Molly Hatchet und King Savage am 17.12.2019 in der Konzertfabrik Z7 in Pratteln

Stehaufmännchen der Südstaaten

Event: 45th Anniversary Tour 2019

Headliner: Molly Hatchet

Support: King Savage

Ort: Konzertfabrik Z7, Kraftwerkstr. 7, 4133 Pratteln, Schweiz

Datum: 17.12.2019

Kosten: 39,70 € VVK

Genre: Southern Rock, Classic Rock, Rock, Hardrock

Besucher: ca. 250

Veranstalter: Konzertfabrik Z7 http://www.z-7.ch

Link: https://www.facebook.com/events/2195778700714705/

Setlisten:

King Savage:

01. Wildlife Fever
02. Groove
03. Lonesome
04. Thrill Me
05. Cash
06. She`s The Girl
07. Walk On
08. Whole Lotta Rosie
09. Down The Drain

Molly Hatchet:

01. Whiskey Man
02. Bounty Hunter
03. Gator Country
04. It`s All Over Now
05. One Mans Pleasure
06. Devil`s Canyon
07. Drum Solo
08. Beatin` The Odds
09. I`m Gonna Live Til´ I Die
10. In The Darkness Of The Night
11. Fall Of The Peacemakers
12. Son Of The South
13. Jukin` City
14. Dreams I`ll Never See
15. Boggie No More (Zugabe)
16. Flirtin` With Disaster (Zugabe)

Molly Hatchet gehören neben Lynyrd Skynyrd und den Allman Brothers zu den wichtigsten Vertretern des Southern Rock, doch kaum eine andere Band hat so viele ehemalige Mitglieder zu Grabe tragen müssen, kaum eine andere Band hat über die Jahre so viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen wie die Südstaaten Rocker. Mit Ausnahme von Ur-Gitarrist Steve Holland sind alle Originalbandmitglieder tot und selbst Steve ist nicht mehr mit an Bord. Erst im April 2019 verstarb der langjährige Sänger Phil McCormack, doch die schon oft verloren geglaubte Band schafft es immer wieder, die Heldentaten ihrer frühen Erfolge wieder aufleben zu lassen. Die Herren kommen aus jeder Krise mit hoch erhobenem Haupt zurück und zeigen der neuen Generation, wie laut der Süden rockt. Aktuell befindet sich die Band aus Jacksonsville, Florida auf ihrer 45th Anniversary Tour und mit Battleground steht ein neues Livealbum, welches auf der 40th Anniversary Tour in den USA mitgeschnitten wurde, in den Regalen der CD-Dealer eures Vertrauens.

Heute, nur wenige Tage vor Weihnachten, spielen die Südstaaten Rocker in der Konzertfabrik Z7 im schweizerischen Pratteln, doch die Töne werden sicher alles andere als besinnlich sein. Für die Aufwärmübung werden die Karlsruher von King Savage zuständig sein. Doch kaum an der Location angekommen, wird mir wieder einmal vor Augen geführt, dass der Dienstag kein guter Tag für Rockkonzerte in der Schweiz ist, denn der Andrang ist nicht besonders groß und das Konzert findet nur im verkleinerten Midi-Z7 statt. Wie zu hören ist, sind im Vorverkauf gerade einmal uncoole 100 Tickets über den Tisch gegangen.

Gemessen am Alter der Molly Hatchet Mitglieder spurten ziemlich pünktlich um 20:00 Uhr die fünf Jungspunde von King Savage auf die Bühne und legen mit Wildlife Fever vom 2015er-Album Full Speed Ahead gleich mächtig kraftvoll los. Geboten werden englischsprachige Songs aus eigener Feder. Die Band, die 2015 von Ex-Lucky Twist Membern gegründet wurde, besteht aktuell aus Arthur King (Vocals), Luke le Duke (Guitar, Vocals), Schmex (Guitar), Johnny Savage (Bass) und Fast Fred (Drums). Hier sind erfahrene Vollblutmusiker am Werk und das ist deutlich spürbar. Die Jungs haben Bock, geben von Beginn an Vollgas und lassen sich auch von dem mäßigen Publikumsandrang nicht einschüchtern. Der kraftvolle raue Hardrock der alten Schule à la Motörhead meets Johnny Cash und die Spielfreude der Musiker überträgt sich auch sogleich in die ersten Reihen. Der rotzige Rock ’n‘ Roll, ein Mix aus Blues und Sleaze / Glam-Rock mit einer leichten Country-Prise verfeinert ist durchaus in den 80er Jahren angesiedelt und lädt ein zum Party machen. Hier wird das Rad nicht neu erfunden, aber die Band agiert angenehm frisch und ungestüm und mit dem richtigen Maß an Engagement und so schmeckt auch hundertfach Aufgewärmtes manchmal gut. Frontmann Arthur King mutiert zur echten Rampensau und lässt nichts unversucht, um die Molly Hatchet Anhänger zu animieren, was bis zu einem gewissen Grad auch funktioniert. Immer wieder tänzelt er mit seinem Mikroständer am vorderen Bühnenrand herum und haut seine Vocals mit räudiger Straßenköter-Attitüde unters Volk. Die whiskeytriefende Stimme, die ein wenig an den verstorbenen Motörhead Frontmann Lemmy Kilmister erinnert, ist das Aushängeschild der Karlsruher und gefällt mir recht gut. Auch die Saitenfraktion mischt ordentlich mit, post am Bühnenrand, bangt wild drauflos und besticht durch häufigen Seitenwechsel. Angenehm fällt vor allem Axtmann Schmex auf, an dem ein zweiter Zakk Wylde verloren gegangen ist. Er gibt während des ganzen Auftritts alles und nur ganz selten ist während dieser Action zwischen langer Mähne und Vollbart mal sein Gesicht zu sehen. Das System, klischeehafte Texte treffen auf klassische Rock-Riffs, geht auf, denn immer mehr Besucher rücken vor an die Bühne. An die ganz großen Vorbilder kommt man aber trotzdem nicht heran, den Unterschied macht vor allem der nicht allzu große Wiedererkennungswert ihrer Songs. Wenn die Jungs in Zukunft daran noch etwas werkeln, dann ist der rotzige Southern Rock ’n‘ Roll noch nicht verloren. Warum man sich zwischendurch dem guten alten Johnny Cash widmet, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Als dann auch noch Sänger Arthur King von der Bühne verschwindet, Schmex seinen Posten am Mikro übernimmt und den AC/DC-Klassiker Whole Lotta Rosie raushaut, bekommt das Ganze etwas den Anstrich einer 08/15-Coverband. Der Down Under-Gassenhauer heizt die Stimmung natürlich noch einmal richtig an, doch der abschließende Up-Tempo-Kracher Down The Drain zeigt, dass man es auch alleine kann.

