Metaldays 2023 - Slovenien

Metaldays 2023: Time For Metal Redakteurin ist bei Abbruch und Evakuierung des Festivals mit ihrer Band vor Ort

Bilder und Video zur Lage im Artikel

Das MetalDays Festival in Slowenien wurde am letzten Konzerttag aufgrund von Überflutungen des Geländes abgebrochen. Unsere Redakteurin Martha W. war vor Ort und hat mit ihrer Band Horizis am Donnerstag auf der Beach Stage gespielt. Sie hat ihre Erlebnisse mit dem Hochwasser in einem kleinen Bericht zusammengefasst. Neben Time For Metal promoviert sie passender Weise über Hochwasserbewältigung und hat auch ein paar Tipps für euch.

Es ist 21:30 Uhr am Freitag, dem 04.08.2023. Wir sind heile und etwas matschig von den MetalDays in Slowenien zu Hause angekommen. Während wir die Nachrichten aus Wacken mit gebrochenem Metalherz verfolgt haben, dachten wir hier in Velenje Slowenien noch mal heil davon gekommen zu sein, auch wenn es schon Gewitter gab. Einige unserer Camp-Nachbarn sind wegen des Wetterberichtes gestern tagsüber schon abgereist, aber wir wollen das Hammer Line-Up des Festival-Freitags mit Fit For An Autopsy, At The Gates, Heilung und Co. nicht verpassen.
MetalDays 2023 – Slovenien

Also gehen wir Donnerstagnacht im Regen ins Zelt zum Schlafen. Es regnete die ganze Nacht weiter mit ca. dreimal Gewitter. Heute Morgen um sechs Uhr verlasse ich das Zelt und sehe schon einen großen See, der den Campingplatz in zwei Teile trennt. Der Weg zu den Toiletten und zum restlichen Festival ist abgeschnitten bzw. nur mit hohen Gummistiefeln oder Willenskraft bzw. Schmerzfreiheit überwindbar. Der Fluss auf der anderen Seite der Straße am Rande des Campingplatzes hat sich außerdem zum reißenden Strom entwickelt und fließt schon hinter dem Campingplatz über die Zufahrtsstraße. Von oben kommt kontinuierlich weiter Regen.

Metaldays 2023 – Slovenien

Mir ist klar, wir müssen unsere Zelte jetzt so schnell es geht abbauen und den Campingplatz verlassen. Die Böschung zur Straße ist jedoch für alle Nicht-Geländefahrzeuge viel zu steil und der Campingplatz mit Bauzaun abgesperrt. Ich gehe also auf die Suche nach einer potenziellen Ausfahrt und werde am Ende des Camps fündig. Dort ist die Steigung flach genug für alle gängigen Autotypen. Allerdings stehen noch Zelte und andere Autos im Weg. Ich spreche also alle Besitzer der Zelte und Autos auf meinen Evakuierungsplan an und erhalte durchweg positives Feedback und Kooperation. Auf Metalheads kann man eben zählen. Mit der Zange wird der Kabelbinder am Bauzaun gelöst und der Weg ist frei.

Nach den ersten Dutzend Autos ist der Boden natürlich verschlammt und die Reifen der Autos drehen durch. Aber auch hier ist auf die anderen Metalheads Verlass und jedes feststeckende Auto wird bis zum Ausgang geschoben und kann das Camp verlassen. Der Seitenstreifen der Straße wird als neuer Parkplatz genutzt, da alle Zufahrtsstraßen unter Wasser stehen. Eine Seite kann jedoch vorsichtig auf einer Fahrtrichtung befahren werden und viele Leute treten die Heimreise an. Wir fahren mit unserem Camp zunächst zu einer höher gelegenen Tankstelle, um danach auch die Heimreise anzutreten. Während ein Teil unserer Truppe schon losfährt, kehren wir noch mal zum Festivalgelände zurück, um uns zu verabschieden und unseren Merch noch im Merch-Zelt abzuholen.

