Mastodon – Emperor Of Sand

“47 Minuten-Rausch“

Artist: Mastodon

Herkunft: Atlanta, Georgia, USA

Album: Emperor Of Sand

Spiellänge: 47:02 Minuten

Genre: Progressive Metal, Progressive Rock, Stoner

Release: 31. März 2017

Label: Reprise Records/Warner Music Group

Link: mastodonrocks.com

Produktion: The Quarry Recording Studios – Recordings (Kennesaw, Georgia, USA), Henson Recordings Studios – Mixing (Los Angeles, California, USA) von Brendan O’Brien

Bandmitglieder:

Gesang, Bass – Troy Sanders
Gitarre, Gesang – Brent Hinds
Gitarre – Bill Kelliher
Drums, Gesang – Brann Dailor

Tracklist:

  1. Sultan’s Curse
  2. Show Yourself
  3. Precious Stone
  4. Steambreather
  5. Roots Remain
  6. Word To The Wise
  7. Ancient Kingdom
  8. Clandestiny
  9. Andromeda
  10. Scorpion Breath
  11. Jaguar God


Mit ihrem nunmehr siebten Studio-Alben hatten Mastodon eine riesige Erwartungshaltung zu erfüllen. Die Band, die sich mittlerweile getrost als eine der größten Metal-Bands des neuen Jahrtausends – oder sogar der Welt – bezeichnen darf, hat, wie viele andere Vertreter des Genres, damit zu kämpfen, dass die Ansprüche der Fans meist nicht zu erfüllen sind. Der Sound soll sich bloß nicht verändern, schon gar nicht zu ’soft’ werden und soll trotzdem klingen wie die ersten Werke der jeweiligen Band. Was Mastodon von den meisten ihrer Kollegen unterscheidet, ist die Tatsache, dass jedes ihrer Alben enorm positiv von der Metal-Gemeinde aufgenommen wird, egal, in welche Richtung sie sich entwickeln. Hört man sich die Songs auf Emperor Of Sand an, fallen einem direkt einige Gründe dafür auf: alle Mitglieder ziehen am selben Strang und haben die gleiche Idee wie die Tracks klingen sollen. Das Gesamtpaket wirkt dadurch ausgewogen, ausgereift und hat unglaublich viel Tiefe. Das starke Songwriting wird durch das musikalische Talent der Band ergänzt: alle vier Mitglieder verstehen ihr Instrument außergewöhnlich gut und jeder tut das, was für das Album wichtig ist. Repräsentativ dafür ist, dass Mastodon eine der wenigen Bands ist, bei der alle Musiker Vocal-Parts auf den Alben haben. Meist sind das ganze Stücke oder Teile der Stücke, lediglich bei Gitarrist Bill Kelliher beschränken sich die Gesangspassagen auf Backing Vocals. Dieses Stilmittel wurde auf Emperor Of Sand noch häufiger eingesetzt als auf dem Vorgänger Once More Round The Sun und verleiht der Musik zusätzliche Diversität.

Die musikalische Tiefe macht Emperor of Sand zu einem enorm spannenden Album, bei dem der Hörer länger braucht, um Zugriff zum Album zu bekommen. Klare Songstrukturen sind dank der progressiven Einflüsse Mangelware und zwischen cleanen, verträumten Vocals, aggressiven, etwas raueren Parts, Gitarren Soli, harmonischen Leads, Wänden von Riffs und ausgedehnten instrumentalen und experimentellen Passagen weiß der Hörer nur selten, wo er sich gerade befindet. Hier machen sich die Stoner- und Sludge-Wurzeln von den frühen Alben Remission und Leviathan bemerkbar – Trip-Feeling inklusive. Äußerst erfrischend und gewissermaßen der Anker im Klangbild von Emperor Of Sand sind die eingängigen Hooks und Stücke, allen voran die Single Show Yourself.

