Grey Daze – Amends

Grandios schmerzhaft

Artist: Grey Daze

Herkunft: Phoenix, Arizona, USA

Album: Amends

Spiellänge: 39:15 Minuten

Genre: Rock

Release: 26. Juni 2020

Label: Loma Vista Recordings

Link: https://greydazemusic.com/

Bandmitglieder:

Gesang – Chester Bennington
Schlagzeug, Hintergrundgesang – Sean Dowdell
Bassgitarre – Mace Beyers
Gitarre – Cristin Davis

Tracklist:

  1. Sickness
  2. Sometimes
  3. What’s In The Eye
  4. The Syndrome
  5. In Time
  6. Just Like Heroin
  7. B12
  8. Soul Song
  9. Morei Sky
  10. She Shines
  11. Shouting Out

Grey Daze, die allererste Band des verstorbenen Linkin Park Frontmanns Chester Bennington…“ so oder so ähnlich fangen wohl alle News, Reviews und Stellungnahmen zu dem Album Amends an. Aber mal von Anfang an. 1992-93 kommt der Schlagzeuger Sean Dowdell über seinen Bruder mit dem Bassisten Jonathan Krause zusammen. Die beiden haben zuvor ihre Bands verlassen und gründen zusammen die Band Grey Daze. Gitarrist wird Steve Mitchell, welcher die Band allerdings nach wenigen Monaten wieder verlassen sollte und durch Jason Barnes ersetzt wird. Bei der Suche nach dem passenden Sänger lässt Downdell den 15-jährigen Chester Bennington vorsingen und nach einigen Pearl Jam Coverversionen steht der Sänger fest. Es gibt da nur ein Anliegen seitens Chester. Er bittet Sean Dowdell, mit seinem Vater, der Polizist ist, zu sprechen. Nachdem Sean Dowdell diesem versichert, sich immer um seinen Sohn zu kümmern, willigt sein Vater ein und die Band kann ihre Arbeit beginnen.
Mit ihrem ersten 1994 selbstveröffentlichten Debütalbum Wake Me werden schon die Clubs der Gegend gefüllt. Doch kurz nach der Veröffentlichung von Wake Me verlässt Gitarrist Barnes die Band. Bobby Benish übernimmt seinen Platz. 1995 verlässt Gründungsmitglied Krause die Band und wird schließlich durch Mace Beyers ersetzt. Dieser vervollständigt nun die finale Besetzung.
Bereits 1996 teilen sich Grey Daze die Bühne mit Bands wie Bush und No Doubt und mit ihrem zweiten Album …No Sun Today! wird 1997 so erfolgreich nachgelegt, dass sie inzwischen rund um ihre Heimat locker größere Hallen füllen.
Allerdings, wie bei so vielen großartigen Bands der Geschichte, zerstören auch hier die internen Konflikte die Gruppe und es folgt 1998 die Auflösung von Grey Daze. Chester findet sich ein halbes Jahr später bei der Band Xero wieder, die sich kurze Zeit später in Hybrid Theory und dann in Linkin Park umbenennt und den bekannten erfolgreichen Weg einschlägt.
Als 2001 bei dem Gitarristen Bobby Benish ein tödlicher Hirntumor festgestellt wird, keimt die Idee, Grey Daze für ein Charityfestival wieder aufleben zu lassen. Das Festival sollte nicht stattfinden, dafür frischte aber die alte Freundschaft zwischen Sean Dowdell und Chester Bennington wieder auf. Sie werden Geschäftspartner und leben in der gleichen Gegend.
Schließlich ruft zum 20. Jubiläum von …No Sun Today! Chester Sean an und sagt, dass es ihm fehle astreinen Rock zu spielen, er die Band gerne zusammen bringen würde und die alten Songs neu aufnehmen möchte. Der Plan steht, die Vorbereitungen laufen, die Ankündigung für das Konzert am 20. Oktober 2017 ist online. Und dann, am 20. Juli 2017 die erschütternde Nachricht: Chester Bennington nimmt sich das Leben.
Es wird still. Doch nach einem Jahr der Trauer beschließt Sean, den Wunsch seines verstorbenen Freundes doch noch wahr werden zu lassen und Talinda Bennington, die hinterbliebene Ehefrau ist einverstanden. Dowdell möchte die Band zusammenbringen und ausgewählte Songs der zwei Alben Wake Me und …No Sun Today! zu dem neuen Album Amends zum Andenken an Chester zusammenstellen. Das Material ist da, Chester und Sean haben schon genug aufgenommen. Es musste nur noch zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Für Sean Dowell die Gelegenheit der Welt zu zeigen „wie viel emotionale Integrität in jedem seiner Worte lag“ und er möchte, dass es nach einem Soloalbum des verstorbenen Sängers klingt.

Bei dem Eröffnungssong Sickness, der gleichzeitig auch die erste veröffentlichte Single des Albums ist, erhebt sich aus einem ominösen Beat Chesters typische Stimme. Im Vergleich zu 1997 scheint diese Version wesentlich durch die Einflüsse der ursprünglichen Linkin Park geprägt zu sein.
Die Qualität der Musik ist insgesamt um Längen besser und moderner als damals, zu den alten Grey Daze Zeiten und man ahnt den Wunsch von Sean Dowdell, diese Songs der Fangemeinde um Chester näher zu bringen. Damals wie heute klingt Chesters Stimme eindringlich und hypnotisch. Dies und der in jedem Lied zu spürende Schmerz, verbunden mit dem Hilfeschrei einer kaputten Seele, zieht sich durch das gesamte Album. Unverkennbar, unvergänglich. Allerdings sind die Songs nicht so rockig, Grunge oder Nu Metal lastig wie damals – weniger Nachdruck, mehr balladenartig.
Dabei tragen alle Songs auf Amends eine in sich geschlossene Tragik, die musikalisch nicht von Song zu Song durchgezogen wird. Jedes Lied steht für sich. Das Album gleicht eher einer Sammlung einzelner tragischer Singles. Für alle Grey Daze, Linkin Park und Chester Bennington Fans ein absolut schmerzhaft schönes Andenken an einen Sänger, der stimmlich durch seine Einzigartigkeit überzeugt hat.
Erwähnenswert ist, dass Chesters Sohn Jaime zum ersten Mal bei dem Lied Soul Song am Mikrofon zu hören ist. Vielleicht tritt da ja jemand in Papas Fußstapfen?

Grey Daze – Amends
Fazit
Ich muss schon zugeben, es ist erst einmal verwirrend und überraschend, Chester plötzlich wieder singen zu hören. Zumal sich das erste Lied wie ein typischer Linkin Park Song aufbaut. Alles so vertraut und doch schräg, da ich weiß, es ist das letzte Album, das ich von Chester auf die Ohren bekommen werde. Die Songs sind, meiner Meinung nach, alle als einzelne Singles zu betrachten. Das Album ist, ich denke, das ist der Tatsache des Ablebens von Chester geschuldet, eine Aneinanderreihung einzelner unabhängiger Songs. Für mich lässt es sich leider nicht so glatt durchhören, wie ich damals Linkin Park Alben habe heiß laufen lassen, in einem durch, ohne Pause, nahtlos. Trotzdem sind die einzelnen Lieder großartig und die Texte grandios schmerzhaft – ein Gefühl, welches ich seit meiner Teenie-Zeit (mit Linkin Park) nicht mehr hatte. Schön, dass dieses Werk vollendet wurde.

Anspieltipps: Sickness, The Syndrome, Soul Song und Shouting Out
Katharina R.
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