Fermented Tones am 03.10.2025 im Feierwerk in München

Die Mischung verschiedener Stile und Genres steht Pate für den ungewöhnlichen Namen

Eventname: Fermented Tones  

Bands: Hydra, Motorowl, Firmament, Eremit, Shosta 

Ort: Feierwerk München 

Datum: 03.10.2025 

Kosten: 35,- € VVK / 45,- € AK 

Genre: Psychedelic Rock, Heavy Metal, Doom Metal, Synth Pop 

Besucher: ca. 80 

Veranstalter: Fermented Tones 

Am 3. Oktober vor 35 Jahren wuchs zusammen, was nie hätte getrennt werden dürfen – ein historisches Ereignis, zu Recht seitdem alle Jahre wieder als Feiertag begangen. Nur konsequent mag es da erscheinen, dieses besondere Datum als Rahmen für eines der interessantesten Konzertkonzepte, die mir bisher begegnet sind, heranzuziehen.

Fermented Tones heißt das Motto an diesem Freitagabend in der Kranhalle im Münchner Feierwerk, und die Möglichkeiten, Interpretationen für diese Bezeichnung zu finden, sind schier endlos. Sind die Musiker einfach alle besonders gut gereift, ist es also ein Euphemismus für das fortgeschrittene Alter der Kapellen? Geht es eher um die Musik selbst? Hat sich der Sound über längere Zeit verändert? Ein Blick aufs Billing macht dann klar, dass es wohl die Mischung verschiedener Stile und Genres ist, die Pate für den ungewöhnlichen Namen stand.

Hydra – 03.10.2025 – Feierwerk München

Auf den ersten Blick ist die Kombination wild: Post Punk trifft auf psychedelischen Rock, trifft auf klassischen Heavy Metal, trifft auf extremen Soundwand-Doom, trifft auf Darkwave und Synthpop. Die Kunst besteht dabei nicht unbedingt darin, die einzelnen Bands und ihre Musik gut zu finden, sondern darin, das Ganze in Kombination einen ganzen Abend lang für das Gros der Anwesenden funktionieren zu lassen, auch dann, wenn vielleicht ein nicht zu kleiner Teil nur für eine oder zwei der angetretenen Bands und für den Rest eher die Neugier ausschlaggebend war.

Um es nicht zu spannend zu machen – genau dieser Spagat wird dem Line-Up problemlos gelingen, einmal, weil die Zusammenstellung tatsächlich Sinn ergibt, zum anderen, weil hier wieder einmal ausnahmslos grandiose Musiker am Start sind.

Ursprünglich ist anstelle von Shosta eigentlich Das Kinn angekündigt, ein Projekt, das mit seiner wütenden New-Age-Mucke auf jeden Fall polarisiert, das ich gerade deshalb aber auch sehr interessant finde.

Um Punkt sechs soll es losgehen, ich bin ein wenig vorher da, und es stellt sich heraus, dass bis auf bunten Nebel in der Kranhalle noch nicht viel passiert, die Münchner von Hydra machen sich warm, ein bisschen muss die im Moment bislang recht übersichtliche Menge noch vor der Tür oder an den Merchständen verweilen.

Ich komme mit dem netten Herrn von Zanns Records ins Gespräch. Das Label aus dem Allgäu vertreibt unter anderem auch die Eremit-Platten, da gerät man ein wenig ins Grübeln, ob man hier oder direkt gegenüber bei Moritz am Eremit-Stand einkaufen soll.

Es fällt auf, wie entspannt das Publikum ist – so gut wie niemand steht vor der Bühne, bevor nicht wirklich der erste Ton erklingt, die meisten vertreiben sich die Zeit mit einem Getränk im Freien. Als Hydra anfangen, ist die Halle noch sehr luftig gefüllt, erst später am Abend wird der Platz knapper, ausverkauft ist das Fermented Tones aber nicht. 

Motorowl – 03.10.2025 – Feierwerk München

Hydra passen insofern gut zum Motto, als die abgefahrene Mischung aus Punk, Wave, Rock und Spaghettiwestern-Vibes bereits allein so viele verschiedene Einflüsse abdeckt, dass man sich fragt, wie zum Henker das alles funktionieren soll. Tut es aber, es knarzt und groovt an allen Ecken und Enden, und das Können der Menschen an den Instrumenten, die allesamt schon Erfahrung in anderen Bands der nahen Umgebung gesammelt haben, ist deutlich zu spüren.

