Dark Embrace – Dark Heavy Metal

Von wegen Sommer, Sangria, Sonnenbrand. Spanien kann auch ganz anders. Zum Glück!

Artist: Dark Embrace

Herkunft: A Coruña, Spanien

Album: Dark Heavy Metal

Spiellänge: 38:09 Minuten

Genre: Dark Heavy Metal

Release: 24.02.2023

Label: Massacre Records

Link: https://www.facebook.com/DarkEmbraceOfficial

Bandmitglieder:

Gesang – Oscar Rilo
Gitarre – Mou Trashno
Gitarre – Markos Villar
Bass – Kike Vilar
Schlagzeug – Snowy Shaw

Tracklist:

1. Dark Heavy Metal
2. Never Seen The Sun
3. Personal Hell
4. Endless Months
5. Metal Is Religion
6. Life And Legacy
7. This Is The Rain
8. Time Is Telling
9. Bitter End MMXXII


Es ist 1996. Nein, meine Freundin war nicht weg, um sich in der Südsee zu bräunen, sondern es ist das Jahr, in dem ich – wie auch immer – das Abitur bestanden habe. Zwar mit der zweitschlechtesten Note des gesamten Jahrgangs (nur mein damals bester Kumpel Oli war noch schlechter. Übrigens auch Metaller. Hallo Klischee.), aber immerhin geschafft, den Mist.

Im Fach Musik kam damals die Frage:

Lehrer: „Andi, nenne uns eine spanische Rockband, die nicht Héroes Del Silencio heißt.“
Andi, in Schweiß gebadet und voller Verzweiflung: „Moonspell
Lehrer: „Andi, die kommen aus Portugal.“
Andi: „Ach kommen Sie, Mailand oder Madrid, Hauptsache Spanien“

Ok, ich gebe es zu, diesen Dialog hat es nie gegeben. Ich war zwar in Musik wirklich grottenschlecht (was interessiert mich irgendeine Piepmatz-Vermählung oder eine Entführung aus dem Senegal Serail … und Kirchentonarten gingen mir schon alleine aufgrund der Bezeichnung tierisch auf die schwarzmetallischen Nerven), zudem war meine damalige Lehrerschaft mit Metal genauso überfordert wie ich mit Integralrechnung. Und wer diskutiert dazu schon freiwillig mit Kurven? Gitarren und Lederjacken waren in dieser Zeit einfach hundertmal interessanter als Bücher vom Klett-Verlag. Höre ich gerade jemanden ehrfürchtig das Wort „Reclam“ flüstern? Lasst mich bloß damit in Ruhe.

Dennoch sitze ich gerade über dem Pressekit von Dark Embrace und überlege, welche spanische Metalband ich überhaupt kenne.
Mägo De Oz fallen mir ein. Bei Dark Moor klingelt es ganz weit hinten im Hirn irgendwo, wenn auch eher diffus. Das war es dann auch schon.

Der Horizont muss also dringend erweitert werden, und wie durch Zufall kommen nun endlich Dark Embrace aus Galizien ins Spiel. Una cálida bienvenida!
Die Band existiert schon seit 2001 und hat bisher drei Demos und drei Alben veröffentlicht. Ok, eigentlich vier, wobei das 2017er The Call Of The Wolves im letzten Jahr noch mal neu veröffentlicht wurde.

Der Satz aus der Presseinfo ist hier die perfekte Einleitung zum Review: „Nachdem sie sowohl von Journalisten als auch von Fans in diverse Schubladen gesteckt wurden, handelt es sich hier um mehr, als einen Albumnamen – es beschreibt perfekt den Stil der Band.“

Na, dann wollen wir mal. Kopfhörer auf und auf PLAY gedrückt.
Kurzer Spoiler: Die beiden besten Songs des Albums wurden direkt am Anfang platziert.

Ein kurzer hoher Scream und ab geht die Chose mit dem Opener und Titeltrack, Dark Heavy Metal.
Starkes, an Judas Priest erinnerndes Riffing, Blastbeats, Amon Amarth-ähnliche Leadgitarre. Diese drei Dinge fallen mir nach wenigen Sekunden ein. Jo, das ballert.
Oscar Rilos Vocals sind erst heiser-kehlig, dann growlig und stellenweise clean. Irgendwie eine Mischung aus Entombed und Stallion. Also irgendwo zwischen L.G. Petrov und Pauly Ehrenhardt. In den klaren Gesangslinien stimmfarbentechnisch sogar in der Nähe von Warrel Dane.
Hört und guckt es euch am besten selber an:

Und? Cool oder was? Jawoll! Ein richtig guter Albumopener.

