Artist: Mother Of Millions
Herkunft: Athen, Griechenland
Album: Magna Mater
Spiellänge: 43:03 Minuten
Genre: Post Metal, Progressive Rock/Metal
Release: 04.10.2024
Label: ViciSolum Records
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Bandmitglieder:
Gesang – George Prokopiou
Gitarre – Kostas Konstantinidis
Bassgitarre – Panos Priftis
Schlagzeug – George Boukaouris
Tracklist:
1. Inside
2. Feral
3. Magna Mater
4. Celestial
5. Liminal
6. The Line
7. Halo
8. Irae
9. Space
„Musik für den emotionalen Ausnahmezustand„. So hatten wir die 2022 veröffentlichte EP Orbit der griechischen Post-Progressive-Metaller Mother Of Millions beschrieben. Nach dem tragischen Tod von Makis Tsamkosoglou im Jahr 2019 war es die erste Veröffentlichung der Band ohne ihren Keyboarder. Jetzt erscheint mit Magna Mater das erste Album der Griechen seit Artifacts (2019). Auch das neue Werk ist Musik für Leib und Seele.
Der Albumtitel („Große Mutter“) strotzt vor mythologischer, psychologischer und kultureller Bedeutung. Viele Gemeinschaften verehr(t)en eine Muttergöttin als Schöpferin, Beschützerin und Ernährerin. Die analytische Psychologie nach Carl Gustav Jung kennt den Archetyp der Großen Mutter, die das Unbewusste, die Urkraft und das weibliche Prinzip im Menschen symbolisiert. Weiterhin findet sich die Große Mutter seit Jahrhunderten als Sinnbild für das Ursprüngliche, das Allmächtige und das Weibliche in Kunst und Kultur.
Ein Vermächtnis, das Mother Of Millions bereits im Namen tragen und auf Magna Mater symbolisch – Urkraft, Schöpfung, Leben – in ein atmosphärisches Erlebnis von melancholischer Schönheit überführen. Ein Album, „in dem alle Emotionen zu unerforschten Gebieten werden, zu Ritualen, bevor wir sie als unsere eigenen akzeptieren“, so die Griechen im Pressetext. „Magna Mater ist ein Album über Verlust, aber letztlich geht es um das Leben.“ Was wie ein kitschiger Allgemeinplatz daherkommt, klingt nach dem ersten Hörgenuss schlüssig, wenn nicht greifbar.
Die Griechen bewahren auf Magna Mater ihren etablierten Sound aus massiven Gitarren, akzentuiertem Schlagzeug und an Soundtracks erinnernde Klanglandschaften, bei denen Keyboard/Piano und Synthesizer eine maßgebliche Rolle spielen. Jedes Lied ist ein vielschichtiges, durchdachtes Arrangement, das eine immersive Wirkung entfaltet und die Vorstellungskraft anregt. Musikalisch erinnert das mitunter an Bands wie Leprous, Port Noir, Dredg oder auch Muse.
Die Stücke auf Magna Mater bewegen sich gekonnt zwischen roher Energie und behutsamer Umarmung, sodass sich die Band an einem Spektrum aus Verzweiflung, Wut und Hoffnung abarbeiten kann. Zielsicher verstehen es die Griechen, ihr Publikum emotional zu berühren. Dazu trägt insbesondere die expressive Ausnahmestimme von Sänger George Prokopiou bei. Sein klarer, heller Gesang dominiert das Album und lässt jedes Lied zur Hymne werden. Wenn Prokopiou schreit (Feral), dann weil es die Stimmung des Lieds erfordert; Growls kommen nur vereinzelt zum Einsatz (Magna Mater) und bleiben gerade deswegen nachhaltig im Ohr.
Egal ob einfühlsam, hypnotisch dahinschwebend oder auf der Double Bass (Irae) reitend: Nahezu alle Stücke zeichnen sich durch einen gelungenen Spannungsaufbau aus, der sich in der Bridge majestätisch entlädt. Episch wie ein Sonnenaufgang. Weitere Akzente setzen Mother Of Millions mit Streicherpassagen (Liminal, Halo) und Gastsängerin Antonia Mavronikola, die etwa Magna Mater einen rituellen Gesangsanstrich verpasst.
Stellvertretend für das Album steht weniger der Titeltrack als das Stück Liminal. Der Begriff beschreibt einen existenziellen Schwellenzustand, etwa bei Initiationsriten, und hat als „liminal space“ auch Einzug in die Internetkultur gefunden. Liminal Spaces sind Räume, in denen sich die Realität anders anzufühlen scheint. Weil sie etwa entgegen aller Erwartung menschenleer sind oder die Architektur eine surreale Atmosphäre erzeugt. Ein Gefühl, das auch Magna Mater zu erzeugen weiß.