Event: Kreator & Anthrax – Co-Headliner Tour 2024
Bands: Kreator, Anthrax, Testament
Ort: Inselpark Arena, Kurt-Emmerich Platz 10, 21109 Hamburg
Datum: 14.12.2024
Kosten: VVK 74,90 €, sold out
Zuschauer: ca. 3.500
Genre: Thrash Metal, Groove Metal
Links: https://inselparkarena.de/
Setlisten:
- D.N.R. (Do Not Resuscitate)
- 3 Days In Darkness
- WWIII
- Children Of The Next Level
- The Formation Of Damnation
- Return To Serenity
- First Strike Is Deadly
- Low
- Native Blood
- Electric Crown
- More Than Meets The Eye
- Into The Pit
- A.I.R.
- Got The Time
- Caught An A Mosh
- Fight ‚Em ‚Til You Can’t
- Madhouse
- Metal Thrashing Mad
- Be All, End All
- I Am The Law
- Medusa
- Antisocial
- Indians
- Efilnikufesin (N.F.L.)
- Hate Über Alles
- Phobia
- Coma Of Souls (Only Intro)
- Enemy Of God
- 666 – World Divided
- Hordes Of Chaos (A Necrologue For The Elite)
- Hail To The Hordes
- Betrayer
- Satan Is Real
- Phantom Antichrist
- Strongest Of The Strong
- Terrible Certainty
- Violent Revolution
- Pleasure To Kill
Entgegen dem Trend, möglichst viele unterschiedliche Genres in eine Tour zu packen, haben sich die drei alten Thrash-Metal-Bands für einen Abend mit nur Thrash Metal entschieden. Das kommt bei den Fans gut an. Die Venue in Hamburg-Wilhelmsburg meldet auf einem Samstag vor Weihnachten bereits Wochen vor der Show sold out. Eventuell ein Fingerzeig für die Zukunft?
Bereits um 17 Uhr bilden sich lange Menschenschlangen vor der Halle. Bei selbst für Hamburger Verhältnisse fiesen äußeren Bedingungen schaffen es nicht alle Thrash-Metal-Fans bis zum Start von Testament. Im Laufe der Show füllt sich die Bude aber bis auf seinen letzten Platz.
Noch eine Information zu der Halle im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Die Akustik ist in der Basketballhalle schon besser im Vergleich zur Allzwecksporthalle im Stadtteil Alsterdorf. Da aber Holz, zum Beispiel in der Deckenverkleidung, verbaut wurde, gibt es ein Pyro-Verbot. Das ist nicht neu. Wer aber das heutige Band-Package an einem anderen Standort gesehen hat, der dürfte sich über das fehlende Feuerelement auf der Bühne wundern.
Pünktlich um 18:30 Uhr geht das Licht aus und die Beastie Boys dröhnen aus den Lautsprechern. Der Auftakt ist D.N.R. (Do Not Resuscitate) vom The Gathering-Album aus dem Jahr 1999. Verwundert bereits der Opener, so ist das gesamte, knapp einstündige Set, mit einigen überraschenden Songs ausgestattet. Beispiele wären More Than Meets The Eye (The Formation Of Damnation) oder Native Blood (Dark Roots Of Earth). Technisch ist der Auftritt top, allen voran die Saitenarbeiter Alex Skolnick und Eric Peterson liefern gehobene Kunst. Auch der Sound ist für Testament mehr als ansprechend. Was fehlt, ist das Stageacting wie im Sommer bei der The Legacy und The New Order Show auf diversen Festivals. Die Vermutung liegt nah, dass das Tourmanagement hier die Finger im Spiel hat. So zurückhaltend sind Peterson und Skolnick sonst nicht. Into The Pit macht mit einem entsprechenden Circle und Mosh Pit den Deckel auf die Show der Bay-Area-Thrasher, die sich als Opening-Act nicht so richtig gut anfühlen. Daher die 2025er-Show gerne wieder im Club als Headliner.