Metaldays 2023 – Slovenien

Das Festivalgelände sieht nass aus, ist aber noch betretbar. Von einer Absage ist hier noch keine Rede. Da nur Techniker bei den Bühnen sind, wird der Backstage durchkämmt und die Produktionsleiterin des Festivals ausfindig gemacht. Diese sagt uns, dass die Konzerte abgesagt seien. Das tut uns besonders für unsere neu gewonnen Freunde von der Newcomer-Bühne leid, die sich genau wie wir gestern riesig auf ihre Show gefreut haben. Da die Merch-Menschen noch nichts von der Situation vor Ort wissen und planmäßig erst um 15 Uhr zur Öffnung des offiziellen Merch-Standes kommen wollten, müssen wir noch eine Stunde auf deren Anreise warten. In der Zwischenzeit können wir noch ein kurzes Frühstück genießen und dann das Merch holen. Endlich auf dem Rückweg sehen wir dann die ganzen Posts auf Instagram, die ich während dem Hustle auf dem Campingplatz und wegen niedrigem Akku-Stand und fehlendem Highspeed-Datenvolumen gar nicht mitbekommen habe.

Metaldays 2023 – Slovenien

Die Zufahrt nach Velenje ist nach uns wohl aufgrund von hochwasserbedingten Erdrutschen nicht mehr möglich und wir hatten scheinbar eine der letzten Abreisen vom Gelände. Auch wenn es die ganze Fahrt in Slowenien über immer noch wie aus Kübeln regnet. Die verbleibenden Festivalgäste in Velenje werden in einer Turnhalle mit Feldbetten und Verpflegung untergebracht. Hoffentlich geht es allen gut und alle können so schnell es geht, wieder nach Hause.

Was mir aufgrund meines Berufs im Bereich Hochwasserbewältigung in dieser Situation geholfen hat und was man beachten sollte, waren folgende Dinge:

– In einer Senke im Gelände zu Campen heißt immer, wenn es regnet, sammelt sich das Wasser am tiefsten Punkt, also da, wo euer Zelt steht.
– Nehmt den Wetterbericht ernst und bereitet euch entsprechend vor.
– Man muss auch morgens früh mal gucken, wie die Lage aussieht und sollte nicht warten, bis jemand am Zelt wackelt, um einen zu evakuieren.
– Wenn euer Camp steht, macht euch ein paar kurze Gedanken, wie ihr da wieder vom Platz kommt (gilt generell auch für Matsch).
– Wenn der Hochwasserfall eintritt und das Wasser sichtbar näher kommt: Nehmt eure sieben Sachen, oder wenn das nicht mehr geht, nur euch selbst und verlasst das Gelände. Das gilt übrigens auch, wenn weder Veranstalter noch Einsatzkräfte euch schon informiert haben. So einen Lageüberblick überall zu haben ist nicht immer möglich und bevor ihr weggespült werdet, werdet selber aktiv. Wenn aber Einsatzkräfte oder Menschen vom Festival da, sind die euch anweisen, bitte folgen.
– Noch kleine Randnotizen für besoffene oder anderweitig waghalsige Metalheads: Auch wenn man noch aufblasbare Schwimmtierchen, Isomatten oder was auch immer dabei hat; bitte nicht im Hochwasser baden, schwimmen was auch immer. Ihr kennt die Strömung des Wassers nicht und das ist kein sauberes Badewasser. Ihr geht ja auch nicht im Abwasser baden.

Ansonsten habe ich ca. alle zehn Minuten die Entwicklung des Hochwassers beobachtet und mit allen Daten, die ich online finden konnte, abgeglichen, um die Lage einzuschätzen. Als ich angefangen habe, den Evakuierungsplan zu machen, gab es noch keine Infos oder Handlungsempfehlungen vom Veranstalter. Aus fachlicher Sicht wünsche ich mir bessere und schnellere Informationen und auch Material, mit dem man sich selber im Notfall Pläne machen kann. Das geht in Deutschland zum Beispiel mit den Hochwassergefahrenkarten der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG).