Obscene Extreme vom 09.07. bis 12.07.2025 in Trutnov, Tschechien

Grindcore, Blut und nackte Haut

Festivalname: Obscene Extreme Festival

Bands: Cephalic Carnage, Schizo, Antichrist Siege Machine, Bat, Rot, Discharge, Disharmonic Orchestra, Misery Index, Schizophrenia, Massacre, Cancer, General Surgery u.v.m.

Ort: Trutnov

Datum: 09.07. bis 12.07.2025

Kosten: 189 € VK

Genre: Grindcore, Hardcore Punk, Death Metal, Thrash Metal

Besucher: ca. 5.000 Besucher

Link: https://obsceneextreme.cz/en

Das Obscene Extreme ist kein Festival. Es ist ein Paralleluniversum. Wer denkt, Wacken sei wild, war noch nie in Trutnov. Hier regiert der Wahnsinn auf Ansage. Nackte Haut, Latex, Gummitiere, Dildos im Moshpit – dazu Bierduschen, Blastbeats und ein Drogenkonsum, der jedem Jugendamt die Tränen in die Augen treibt. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und selbst das taucht plötzlich auf. Ein Festival für die Randständigen, die Radikalen, die Lust am Kontrollverlust. Schräg ist hier der Standard.

Auf eines muss man allerdings verzichten: Fleisch. Die Fressmeile ist groß, das Angebot breit – Pizza, Burger, Süßkram en masse – aber alles strikt vegetarisch oder vegan. Der Grund ist simpel: Čurby, der Macher des Ganzen, lebt vegan. Und wer hier feiern will, isst eben fleischlos. Was ihr in eurer Kühlbox anschleppt, bleibt natürlich euch überlassen. Auf die bei deutschen Festivalgängern beliebte Nackensteaksemmel müsst ihr in Trutnov aber verzichten. 

Eine weitere Anmerkung vorweg: Das Obscene Extreme ist bunt, laut und eine echte Herausforderung. Das Bühnenprogramm startet jeden Vormittag um zehn und endet um zwei in der Nacht. Viele Bands spielen nur 20 Minuten (die eine oder andere Grindcore- oder Powerviolence bringt in dieser Zeit gut 35 Songs unter) und die Umbaupausen sind kurz. Dazu gibt es ein buntes Rahmenprogramm. Es ist nahezu unmöglich, alle Bands mitzuerleben und anschließend auch noch angemessen darüber zu berichten. Ich beschränke mich deshalb auf meine persönlichen Highlights und auf alle Bands, die – aus welchen Gründen auch immer – einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen haben. 

Tag 1

Eröffnet wird das Obscene Extreme traditionellerweise mit dem Freak Fest. Hier kann man bei einem Mülltonnen-Rennen mitfiebern und Leute dabei beobachten, wie sie sich nach einem Wettbewerb im Salzwassertrinken übergeben. Der fragwürdige Höhepunkt ist wohl der Kampf um den Titel des „Steel Ass“. Dabei wird den Kontrahenten nacheinander mit einem Holzpaddel auf das Hinterteil geschlagen. Wer die meisten Schläge durchhält, gewinnt. Aber keine Sorge, die restlichen Kontrahenten können als Trostpreis den Rest des Festivals ihr wund gepaddeltes Gesäß zur Schau stellen. Damit ist die Marschrichtung für die nächsten vier Tage dann auch klar. Es wird wild. Die Grenzen des guten Geschmacks werden hier eher als Hürden begriffen, die es zu überwinden gilt. 

Der erste musikalische Höhepunkt des Tages ist eine Truppe mit dem eigenwilligen Namen Lady Gaza. Ein tschechisches Powerviolence-Duo, das mit nichts als Schlagzeug, Gitarre und zwei Stimmen auskommt und trotzdem alles kurz und klein schlägt. Keine Show, kein Schnickschnack, nur rohe Energie. Schnell, laut, kompromisslos. Der Sound prescht nach vorne, als hätte jemand Wut in Dosen abgefüllt. 

