Leprous + Support auf Pitfalls Tour am 24.11.2019 im Übel & Gefährlich, Hamburg

Die Pitfalls Tour im Hamburger Hochbunker

Eventname: Leprous – Pitfalls Tour

Headliner: Leprous

Vorband(s): The Ocean, Port Noir

Ort: Übel & Gefährlich, Hamburg

Datum: 24.11.2019

Kosten: 27,60 € VVK, 30,00 € AK

Genre: Progressive Metal, Nu Metal, Progressive Rock

Besucher: ca. 450 Besucher

Veranstalter: River Concerts (www.riverconcerts.de)

Links: https://www.facebook.com/leprousband/
https://www.leprous.net/
https://www.portnoir.com/
https://de-de.facebook.com/theoceancollective/?ref=page_internal

Setliste:

Port Noir:

  1. Young Bloods
  2. Flawless
  3. Blow
  4. Old Fashioned
  5. 13

The Ocean:

  1. Permian: The Great Dying
  2. Mesopelagic: Into  The Uncanny
  3. Devonian: Nascent
  4. Bathyalpelagic I: Impasses
  5. Bathyalpelagic II: The Wish In Dreams
  6. Silurian: Age Of Sea Scorpions
  7. Cambrian II: Eternal Rescurrence

Leprous:

  1. Below
  2. I Lose Hope
  3. Acquired Taste
  4. Stuck
  5. Third Law
  6. Observe The Train
  7. Alleviate
  8. Angel
  9. The Price
  10. The Cloak
  11. Distant Bells

Zugabe:

  1. From The Flame
  2. The Sky Is Red

Am heutigen 24.11.2019 findet das Konzert der norwegischen Progressive Metal Band Leprous im Übel & Gefährlich im Hamburger Hochbunker an der Feldstraße statt. Die erste Herausforderung: die vermutliche Anfangszeit herauszufinden. Die Homepage des Clubs sagte: Einlass 20 Uhr, Beginn 21 Uhr. Die Eintrittskarten meinten dagegen Einlass 19 Uhr und Start um 20 Uhr. Die Erfahrungen bei den Konzerten in Hamburg lässt mich so gegen 18:45 Uhr am Veranstaltungsort erscheinen. Da steht unten auf Zetteln beklebt und beschildert: Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr. Naja, dann ist ja alles klar – oder auch nicht – tatsächlich sind Port Noir dann um 19:30 Uhr auf der Bühne. Nicht nur meine Person verpasst den Anfang, viele weitere Personen sind noch gar nicht vor Ort. Wenn man unten steht (das Konzert ist im 4. Stock), bekommt man nicht mit, dass eine Band nun auf der Bühne ist. Es ist halt ein Bunker – da dringt nichts nach außen. Da gibt es also auf jeden Fall noch „Optimierungspotenzial“ für Club und Veranstalter, was die klaren Stage-Zeiten angeht.

Durch diese Umstände verpasse ich den Anfang von Port Noir. Der Musikbunker befindet sich am Rande des Heiligengeistfeldes – wo heute auch noch der Winterdom stattfindet (Winterdom = Jahrmarkt in Hamburg; gibt es leider 12 Wochen im Jahr). Das Übel & Gefährlich betreibt zwei Räumlichkeiten im Hochbunker. Einmal gibt es das Turmzimmer (für ca. 300 Leute) und den Ballsaal in der vierten Etage für bis zu 1000 Menschen (wenn keine Bühne und sonstiges Equipment in den Räumlichkeiten stehen). Heute sind ca. 450 Zuschauer anwesend und der Saal damit gut gefüllt. Eigentlich ist der Club musikalisch eher in anderen Genres als im Metal zu Hause.

Ab dem zweiten Song kann man dann Port Noir aus Schweden verfolgen. Im Gegensatz zum Headliner kommen die drei Schweden eher mit Nu Metal auf die Bretter. So sind da durchaus Klänge der Beastie Boys zu vernehmen. Ansonsten gibt es einen sehr guten Sound für einen Opener zu vermelden. Später stellt sich heraus, dass die gesamte Technik inkl. der Menschen am Mischpult und Reglern zur Tour gehören. Sprich: Auch hier überlassen Leprous und Gefolge nichts dem Zufall. Nach einer knappen halben Stunde und fünf Titeln, ausschließlich von dem neuen Album The New Routine, ist dann auch schon Schluss.

