Leprous – Interactive Livestream in Cederberg Studios am 09.10.2020

Fans bestimmen die Setlist

Eventname: Leprous – Interactive Live Stream

Headliner: Leprous

Ort: Cederberg Studios, Kristansand, Norwegen, Livestream

Datum: 09.10.2020

Kosten: 100 NOK Normal, 500 NOK VIP

Genre: Progressive Metal, Progressive Rock

Besucher: ca. 1000 Besucher

Veranstalter: Vier.live (https://vier.live/)

Links: https://www.leprous.net/
https://de-de.facebook.com/leprousband/

Setliste:

  1. Chronic
  2. Forced Entry
  3. Moon
  4. Passing
  5. Echo
  6. Slave
  7. Mirage
  8. The Sky Is Red
  9. Acquired Taste
  10. Down
  11. Rewind
  12. The Valley

Recht kurzfristig gab es die Option, an der interaktiven Livestream Show von Leprous teilnehmen zu können. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Termin glatt durch die Lappen gerutscht ist. Da Leprous ja gerade Ende letzten Jahres mit Pitfalls (Review hier) eine neue Scheibe via Inside Out auf den Markt geworfen haben, ist der heutige Stream dann doch eine Überraschung. Mit Pitfalls war man auch auf Tour und machte Halt in Hamburg (Klick). Bereits vorab konnte man erfahren, dass es zwei Arten an Tickets gibt. Einmal der normale Zugang zum Stream und einmal VIP-Ticket. VIP-Ticket bei einem Stream? Das gibt doch einiges an Fragezeichen. Band und VIP-Ticket Käufer stellen quasi die Show zusammen. Es gibt vor und nach der Show Chats und Ähnliches, wo Band und Fans sich austauschen und über verschiedene Votings Fans quasi die Setliste für den Abend zusammenstellen. Das klingt auf jeden Fall schon mal interessant.

Für mich geht es dann um kurz vor 20 Uhr los, die Verbindung ist da, ein Chat läuft parallel und Zuschauer kommen aus der ganzen Welt. Südamerika finde ich immer wieder sehr interessant. Heute sind hier Fans aus Chile z.B. am Start, aber auch aus Japan. Die Zeitverschiebung darf man bei dem Aspekt ja nicht ganz außer Acht lassen, allen voran bei Japan.