Was für Lady Gaza ein Heimspiel ist, ist für den nächsten Act eine halbe Weltreise. Fecundation sind aus Südkorea angereist, den Sound aber haben sie aus New York mitgebracht. Die Truppe spielt Death Metal, der extrem an Suffocation erinnert. Optisch geht man jedoch eigene Wege. Das Mikro hat sich der Frontmann in eine Gasmaske integriert. Damit passt er nicht nur optisch hervorragend zum Publikum, er hat zudem maximale Bewegungsfreiheit und kann dennoch seine Gitarre malträtieren. Davon macht er kräftig Gebrauch und fegt mit seinen Mitstreitern über die Obscene-Extreme-Bühne. Der Schlagzeuger hingegen wirkt eher, als würden ihm bald die Augen zufallen. Trotz des irrwitzigen Tempos, das die Band anschlägt. 

Wie international es im tschechischen Hinterland zugehen kann, zeigen Overthrust. Während Bands aus Lateinamerika oder Russland inzwischen zum Standardrepertoire gehören, ist Afrika auf der Metal-Landkarte nach wie vor ein weißer Fleck. Von hier, genauer gesagt aus Botswana, kommt das Quartett. Musikalisch gibt’s Death Metal mit rockigem Grundvibe. Overthrust sind aber nicht nur als Musiker aktiv, sie veranstalten in ihrer Heimat ein eigenes Metalfestival. Dabei geht es auch darum, auf Probleme wie Hunger und AIDS in der dritten Welt aufmerksam zu machen. Falls jemand also mal ein ganz ausgefallenes Festivalziel sucht, Botswana wäre eine Option. 

Obscene Extreme 2025

Bat sind vielleicht nicht jedem ein Begriff, Sänger und Bassist Ryan Waste sowie Gitarrist Nick Poulos dürften den meisten aber von ihrer Hauptspielwiese Municipal Waste bekannt sein. Dort Crossover-Thrash mit Partygarantie, hier dreckiger Speed Metal mit Crustkante. Die erste Assoziation: Venom. Dann gesellt sich Rock ’n‘ Roll der Marke Motörhead dazu. Wastes Gesang ist ein raues Gebell, das perfekt auf die kurzen, schnörkellosen Songs passt. Doch so knapp sie sind – die Details sitzen: Mitgröl-Chöre, starke Hooks, scharfe Soli. Alles auf den Punkt. Keine Spielerei, kein Leerlauf. Das Trio brennt, das Publikum zündet. Pits, Crowdsurfer, fliegende Haare. Wer Metal in seiner rohen, unpolierten Form liebt, wird hier mehr als bedient.

Nach dem Oldschool-Gewitter gibt’s klassischen OEF-Stoff: Grindcore. Rot aus Brasilien, seit ’91 dabei, aber kein bisschen leise geworden. Von der Urbesetzung ist nur noch Gitarrist Mendigo übrig, doch was er an Mitstreitern um sich geschart hat, funktioniert wie ein Uhrwerk aus Ketten und Schmutz. Besonders die beiden Sänger setzen ein Ausrufezeichen. Doppeltes Gebrüll, doppelte Präsenz – und bei Henrick fragt man sich kurz, wie so viel Masse so viel Druck erzeugen kann. Doch der Mann steht da wie ein Presslufthammer auf zwei Beinen. Die Bühne bebt, der Pit tut’s ihm gleich. Veteranenstatus hin oder her – hier wird nicht verwaltet, hier wird zerlegt.

Discharge brauchen keine Ankündigung. Der Bandname ist eine Kampfansage. Und genauso klingt’s auch. Die Briten legen los, als wären sie nie weg gewesen. Der Sound ist roh, scheppernd und geht gnadenlos nach vorn. D-Beat in Reinform. Das Publikum? Ist begeistert. Von den ersten Tönen an geht der Pit auf wie ein Krater. Alles in Bewegung. Die Band feuert Klassiker und neueres Material in einem Guss raus. Discharge zeigen, wie relevant Wut klingen kann, wenn man sie nicht verpackt, sondern rausbrüllt. Punk in Reinkultur.

