Opeth am 01.10.2025 im Rosengarten, Mannheim

"The Last Will And Testament European Tour 2025" begeistert die Quadratestadt

Eventname: The Last Will And Testament European Tour

Headliner: Opeth

Vorband: Paatos

Ort: Rosengarten, Mannheim (m:con Congress Center Rosengarten)

Datum: 01.10.2025

Kosten: 58,95 €

Genre: Progressive Metal

Link: www.opeth.com

Setliste:

  1. §1
  2. Master’s Apprentices
  3. The Leper Affinity
  4. §7
  5. The Devil’s Orchard
  6. To Rid The Disease
  7. The Night And The Silent Water
  8. §3
  9. Heir Apparent
  10. Ghost Of Perdition
  11. Deliverance (Zugabe)

Opeth im Jugendstil-Ambiente des Mannheimer Rosengartens? Das erlebt man wahrlich nicht alle Tage. Doch die schwedische Ausnahmenformation gastiert mit ihrer The Last Will And Testament European Tour in der Quadratestadt und inszeniert damit ein Treffen der Generationen: Opeth-Veteranen treffen auf Menschen, die die Diskografie der Band erst nach ihrer Geburt entdeckt haben dürften.

Die Vorband Paatos spielt bereits, als sich eine durchaus ansehnliche Schlange an der Abendkasse bildet. Doch hier werden nicht etwa Karten gekauft, sondern umgetauscht. Viele Besucher:innen haben sich offenbar spontan entschieden, ihren Steh- gegen einen Sitzplatz auf der Empore des Rosengartens umzutauschen. Das Ambiente verwundert den einen oder anderen Metalhead. „Gibt’s hier überhaupt Bier oder haben die nur Sekt?“ fragt jemand. Ein anderer sinniert über den Sound des Rosengartes, der sich ja angeblich so gar nicht für ein Metal-Konzert eignet.

Was die schwedischen Progger Paatos von der Bühne in den Mozartsaal rocken, kann sich jedoch hören lassen, und es hat sich auch schon eine ordentliche Menge des Publikums eingefunden, das später rund 2000 Besuchende zählen wird. Bluesige Gitarren, ein Schlagzeug, das gerne in jazzige Gefilde ausbüchst, und darüber der elfenhafte Gesang von Petronella Nettermalm, der jedoch manchmal ein wenig zu hoch und laut hinauswill. Die Band kommt gut an (mal ehrlich, klang das nicht kurz nach Rush?), bekommt verdientermaßen satten Applaus und darf sich auch später am Merch über Zuspruch freuen.

Doch natürlich warten alle auf Opeth, die pünktlich um 20:45 Uhr auf der Bühne erscheinen. Das Publikum ist sichtlich aufgeregt – welche Lieder werden die Schweden wohl spielen? Den Auftakt macht §1 vom aktuellen Album The Last Will And Testament, das der Tour den Namen gibt. Während die Band selbst von Anfang an Feuer und Flamme ist, muss sich das Publikum noch eingrooven. Vielleicht ist es auch nur von der fetten Produktion geplättet, die sofort ihre Trümpfe ausspielt. Mehrere Bildwände unterschiedlicher Größe schaffen ein immersives Erlebnis und entführen das Publikum in die düstere Welt des Konzeptalbums, von dem es letztlich drei Stücke in die Setlist schaffen.

Mikael Åkerfeldt begrüßt die Menge mit „Hey Motherfuckers“ und stellt die Band etwas später als „four middle-aged man and a youngster on drums“ vor – eine Anspielung auf Schlagzeuger Waltteri Väyrynen (was ein Biest!), der von Paradise Lost zu Opeth stieß. Damit gesellt sich neben herausragender Musik in Progfektion ein weiteres Charakteristikum zu diesem Konzert: Åkerfeldts Sprüche, charismatische Anekdoten, Kalauer und ulkige Publikumsspielchen machen den Auftritt lebendig.

Mittlerweile ist der Funke als Flammenwand auf die Menge übergegangen. Weil: Master’s Apprentices als zweiter Song. Ekstatische Headbanger gibt es zwar nur vereinzelt, doch jeder verfolgt das Konzert gebannt, ergriffen, verträumt, begeistert. Offene Münder. Geschlossene Augen. Die Bühnenshow führt dazu, mit ideal abgestimmten Lichteffekten, geheimnisvoller Beleuchtung und atmosphärischen Visuals – abgestimmt auf die jeweiligen Songthemen – durch den Abend.

Opeth erschaffen den erhofften musikalischen Rausch aus spielerischer Raffinesse und melancholischer Schönheit – Keyboarder Joakim Svalberg zuzuschauen ist ein Genuss –, während Åkerfeldt mit dem Wechsel aus brutalem Growling und sanftem Klargesang besticht. Intensiv. Mitreißend. Beeindruckend. Ein kurzes technisches Problem mit der Gitarre von Fredrik Åkesson hat gar keine Chance, den positiven Eindruck einzutrüben.

Die Zwischenrufe aus der Menge nehmen zu, die Fans schreien Opeth ihre Favoriten entgegen. Und johlen verzückt, wenn das Stück gespielt wird, auf das sie gehofft haben. Dazu mischt sich der übliche Unsinn. Ein Dude grölt zur Bühne hinauf und will wissen, wie die Band heißt. Åkerfeldt reagiert amüsiert-gelassen und nutzt die Chance, über Missverständnisse des Bandnamens zu philosophieren und seine Abneigung für Live Is Life von Opeth, äh, Opus kundzutun.

Beste Anekdoten: Åkerfeldt erinnert an seinen Deutschunterricht zu Schulzeiten („Mein Hund ist dunkelblau“) und berichtet vom Plattenshoppen in Mannheim. Dabei driftet er kurz ab, um sich für Krautrock zu begeistern, und verweist auf die aus Mannheim stammenden Kin Ping Meh. Er will wissen, wer die Band kennt. Das Publikum schweigt und Stille war noch nie stiller. Åkerfeldt grinst.

Opeth kredenzen eine klangliche Zeitreise durch ihre Diskografie von progressiver Vielfalt und zwei Stunden vergehen wie im Flug. Einen herausstechenden Höhepunkt mag es dabei nicht geben, doch das ist keine Kritik, sondern ein Nachweis für das gelungene Gesamtergebnis. Zum Träumen bleibt nach dem gelungenen Konzert jedoch nicht viel Zeit. Das Personal des Rosengartens wirft die Fans freundlich, aber bestimmt aus dem Saal, die vor dem Rosengarten noch lange über das Konzert diskutieren.

Ein gelungener Abend, der sowohl Veteranen als auch Neulinge in den Bann zog und den Rosengarten für ein paar Stunden in ein progmetallisches Universum verwandelte. Sound hin und her, gerne mehr davon im Rosengarten.