Eine knappe halbe Stunde dauert die Umbaupause, dann flimmert ein Animationsfilm zu Anthrax aus New York über den Vorhang, der die Sicht auf die Bühne zunächst verdeckt. A.I.R. aus dem Jahr 1985 eröffnet die Show, die eine ganz andere Energie liefert als der Auftritt von Chuck Billy und Co. Es gibt ein Old-School-Set der besonderen Art. Nur Fight ‚Em ‚Til You Can’t stammt aus dem Jahr 2011, alles andere ist aus den 80er-Jahren. Hier sind vor allem die frühen Dinger wie Metal Thrashing Mad (1984), Medusa und Madhouse (beide 1985) zu erwähnen, die Joey Belladonna fast schon punkig intoniert. Bei den Aktivitäten auf der Bühne ragt vor allem Bassist Frank Bello heraus, der ständig am Gestikulieren ist. Aber auch Belladonna und Scott Ian drehen mächtig auf.
Entsprechend der Energie auf der Bühne, entlädt sich die Energie im Publikum. Ein Moshpit jagt den nächsten. Beim Trust-Cover Antisocial scheinen alle Dämme zu brechen und die alte Halle wackelt in ihren Grundfesten. Auch der Gitarrensound, angetrieben von einem spielfreudigen Scott Ian, stellt Testament in den Schatten. Der 75-minütige Abriss vergeht viel zu schnell und sorgt für eine steil gehende Halle. Die Messlatte für Kreator ist nach dem Auftritt verdammt hoch.
Erneut wird ein Vorhang gespannt, der die Sicht auf die Bühne verdeckt. Run To Hills ertönt, gefolgt vom Hate Über Alles Intro Sergio Corbucci Is Dead. Dann fällt der Vorhang und die Bühne ist in tiefrotes Licht gehüllt. Erwartungsgemäß geht es mit dem Titeltrack des aktuellen Albums los, gefolgt von Phobia vom 97er-Release Outcast. Der Klassiker Coma Of Souls wird als Intro genutzt, um mit einem Konfettiregen Enemy Of God zu intonieren. Konfetti passt zum Karneval, Enemy Of God gehört bisher nicht zum närrischen Treiben.
Damit sind wir auch bei dem Unterschied zur Show von Kreator zum Vorgänger Anthrax. Scott Ian und Co. sagen ihre Songs an und lassen sonst die Meute machen, was die für richtig hält. Mille Petrozza fordert Circlepit, Crowdsurfer und treibt Mitmachspielchen nach dem Motto „nun schreien alle auf der rechten Seite, jetzt alle auf der linken Seite“ – es fühlt sich ein wenig wie beim Karneval an, aber nicht unbedingt wie bei einem Thrash-Metal-Gig einer der angesagtesten deutschen Bands.
Petrozza und Co. sind aber routiniert genug, um einige Akzente auch musikalisch zu setzen. Die nennen sich Betrayer, Terrible Certainty oder Phantom Antichrist. Spätestens der Konfettiregen zu Pleasure To Kill verwundert und ist so passend, wie der Schokoladenkuchen zum Bier. Technisch ist der Auftritt des Quartetts absolut in Ordnung. Das Set an sich, in dem es vor allem auch um die neueren Nummern geht, die Sami Yli-Sirniö und Frédéric Leclercq mit an Bord haben, ist nachvollziehbar. Die Animation der Show und das gesamte Gebaren von Petrozza ist von thrashender Aggressivität und realem Satan weit entfernt. Überspitzt stellt sich die Frage, wann das Kreator-Event für die gesamte Familie kommt. Der aufblasbare Gummisatan zum Spielen für die Kleinen und das Konfetti im Evil-Format für die älteren Semester. Heute servieren Kreator gefühlt Thrash Metal zu Kaffee und Kuchen und erreichen lange nicht die Intensität von Anthrax. Die Halle beginnt sich bereits vor Ende des 75-minütigen Sets zu leeren.
Der Co-Headliner hat abgeräumt am Vorabend des dritten Advents. Eventuell schauen sich Kreator bei Joey Belladonna und Scott Ian das eine oder andere ab für einen aggressiven Konzertabend im Jahr 2025. Wer stark auf der Bühne ist, der benötigt kein Konfetti oder viele Worte der Animation.