Mit Godflesh gibt‘s im Anschluss einen kleinen Richtungswechsel. Statt Punk-Geballer gibt’s kalte Beats, zähes Riffing, eine Stimme wie rostige Zahnräder auf Beton. Kein Industrial-Metal zum Mitgrölen, sondern zur inneren Implosion. Mir gefällt’s. Der Sound ist kompromisslos, das Setting apokalyptisch. Aber klar: Nach Bat, Discharge und Rot wirkt das Ganze für viele wohl zu verkopft, zu distanziert. Die Reihen lichten sich merklich. Doch Broadrick und Green ziehen ihr Ding durch. Ohne Geste, ohne Gnade. Wer bleibt, wird belohnt. Kein Massenspektakel, aber eine spannende Band, die berechtigterweise Teil des Billings ist.

Tag 2

Wie bereits erwähnt, beim Obscene Extreme geht’s früh los. Zu früh für mich. Bevor ich mich vor die Bühne schleppe, begebe ich mich erst mal auf Nahrungssuche und kuriere den Kater vom Vortag aus. Die erste Band genehmige ich mir kurz nach eins. Die deutsch-tschechische Band Pikodeath macht angenehm extremen Death Metal und ist damit der perfekte Start in einen weiteren langen Festivaltag.

Die erste Band, die an diesem Tag den Platz vor der Bühne vollmacht, ist Brutal Sphincter. Die Belgier nennen ihre Musik „Political Goregrind“ – was ungefähr so widersprüchlich klingt wie „veganes Blutbad“. Politik oder Gore, beides zusammen will nicht so recht zünden. Und genauso wirkt auch der Wechsel zwischen politischen Parolen und der Aufforderung zum größten Circlepit des Festivals irgendwie konstruiert. Aber eins muss man ihnen lassen, beim Merch haben sie ein feines Gespür. Die rosafarbenen „Make Goregrind Great Again“-Caps sind das ganze Festival über nahezu allgegenwärtig. Den Rekord für den größten Cirlcepit (hierfür lassen sie das Publikum einmal den Hang hinauf und hinter den Sitzreihen entlang zurück zur Bühne laufen) halten sie auch nur vorübergehend. Party Cannon machen wenige Tage später denselben Scherz und auch hier macht die OEF-Meute begeistert mit.

Obscene Extreme 2025

Eigenwillig ist auch der Auftritt der Partytruppe Stillbirth. Hier gibt’s Brutal Death Metal mit Surfbrett und Aufblas-Bong. In Deutschland ist die Truppe bestens bekannt, sie sind regelmäßig auf Festivals wie dem Party.San zu sehen und stecken außerdem hinter dem Deathfeast. Der Witz hinter Songs wie Steuerklasse 1 Und Keiner Sagt Danke dürfte dem internationalen Publikum zwar verborgen bleiben. Vor der Bühne ist’s dennoch wieder ordentlich voll.

Die Österreicher Disharmonic Orchestra haben definitiv Legendenstatus und sind nicht leicht live zu erleben. Trotzdem liefert das bühnenscheue Trio mit dem unkonventionell rechts positionierten Schlagzeug eine überzeugende Show ab.

Eines der Highlights des diesjährigen Obscene Extreme ist der Auftritt von Massacre. Sänger Kam Lee schlenderte bereits am Nachmittag gutgelaunt durch die Händlerstände und ließ sich bereitwillig mit Fans fotografieren – genau diese Nahbarkeit bringt die Band auch mit auf die Bühne. Dort spielen sie das komplette Album From Beyond von 1991 – ein Werk, das zu den prägenden Death-Metal-Meilensteinen gezählt werden darf. Vor dem Finale mit Corpsegrinder gibt’s sogar noch einen kleinen Slayer-Riff als augenzwinkernde Einlage.

