Judas Priest – 40 Jahre British Steel und Mitbegründer des NWOBHM

Der britische Stahl ist bis heute ohne Rost

Im Rahmen der bereits erschienenen Kolumnen Show Me Your Vinyl Teil 1 (hier) Teil 2 (hier) und dem dritten Teil (hier), bei dem die Picture LP von British Steel als Aufhänger dient, ist auch die Verbindung zum 40-jährigen Jubiläum begründet. Das Kultalbum British Steal der Heavy Metal Legenden Judas Priest erblickte am 14.04.1980 das Licht der Welt und wird neben anderen Werken als Motor des NWOBHM Booms gehandelt. Das Album ist das sechste Studioalbum der Briten. Die vorherigen Platten ließen bereits da die Entwicklung zu einem der erfolgreichsten Vertreter des Genres vermuten. Die wohl erfolgreichste Besetzung der Band, bestehend aus Rob Halford am Mikro, den beiden Gitarristen K.K. Downing und Glenn Tipton, Bassist Ian Hill und Drummer Dave Holland lieferte mit British Steel den ersten Meilenstein in der Bandgeschichte ab. Auch die folgenden beiden Alben Screaming For Vegeance und Defenders Of The Faith verhalfen der Band schnell zu Weltruhm. Der große Einfluss von Judas Priest auf andere Bands wird durch die Tatsache gefestigt, dass einige Songtitel der Priester als Namensgeber anderer Bands ausgewählt wurden. So entstanden Steeler, Sinner, Running Wild oder Exiter in Anlehnung an eben diese Tracks.

Ein kurzer Rückblick zeigt die Entwicklung der Briten bis zu ihrem Erfolgswerk British Steel auf.  Judas Priest gründete sich bereits im Jahre 1969, wobei die erste Formation nicht sehr erfolgreich war. Erst mit Eintritt von Keneth „K.K“ Downing 1970 kam eine stabile Band zustande. Der Name der Formation ist auf den Song The Ballad Of Frankie Lee And Judas Priest von Bob Dylan  zurückzuführen. Bis vier Jahre später, also 1973, tourten die jungen Judas Priest durch England, um dann im gleichen Jahr das erste Album Rocka Rolla einzuspielen. Zu dem Zeitpunkt waren bereits Dave Hill als zweiter Gitarrist und auch Rob Halford als Sänger eingestiegen. Das noch sehr stark blues- und rocklastige erste Album war vom ausgeschiedenen Sänger Alan Atkins beeinflusst und lies noch nicht wirklich erkennen, was da entstehen sollte. 1974 wurde Glenn Tipton als zweiter Gitarrist in die Band aufgenommen und durch seinen Einstieg etablierten Judas Priest die zweistimmigen Gitarrenharmonien. Dazu kommt der teilweise opernhafte Gesang von Rob Halford, der ein Jahr zuvor Alan Atkins ersetzte. Damit wurde bereits früh das erfolgreiche Line-Up gefunden, mit dem die Erfolgsleiter stetig hochgestiegen wurde.

Erst auf dem 1976 erschienenen Album Sad Wings Of Destiny wurden die ersten Heavy Metal Töne angeschlagen. Das spiegelt sich deutlich in The Ripper, Deceiver, Tyrant oder dem Klassiker Victim Of Changes wider. Mit Sin After Sin von 1977 im Gepäck tourten Judas Priest dann außerordentlich erfolgreich als Support von Led Zeppelin durch die Staaten. Die beiden folgenden Alben Stained Class und Killing Machine erschienen im Jahre 1978 und verhalfen der Band zu ihrer ersten eigenen Welttournee, aus der dann das Livealbum Unleashed In The East hervorging. Das Livedokument zeigt da bereits die unbändige Spielfreude und das unbestrittene Können der Band auf und wurde zu Recht zu einer der Kult-Live-Scheiben der Zeit. Neben der Musik wurde auch das Leder- und Nieten-Outfit zu einem weiteren Markenzeichen. Der zu dem Zeitpunkt aufkommenden Punkbewegung geschuldet, musste eine Abkehr von Schlaghosen und gepunkteten Hemden her. So erfanden Judas Priest den bis heute anhaltenden Metal-Look. Rob setzte dem noch einen drauf und etablierte Peitsche, Lederkäppi und Handschellen. Auch das Motorrad wurde mit einbezogen und so fährt Rob Halford ab der Zeit bei Hell Bent For Leather, dem Opener von Killing Machine, mit einer schweren Maschine auf die Bühne. Das nunmehr vierzig Jahre alte Album British Steel aus dem Jahre 1980 wird mitverantwortlich für den Boom des New Wave Of British Heavy Metal geführt, auch wenn es dazu vielleicht etwas zu hoch angesehen wird. Trotzdem sind bis heute die Twingitarren zu einem Vorbild vieler anderer Bands geworden. Ein Blick auf das Cover zeigt eine in der Hand gehaltene Rasierklinge, die vermutlich aus britischem Stahl gefertigt wurde. Musikalisch reiht sich das Album an die beiden Vorgängeralben an, und mit Breaking The Law, Metal Gods und Living After Midnight wurden erneut Klassiker geschaffen, die bis heute in den Liveperformances gespielt werden. Das Album wurde von Tom Allum produziert, der auch für Def Leppards On Through The Nights verantwortlich zeichnete. British Steel wurde innerhalb von 28 Tagen in den Startling Studios von Ringo Starr aufgenommen. Zu Breaking The Law und Living After Midnight entstanden dann zwei Videos, die das Album supporten sollten.

