In Teil 1 (hier) und Teil 2 (hier) ging es eher um Fragen, die die Bands und ihre Erfahrungen in der Underground-Szene direkt betreffen. Jetzt äußern sich die Bands über ihr Verhältnis zu den Fans und solchen, die es (noch) nicht sind und den Versuch, das Bandmerch an die Frau/den Mann zu bringen. Und auch die Frage „aufgeben oder weitermachen?“ steht vielleicht mal im Raum…
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Time For Metal, Heike L.:
Außer bei Releaseshows sehe ich eigentlich selten mal Fans an die Merch-Tische kommen, was mir immer besonders leidtut, denn in Euer Merchandise habt Ihr doch mal richtig investiert, oder? Da haben sich einige Bands ja auch mal was Besonderes einfallen lassen und dafür dann sehr viel Gehirnschmalz, Zeit und nicht zuletzt natürlich auch Geld aufgewendet.
A Long Way To Fall (Metalcore, Stuttgart)
Bei unseren Shows besuchen uns eigentlich immer Leute am Merchandise, wir quatschen dann meistens mit Ihnen, und einige kaufen dann auch etwas. Das Kaufverhalten ist aber völlig unterschiedlich, und wir konnten noch nicht so ganz herausfinden, wovon das abhängt. Wir versuchen auch immer, unseren Merchandise Stand schön herzurichten, damit er einladend aussieht.
Demise Empire (Death Metal, Essen)
Hier stimme ich dir komplett zu!
Dass der Verkauf von CDs generell zurück geht ist klar. Darüber ist sich auch (fast) jeder mittlerweile bewusst. Bei Shirts oder anderem Merch verstehe ich das aber nicht so ganz. Ich kaufe mir gerne Shirts von Bands, mit denen wir Shows spielen oder die in einer ähnlichen Größenordnung angesiedelt sind. Ich bin zwar wählerisch und kaufe nur, wenn mich eine Band auch überzeugt, trage die Sachen dann aber auch gerne und oft. Aus Bandsicht ist es natürlich immer ein großes Kompliment, wenn nach der Show jemand dein Merch kaufen will. Das Geld ist für uns nicht die Hauptsache. Aber das ist natürlich auch ein Unterschied, ob eine Band aus Mitgliedern besteht, die alle feste Jobs haben oder ob es eine Schülerband ist, die ihr Merch kaum finanzieren kann und auf jede Einnahme angewiesen ist, um überhaupt existieren zu können.
Fools Errant (Alternative Rock, Duisburg)
Unseren Merch halten wir eher spartanisch und erwarten uns da auch nicht allzu viel von. Es gibt 2 T-Shirt-Designs und unsere 3 (bald 4 J) Alben. Wird von Leuten, die wir vielleicht bei dem ein oder anderen neuen Gig mit der Musik gewinnen konnten, auch gekauft. Das freut uns eher – zu wissen, dass einfach jemand unsere Scheibe im Auto hört, als dass wir uns darüber aufregen, dass wir nur 2 CDs verkauft haben. Ist ja immer noch Hobby und (zum Glück) nicht Einkommensquelle. Unser Ziel ist eigentlich immer „Bandkram“ und Alben aus der Bandkasse zu finanzieren. Das haut ganz gut hin. J
Meta Minora (Progressive Rock, Duisburg)
Merch ist für uns heutzutage die einzige Einnahmequelle. Die Konzerte werfen wenig bis keine Gage ob. Meistens spielt man für ’nen Kasten Bier. Die Musik gibt es von uns ausschließlich online. Mit den Einnahmen daraus können wir auch keine großen Sprünge machen. Daher versuchen wir über T-Shirts, Beutel, Drumsticks, Feuerzeuge, Flaschenöffner ein paar Euros in die Kasse zu bekommen. Teilweise klappt das sehr gut, teilweise bleibt die Kasse leer. Wir freuen uns auf jeden Fall über jeden Besuch am Merch-Tisch.