Danach sorgen die nach vielen Jahren zurückgekehrten Australier Blood Duster für Stimmung – ihnen zu Ehren gab es dieses Jahr sogar das Festivalbier Booze Duster. Ihr roher Grindcore funktioniert wie eh und je und macht dem Partyvolk sichtlich Spaß. Das gilt auch für Misery Index, die mit ihrem Hardcore-Death-Metal-Mix genau den richtigen Ton treffen: geradlinig und direkt, schön auf die Fresse.

Obscene Extreme 2025

Als Schizophrenia die Bühne betreten, hat sich ein Großteil der Festivalbesucher bereits Richtung Partyzelt begeben und Metal-Riffs gegen Technobeats getauscht. Schade, denn die Belgier spielen feinsten Death Metal der alten Schule. Die eingängigen Songs könnten auch aus der Feder von David Vincent stammen. Als kleines Extra gibt’s noch ein Slayer-Cover und vorbei ist eine kurzweilige Show. 

Wer jetzt noch vor der Bühne steht, will es wirklich wissen. Denn was folgt, ist kein klassischer Abriss, sondern eine schräge Herzensangelegenheit: Houkago Grind Time. Eine Ein-Mann-Armee aus Kalifornien, hinter der Andrew Lee steckt. Er spielt Gitarre, bedient verschiedene Doseninstrumente und schreit sich die Seele aus dem Leib. Er nutzt sein Projekt, um seine beiden Leidenschaften, Goregrind und japanischer Popkultur, zu zelebrieren. Für die Rock ’n‘ Roll Hall of Fame reicht das nicht. Muss es auch nicht. Das Obscene Extreme ist Zufluchtsort für Obskuritäten und Houkago Grind Time passt hier rein wie Tentakel in ein Schulmädchen-Intro. Skurril, sympathisch, mit mehr Liebe zur Sache als manch große Band.

Tag 3

Der erste Adrenalinschub des Tages kommt aus Australien. Meth Leppard, das Duo aus Adelaide, knüppelt sich mit minimalistischer Besetzung und maximaler Energie durch ihren Grindcore. Kein Schnickschnack, kein Geplänkel, einfach drauflos. Die Riffs schmirgeln, der Drumsound ist trocken wie das Outback. Ich bin noch nicht ganz wach, aber das ist egal. Die Jungs erledigen das für mich.

Danach wird’s wuchtiger. Korpse aus den Niederlanden rollen wie ein Leichentransport über die Bühne. Slam, Groove, Breakdown – alles da, alles fett. Der Sänger ist eine Erscheinung: mit Vollbart und einem Brustkorb wie ein Kühlschrank, passt er optisch perfekt zum äußerst brutalen Brutal Death, dem sich die Truppe verschrieben hat. Bei den Ansagen macht er dennoch einen sympathischen, fast verschmitzten Eindruck.

Obscene Extreme 2025

Danach geht’s einmal über den Ärmelkanal zu Raised By Owls, die dem einen oder anderen vielleicht wegen ihrer Instagram-Präsenz ein Begriff sind. Die Briten servieren Slam und Grind mit Comedy-Texten. Und das funktioniert überraschend gut. Zwischen Blastbeats und Beatdowns gibt’s absurde Songtitel, zotige Sprüche und einen „Dance like Barney Greenway“-Contest mit Pitbull-Fahnen-Verlosung. Klingt albern, ist es auch – aber eben verdammt unterhaltsam. Der Pit brodelt, das Publikum lacht, und musikalisch passt das alles erstaunlich tight zusammen. Memes mit Moshfaktor.

