Bands: Latex, Witch Club Satan
Ort: Das Bett, Schmidtstr. 12, 60326 Frankfurt am Main
Datum: 28.09.2025
Kosten: 25 € VVK, 30 € AK
Genre: Black Metal
Veranstalter: Das Bett
Link: https://bett-club.de/event/witch-club-satan/
Heute geht es nach Frankfurt endlich mal wieder ins Das Bett. Die okkulte Black-Metal-Sensation Witch Club Satan ist angesagt. Der Witch Club Satan zieht momentan ungemein. Meist ist ein Upgrade erfolgt, unter anderem auch in Frankfurt, und die Locations sind ausverkauft. Beim Einlass stehen wir in einer Schlange bis hinter der Bushaltestelle. Jemand sagt zu mir: „Das ist schon lange her, wo ich hier hinter der Bushaltestelle stand, um ins Bett reinzukommen!“ Also, heute wird es ganz schön knuffig im Das Bett.
Als Support für Witch Club Satan stehen am heutigen Abend Latex im Frankfurter Club auf der Bühne. Persönlich habe ich das Post-Punk/Wave-Duo bereits im vergangenen Jahr als Support für Ghost Woman im Kesselhaus Wiesbaden erlebt – und damals wie heute überzeugen sie mit einer angenehm unterkühlten Coolness. Latex kommen aus Darmstadt und bestehen aus Johanna Amber (Bass, Vocals) und Robin Lexow (Gitarre, Synths). Die Bühne gehört an diesem Abend ganz den beiden – im spärlichen Licht verteilen sie sich auf der Bühne weit voneinander, fast wie magnetisch abgestoßen. Zwischen ihnen: nichts als Luft, Nebel und die kalte Präzision der Drum-Machine, gesteuert über einen Laptop neben Robin. Der elektronische Schlagzeuger läuft fehlerfrei, aber eben auch völlig unbeeindruckt vom Raum – was dem Duo einerseits einen mechanisch-kühlen Touch verleiht, andererseits aber auch den minimalistischen Charme ihrer Ästhetik unterstreicht.
Johanna Amber führt die Band mit charismatischer Zurückhaltung – am Bass und am Mikro gibt sie den Ton an, ihre Stimme kühl, fast distanziert, aber voller Präsenz. Die musikalische Mischung aus Post-Punk, Dark Wave und deutlichen 80s-Vibes funktioniert auf Anhieb. Songs wie Infection, Defective, Bloodrain, Devil In Your Play oder Voodoo Vibes schaffen eine dichte, hypnotische Atmosphäre. Und das Publikum? Sichtlich gebannt. Hypnotisiert trifft es wohl am besten. Obwohl Latex (wenn ich richtig liege) erst seit April oder Mai 2024 live auftreten, wirken sie auf der Bühne bereits erstaunlich souverän. Kein Anflug von Nervosität – stattdessen eine fast schon stoische Coolness, die perfekt zum Sound passt. Latex liefern eine durchdachte, coole und hypnotische Show, die sich irgendwo zwischen Retro-Wave, Post-Punk und Minimalismus einordnet – mit starkem Charisma und klarer Ästhetik. Ein Duo mit Potenzial!
Natürlich – der Einsatz eines Drum-Computers ist nicht jedermanns Sache und sorgt für Diskussionen. Doch auch wenn der Kollege aus dem Rechner ein wenig steril wirkt, sitzt jeder Beat – und so gesehen macht er seinen Job fehlerfrei. Interessant wäre dennoch, wie die Musik von Latex mit einer echten Drummerin oder einem Drummer klänge. Das Schlagzeug jedenfalls stand ja schon im Hintergrund bereit – und hätte durchaus genutzt werden können. Doch so, wie sie sind, funktionieren Latex auf beeindruckende Weise. Als Opener für das Ritual von Witch Club Satan mag ihr Sound zwar aus einer ganz anderen Klangwelt stammen – doch der Übergang wirkt keineswegs brüchig, sondern im Gegenteil: spannend. Zwei völlig unterschiedliche künstlerische Positionen, beide mit klarer Vision – das macht aus meiner Sicht den Abend umso vielfältiger.