Tempest (Thrash Metal, Aachen)
Wir sind vielleicht in einer sehr glücklichen Position, aber wir haben durchweg positive Erfahrungen am Merch-Stand sammeln können. Bei uns wurde bisher immer fleißig eingekauft. Oftmals sehe ich aber bei anderen Bands das von dir angesprochene Phänomen, und das finde ich sehr schade. In den meisten von mir beobachteten Fällen hat es jedoch damit zu tun, dass viele Musiker nach dem Gig nicht den Blick dafür haben, „service-orientiert“ am Merch-Stand bereitzustehen, sondern stattdessen sich mit Kumpels und Bandkollegen mit ein paar Bier um den Merch-Stand tummeln. Sich als interessierter Käufer durch eine solche Gruppe zu drücken, um dann auch noch Geld loszuwerden, ist für den geneigten Merch-Käufer bzw. die Merch-Käuferin unter Umständen sehr unangenehm.
Ich persönlich spreche die Leute, die sich zu unserem Stand begeben, direkt an, frage Sie, ob ich ihnen was Gutes tun kann oder ob sie Interesse an einem unserer Artikel habe, und versuche ein Gespräch zu initiieren. Nüchtern betrachtet sehe ich mich in dem Moment als Dienstleister an den potentiellen Kunden, und so verhalte ich mich gerne. Das mag sich im ersten Moment sehr langweilig und dröge anhören, meiner persönlichen Ansicht nach muss man jedoch allen Facetten des Business, von der kreativen Arbeit als Musiker, zum dienstleistenden Musiker/Merch-Verkäufer bis hin zum Unternehmer als Veranstalter/Designer/Soundengineer die nötige Liebe zum Detail und Leidenschaft zukommen lassen, damit es gut funktioniert. Bei Tempest hat das bislang gut funktioniert, ich glaube, wir haben da eine gute Balance erarbeitet.
the journey of Eric Taylor (Post Rock/Post Metal, Krefeld)
Klar, in eigenes Merch und Tonträger hat man viel Zeit und auch Geld investiert. Das kann man im Underground Bereich nur machen, wenn für einen der Spaß an der Sache selbst im Vordergrund steht. Viel Profit sollte man nicht erwarten, so lange man was Kosten angeht Plus/Minus Null rauskommt, ist es erstmal positiv. Im Allgemeinen investiert man meist mehr, als man einnimmt, wenn man die investierte Zeit mit einberechnet. Einnahmen werden bei uns auch nicht ausgezahlt, sondern in andere Sachen investiert – z.B. neues Merch, Studiokosten oder allgemeines Equipment. Alles in allem wird jeder von uns privat investierte Euro also im besten Fall wieder in irgendetwas anderes reinvestiert.
Time For Metal, Heike L.:
Jetzt mal kurz weg von Euch Bands hin zu den Fans: viele sind sofort dabei, wenn irgendeine der großen Bands auf Tour geht, und sie zahlen ohne mit der Wimper zu zucken mal 100€ und mehr für ein Ticket, von den Preisen für das Bandmerchandise gar nicht zu reden. Bei Undergroundshows komme ich durchschnittlich mit 8€ für drei Bands rein und auch das Merchandise kriege ich zu wesentlich erschwinglicheren Preisen (nette Gespräche mit den Bandmitgliedern am Merch-Tisch eingeschlossen).
Was meint Ihr, warum geben die Musikfans lieber so viel aus, um große Bands zu sehen, anstatt mal ungefähr einen Zehner zu investieren und dafür mindestens genauso gut unterhalten zu werden?
Dead Phoenix (Melodic Metalcore, Berlin)
Viele Leute kommen sicherlich erst gar nicht auf die Idee, weil ihnen der Bezug zur Szene fehlt.
Einige denken sicherlich auch, dass sie für das Geld auch mehr Qualität erhalten.
Natürlich kann man eine Underground Show nicht mit einem großen Konzert vergleichen, aber auch ohne Pyro und Konfetti geben die meisten Bands immer 100%, und das sieht sicherlich auch nicht jeder.
