucher
Ort: Hanns-Martin-Schleyer-Halle, Stuttgart
Veranstalter: Music Circus Concertbüro
Kosten: VVK ab 71,20 Euro
Link: https://avantasia.com/
Setliste:
1. Creepshow
2. Reach Out For The Light
3. The Witch
4. Devil In The Belfry
5. Phantasmagoria
6. What’s Left Of Me
7. Dying For An Angel
8. Against The Wind
9. Here Be Dragons
10. The Story Ain’t Over
11. Avalon
12. Let The Storm Descend Upon You
13. Promised Land
14. The Toy Master
15. Twisted Mind
16. The Wicked Symphony
17. Shelter From The Rain
18. Farewell
19. The Scarecrow
20. Death Is Just A Feeling
21. Lucifer
22. Lost In Space
23. Sign Of The Cross / The Seven Angels
Outro: My Oh My (Slade)
Es ist Freitagabend. Nach einer ziemlich anstrengenden Woche ist die Versuchung, sich auf die Couch zu legen und gemütlich ins Wochenende zu chillen, sehr groß. Seit Monaten steht heute allerdings das Avantasia-Konzert für uns im Kalender. In Stuttgart – in der Schleyerhalle! Da hab‘ ich eigentlich keine guten Erinnerungen dran. Hat uns der Sound dort bei einigen Konzerten bereits extrem enttäuscht und auch der Einlass gestaltet sich dort meist suboptimal. Aber ok, ab ins Auto und auf durch den dichten Feierabendverkehr, gen Stuggitown. Der Einlass ist wie erwartet suboptimal, denn in der nebenan gelegenen Porsche-Arena findet parallel eine Turnveranstaltung statt. Es hat sich also schon eine beträchtliche Traube vor dem Eingang gebildet. Egal, nach einer Weile haben wir es in die Halle geschafft und stehen vor der, durch einen großen Stoffvorhang verhängten, Bühne.
Um 20:00 Uhr ertönen die ersten Gitarren-Riffs jenseits des Schleiers und unscharfe Schatten zeichnen sich auf dem Stoff ab, dann fällt besagter Vorhang und Tobias Sammet’s Avantasia eröffnen mit Creepshow, dem Opener ihres aktuellen Langspielers Here Be Dragons, die Show.
Meine Lustlosigkeit und die Strapazen der Woche sind schlagartig wie weggeblasen, als das Publikum bereits beim ersten Lied euphorisch mitsingt und so die Richtung für den Rest des Abends vorgibt. Mit Reach Out For The Light im Duett mit Adrienne Cowan (Seven Spires) folgt auf eines der neusten Stücke direkt eines der ältesten Lieder. Eine bunte Mischung erwartet die Besucher bei jedem Avantasia-Konzert. Ein neues Gesicht in Sammet’s Allstar-Ensemble betritt bei The Witch in Person von Tommy Karevik die Bühne, der wie auch sein Vorgänger bei Kamelot Roy Khan auf dem neuen Silberling zu hören ist. Die Lichtshow und die Bühnenbilder sind stets auf die Stücke abgestimmt, und so funkelt eine Hexe über der friedhofsartigen Bühne dem Publikum böse entgegen.
Ein „alter“ Bekannter hingegen ist Herbie Langhans (Firewind), der mit Devil In The Belfry ein Stück intonieren darf, welches laut Aussage von Mastermind Sammet noch nie in Stuttgart gespielt wurde. Das muntere Sängerwechseln geht direkt weiter. Mit dem Pretty Maids Fronter Ronnie Atkins kehrt ebenfalls ein langjähriges Avantasia-Mitglied auf die Bühne zurück, war er doch bei vorherigen Shows leider ausgefallen. Atkins haut dem Publikum das energiegeladene Phantasmagoria um die Ohren. WOW! Was für ein grandioser erster Konzertteil. Etwas ruhiger wird es, als Eric Martin (Mr.Big) zusammen mit Tobi die Powerballade What’s Left Of Me anstimmt. Ein schönes Stück aus der The Mystery Of Time-Epoche. Leider hört man hier, dass Tobi nicht jeden Ton trifft, was verständlich ist, wenn man sich anschaut, welches Pensum sich der Bandchef jeden Abend aufbürdet. Zwar gönnt er sich im Vergleich zu früheren Shows mehr Pausen und lässt bei mehreren Songs seine grandiosen Mitsänger/innen performen, aber trotzdem trägt das Mastermind nach wie vor den Großteil der Gesangsperformance auf seinen Schultern.
Der Sound in der Halle ist heute fantastisch, das befeuert die Stimmung ungemein, und auch Tobi bekundet immer wieder, wie geil der Auftritt heute ist. Mit der Singleauskopplung Against The Wind kommt das nächste Gesangstalent aus Schweden auf die Bühne. Kenny Leckremo (H.E.A.T) überzeugt die Zuschauer mit seiner Powerstimme und großartigen Ausstrahlung. Nach einem Tipp zum Alkoholkauf „Die Prozentzahl ist das Wichtige, nicht was es kostet!“ kündigt Tobi das längste Stück der heutigen Show an. Let The Storm Descend Upon You ballert mir mit voller Power die letzte Müdigkeit der Woche aus meinen Gliedern.
