Bands: Blue Heron, Organic Destruction
Ort: Rothaus, Gottbillstraße 46, 54294 Trier
Datum: 17.10.2025
Genre: Stoner Rock, Desert Rock, Psychedelic Doom
Kosten: 15 – 20 € AK
Veranstalter: Vinyl4Charity e.V., Broken Music
Link: https://www.facebook.com/events
Nachdem der Vinyl4Charity e.V. in den vergangenen Jahren regelmäßig ins Lucky’s Luke in Trier eingeladen hat, findet die heutige Veranstaltung erstmals an einem neuen Ort statt: im sogenannten Rothaus, dem frisch eingerichteten Veranstaltungsraum des Musiknetzwerks Trier. Die Suche des Veranstaltungsortes gestaltet sich zunächst etwas schwierig – mein Navi zeigt zwar das Ziel an, doch das Rothaus selbst bleibt unsichtbar. Offenbar geht es nicht nur mir so: Auch andere Besucher irren eine Weile durch die Umgebung, bevor sie fündig werden. Schließlich entdecke ich den Eingang, werde herzlich begrüßt und hineingelassen – nicht ohne vorher noch einigen Freunden und Bekannten die Hand zu schütteln.
Da ich dadurch recht spät bin, fängt es auch gleich mit dem Gig von Organic Destruction an. Bereits vor drei Wochen beim Desert Throne im heimischen Hachenburg konnte die Band die Bühne entfesseln und meine hohen Erwartungen übertreffen. Entstanden im Jahr 2021, mitten in einer Zeit kollektiven Stillstands, scheint das Projekt rückblickend fast wie ein Trotzakt gegen die Stille. Was damals als Hoffnungsschimmer in düsteren Tagen begann, hat sich inzwischen zu einer ernstzunehmenden Größe innerhalb der deutschen Doom- und Stoner-Undergroud-Szene entwickelt. Auch heute im Rothaus in Trier ist von Anfänger-Status keine Spur – im Gegenteil: Die drei Musiker treten mit einer beeindruckenden Selbstsicherheit und klanglichen Reife auf, die man sonst nur von langjährig eingespielten Acts kennt.

An der Gitarre sorgt Marius Brenner, wieder stilecht in einem Pink-Floyd-Shirt (dieses Mal aber ein anderes), für massive Klangwände. Seine Riffs sind nicht nur druckvoll, sondern auch fein nuanciert und voller Tiefe. Er legt das tonale Fundament, auf dem sich der charakteristische Sound der Band ausbreitet. Bassist Benjamin Ringer brilliert nicht nur mit wuchtigem Tieftonsupport, sondern bringt mit seinen kraftvollen Vocals eine zusätzliche Ebene in die Songs, die zwischen Schwere und hypnotischer Eingängigkeit pendeln. Im dunklen Hintergrund, passend zu den doomigen Klängen, sitzt Drummer Patrick Erasmus: ein Rhythmusgeber, der mit stoischer Präzision und einem feinen Gespür für Dynamik den doomigen Groove der Band fest im Griff hat – schwer, dicht, unerbittlich. Der musikalische Stil des Trios lässt sich irgendwo zwischen zähem Doom, treibendem Stoner Rock und psychedelischer Versenkung verorten. Die Songs wachsen langsam, bauen sich schichtweise auf, brechen in eruptiven Momenten aus und lassen das Publikum in ihrer massiven Klangwelt versinken. Eine Musik, die man nicht einfach hört – man durchlebt sie.
Die Setlist lässt kaum Wünsche offen: Neben einigen Stücken des Debütalbums Return Of The Roo stehen vor allem Songs vom aktuellen Werk Prophets Of Cthulhu im Fokus – darunter kraftvolle Tracks wie Marching The Shores, Bite Of The T, Dark Water oder das treibende Supergroup. Jeder Song wirkt durchdacht und zugleich roh, ungeschliffen – eine Mischung, die den Reiz ausmacht. Es ist dieser ehrliche, kompromisslose Sound, der hängen bleibt – und das Gefühl, dass hier noch viel mehr möglich ist.

Noch während des Bühnenumbaus kommt es zu einem netten Gespräch mit der sympathischen Mercherin. Es stellt sich heraus, dass sie die Frau von Ricardo Sanchez, dem Schlagzeuger von Blue Heron ist. Später stoßen Ricardo Sanchez und Sänger Jadd Shickler dazu – ein lockerer Austausch, der zeigt, dass es bei Blue Heron nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich bodenständig zugeht. Joe Hennes, Vorsitzender des Vereins, übernimmt die Anmoderation und bringt es auf den Punkt: Die Freude ist groß, an diesem Abend eine Band auf der Bühne zu haben, die aktuell auf Europatournee unterwegs ist – und in zwei Tagen ihr Abschlusskonzert beim renommierten Desertfest in Belgien spielt. Dass Blue Heron für einen Stopp in Trier gewonnen werden konnten, sei alles andere als selbstverständlich.
Die Band aus Albuquerque, New Mexico, 2018 gegründet, bringt ihren wuchtigen Mix aus Stoner Rock, Desert Rock und Doom mit in den „neuen“ Club Rothaus. Dabei setzen sie auf klare Strukturen, schwere Gitarrenriffs und eine dichte, direkte Atmosphäre. Der Sound ist von Anfang an präsent: Der Bass wummert tief, die Gitarren schieben mit sattem, warmem Ton. Gitarrist Mike Chavez legt ziemlich cool dichte, manchmal fast hypnotisch wirkende Riffs, während Steve Schmidlapp am Bass mit teilweise ruckartigen Bewegungen für das stabile Fundament sorgt. Das Schlagzeugspiel von Ricardo Sanchez fällt sofort auf – er spielt mit Vehemenz, körperlich, intensiv. Der Vergleich mit dem Animal aus der Muppet Show liegt nicht fern: voller Energie, wild, aber mit Kontrolle und Timing.

Die Band bewegt sich musikalisch irgendwo zwischen der staubigen Schwere des Desert Rock und der direkten Wucht von Doom. In ruhigeren Passagen lässt sie dem Raum Platz, die Songs atmen. Dann wieder geht es schnurgerade nach vorne – keine Effekthascherei, sondern ehrlicher, druckvoller Heavy Rock. Jadd Shickler hält den Kontakt zum Publikum, alles passt bei dem gelungenen Auftreten der Band. Es wirkt nichts übertrieben, alles sitzt perfekt. Auf der Setlist stehen unter anderem Clearmountain, We Breathe Darkness und Dinosaur vom Album Everything Fades, das die Band 2024 veröffentlicht hat. Der Titelsong fehlt natürlich auch nicht. Dazu gibt’s neues Material vom aktuellen Release Emulations, darunter Marigold, The House That Peterbilt und Find Away. Die neuen Stücke fügen sich nahtlos ein.

Nach dem Konzert gibt’s noch Gelegenheit, die Vinyls signieren zu lassen, mit Unterstützung der freundlichen Merchandiserin. Ich verabschiede mich von den Bands und den Leuten von Vinyl4Charity e.V. und Broken Music. Ein starker Abend mit direktem, gut gespieltem Stoner Rock – ohne Schnörkel, dafür mit Wucht und Haltung.
Weitere Bildergalerien:
Organic Destruction
Blue Heron












