Isolation Festival 2020 am 14.05.2020 im Livestream

Danke für diesen Abend!

Festivalname: Isolation Festival 2020

Bands (in der Reihenfolge des Streams): Baest, Hideous Divinity, Svart Crown, The Offering, Bonded, Deserted Fear, Angelus Apatrida, Omnium Gatherum, Lucifer, Borknagar, Voivod, Insomnium, Dead Lord

Ort: Livestream

Datum: 14.05.2020

Kosten: gratis

Genres: Death Metal, Melodic Death Metal, Technical Death Metal, Thrash Metal, Black Metal, Crossover, Avantgarde Metal, Rock

Veranstalter: Century Media Records (https://www.facebook.com/centurymedia/) und EMP (https://www.facebook.com/emp.online/)

Link: https://www.facebook.com/events/966509407113006/

Livestreams haben ja mittlerweile sowieso mächtig an Fahrt aufgenommen, aber für den 14.05. haben sich Century Media und EMP etwas ganz Besonderes ausgedacht, nämlich das Isolation Festival 2020. Auf insgesamt vier Stunden ist es angesetzt, 13 Bands dürfen sich per Livestream präsentieren. Ich kenne von diesen 13 Bands acht, und auf drei freue ich mich besonders. Betreut werden wir während dieses Isolation Festivals von insgesamt drei Hosts, die abwechselnd die Bands ankündigen. Manchmal tritt auch noch ein „Promi“ in Erscheinung, der ein paar Sätze zur folgenden Band spricht.

Los geht es mit Baest aus Dänemark, die vorher noch nicht auf meinem Radar waren. Die Jungs lassen sich, so wie es aussieht, in ihrem Proberaum filmen, der Livestream kann mit schön vielen Kameraeinstellungen aufwarten. Augenscheinlich haben die fünf große Lust, uns ihren Death Metal, der mit sehr viel Progressive-Einschlägen daherkommt, um die Ohren zu ballern. Insgesamt präsentieren Baest vier Songs. Vom 2018er Album Danse Macabre gibt es Ego Te Absolvo und Crosswhore auf die Ohren, die, wie auch die anderen Songs, mit geilen Riffs und coolen Soli gespickt sind. Warum Sänger Simon irgendwann „I just want to say, I wear a pant“ sagt, erschließt sich mir zwar nicht, aber insgesamt eine geile Show, und Baest haben sich einen Platz in meiner Playlist erspielt.

Nach den bewegten und bunten Bildern von Baest könnte der Kontrast zu den folgenden Hideous Divinity aus Italien nicht größer sein. Ganz in schwarz/weiß gehalten, ändern sich die Kameraperspektiven der vier Bildschirme nicht. Die Saitenfraktion hat auf Stühlen Platz genommen, auf ein Bild des Drummers müssen wir leider verzichten, der kommt aus dem Off. Für großartigen Technical Death Metal sind Hideous Divinity bei ihren Fans bekannt, und ich denke mal, mit dieser Performance haben sie noch ein paar neue dazugewinnen können, mich auf jeden Fall. Sänger Enrico beherrscht die komplette Bandbreite an Shouts und Growls, und mit Songs wie Bent Until Fracture zeigen auch die Flitzefinger an den Saiten, was sie so drauf haben. Enrico schließt den Stream mit den Worten „Stay home, stay safe, stay Hideous“. Werden wir tun!

Die aus Frankreich stammenden Svart Crown haben ja gerade ihr viel beachtetes Album Wolves Among The Ashes veröffentlicht, auf dem sie natürlich keinen Millimeter von der altbewährten und immer wieder spannenden Mischung aus Death und Black Metal abweichen. Worte machen sie heute, außer mit dem Gesang von JB und Clément, keine und stürzen mit ihrem ebenfalls in schwarz/weiß gehaltenen Auftritt die Welt in ein düsteres Chaos. Neben den beiden Flitzefingern ist Drummer Nicolas zu sehen, auf Neuzugang Julien am Bass müssen wir auch nicht verzichten. Schwere Kost wird da angerichtet, aber genau dafür werden Svart Crown von ihren Fans natürlich geliebt und sägen so auch beharrlich am Black/Death Metal Thron. Mit diesem Stream haben sie jedenfalls ihren Songs den richtigen visuellen Rahmen gegeben.

Dann kommt auch endlich die erste der drei Bands, auf die ich mich sehr gefreut habe. Nach dem grandiosen Album Home, das bei mir neun von zehn Punkten einheimsen konnte, bin ich gespannt, was beim Stream von The Offering so abgeht. Der kommt über Splitscreen zu uns, jedes der vier Bandmitglieder hat sein eigenes Eckchen, wobei Sänger Alexander augenscheinlich in seinem Wohnzimmer rumtobt, wie Rumpelstilzchen und bei den langen Instrumentalpassagen auch noch Zeit findet, mit seiner Katze zu spielen. Meine Lieblingstracks gibt’s auch, nämlich Lovesick und Ultraviolence, und wie sich Sänger Alexander da setzen kann, weiß ich nicht, ich hüpfe wie ein Flummi in meinem Zimmer rum. Als letzten Track noch Failure (SOS), dann komme ich langsam wieder zu Atem.