Demise Empire (Death Metal, Essen)
Da sehe ich mehrere Gründe.
- Das zu Hause sein hat in den letzten Jahren eine andere Qualität bekommen. Dank Netflix und Co ist die Abendplanung bei vielen fix.
- Große Bands sind manchmal einfach auch ihr Geld wert. Und wenn ich ca. zwei Autostunden in den Pott fahre, selektiere ich schon sehr. Wobei ich als große Bands jetzt eher die im Kopf habe, die um die €20,- kosten. Ein Konzert für €100,- habe ich seit vielen Jahren nicht besucht.
- Leider ist es einfach so, dass man nicht immer mindestens genauso gut unterhalten wird. Das Risiko, bei einer Underground Show eine „Niete“ zu erwischen, ist größer, als bei einer Band, die man seit Jahren kennt.
Dieser Widerspruch ist natürlich eine große Schwierigkeit. Einerseits will man „seine“ Szene unterstützen und hat auch Spaß auf den kleineren Shows. Andererseits gibt es eben die oben angesprochene Selektion. Das, in Kombination mit einer Übersättigung an Konzertangeboten, führt zu leeren Konzertsälen.
Ich kann mir zukünftig zwei Szenarien vorstellen: Erstens, die Anzahl an Bands nimmt ab, Qualität setzt sich durch, und es kommen wieder mehr Leute zu Shows, statt selbst am Wochenende mit ihrer Band zu proben. Oder zweitens, die Szene verlagert sich noch mehr in die digitale Welt. Konzerte verlieren insgesamt an Stellenwert und Facebook, YouTube und Spotify werden der Ersatz dafür.
Echo Appartment (Melodic Rock, Moers)
Der Faktor des Entertainments, des Glamours, des „Dabei-Seins“ und des „Mitreden-Könnens“ ist sicherlich nicht zu unterschätzen, wenn viel Geld für große Bands ausgegeben wird. Konzerte von weltweit bekannten Bands sind seit Langem deutlich mehr als „reine“ Musikkonzerte. Natürlich spielt auch das langgehegte (Lebens-)Ziel, „seine“ Lieblingsbands einmal live erleben zu dürfen, eine große Rolle. Aber in der Tat ist die Frage sicherlich berechtigt, wieso man auf der anderen Seite nicht mit ein paar Freunden einen schönen, unterhaltsamen Abend im Kreise von kleineren Konzerten in der Region besucht. Und dabei in der Regel deutlich günstiger wegkommt…
Fjordheksa (Stoner Doom, Aachen)
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, „kenn ich nicht, brauch ich nicht, weg damit“. Klingt blöd, ist aber (oft) so. Die „Angst“ davor, nicht unterhalten zu werden, ist ja schon in dem Sinne irrational, dass solchen Leuten doch auch nicht damit geholfen sein sollte, für das Vierfache ihre runtergerockten Kindheitshelden aus den 80ern zu sehen, bei denen heute nur noch der Frontmann dabei ist, den Rest der Band durch junge Sessionmusiker, die mit seiner Musik aufgewachsen sind und immer mal dabei sein wollten, ersetzt hat und sowohl sein Instrument als auch sich selbst auf den Beinen kaum noch halten kann. Ich persönlich sehe da weniger Unterhaltungswert drin, aber das soll jedem selbst überlassen bleiben. Abgesehen von dieser Art der teuren, bekannten Acts gilt für den Großteil immer noch, dass die Musiker lange an ihrem Erfolg gearbeitet haben und jetzt glücklicherweise in der Position sind, diese Gagen verlangen zu können. Das ist auch gut so, und wer da nicht gönnen kann, sollte den Fehler bei sich selbst suchen.