Als zweite Vorband sind nach kurzer Umbaupause The Ocean aus Berlin an der Reihe. Die Band hat eine recht unorthodoxe Anordnung. Den Sänger Loïc Rossetti kann man im dichten Nebel und dunklem Licht links vom Schlagzeug auszumachen. Das ist aber nur daran zu erkennen, dass dort ein Mikrofon aufblitzt. Die Berliner Gruppe hat bei ca. 50 Minuten Spielzeit sieben Songs im Repertoire. Dabei konzentriert man sich auf die letzten beiden Werke: Das 2013 erschiene Pelagial und den aktuellen 2018er Longplayer Phanerozoic I: Palaeozoic. Sänger Loic sorgt mit einem „angedeuteten Crowdsurfen“ auch für intimeren Kontakt mit dem Publikum. Auch bei The Ocean bleibt der Sound perfekt. Shouts und Klargesang reichen sich die Hand, ebenso eingängige Melodien mit Hardcoreelementen. The Ocean stehen für ihren eigenen Sound und sind schon immer schwer einem Genre zuzuordnen. Einziges Manko ist für mich, dass man nicht auch auf die älteren Alben wie Aeolian oder Heliocentric bezüglich der Setlist zurückgegriffen hat. Das ist wiederum Meckern auf hohem Niveau. Auf jeden Fall musikalisch ein klares Brett und überzeugender Auftritt der Fünf-Man-Kombo aus der Hauptstadt.

Nun dauert die Umbaupause etwas länger für den Headliner des Abends. Wie so oft bei Bands mit progressiver Musik, trifft man auf eine ganze Reihe weiterer Musiker im Publikum. Unter anderem sind Bandmitglieder von Kambrium aus Helmstedt unter den Zuschauern. Nach etwas mehr als 40 Minuten Wartezeit geht es dann auch los. Der Opener ist Below vom neuen Album Pitfalls. Einar Solberg wie üblich mit Schlips und Kragen. Auch die anderen vier sind schnell ausgemacht. Doch hinten rechts in der Ecke ist jemand zu sehen, der so gar nicht in das adrett gekleidete Kollektiv von Leprous passt. Da sitzt ein Herr mit langen Haaren und einem Cello. Etwas Nachfragen und Recherchieren ergeben, dass es sich um den Kanadier Raphael Weinroth-Browne handelt, der seit dem Malina Album bei längeren Touren als Livesupport mit dabei ist. Bei Festivals oder Ähnlichem ist er in der Regel allerdings nicht zu finden. Von Kanada ist es ja auch ein etwas weiterer Weg. Musikalisch reiht er sich nicht ganz so ein wie bei Leprous gewohnt. Da wird dann nicht nur Live gespielt, sondern auch gesampelt (was bei der Zugabe auffällt, wo das Cello einfach so von alleine spielt).

Dass der Sound und der Auftritt bei Leprous von A-Z perfekt ist, muss man nicht erwähnen. Eher ist schon zu erwähnen ist, dass Drummer Baard Kolstad bei I Lose Hope zwei leichte Verspieler hat. Da ist er doch tatsächlich geringfügig aus dem Rhythmus geraten. Bei Acquired Taste vom Record Bilateral kommen nun auch die Freunde der härteren Klänge auf ihre Kosten. Im Stakkatolicht greifen Tor Oddmund Suhrke, Robin Ognedal und Baard Kolstad kräftig in die Saiten und sorgen für Headbanging und Pommesgabeln im Publikum. Wenn man dann schon mal durch die Geschichte von Leprous reist, kann man mit Stuck vom 2017er-Werk Malina und Third Law zum 2015er-Album The Congregation gleich weiter machen. Via Oberserve The Train geht es postwendend in das Jahr 2019. Alleviate darf natürlich auch nicht fehlen. Hier kann sich dann Einar gesanglich richtig austoben. Was hat der Kerl für eine Stimme. Wahnsinn! Etwas überraschend finde ich, dass es Angel (eine Coverversion eines Massive Attack Songs, welcher als Bonustitel auf der neuen Scheibe zu finden ist) in die Setlist schafft. Mit The Cloak und The Price werden noch mal zwei ältere Werke live performt, bevor Distant Bells als letzter Song des Hauptteils folgt. Die Zugabe startet mit From The Flame bevor The Sky Is Red den Rausschmeißer macht. Hier fühlt man sich zwangsläufig an eine andere Band aus Skandinavien erinnert. Opeth schließen ja ihre Konzerte gerne mit Deliverance. Nach 13 Titeln (sieben vom aktuellen Album) findet der Gig nach rund 90 Minuten Spielzeit sein Ende.

Was soll man als Fazit zu dem Auftritt von Leprous schreiben? Alles andere als Perfektion wäre für mich enttäuschend gewesen. In dieser Hinsicht sind alle Erwartungen voll und ganz erfüllt. Die Zuhörerschaft war aber gerade bezüglich des neuen Werks recht gespalten. Die Menschen, mit den ich so sprach, waren sich allesamt einig: Viel zu poppig und zu wenig Metal. Auch wenn die Titel live etwas härter rüberkommen als auf Platte. Sollten Leprous den eingeschlagenen Weg weiter in Richtung Art Rock verfolgen, dürfte sich die Anhängerschaft verändern. Die meisten Zuhörer waren bei den älteren Titeln in Bewegung. Die neuen Songs sind ganz nett und perfekt in der Performance dargeboten, aber für Begeisterungsstürme sorgen sie nicht.