Bonded habe ich gerade noch im Januar beim Thrash Speed Burn im Kulttempel in Oberhausen live erleben dürfen. An dem Tag haben sie ihr Debütalbum Rest In Violence präsentiert, damit könnten sie die ihnen heute zur Verfügung stehende Zeit locker mehrfach füllen. So gibt’s dann aber zumindest Galaxy M87 und No Cure For Life. Bei The Rattle & The Snake zückt Sänger Ingo dann sogar eine Mundharmonika. Dass Drummer Markus auch schon bei der ersten Band, die bei Century Media unter Vertrag genommen wurde, nämlich Despair, am Schlagzeug saß, finde ich schon ziemlich beeindruckend. So schließt sich der Kreis.

Die Männer von Deserted Fear treffen wir ziemlich relaxed auf der Terrasse an, bevor man sich gemeinsam auf den Weg nach drinnen macht. Fabian weist noch mit einem Augenzwinkern darauf hin, dass man ja im gleichen Haus wohne und darum auch in diesen Zeiten gemeinsam Musik machen dürfe. Dann geht es aber los mit dem Death Metal, für den die Männer von Deserted Fear seit mittlerweile 13 Jahren bekannt sind. Vom zweiten Album gibt’s den Song Kingdom Of Worms, und zwischendrin gönnen sich Manuel und Fabian immer mal wieder einen Schluck aus der Bierpulle, während sich Drummer Simon augenscheinlich an Wasser hält. Das Video wurde wohl aufgezeichnet, als die Warmfront über Deutschland zog. Die Sonne scheint durch die großen Fenster, und drinnen dürfte es tatsächlich mächtig warm sein.

Apropos mächtig warm, dafür ist Spanien ja auch bekannt. Von dort kommen Angelus Apatrida, die sich dem Thrash Metal verschrieben haben. Vom Ansehen her hätte ich es ihnen nicht geglaubt, aber die Jungs sind tatsächlich bereits seit dem Jahr 2000 am Start, können also dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Bestehen feiern. Mit zwei Songs vom letzten Album Cabaret De La Guillotine geht’s los, nämlich Betrayed und Downfall Of The Nation. Dann geht’s zurück ins Jahr 2015, Serpents On Parade ballert aus den Boxen. Noch einmal drei Jahre weiter in die Vergangenheit ziehen uns Angelus Apatrida mit You Are Next, und es macht richtig Spaß, den vier Jungs zuzuschauen. Sänger und Gitarrist Guillermo zeigt sich sogar unter diesen Umständen als richtige Rampensau, nur Drummer Victor tut mir ein wenig leid. Der sitzt mit seinen E-Drums in einem wahnsinnig engen Raum, die Drums direkt vor der einen Wand, er selbst sitzt mit dem Rücken an der anderen Wand. Aber auch er macht das Beste draus.

Mit lobenden Worten werden dann die Melodic Death Metaller von Omnium Gatherum angekündigt und ich freue mich, sie nun auch endlich mal „live“ erleben zu können. Auf einer richtigen Bühne stehen sie, aber seltsam, da passiert erst mal nix. Man unterhält sich, die Gitarristen stimmen noch ihre Instrumente, irgendwann klettert der Drummer an seinen Platz. Und dann ist aber nach einem ihrer geilsten Songs, nämlich Be The Sky, auch schon wieder Schluss. Ähnlich läuft es auch mit dem „Stream“ von Insomnium, aber dazu später mehr. Im Moment sehr, sehr schade.

Größer könnte der Kontrast nicht sein, Lucifer aus Schweden bewegen sich musikalisch im Doom Metal bzw. Rock. Sängerin Johanna hat sich mit den vier Jungs in einem ziemlich engen Raum aufgebaut. Da ist nicht viel Bewegungsspielraum, aber das macht der Mensch mit der Kamera mehr als wett. Der klettert zwischen den Mikroständern hin und her, rauscht zum Drummer, dreht sich um sich selbst und könnte damit als lebende 360-Grad-Kamera Karriere machen. Ansagen gibt es keine, und da ich Lucifer vorher noch nie gehört hatte, kann ich zu den Songs also gar nichts sagen. Nach dem Set bauen sie sich dann aber noch auf und verabschieden sich für heute.