Nach inzwischen gut der Hälfte des Sets fällt mir mal wieder auf, was für eine Leistung auch Drummer Felix „Alien Drummbunny“ Bohnke jedes Mal abliefert und man ihm trotz der Anstrengung einfach ansieht, wie viel Spaß er hat. Weiter geht es mit einer zweiaktigen Retrospektive auf das Scarecrow-Album. Während The Toy Master sitzt und singt Tobi auf dem mittlerweile aufgebauten Drachenthron, der immer wieder Feuerfontänen gen Hallendach schickt. Zu Twisted Mind kehren Ronnie und Eric zurück und turnen munter auf der Bühne umher und quittieren am Ende die Textsicherheit des Publikums mit „Stuttgart, you are gorgeous!“ Das nächste Duett bestreiten die beiden Schweden der Truppe. Kenny und Tommy wetteifern in einem Gesangsbattle bei The Wicked Symphony darum, wer am höchsten und am längsten die Töne halten kann – einfach episch! Als im Nachgang Herbie vom Publikum mit lauten „Herbie, Herbie“ Rufen empfangen wird, fragt dieser rhetorisch: „Stuttgart, könnt ihr noch?“ und feuert mit Shelter From The Rain die nächste Temponummer hinterher.
Etwas ruhiger, aber nicht minder episch rührt das nächste Stück in der Emotionskiste des Publikums, denn die wunderbare Stimme von Chiara Tricarico (Moonlight Haze) entführt uns mit Farewell zurück auf die Metal Opera Pt.1. Erneut singt die ganze Halle lautstark mit, während die Arme über den Köpfen rhythmisch im Takt wedeln – ein absoluter Gänsehaut-Moment und eines der Highlights des heutigen Abends.
Langsam neigt sich das Konzert dem Ende entgegen und Tobias Sammet bedankt sich bei den Fans mit den Worten: „Mein 14-jähriges Ich hätte sich solche Abende wie heute nie zu träumen erhofft, ihr seid der Grund, warum ich Musik mache“! Avantasia nehmen uns zum Abschluss mit zurück zum Scarecrow-Album und dem zugehörigen Titeltrack. Hier hauen sie noch mal alles raus, Felix steht auf seinen Drums und feuert das Publikum an, das wieder textsicher und frenetisch mitsingt, während man Tobi zwischen seinen Strophen immer wieder leise vor sich hinmurmeln hört: „So geil, sooooo geil!“, und auch die Saiten- und Tastenmusiker dürfen sich mit ihren Soli noch profilieren.
Das Angel–Of–Babylon-Stück Death Is Just A Feeling läutet die Zugabe der heutigen Show ein. Zu passenden Licht- und Schattenspielen erstrahlt das Bühnenbild geradezu magisch. Als im Anschluss ein schwarzer Flügel auf die Bühne gerollt wird, wissen viele der Zuschauer bereits, welches Stück sie nun erwartet. Tobi setzt sich ans Klavier, betont, dass bei ihnen live nichts vom Band kommt, mit dem Hinweis: „Wir setzen lieber auf menschliche Dummheit als auf perfekte KI!“, und beginnt, Lucifer vom Album Ghostlights zu spielen. Ein Raunen geht durch die Menge, als im Refrain das Klavier in Flammen aufgeht und die Band mit einsetzt. In Sachen Epik und Timing macht den Avantasiern niemand etwas vor. Doch dann gibt es heute tatsächlich auch noch Pfiffe zu hören, als Tobi nach einem Bier verlangt und ein Tannenzäpfle gereicht bekommt! Ein Affront in der Hauptstadt Schwabens, ein badisches Bier vorgesetzt zu bekommen! 😉 Passenderweise folgt hierauf Avantasias einzige Top-10-Platzierung Lost In Space. Wie das badische Bier, welches in Schwaben lost ist. 😉. Wer jetzt aufgepasst hat, weiß: Es fehlt noch ein wichtiger Bestandteil jedes Avantasia-Konzertes. Das Medley aus Sign Of The Cross und Seven Angels. Während der Sign-Part, allein von Tobi und dem grandiosen Background Chor bestehend aus Adrienne, Chiara und Herbie, gesungen wird, stehen bei Seven Angels alle Bandmitglieder auf der Bühne und schmettern dem Publikum die letzten Töne entgegen. Somit endet das Konzert nach gut 2 3/4 Stunden. Was für ein Abend! Es hat sich mal wieder definitiv gelohnt, den inneren Schweinehund in den metaphorischen Zwinger zu sperren und auf einem Konzert so richtig zu feiern.