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Dieser Track ist, dank seines catchy Refarins, eigentlich ein gefundenes Fressen für alle sogenannten Kritiker und Die-Hard-Fans, aber auch hier geht die Band gegen Ende nochmal voll in die Progressive-Schiene und macht den Song zu einem der Highlights des Albums. Weitere honorable Mentions sind die stark an Crack The Skye angelehnten Andromeda und Roots Remain, die riff-lastigen Word To The Wise und Clandestiny und das für Mastodon-Verhältnisse schnelle Precious Stones, das einen unglaublich guten Dual-Lead-Part an den Gitarren beinhaltet. Absolutes Paradestück des Albums ist jedoch der Opener Sultans Curse. Alle Elemente des Songs sind eine perfekte Einleitung für das, was den Hörer auf dem Rest der Platte erwartet. Angefangen mit dem verträumten Intro, das mit Klangschlagen, Becken und anderen perkussiven Intstrumenten einen transzendenten Klang erzeugt, gefolgt von dem Monster-Riff, das direkt aus den Sessions zu Blood Mountain stammen könnte, über die tiefen und grantigen Vocals von Troy Sanders bis hin zum eingängigen Chorus von Gitarrist Brent Hinds. Sultans Curse ist Emperor Of Sand in vier Minuten komprimiert.

Der Song repräsentiert das Album neben der musikalischen Ebene auch inhaltlich. Mastodon-typisch ist Emperor Of Sand ein Konzeptalbum, was die Band ganz einfach dadruch begründet, dass Drummer und Mastermind Brann Dailor ein Konzept braucht, um die Lyrics für die Songs schreiben zu können. Er hat gerne eine visuelle Vorstellung, die er dann textlich festhalten kann. Lyrisch handelt Emperor Of Sand von einem Wanderer, der durch die Wüste streift, nachdem er sein Todesurteil vom Emperor Of Sand bekommen hat. Dieser Kaiser des Sands nimmt auf dem Album eine ähnliche Rolle ein wie der Sensenmann in anderen fiktiven Erzählungen – das Artwork des Albums greift diese Thematik und die Figur ebenfalls auf. Eine Ebende tiefer befasst sich die Band auf der Platte mit der Bedeutung von Zeit und der Metapher für Zeit – Sand. Düstere Inhalte, die von schweren Verlusten herrühren, die die einzelnen Bandmitglieder seit ihrem letzten Album im Jahr 2014 hinnehmen mussten. Bewundernswert ist, auf welche Art und Weise Mastodon diese Erlebnisse verarbeiten. Die Songs sind textlich düster gehalten, allerdings handelt es sich nicht um Balladen und Trauergesang. Die Themen Tod, Abschied und Verlust sind allgegenwertig, aber die Gefühle, die die Musiker bei der Verarbeitung fühlten, bemerkt man erst in der Musik, nicht nur in den Texten – ganz großes Songwriting.

Um all die klanglichen Ebenen und Gefühle der Musik einzufangen, arbeitete Mastodon zum ersten Mal seit Crack The Skye (2009) mit Produzent Brendan O’Brien zusammen. Eine weise Entscheidung, denn der Sound von Emperor Of Sand lässt den Hörer zur Laufzeit der Platte nicht mehr los und auch die Befürchtung vieler Mastodon-Fans, das Album würde wegen O’Brien so progressiv wie die letzte Zusammenarbeit, wurden ebenfalls nicht bestätigt.

 

Emperor Of Sand ist eines der höchst antizipierten Alben im Jahr 2017, aber Mastodon machen ihrem Namen alle Ehre und enttäuschen die Erwartungen nicht – ein Meisterwerk. Die restlichen Erscheinungen des Jahres müssen sich jedenfalls gehörig ins Zeug legen um diese Messlatte zu überspringen.

Anspieltipps: Sultan’s Curse, Roots Remain, Word To The Wise, Clandestiny, Precious Stones
Carsten B.
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