Beim Thema Merch verstehe ich das weniger, da wird gerne mal rumgemeckert, wenn das T-Shirt 15 Euro kostet, aber bei bekannten Bands dann 30 dafür zahlen. Vor allem produzieren die ja in viel größeren Auflagen, da ist der EK pro Stück viel geringer und dementsprechend die Gewinnmarge viel höher. Ich glaube, um das zu verstehen, darf man einfach nicht zu objektiv an das Thema rangehen. Wenn jemand ein Problem mit Merch-Preisen bei Underground Shows hat, kann ich ihm die Zusammensetzung gerne erklären, wenn er dennoch lieber mit überteuerten Sachen bekannter Bands herumläuft, ist das trotzdem sein gutes Recht.
Johnny Rocky and the Weekend Warriors (Punkrock, Aachen)
Wenn es ja nur das wäre! Manche Leute geben sogar viel Geld aus, um Coverbands von „großen“ Bands zu sehen. Das ist echt schwer zu verstehen… In Aachen gibt es zum Glück eine kleine Szene von Leuten, die auf „große“ Bands keinen Bock mehr haben und stattdessen lieber zu kleinen aber feinen Underground-Gigs gehen.
Meta Minora (Progressive Rock, Duisburg)
Bei der großen Band weiß man was man bekommt. Viele Gleichgesinnte, fette Location, spektakuläre Lichtshow, usw…
Ich (Dennis) persönlich besuche keine großen Locations mehr. Das hat für mich teilweise nichts mehr mit ’nem Konzert zu tun. Die Distanz zu den Akteuren auf der Bühne ist zu groß, man kann alles nur noch über riesen Leinwände beobachten, der Sound lässt meist auch zu wünschen übrig…
Das Feeling ist einfach nicht da. Die kleinen Konzerte sind für mich meist die besten.
Oneiric (Melodic Death Metal, Aachen)
Klar sind Menschen eher bereit, für eine große Marke (aka Band) viel Geld auszugeben. Als kleine Band ist es schwer, alleine was Marketingausgaben angeht, da mitzuhalten. Vielleicht sollte man den Spieß einfach umdrehen und auch so viel Geld nehmen. Spaß beiseite, es ist einfach so: wenn ich als Durchschnittsmetalfan ein 100 Euro Ticket von bspw. Iron Maiden kaufe, weiß ich: das wird ein geiles Konzert! Top Bühnen- und Lichtshow. Vermutlich auch ein Kracher als Vorband. Davon kann ich meinen Freunden erzählen, und mit Instagrambildern vom Konzert imponieren. Bei einer Undergroundveranstaltung mit den Bands XYZ und ABC, die kein Mensch kennt, eher nicht.
Spheronaut (Stoner Rock, Neuss/Düsseldorf)
Naja, die Lieblingsband, die man seit Jahren in- und auswendig kennt, spielt halt selten im Jugendzentrum um die Ecke. Dafür greift man dann natürlich schon etwas tiefer in die Tasche.
Was allerdings ein anderes Thema ist, ist sich darüber zu beschweren, dass drei bis vier Bands an einem Abend zwischen fünf und zehn Euro kosten. Da fehlt mir tatsächlich manchmal die Wertschätzung. Am besten, Umsonst-Bespaßung und Freibier für alle…
Da fehlen einem manchmal echt die Worte…
the journey of Eric Taylor (Post Rock/Post Metal, Krefeld)
Vielleicht ist es die Sorge, an Abenden mit kleinen Bands enttäuscht zu werden, da man bei größeren Bands eventuell eher weiß, was man bekommt – ob in Sachen Performance, Sound oder Bühnenschau.
Bei kleinen Bands muss man sich ein wenig damit beschäftigen oder sogar suchen, um herauszufinden, ob an Underground Konzerten mit neuen Bands etwas für einen dabei ist. Bei bekannten Bands bekommt man die Informationen zu ihnen im Alltag eher vorgelebt, hört sie im Radio, bei anderen Personen oder sieht sie sogar im Fernsehen – die Leute reden darüber, und die Bands inklusive ihrer Musik und Eigenheiten sind eher vor Augen.
Zusammengefasst ist unsere Vermutung daher, dass man sich mit der Underground Szene mehr beschäftigen muss, dies tut halt nicht jeder.