Nach dem britischen Schenkelklopfer-Chaos von Raised By Owls wird’s wieder ernst. Und zwar richtig. Cancer betreten die Bühne – Legendenstatus inklusive. To The Gory End feiert 35. Geburtstag, und genau dieses Album wird heute in voller Länge gespielt. Technisch anspruchsvoller Thrash/Death, tight wie ein chirurgischer Schnitt und so alt wie manche Festivalbesucher. Der Sound ist klar, die Riffs messerscharf, das Drumming präzise wie ein Uhrwerk. Cancer liefern. Vielleicht nicht mehr ganz so wild wie früher, aber mit genug Feuer, um den Matsch zum Dampfen zu bringen. Ein Auftritt für Kenner – und für alle, die wissen wollen, woher der ganze Krach eigentlich kommt.

Nach all dem Gefrickel kommt der Dampfhammer. The Varukers – britischer Hardcore-Punk in Reinform. Gegründet ’79, tausendmal besetzt, nie gestorben. Frontmann Rat steht wie ein Denkmal auf der Bühne und bellt seine Parolen ins Publikum. Die neuen Leute in der Band fügen sich gut ein, der Sound steht wie eine Mauer. Vor der Bühne wird’s ruppig, aber respektvoll. Kein Nostalgie-Act, kein Ausverkauf – The Varukers sind noch da, weil sie was zu sagen haben. Und das tun sie laut.

Obscene Extreme 2025

Zum Auftritt von General Surgery wird der Regen, der den ganzen Tag immer mal wieder einsetzt, stärker, weshalb ich das Spektakel auf der Bühne vom Rand aus beobachte. Spaß macht’s trotzdem, grundsolider Grindcore und Splattertexte machen doch jedem Spaß. Erfreulicherweise gibt es genug OEF-Besucher, die sich (im Gegensatz zu mir) nicht von ein bisschen Regen abschrecken lassen und vor der Bühne für ordentlich Stimmung sorgen. 

Für Antichrist Siege Machine begebe ich mich dann aber doch noch mal vor die Bühne. Aus Neugierde, die Band scheint im Moment allgegenwärtig zu sein. Gefühlt gibt es kein Festival, dass das Duo dieses Jahr nicht bucht. Da will man natürlich wissen, was hinter dem Hype steckt. Auffällig ist zunächst der eigenwillige Bühnenaufbau. Links das Drumset mit dazugehörigem Musiker, rechts der Gitarrist. Die beiden stehen aber einander zugewandt, also seitlich zum Publikum. Sonst würde man ja das Corpsepaint des Schlagzeugers, der auch den Großteil der Vocals übernimmt, nicht sehen. Musikalisch wirkt das Ganze schon engagiert, einen bleibenden Eindruck hinterlässt es aber nicht. Die eher simplen Songs verschwimmen schon nach kurzer Zeit ineinander, echte Höhepunkte fehlen. Fazit: Kann man sich mal geben, muss man aber auch nicht. 

Tag 4

Der letzte Festivaltag beginnt für mich OEF-typisch mit Grindcore. Vile Species aus Griechenland liefern solide Kost, mit der es sich gemütlich in einen weiteren Tag musikalischer und menschlicher Absurditäten starten lässt. Darauf folgt Death Metal, vorgetragen von den Brasilianern Podridão. 

Der erste echte Publikumsmagnet sind an diesem Tag Emasculator. Dabei handelt es sich um eine Art Brutal-Death-Allstar-Truppe. „Star“ ist in diesem Fall natürlich relativ, die Brutal-Death-Szene ist doch überschaubar. Das Besondere an Emasculator: Die Band besteht komplett aus Frauen. Vor allem die Sängerin Mallika macht den Auftritt zu einem echten Spektakel. Sie bringt nicht nur ordentlich Energie mit, sondern auch eine der besten weiblichen Growl-Stimmen des Metal-Universums.

Obscene Extreme 2025

Stimmung machen auch Unbound Terror, die von den Balearen angereist sind und zu den Pionieren der spanischen Death-Metal-Szene zählen. In 25 Minuten erteilen sie den OEF-Besuchern eine Geschichtsstunde, die es in sich hat. 