Ein bisschen muss ich mich an die per elektronischem Blechdosen-Device am Mikrofon frequenzlimitierte Flüstertütenstimme von Sänger Flo gewöhnen, aber insgesamt passt das alles gut zusammen, und das sieht auch das Publikum so. Die meisten Songs stammen vom bisher einzigen Longplayer Dinero, eine EP, auf der alle aktuellen Member vertreten sind, soll in Kürze folgen. 

Nach kurzer Pause wird’s dann psychedelisch, als Motorowl aus Thüringen anfangen, tonnenschwere Riffs ins Halbdunkel zu stellen.

Das jüngste Album This House Has No Center ist erst letztes Jahr beim guten Robby auf Supreme Chaos Records erschienen. Los geht’s mit The Night und All Bells Ring von eben jener Scheibe, aber im Laufe des Gigs erklingen auch Songs der beiden Vorgänger, wie z. B. Norma Jean und No Center. Motorowl entfesseln ein unwiderstehlich groovendes Feuer aus Seventies-Spirit, Sabbath sowie Prog- und Stonerrock. Max an Mikro und Gitarre hat keinerlei Probleme, die zunehmend vollere Kranhalle in seinen Bann zu ziehen. Unglaublich stark, es gibt keinen, der nicht wenigstens kopfnickend Zustimmung signalisiert. Mit Atlas endet das Set, und die trockene Kehle ruft nach einem Bier.

Firmament – 03.10.2025 – Feierwerk München

Im Grunde ähnlich, aber mit deutlich mehr NWOBHM-Einflüssen geht’s dann weiter mit den Leipzigern von Firmament. Auch hier fliegt die Kuh auf beachtlicher Reisehöhe, man kann sich diesem Sound einfach nicht entziehen, es knarzt und rockt aus allen Rohren, kein Wunder, dass die Jungs bei Dying Victims unter Vertrag stehen.

So gut wie alle Bandmitglieder haben bereits für andere Formationen im Bühnenlicht gestanden, auch hier hört man ganz deutlich, dass das Gründungsjahr 2021 in keiner Relation zur Bühnenerfahrung steht. Zur Einstimmung erklingt Duran Durans Klassiker Wild Boys vom Band, dann hören wir Pulsar vom eben erst Ende September erschienenen Longplayer For Centuries Alive. Fast das gesamte Album wird gespielt, angereichert durch The Void und als Rausschmeißer Hide & Seek vom 2023er-Output We Don’t Rise We Just Fall.

Drei von fünf Acts haben wir bereits gesehen, Nummer vier des Abends wird mein persönliches Highlight werden: Eremit aus Osnabrück, deren ausufernd-düstere Mischung aus Sludge und Doom Metal nicht nur schwarzmetallische Trademarks einbezieht, sondern bei den lytischen Themen der Songs einer festen Storyline folgt. Wie von früheren Gigs gewohnt, ist die Bühne alsbald in einen schier undurchdringlichen, bunten Rauch getaucht, die Nebelwerfer leisten Schwerstarbeit.

Eremit – 03.10.2025 – Feierwerk München

Als wäre der optische Effekt klaustrophobischer Dichte nicht schon genug, wird dieser nur umso mehr durch sein akustisches Pendant verstärkt, als Moritz zur Gitarre greift und das Feierwerk unter langwelligen Schallbeschuss setzt. Man erahnt die meiste Zeit nur, was sich auf der Bühne abspielt, so undurchdringlich sind die Soundlandschaften, eine einzige Wand aus Gitarre, Getrümmer und Growls. Ein wenig unerwartet meldet sich dann in diesem Chaos das Saxofon zu Wort, wie ein heller Streifen am Horizont inmitten wolkenreichen Halbdunkels. 

Inzwischen steht schon mehr als nur ein Helles auf dem Zettel, und ich möchte tanzen. Irgendwie scheinen die Macher der Veranstaltung das geahnt zu haben, denn Shosta reichen uns zum Abschluss des Abends genau zu diesem Zweck die Hand. Gitarre, Synthesizer und ganz viel EBM-Vibes – da bleibt niemand auf einem Fleck. Ein bisschen fühle ich mich an And One erinnert, nur ohne infantile Texte, die Themen der Bamberger gehen deutlich tiefer, oft dahin, wo es wehtut, wo es hakt in der Gesellschaft, in der Welt. Die ernste, lyrische Basis kann indes dem Bewegungsdrang keinen Einhalt gebieten, ein großartiger finaler Akt in einer einfach perfekten Choreografie.

Shosta – 03.10.2025 – Feierwerk München

Herzlichen Dank, Organisatoren der Fermented Tones, das hat wirklich richtig Spaß gemacht!