Unicorn Rodeo (Alternative Metal, Recklinghausen)
Dass der Saal oft nicht sehr voll ist, dürfte nicht bloß an ein paar Bandmitgliedern liegen, die gerade nicht da sind. Gerade in den letzten Jahren wurde die Heim-Unterhaltung extrem vielfältig und leicht zugänglich. Netflixen hat auf die meisten Leute eine viel größere Anziehungskraft als ein Konzert zu besuchen, oder auch nur so rauszugehen. Es gibt haufenweise super-effektvolles Material in Bild und Ton, sodass man enormen Aufwand betreiben muss, um die Leute zufriedenzustellen. Das ist für die allermeisten Hobby-Bands überhaupt nicht zu realisieren, also schaut man sich höchstens noch die „großen“ Bands an, die wie eine Marke funktionieren und teils Ticketpreise von über hundert Euro verlangen können. Wir müssen genau hier ansetzen und die lokale Unterhaltung wieder attraktiver machen, mit hoher Qualität und einem fähigen Support-Netzwerk.
Wenn man sich anschaut, wohin z.B. Mittel zur Förderung der Musikkultur fließen, fragt man sich gelegentlich schon, wie die Verteilung zustande kommt. Je nach Projekt sind die Empfänger bis zu gefühlten 98% Jazzclubs – so als ob alles andere keinen Erhaltungswert hätte. In die Zeitung kommt man mit einem lokalen Rockkonzert nur in Ausnahmefällen, selbst in den stichpunktartigen Veranstaltungs-Hinweisen sind die meisten Veranstaltungsreihen überhaupt nicht vertreten.
Hier spreche ich als Tontechniker, der regelmäßig auch kleine lokale Shows macht und viele neue Bands kennenlernt. Darunter sind erstaunlich viele, die einen verdammt guten Job machen. Mit schöner Regelmäßigkeit fühle ich mich sehr gut unterhalten, auch die musikalischen Fähigkeiten sind oft sehr beachtlich. Der Bekanntheitsgrad bleibt halt ohne Werbe-Budget sehr klein, was ich extrem schade finde. Die Welt braucht deutlich mehr lokale Kunst, sie weiß es nur nicht.
Time For Metal, Heike L.:
Ich möchte definitiv nicht die Leistung der unzähligen Underground-Bands herabwürdigen. Sie stecken natürlich sehr viel Energie, Zeit, Herzblut, Disziplin und nicht zuletzt auch Geld in das, was sie gern machen. Das alles so neben dem Job, dem Familienleben, neben vielleicht noch anderen Hobbys (wenn dafür überhaupt Zeit bleibt) zu betreiben, spricht sicherlich für die Bands. Dass sie dann auch oft vor leeren Rängen spielen müssen und trotzdem eine geile Show abliefern, finde ich auch immer wieder bewundernswert. Meiner Meinung nach gleicht die Underground-Szene mittlerweile aber eher einem Haifisch- als einem Goldfischbecken, und das ist sehr schade.
Nach den knapp sieben Jahren, die ich jetzt dabei bin, und nach vielen Gesprächen, die ich mit Bands, Fans und auch Veranstaltern geführt habe, habe ich insgesamt eine ziemlich kritische Sicht auf die Undergroundszene entwickelt. Und es ist ja schon ein einschneidender Schritt, das, was man am liebsten macht, dann doch aufzugeben. Wart Ihr denn schon mal an dem Punkt, wo Ihr am liebsten aufgehört oder zumindest alles umgeschmissen hättet? Wie motiviert man sich immer wieder, doch weiterzumachen?
Embrace The Eclipse (Deathcore, Stuttgart)
Ich hatte schon öfter den Gedanken „lohnt sich das alles?“. Man trifft sich jede Woche 1 – 2 Mal zur Probe (ich fahre selbst eine Stunde zum Raum), diskutiert, macht sich viele Gedanken, schreibt Songs, um später für 50€ im Jugendhaus XY vor 30 Leuten zu spielen. Aber verdammt, genau das macht trotzdem einfach auch viel zu viel Spaß. Man fährt mit seinen Leuten in die tiefste Pampa, hat gute Laune und amüsiert sich. Jede Stadt bringt Erfahrung und etwas Neues mit sich.