Nachdem die Südstaatenlegende in den letzten Jahren das eine oder andere Mal geschwächelt hat, stellt sich nun die Frage, ob Molly Hatchet heute in der Lage sind, das Energielevel von King Savage aufrecht zu erhalten. Mit dem 79er-Klassiker Whiskey Man legt man gleich mächtig rockend und rollend los und lässt sich ebenfalls nicht von dem recht schwachen Zuspruch beeindrucken. Die Band um den neuen Sänger Jimmy Elkins wird von einer von Anfang an begeistert mitgehenden Audienz empfangen und antwortet schon gleich zu Beginn mit einer ungeheuren Leidenschaft. Natürlich werden gleich Bounty Hunter und Gator Country nachgelegt, womit das altbewährte Eröffnungs-Tripple wieder komplett ist. Mit lieb gewonnenen Traditionen soll man halt nicht brechen und die Southern Rock Fans im Z7 geben den alten Recken recht und feiern die Klassiker. Die gut angeheizte Konzertfabrik steht wie eine Wand hinter der Band, das zeigt dann auch der erste Hüpfalarm während It`s All Over Now. Auch mit One Mans Pleasure suhlt man sich tief in den 70er Jahren, aus denen sich die Band über all die Jahre nicht wirklich befreien konnte. Warum auch, mit diesem ursprünglichen Blues-Rock-Gebräu fühlt man sich wohl und die Fans lieben den altbackenen Sound. Die Südstaatler halten an lieb gewonnenen Traditionen fest und so wird auch der alt bekannte Hell Yeah-Schlachtruf noch lange nicht verbannt. Einzig optisch kommt man so langsam im Jetzt an, obwohl die Cowboystiefel unter der Jeans noch immer zum obligatorischen Bühnenoutfit gehören. Mit Devil`s Canyon wird dann aber doch ein erster Ausflug ins Jahr 1996 unternommen, doch auch hier werden die üblichen Rockhymnen und der obligatorische raue Sound geboten. Gleich darauf geht es aber auch mit Beatin` The Odds schnell wieder zurück in die beginnenden Achtzigerjahre und die Nummer startet mit einem vorgelagerten Drumsolo von Schlagwerker Shawn Beamer. Beamer ein echter Blickfang auf der Bühne, denn er hockt mit wild wehenden grauen Haaren hinter seinem gewaltigen Drum-Kit. Die gesamte Band geht mit großer Spielfreude zur Sache und lässt die Alterserscheinungen der letzten Jahre vergessen. Ein weiterer Blickfang ist natürlich auch Gitarrist Bobby Ingram mit seiner ewig blonden Mähne, der immer wieder an den Bühnenrand vortritt und die Besucher aus nächster Nähe beim Spielen zuschauen lässt. Immer wieder lehnt er sich weit zurück und lässt die flinken Finger über die Saiten laufen, während er die Gitarre fast oberhalb des Kopfes hält. Der Mann alleine hält das Feeling der Band am Leben und er hat sichtlich Spaß dabei. Sympathiepunkte können auch Bassist Tim Lindsey und Neu-Frontmann Elkins einfahren. Der Mann mit Cowboyhut, mit dem er den anwesenden Fotografen das Leben schwer macht, schlurft mit unglaublicher Coolness über die Bühne und kann an die Großtaten seiner Vorgänger anschließen, oder man könnte auch sagen, er singt wie der Whiskey Man persönlich. Musikalisch entwickelt sich etwas später Fall Of The Peacemakers zum echten Highlight, denn die sich langsam aufbauende Antikriegshymne macht auch nach über 30 Jahren noch eine Gänsepelle. Ansonsten werden die Standards abgearbeitet, neuere Songs bleiben leider außen vor, aber die meisten sind eh wegen der Klassiker da. Mit Dreams I`ll Never See schleicht sich noch eine Coverversion ein, das Original stammt von den Allman Brothers. Während sonst oft noch Free Bird gespielt wird, bleiben die Kollegen von Lynyrd Skynyrd heute von der Setlist verbannt, schade! Dafür lässt der Zugabenblock mit Boggie No More und Flirtin` With Disaster das Z7 noch einmal ordentlich erbeben und schickt rundum zufriedene Besucher hinaus in die nasskalte Dezembernacht. Auch wenn der Glanz der ganz frühen Hatchet-Tage längst verblasst ist, so hat man momentan einen guten Lauf und marschiert in die richtige Richtung.