Wie es sich für ein Livekonzert gehört, ist der Start etwas holprig. Zunächst ist der Bildschirm erst mal dunkel, dann erscheint das Bild, aber der Ton ist noch nicht so ganz optimal – also alles wie bei einem normalen Konzert. Das hat sich nach dem zweiten Song spätestens aber voll und ganz eingepegelt, Ausnahme das Mikro vom Bassisten Daniel, das ist nicht so optimal während der gesamten Show. Die Bühne ist recht klein. Einar Solberg ist mit Keyboards an der Seite untergebracht, die beiden Gitarren von Tor Oddmund Suhrke und Robin Ognedal bilden quasi die Mitte, der Bass mit Simen Daniel Børven und Drummer Baard Kolstad, mit sehr windschnittigen Haaren heute, sind auf der anderen Seite von Einar auszumachen. Die Kameraführung nutzt einige fest installierte Kameras sowie eine mobile Kamera, welche die Musiker sehr nah zoomen kann. Nach einer Begrüßung und Ansage von Einar gibt es den ersten Track, der über das Voting der Fans ausgewählt wurde. Mit Chronic (Coal, 2013) geht es dann gleich mal in die etwas härtere Vergangenheit der Norweger, gefolgt von Forced Entry (Bilateral, 2011), meines Erachtens einer der besten Nummern von Einar und Co.. Einar zeigt sich überrascht über die Wahl der Fans, welche sich nicht in den Zugriffsraten via Spotify und Co. widerspiegelt. Ja, lieber Einar – soll ich dir das mal erläutern? Wie viele von den Spotify Hören sind denn bei den Konzerten und wer kauft denn eure CDs oder LPs? Nach der ca. zehnminütigen Darbietung stehen den Herren bereits die Schweißtropfen auf der Stirn und es muss erst mal Wasser zum Abkühlen her. Einar erläutert, wie das Voting funktioniert, die 110 VIP-Karten bestimmen quasi die Show über interaktive Abstimmungen. Die Band hat mehr als 40 Tracks im Angebot – im Vergleich: Auf der Headliner Tour letztes Jahr spielte man 13 Tracks. Das ist dann schon mal eine echte Leistung, solch ein mögliches Set vorzubereiten. Mit Moon geht es in das Jahr 2015 und dem Longplayer The Congregation, gefolgt von einem meiner Favoriten Passing (Tall Poppy Syndrome, 2011). Nun kommen einzelne Wünsche der VIP-Karten zum Tragen, welche vorab ausgelost worden sind. Ein Video startet und ein Fanclub aus Oslo meldet sich und wünscht sich Echo (Coal, 2013), da man Echo bisher noch nicht live gesehen hat. Aus den USA kommt der Wunsch Slave (The Congregation, 2015) und bei dem Fan aus Wisconsin gibt es einen Blick durch die Wohnung. Da sind viele, sehr viele Cover an den Wänden zu sehen. Slave überzeugt vor allem durch den für Leprous recht einfach gehaltenen Gitarrenpart, welcher aber eine schöne Power als Performance, auch via Stream, auf meine Boxen bringt und meine Nachbarn hoffentlich in helle Begeisterung bringt. Via Mirage (Malina, 2017) geht es zu dem mit großem Abstand stärksten Track des letzten Werks Pitfalls und mehr als zehn Minuten The Sky Is Red, welcher auch als Rausschmeißer bei den Gigs im letzten Jahr genutzt wurde. Ein Vergleich zu Opeth und Deliverance bietet sich hier einfach an, auf jeden Fall eine klasse Nummer. Acquired Taste wird von den VIPs aus einer Auswahl von sechs Songs herausgepickt und es geht noch mal zum ganzen starken Album Bilateral aus dem Jahre 2011. Es zeigt sich bei der Auswahl bereits, dass die Fanbase wenig auf Malina und Pitfalls zurückgreift. Das mag bei Spotify anders aussehen, aber wie bei dem Gig in Hamburg letztes Jahr sind es die alten, sperrig progressiven Dinger, die Leprous für die meisten Fans interessant macht. Das nächste Voting beschert uns Down (The Congregation, 2015), das Quintett muss sich immer etwas einpendeln vor dem Start – wie gesagt, wenn ich 40 Titel für eine Show vorbereite, dann ist das eine ganz andere Hausnummer als 15 oder 20 Dinger, welche ich auf einer Tour performe und jeden Abend spiele. Mich erfreut das positive Voting zu Rewind (The Congregation, 2015), ein Hammer nach wie vor. Auf einer Tour vor ein paar Jahren hatte sich sogar fast ein Moshpit bei progressiver Musik gebildet – so werden die Boxen nochmals richtig ausgefahren – die Nachbarn sollen ja schließlich auch was von dem Konzert haben. The Valley von der Coal (2013) bildet den Schlusspunkt, auch eine klasse Nummer, die live sehr gut rüberkommt. Nach dem letzten Ton wird der Stream dunkel, der Chat der Fans läuft aber noch weiter und vermutlich noch der VIP interaktive Chat. Jetzt sind hier gerade mal 12 Nummern auf der Setliste, aber die Herren stehen zum Ende klitschenass auf der kleinen Bühne nach ca. zwei Stunden Perfomance – ich bin mir nicht 100 % sicher, aber einen Song unter fünf Minuten Länge gibt es bei Leprous eigentlich nicht oder sehr selten, dafür einiges an Material mit zehn oder mehr Minuten Laufzeit.

Fazit: Da haben sich die Herren um Einar Solberg mal wirklich etwas einfallen lassen. Die Fans quasi die Setlist bestimmen zu lassen, ist auf jeden Fall ein anderer, sehr interessanter Ansatz für Streamingshows. Das ist für die Band sehr viel Arbeit in der Vorbereitung, aber mal wieder ältere Titel zu spielen, kann ja auch Spaß machen. Auf jeden Fall hat so eine Streamingshow einen ganz anderen Value für einen Fan, als wenn dort mehr oder weniger ein Video runterläuft.

Weiterhin sollten die Herren mal genau schauen, was denn so von den Zuhörern ausgewählt wurde. Jeweils nur einmal Malina und Pitfalls, dafür dreimal Coal und vier Songs von The Congregation. Also liebe Herren bei Leprous – zu euren Konzerten kommen progressive Musikfans, keine Anhänger des Mainstreams Pop. So endet für mich das Konzert und diese Setlist bitte konservieren und bei der nächsten Tour als „Corona Is Over“ Konzert noch mal mit Menschen vor der Bühne performen.