Auf eine lange Historie blicken Party Cannon noch nicht zurück. Eine beachtliche Fan-Gemeinde haben sich die Schotten dennoch bereits erspielt. Bei dem Namen ist eigentlich klar, wohin die Reise geht: Es wird lustig. Allerlei lustige Aufblas-Gegenstände fliegen von der Bühne, dazu gibt’s brachialen Slam Death. Hier gibt’s (wie bereits erwähnt) auch einen weiteren Mega-Circle-Pit. Der dank der zahlreichen Zuschauer wirklich ein sehenswertes Spektakel ist. Ich schaue mir das Ganze in Ruhe vom Sitzbereich aus an. Zu sehen gibt es einiges: Kostüme, Nackte im Moshpit und eine motivierte Band auf der Bühne. 

Eine Band, auf die ich mich sehr gefreut habe, musste leider kurzfristig absagen: Rectal Smegma. Stattdessen stehen jetzt Dobytci Mor auf der Bühne. Der sperrige Name verrät es bereits, wir haben es mit Locals zu tun. Das Trio genießt zwar nicht denselben Bekanntheitsstatus wie die niederländische Goregrind-Truppe, liefern aber starken Grindcore. Das Publikum haben sie so schnell auf ihrer Seite. 

Danach ist es Zeit für einen absoluten Höhepunkt. Die Franzosen Inhumate, die in diesem Jahr ihre letzten Auftritte bestreiten, geben sich die Ehre. Und liefern kompromisslos ab. Hier haben wir es mit wirklich brutalem Grindcore zu tun und die Band, die immerhin seit 35 Jahren unterwegs ist, hat kein bisschen nachgelassen. Sänger Christophe Knecht zerstört zwei Mikros, weil er sich mit selbigen die Stirn blutig prügelt. Als er zur Wall of Death auffordert, springt er kurzerhand von der Bühne und erklärt sich selbst zur Zielscheibe der kontrollierten Gewalt. Bevor Inhumate die Bühne verlassen, erfolgt noch eine Einladung zum Abschlusskonzert in Straßburg. Dem wirklich letzten Konzert, man sei schließlich nicht Judas Priest. 

Obscene Extreme 2025

Cephalic Carnage gehen zwar mit deutlich mehr Raffinesse zu Werke, sind aber ebenfalls eine exzellente Liveband. Musikalisch wird es deutlich progressiver und vielschichtiger, hier treffen Death-Metal-Riffs auf Flamenco-Gitarre. Sitzt aber alles und funktioniert live hervorragend. Abgerundet wird das Ganze durch den schrägen Humor der Band, die zwischendurch in Kostüme schlüpft und zotige Witze reißt. 

Darkness bringen etwas Ruhrpott-Magie auf die OEF-Bühne. Alte Schule, alte Helden – und kein bisschen eingerostet. Die Essener prügeln sich durch ihr Set mit einer Energie, die kaum glauben lässt, dass Death Squad schon fast vier Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Echter, ehrlicher Thrash – so, wie er hierzulande erfunden wurde. Die neue Platte Blood On Canvas ist präsent, aber es sind die alten Gassenhauer, die die Fäuste hochreißen lassen. 

Als Rausschmeißer haben Čurby und seine Truppe noch ein ganz besonderes Schmankerl ausgegraben. Und Schizo zum ersten Mal nach Tschechien geholt. Die Sizilianer gehören zu den Urvätern des italienischen Thrash/Death, haben schon Ende der Achtziger die ersten Blastbeats auf die Halbinsel geprügelt und mit Main Frame Collapse ein echtes Kultalbum vorgelegt. Und genau so klingt es auch live: schnell, scharf, unnachgiebig. Auf der Bühne eine Band, die viel durchgemacht hat – und trotzdem brennt. Gitarren wie Kreissägen, Drums wie Maschinengewehrsalven, dazu ein Frontmann, der mehr spuckt, als spricht. Das ist keine gepflegte Nostalgiestunde, das ist rohe Gewalt mit Geschichte. Und damit der perfekte Schlusspunkt für ein gelungenes Festival.