Das Jahr 2024 A D neigt sich mit gewaltigen Schritten dem Ende entgegen. Die Musikindustrie ist mit ihren (vor)weihnachtlichen Outputs im vollen Gange. Also eigentlich ist da für uns Musikredakteure genügend Zeugs zum Besprechen da. Da ich dem weihnachtlichen Gedöns (wieso feiern die ach so diabolischen Metaller eigentlich dieses heilige Fest des Mainstreams?) nicht so zugeneigt bin, begebe ich mich an unsere Kiste der liegengebliebenen Alben des Jahres. Hier und da finde ich noch das eine oder andere (schwarze) Kleinod, welches zumindest die Veröffentlichung in einem unheiligen Review verdient hat.
Die verschollenen Kanadier, an deren Wiederkehr kaum noch geglaubt wurde, sind zurück! Bereits Ende August dieses Jahres ist die neue Scheibe der Progressive Metaller Anciients erschienen. Kaum einer hat es bemerkt und auch uns wäre das Album Beyond The Reach Of The Sun fast durchgegangen, was natürlich schade gewesen wäre. Das 2009 gegründete Quartett legte mit Heart Of Oak 2013 sein Debütalbum vor. Mit dem darauffolgenden Voice Of The Void schlug man wie eine Bombe in der Szene ein und sorgte für Luftschnappen bei Fans und Kritikern. Voice Of The Void brachte ihnen 2018 einen Juno-Award in der Kategorie Metal/Hard Music Album Of The Year ein.
Seitdem sind einige Jahre ins Land gezogen, die nicht nur die C-Krise brachten, sondern wohl auch eine Krise bei der Band. Das Quartett um Bandgründer Kenneth Cook (Gesang, Gitarre) hat sich seitdem halb runderneuert. Neben ihm und dem weiteren Gründungsmitglied Mike Hannay (Schlagzeug) sind nun Brock MacInnes (Gitarre) und Rory O’Brien (Bass) Bestandteil der Band. Das bedeutet dann auch, dass Kenneth Cook sowohl Klargesang als auch Harsh Voices auf Beyond The Reach Of The Sun übernommen hat, denn Chris Dyck (Gitarre, Gesang) hat die Band 2017 verlassen. Beyond The Reach Of The Sun wurde bereits am 30.08.2024 über Season Of Mist verausgabt. Erhältlich ist das Album als CD und in verschiedenen Vinylvarianten, die zum Teil allerdings bereits ausverkauft sind.
Nun sind Anciients also wieder mit voller Willenskraft zurück! Und gleich vorweg: Die Band hat keine Federn gelassen, sondern ihren angestammten Platz im Progressive Metal irgendwo zwischen Mastodon, Baroness und (den alten) Opeth wieder eingenommen. Zugegebenermaßen dauert es bei dem zunächst so vor sich hin plätschernden Opener Forbidden Sanctuary etwas, bis sich die Tore dieses unter dem Strich tollen Werkes öffnen. So wie dieser Song von Minute zu Minute einen stärkeren Lauf bekommt, entwickelt sich aus meiner Sicht auch dieses Album und findet dann schließlich seinen Platz jenseits der Reichweite der Sonne. In Forbidden Sanctuary sind die ersten Harsh Vocals erst nach ca. 5 Minuten zu vernehmen, tauchen dann wieder ab und kommen kurz vor Schluss noch einmal voll zur Geltung. Erst jetzt heißt es für mich: Was für ein Song, solch eine grandiose Entwicklung war zu Beginn nicht zu erwarten.
Das Album wird von Song zu Song stärker. Bereits der sich direkt anschließende Song Despoiled ist ein Brecher. Immer dann, wenn „dreckige“ Sequenzen verstärkt zur Geltung kommen, bin ich natürlich hellhörig nach dem Motto „Sludge On My Mind.“ Natürlich sind es die etwas längeren Songs, die sich prächtig entwickeln, denn da ist genügend Zeit, die progressiven Elemente auszuspielen bzw. auszuprobieren. Songs, die sich zwischen Schwermut, Verlorenheit und Aggressivität bewegen. Songs, die letztendlich immer ihren progressiven Weg finden, wie auf einer Hauptstraße, wo es die eine oder andere Kreuzung zu beachten gibt.
HIER! geht es für weitere Informationen zu Anciients – Beyond The Reach Of The Sun in unserem Time For Metal Release-Kalender.