Ohne große Verschnaufpause geht es mit Never Seen The Sun weiter. Auch hier habe ich anfänglich wieder Amon Amarth im Kopf. Und auch noch mal Nevermore, wenn das Geballer der Strophe vom melodischen Refrain abgelöst wird. Richtig gut, auch das veröffentlichte Video passt hervorragend zur dunklen Stimmung.

Wisst ihr was? Ich spare mir die Zeilen zum nachfolgenden Personal Hell und zeige euch direkt das Video dazu.

Nach diesem Hattrick ändert sich die Ausrichtung der Songs plötzlich. Mit Endless Months geht es gemächlicher weiter. Die Keys sind etwas mehr im Vordergrund und ich fühle mich ein bisschen an Amorphis erinnert.
Kann es sein, dass dieser Song in einem anderen Studio aufgenommen wurde? Vielleicht liegt es auch an meinen nicht mehr ganz so frischen Ohren, aber der Mix unterscheidet sich für mich von den vorherigen Liedern. Gut, es ist ja keine Seltenheit, dass Bands in verschiedenen Studios aufnehmen, ist mir auch schon mal passiert.

Metal Is Religion fängt mit Barockgedudel an, entwickelt sich dann aber zu einem hochepischen Midtempo-Metalbrett. Geiler Refrain, Hut ab. Fette Gangshouts, die sich gleich ins Hirn gebrüllt haben. Sollte live ein Gassenhauer und Stimmungsgarant sein.

Life And Legacy bleibt ebenfalls im Midtempo und wird noch stärker vom Keyboard dominiert, während die Gitarren im Chorus wieder schön skandinavisch shreddern.
Ich mag den Kontrast hier echt gerne. In der Strophe klassisches 80er-Riffing, die Strophe schielt Richtung Schwedentod und untermalt wird es von harmonischen Keyboards. Ich denke, hier sind wir am ehesten im „Dark Heavy Metal„.

Ganz anders wird es dann mit This Is The Rain. Ich habe lange überlegt, woran ich hier denken muss. Es hat was von einer dunklen Pop-Ballade, was vor allem an den ultradominanten Keyboards liegt. Komplett klarer und teilweise gehauchter Gesang, unverzerrte Gitarren. Erst gegen Mitte/Ende schwenkt das Ganze um und atmet etwas Sentenced-artige Vibes. Und ich erwische mich dabei, den Repeat-Button schon zum dritten Mal betätigt zu haben. Spricht eindeutig für das Lied.

Time Is Telling ist ein kurzes Zwischenspiel und leitet zum finalen Bitter End MMXXII über.
Habt ihr das eigentlich auch, dass ihr bei römischen Zahlen nie wisst, was das jetzt schon wieder bedeutet? Nicht? Auch gut.
Wie auch immer. Den Song gab es 2006 schon einmal, damals auf The Rebirth Of Darkness veröffentlicht.
Anno 2023 (22?) wurde es aber komplett umarrangiert. Der epische, akustische Anfang wurde weggelassen, stattdessen geht es direkt zur Sache.
Für mich der mit Abstand blasseste Songs des Albums. Hätte es jetzt nicht unbedingt gebraucht. Nicht wirklich schlecht, im Vergleich zu den anderen Kapiteln aber nicht konkurrenzfähig. Vielleicht auch der Gesamtlaufzeit des Albums geschuldet; letztendlich aber auch irgendwie egal.

Eine letzte Randnotiz: Für die Drums konnte auf diesem Album kein Geringerer als Snowy Shaw gewonnen werden. Genau, King Diamond, Memento Mori und so.

Dark Embrace – Dark Heavy Metal
Fazit
Dark Embrace haben mit Dark Heavy Metal ein bärenstarkes Album veröffentlicht, das mich stark an die Neunziger Jahre erinnert, als Bands wie Sentenced, Moonspell oder Amorphis ihren (ersten) Frühling hatten. Dazu gesellt sich aber eine riesengroße Portion klassischen Metals, sodass man hier so gut wie nie an einen Begriff wie "Gothic Metal" denken muss. Mit Oscar Rilo haben die Spanier einen Sänger mit Wiedererkennungswert am Mikro, der mit seinen verschiedenen Facetten für Abwechslung sorgt.
Dazu genug Ecken und Kanten, nicht zu glatt produziert und mit einem coolen Coverartwork versehen. Unbedingt antesten!

Anspieltipps: Dark Heavy Metal, Never Seen The Sun, This Is The Rain.
Andreas B.
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