Fools Errant (Alternative Rock, Duisburg)
Wir waren sicherlich schon häufiger an Punkten in unserem (Band-)leben, wo wir einfacher aus der Sache rausgekommen wären, wenn wir pausiert hätten, oder es hätten bleiben lassen. Das ist aber realistisch betrachtet nie in Frage gekommen.
Auch bei fünfstündigen Wochenendfahrten zu den Proben über Monate, stressigen Jobs und Lebensphasen, Rückschlägen kreativer oder auch finanzieller Natur, oder der einen oder anderen größeren Enttäuschung.
Wir rufen uns einfach immer wieder die vielen genialen Sachen in den Hinterkopf, die wir nur durch unser (zugegebenermaßen) zeitintensives Hobby hatten. Seien es größere Gigs zwischendurch, Reisen ins und Konzerte im Ausland, oder auch Albumproduktionen, die immer wieder zusammenschweißen und für uns große Wegmarker – auch persönlich – bedeuten. Das gibt einem – zusätzlich zu dem Fakt, dass wir einfach 5 gute Freunde sind, die auch noch Bock auf den gleichen Kram haben – echt ’ne Menge zurück. Dazu kommt eine gute Mischung an Talenten, sodass die Aufgaben, die du ja auch zu Recht erwähnst, ganz gut verteilt werden können.
Scrawn (Heavy Metal, München)
Also, so mancher Gig, den wir veranstaltet (oder gespielt) haben, hat mit Sicherheit nicht zur Motivation beigetragen. Aufhören wollen und werden wir nicht – aber wir überlegen uns ungleich besser als noch vor einem Jahr, was wir machen und was wir bleiben lassen. Ohne uns hier auskotzen zu wollen – wir haben genug Gigs organisiert, wo wir eine professionelle Backline, Technik, Mischer, umfassende Promotion, komplette Vorfinanzierung und teils sogar eine kleine Gage aus eigener Tasche gestellt haben. Und uns über manch andere Bands und deren Einstellung nur wundern konnten. Und wir sind zu zu vielen Gigs eingeladen worden, bei denen als nächstes die Ansage kommt, „ihr müsst Backline und Drums mitbringen, es ist nicht mal Door Deal drin, 30 Minuten Spielzeit, und ach ja, ihr spielt Opener – aber ihr könnt ja Merch verkaufen…“. Dann wenig bis keine Promo und 5-10 Gäste … Das kann einem echt den Spaß an der Sache verderben. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, was auf die Beine zu stellen – aber man merkt auch irgendwann, ob es einfach nur Pech war, oder ob der Veranstalter einen lieblosen Pseudo-Gig in der Pampa für Umme halbherzig zusammengeschustert hat, um ’nen Gegengig in München zu kriegen *sigh*
We Awake (Metalcore, Dortmund)
Jeder von uns bei We Awake kommt hier und da an den Punkt, wo die Luft raus ist. Wichtig ist es dann, sich gegenseitig aufzuhelfen und sich daran zu erinnern, warum man sich die Mühe immer und immer wieder macht. Musik der härteren Art wird innerhalb und außerhalb der Szene kritisch beäugt, was nicht immer einfach zu schlucken ist. Dazu gilt es, auch innerhalb der Band die Nerven zu behalten. Wenn fünf Leute aufeinandertreffen, die in Drucksituationen anders funktionieren, muss man sich manchmal einfach wieder zusammenraufen:) Am Ende brennen wir für das was wir tun, und diese Flamme darf man nicht vergehen lassen.
Ihr seid wieder gefragt: Wart Ihr schon mal bei einer Underground-Show? Wenn ja, wie hat es Euch gefallen? Wenn nein, was hat Euch bislang davon abgehalten? Geht Ihr lieber „auf Nummer Sicher“ und schaut Euch die großen Acts an?