Todtgelichter – Apnoe

“ApNOe?“

Artist: Todtgelichter

Herkunft: Deutschland

Album: Apnoe

Spiellänge: 54:15 Minuten

Genre: Avantgarde Black Metal

Release: 15.04.2013

Label: Code666 Records

Link: https://www.facebook.com/Todtgelichter

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – Frederic
Gitarre – Claudio
Gesang – Marta
Bass – Christoph Wonerow
Keyboard, Schlagzeug – Tentakel Parkinson
Gesang – Tobias

Tracklist:

  1. Embers
  2. Lights Of Highways
  3. Expectations
  4. Kollision
  5. Beyond Silence
  6. Soil
  7. Odem
  8. Until It All Begins
  9. Tiefer Fall
  10. Torn

Todtgelichter - Apnoe

Zufälle gibts: In meinem Interview mit meiner Neuentdeckung des Jahres Nebelkrähe (zu lesen hier) fragte ich vor Kurzem erst nach Hörempfehlungen und bekam unter anderem folgenden Satz als Antwort: „An dieser Stelle seien beispielsweise unsere Freunde von Todtgelichter erwähnt, die mit Apnoe ja in Kürze eine komplett andere Stelle des Bretts für sich vereinnahmen als wir“. Da ich bisher gute Erfahrungen mit der Band gemacht habe, habe ich natürlich zugegriffen.

Die Hamburger Band existiert mittlerweile seit 2002 und hat bisher drei Alben veröffentlicht. Aushängeschild war bisher definitiv Martas ungewöhnlicher, aber guter Klargesang, der einen wunderbaren Kontrast zum Krächzgesang gebildet hat und den Liedern dadurch immer eine eigene Note gegeben hat. Was ich vor dem Hören nicht wusste: Die Band wurde von zwei Neuzugängen verstärkt – im letzten Jahr sind Basser Christoph Wonerow und, wahrscheinlich schwerwiegender, Sänger Tobias hinzugestoßen und lösen Nils ab. In den letzten Jahren durfte ich häufig schmerzhaft lernen, dass der Austausch eines Sängers immer Veränderung bedeutet, die mir oft nicht gefällt (bestes Beispiel: Marduk). Um es kurz zu machen: Todtgelichter halten dieses Vorurteil aufrecht.

Zwar erkenne ich die Band noch wieder, allerdings hat sich der Fokus komplett auf den Klargesang gerichtet. Gekrächzt wird nur noch alibimäßig, Martas Anteil bleibt ungefähr so groß wie beim Vorgänger, die Oberhand allerdings hat Tobias. Da der aber nicht krächzen möchte, sind gut 90% des Albums klar gesungen. Daran ist soweit nichts verwerflich, zumal sich die Stimmen der beiden genannten Personen super ergänzen und zusätzlich auch noch gut klingen. Wäre da nicht das exzessive Langziehen der Töne. Das färbt sich auch auf die Lieder ab: Wenn sie nicht gerade hart an der Grenze zum Pop sind (Until It All Begins und ganz besonders Tiefer Fall) liegt es an den sporadischen Metalausbrüchen und der radiountauglichen Länge der Lieder. Würde man die Lieder verkürzen und das Geschreie weglassen, wäre man am 5. März bei Amazon sicher nicht nur auf Rang 65.145 des Bestseller Rankings (Zitat von ihrer Facebookseite).

Mir persönlich bluten nach der halben CD immer die Ohren, weil mir die angesprochenen laaaaaangen Töne wirklich schwer auf den Zeiger gehen. Klar, das ist extrem subjektiv, Alcest zum Beispiel schlägt in eine ähnliche Kerbe. Aber ich für meinen Teil finde den Wandel der Musik von Todtgelichter nicht gut, auch wenn er garantiert bei einem breiteren Publikum Gehör finden wird. Mit Black Metal hat das Ganze nämlich nichts mehr zu tun. Das kann man gut finden, muss man aber nicht.

Fazit: Aus der Vorfreude wird Ernüchterung: Die Veränderungen in der Besetzung bringen auch starke Veränderungen im Klang der Band mit, die mit dem neusten Album einen großen Schritt in Richtung Pop gemacht hat. Ihr kennt sicherlich die „Rockmusik“, die im Radio läuft. Todtgelichter ist mit Apnoe gar nicht mal so weit davon entfernt, radiotauglich zu sein. Vor allem mit Tiefer Fall hat man einen „Chartbreaker“ im Gepäck, der alles mit sich bringt was der unbedarfte Hörer haben will. Die Spielzeit ist wohl noch ein paar Minuten zu lang (optimale Spielzeit: 3:30 Minuten, aktuelle Spielzeit: 5:03 Minuten), aber der Rest passt wie die Faust aufs Auge: Getrennt gesungene Strophen, simpler und zugänglicher Refrain, der von beiden gesungen wird und ein sehr seichtes Solo, das Refrain zwei und drei verbindet. Ich würde schnell ein Video dazu drehen, das dürfte die Taschen gut füllen. Zwar ist das Album für mich persönlich eine herbe Enttäuschung und in all seinen Entwicklungen ein absolutes No-Go, muss ich objektiv der Band jedoch ein solides Album attestieren, das zwar nur noch bedingt an das erinnert, was Todtgelichter einst waren, aber den ein oder anderen „Hit“ beinhaltet (neben dem genannten Tiefer Fall wird Lights Of Highways seine Bahnen ziehen). Zwischendurch verliert sich das Ganze jedoch in einer Beliebigkeit, so dass ich das Gefühl bekomme, dass man unbedingt über die 50-Minuten-Grenze hinauswollte. Der Eindruck wird durch die Zwischenspiele Until It All Begins und Kollision verstärkt, die füllend wirken. Ich tippe darauf, dass das Album eine Art Grundstein bildet, eine neue Ausgangssituation für das „neue“ Todtgelichter und dass sich folgende Werke stark an Apnoe orientieren, aber durch die Erfahrungen, die die Band jetzt sammeln wird, „ausgefeilter“ wirken werden. Man könnte es als ein „Debütalbum“ einer neuen Band bezeichnen, wenn man so möchte. Ich schließe diesmal mit einer platten Weisheit ab, die man gerne metaphorisch sehen darf: Man kann Apnoe gut finden. Muss man aber nicht. Anspieltipps: Tiefer Fall, Lights Of Highways und Embers
Gordon E.
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