Dann die Umbaupause und danach platzt der Raum im Das Bett fast aus den Nähten. Der Zuschauerandrang ist enorm, die Luft steht. Witch Club Satan betreten nach einem langen, monotonen Ton/Intro und viel Weihrauch die Bühne. Das norwegische Black‑Metal‑Trio besteht aus Nikoline Spjelkavik (Gitarre & Gesang), Victoria Fredrikke Schou Røising (Bass & Gesang) und Johanna Holt Kleive (Schlagzeug & Gesang). Doch an diesem Abend gibt es noch mehr: Eine vierte „Hexe“ gesellt sich zur Performance auf die Bühne. Die „Schwester“ wird zwischendurch auch vorgestellt, ich habe ihren Namen leider jedoch vergessen, oder hat der Fluch des Witch Club Satan dazu beigetragen? Genau lässt sich ihr Name in der Dunkelheit des Sets nicht eindeutig zuordnen, aber ihre Präsenz verstärkt die theatrale Wirkung.
Das Set beginnt mit düsterer Intensität – und Witch Club Satan liefern nicht nur musikalisch, sondern auch visuell. Kostümwechsel gehören zum Programm; die Band wechselt mehrmals ihre Outfits, von schwer gereizten, ritualhaften Gewändern bis zu reduzierten Kleidungsstücken. In mehreren Momenten stehen sie lediglich mit Slips bekleidet auf der Bühne, das Licht spärlich, der Nebel zieht über den Boden. Diese Nacktheit wirkt nicht wie ein Gag, sondern als bewusstes Kunstwerk, als Provokation und Ritual zugleich. Musikalisch schlagen die drei Powerfrauen ein dynamisches Spektrum an: aggressive Gitarrenriffs, Blastbeats, Schreie mischen sich mit Momenten der Stille und theatralischen Pausen. Man hört Stücke wie Fresh Blood, Fresh Pussy, Black Metal Is Krig, Reverse This Fuck – jede Darbietung ein Aufruf, jede Note ein Schlag. Ein besonders eindrucksvoller Moment: Bassistin Fredrikke Røising, die die komplette Wucht der Show mitträgt, ist – wie sie mir später im Gespräch verrät – im sechsten Monat schwanger. Und nicht nur das: Sie erwartet Zwillinge. Diese Info verleiht ihrem Auftritt eine zusätzliche, fast surreale Kraft – sie steht da, roh, kraftvoll, entschlossen, und verkörpert eine seltene Verbindung aus Leben, Kunst und radikaler Bühnenpräsenz.
Doch die Inszenierung hat ihren Preis – besonders für diejenigen mit Kamera. Es ist fast unmöglich, sich als Fotograf durch die dichte Menschenmenge zu bewegen und gute Blickwinkel zu sichern. Jeder Versuch, näher an die Bühne zu kommen, wird zur Herausforderung. Kleine Lücken, kurze Sichtschlitze – man muss warten, geduldig sein und im richtigen Moment zuschlagen, um wenigstens ein paar gute Fotos zu ergattern. Die Spannung steigt über das Set hinweg: Lichtwechsel, Nebel, Schatten; die Performance wird zunehmend intensiver. Am Ende bleibt ein kollektiver Rausch – die Fans atmen schwer, jubeln, sind berauscht von der rohen Energie. Witch Club Satan verlassen die Bühne nicht, ohne Eindruck zu hinterlassen – musikalisch, visuell und emotional. Witch Club Satan beweisen im Das Bett, wie kraftvoll und radikal Black Metal sein kann, wenn er erweitert wird um theatrale Performance, Provokation und Körperkunst. Die Musikerinnen Nikoline Spjelkavik, Victoria Røising und Johanna Holt Kleive liefern nicht nur ein musikalisch starkes Set, sondern machen ihre Show auch zu einem Statement. Die vierte „Hexe“ auf der Bühne unterstreicht, dass dies kein reines Trio‑Konzert war, sondern ein ritualistisches Erlebnis. Dass Fredrikke dabei schwanger ist – mit Zwillingen im sechsten Monat – und dennoch eine derart intensive Bühnenpräsenz zeigt, ist bemerkenswert und verleiht dem Abend eine ganz besondere Tiefe!
Im Anschluss kann man sich mit den „Hexen“ draußen vor der Tür des Clubs noch nett unterhalten und Selfies machen! Voll zufrieden aufgrund der Einzigartigkeit des Abends verabschieden wir uns und fahren zurück.
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