Zum Nachbarland Norwegen hat Schweden eine sehr lange Grenze, aber Doom können die nun folgenden Borknagar auch. Den haben sie sich für heute allerdings aufgespart, los geht es mit dem wunderbaren Voices vom letzten Album True North aus 2019, direkt gefolgt von Up North vom gleichen Album. Auf dem Bildschirm wird’s voll, da wurden vorher viele Kameras aufgebaut. Aber Borknagar lösen das sehr geschickt, es gibt einen großen Bildschirm über fast die gesamte Fläche, unter diesem sieht man dann in kleineren Feldern die anderen Bandmitglieder und kann ihnen bei ihrem Tun zusehen. Ich durfte sie schon einmal live erleben und hoffe, dass das irgendwann auch mal wieder möglich sein wird, das sind wirklich großartige Künstler.

Mit der Musik der nächsten Band werde ich zugegebenermaßen nicht warm, aber unterhalten können Voivod natürlich trotzdem. Zunächst einmal sitzt aber ein relativ trauriger Denis am Fenster, von dem aus er einen schönen Blick hat, und erzählt, dass man sich natürlich gefreut habe, zum Isolation Festival eingeladen worden zu sein. Aber für die Band wäre es halt aktuell sehr schwierig, man habe nur Zugriff auf rudimentäres Equipment, dürfe sich nicht im Proberaum treffen und müsse jetzt halt improvisieren. Seinen merkwürdigen Aufzug mit hochgezogener Atemschutzmaske, Gummihandschuhen und Warnweste erläutert er damit, dass er so seine Unterstützung für die aktuell im Einsatz befindlichen Helfer zum Ausdruck bringen wolle. Die zwei Songs, die man heute spielen will, Obsolete Beings und Our Confusion, habe man ausgewählt, weil es da doch gewisse Gemeinsamkeiten zwischen den Songtexten und der aktuellen Situation gäbe. Aber dann ist genug geredet, und mit einem sehr variablen Splitscreen präsentieren sich Denis und die Saitenfraktion, Drummer Michel kam nicht an sein Kit, stellvertretend für ihn wird das Voivod-Logo eingeblendet.

Als die Könige des Melodic Death Metal werden sie dann endlich angekündigt, als vorletzte Band stehen Insomnium auf der Liste. Aber wie schon bei Omnium Gatherum ist alles sehr merkwürdig. Es ist die gleiche Bühne, das Backdrop von Omnium Gatherum hängt noch, und die Jungs von Insomnium agieren recht statisch. Die Kameraführung ist nicht nachvollziehbar, Sänger Niilo ist kaum im Bild und wenn, dann zupft er recht lustlos an seinem Bass herum. Auch gesangstechnisch ist das sehr enttäuschend. Nur der wunderbare Klargesang von Ville kommt bei While We Sleep auch live wunderbar rüber. Und auch mit dem folgenden Heart Like A Grave können Insomnium überhaupt und gar nicht begeistern. Niilo klingt, als ob er erkältet ist, der Sound ist insgesamt unterirdisch. Auch wenn es ja wirklich meine Könige des MDM sind, bin ich tatsächlich froh, dass nach zwei Songs Schluss ist.

Zur Ehrenrettung beider Bands, also Omnium Gatherum und Insomnium, sei aber gesagt, woran diese schlechte Performance aller Wahrscheinlichkeit nach lag: Vor einiger Zeit wollten beide Bands selbst einen Livestream direkt aus Finnland in die Wohnungen der Fans senden. Das scheiterte aber an technischen Problemen, und der Stream konnte nicht stattfinden. Man hatte aber wohl schon die Soundchecks mitgefilmt, und so ist anzunehmen, dass wir diese dann heute präsentiert bekamen. Mit diesem Gedanken würde es Sinn machen, aber wäre natürlich sehr schade.

Als letzte Band empfangen uns Dead Lord aus Schweden, die von der Sängerin von Lucifer angesagt werden. Dead Lord haben wohl ihren Proberaum in einen Partykeller umfunktioniert, da blinken überall bunte Lichter, alles sehr psychedelisch angehaucht. Passt aber zu dem Rock, den die Männer jetzt zu später Stunde präsentieren. Und ähnlich, wie schon bei Lucifer, ist auch hier der Mensch mit der Kamera sehr aktiv. Hier hat er sehr viel Platz, um die Männer aus allen möglichen Positionen zu filmen, und manchmal übertreibt er es schon fast ein wenig mit seinen rasanten Schwenks und Drehern. Aber die Männer von Dead Lord zeigen sich völlig unbeeindruckt, zocken sich durch ihr energiegeladenes Set und reißen mich damit zu später Stunde tatsächlich noch einmal vom Stuhl.

Dass es nun gerade zwei der drei Bands trifft, auf die ich mich gefreut hatte, kann man natürlich niemandem zum Vorwurf machen. Insgesamt haben Century Media und EMP aber mit dem Isolation Festival über vier Stunden tolle Unterhaltung geliefert und wirklich großartige Bands präsentiert. Da hat bestimmt sehr viel Arbeit hinter gesteckt, und die kann man nur machen, wenn man mit Herz und Seele dabei ist. Dafür ein dickes Dankeschön!