Damit kommen wir mal zu den musikalischen Inhalten der Platte, die von scharfen Gitarrenriffs und hymnenartigem Gesang nur so strotzt. Das Album enthält auch einige Soundeffekte, wie zerbrochenes Glas, Donner und Robotergeräusche. Die Effekte entstanden durch „Handarbeit“. So wurde beispielsweise der Donner durch das Zuschlagen einer Tür erzeugt, das klirrende Glas durch eine zerschlagene Milchflasche. Weitere Geräusche wurden mit einem Billardqueue und Ringo Starrs Küchenbesteck erzeugt. Das sind die analogen Formen des Samplings von heute. 😉

Es geht los mit Rapid Fire. Doublebass Attacken und die bereits erwähnten Soundeffekte zeichnen den Song aus. Es geht mit Metal Gods weiter. Der Track sollte sich schnell zum Beinamen von Judas Priest entwickeln. In den Texten der neun Songs ging es hauptsächlich um das allgemeine Lebensgefühl der damaligen Jugend. Das wird deutlich im dritten Titel Breaking The Law und später in Living After Midnight. Auch das Gemeinschaftsgefühl der Fans wurde thematisiert und mit United in einen Song gepackt. Die allgegenwärtigen messerscharfen Gitarrenriffs, allerdings noch sehr knapp und nur punktuell eingesetzt wie im folgenden Grinder, waren bereits da schon ein Indikator für den noch folgenden metallischeren Sound der Briten. Nach United mit seinem eingängigen Refrain, der bei Liveauftritten zum kollektiven Mitsingen geradezu prädestiniert war, kommt mit You Don’t Have To Be Old To Be Wise der längste Song der Platte. Thematisiert wird hier die Müdigkeit der Jugend von den Moralpredigten ihrer Eltern. Das schon fast partymäßig daherkommende Livin After Midnight fällt etwas aus dem Rahmen, bevor mit The Rage ein mittelschnelles Stück daherkommt. Die Midtemponummer überzeugt mit gekonntem Gesang von Rob Halford, der hier bereits andeutet, was ein paar Jahre später auf Screaming For Vegeance zur Perfektion gebracht werden soll. Die Gitarrenarbeit ist leider noch zu knapp bemessen und soll erst auf den folgenden Alben deutlicher zum Einsatz kommen. Nach 36 Minuten endet British Steel mit Steeler, nochmals mit einem musikalischen Feuerwerk.

Weshalb wird nun British Steel als so wichtiges Album dahingestellt? Das mag zum Einen daran liegen, dass es im Jahre 1980 entstand und sich damit nachweislich als Mitbegründer des NWOBHM etablierte. In diesem Jahr entstanden aber auch andere wegweisende Platten. Am gleichen Tag veröffentlichten Iron Maiden ihr Debütalbum. Etwas früher, um genau zu sein elf Tage, brachten Saxon Wheels Of Steel heraus und elf Tage später kamen dann Black Sabbath mit Heaven And Hell und Ronnie James Dio am Mikro aus dem Studio. Damit reiht sich British Steel in die anderen Klassiker des Jahres 1980 ein. Dazu gehören dann natürlich auch noch Ace Of Spades von Motörhead oder Blizzard Of Ozz von Ozzy Osbourne, die zwar als Band nicht zum NWOBHM gezählt werden, aber das Subgenre bedienten und gleichzeitig davon beeinflusst wurden.

British Steel ist somit Priests vielleicht etwas zu hoch stilisierter Einfluss auf das Genre, unbestritten ist es aber das bis dahin und auch zukünftig erfolgreichste Album der Briten, die immerhin damit in die Top Five der britischen Charts aufstiegen. Das schafften Judas Priest auch nicht mehr mit ihren Erfolgsalben Screaming For Vegeance, Defenders Of The Faith oder später Painkiller. Für mich war es damals bereits ein gutes Album und festigte meine Begeisterung für Judas Priest, die ich zusammen mit Saxon als Vorgruppe 1981 in der Kieler Ostseehalle erleben durfte. Leider konnten sie den Status nicht halten und ab Ram It Down gerieten sie mehr und mehr in den Hintergrund. Dazu hat auch der Ausstieg von Rob Halford geführt, der einfach zu Judas Priest gehört wie Bruce Dickinson zu Iron Maiden, Lemmy zu Motörhead oder Ozzy Osbourne zu Black Sabbath. Mit der Wiedervereinigung 2004 versuchten Judas Priest an die alten Erfolge anzuknüpfen und produzierten einige gute Alben. Mit dem Ausstieg von K.K. Downing 2011 und Glenn Tipton 20018 ist neben Rob Halford nur noch Ian Hill am Bass von der ursprünglich erfolgreichsten Besetzung übrig geblieben.

In diesem Rahmen erschienen bereits Kolumnen zu anderen 40-jährigen Jubiläen:

Oktober 2020, 40 Jahre I’m A Rebel von Accept (hier)

April 2020, 40 Jahre Iron Maiden von Iron Maiden (hier)

2020 ist natürlich prädestiniert für weitere Jubiläumsalben. Ein halbes Jahrhundert alt sind folgende Alben:

Mai 2020, 50 Jahre Led Zeppelin III (hier)

Mai 2020, 50 Jahre Uriah Heep mit …Very ‚Eavy…Very ‚Umble (hier)

April 2020, 50 Jahre Deep Purple in Rock (hier)

April 2020, 50 Jahre Paranoid und Black Sabbath von Black Sabbath (hier)