Lord Agheros – Demiurgo

„Vermutungen“

Artist: Lord Agheros

Herkunft: Italien

Album: Demiurgo

Spiellänge: 59:38 Minuten

Genre: Ambient Black Metal

Release: 26.11.2012

Label: My Kingdom Music

Link: www.facebook.com/lordagheros

Bandmitglieder:

Alles – Evangelou Gerassimos

Tracklist:

  1. Prologue
  2. Eris
  3. Styx
  4. Thanatos
  5. Moros
  6. Nemesi
  7. Lyssa
  8. Letum
  9. Erebo
  10. Nyx
  11. Oizys
  12. Emera
  13. Geras
  14. Lysimele
  15. Ker
  16. Apate
  17. Etere

Lord Agheros - Demiurgo

Manchmal sitze ich so da und versuche in mich zu kehren, um im tiefsten Zentrum meiner Brust nach Antworten zu suchen – dort, wo die Seele ruhen soll. Denn außerhalb des Zentrums meines Ichs finde ich diese nicht. Ich schreite die Treppen hinunter. An der Garderobe hängt meine neue Jacke. Sie lässt mich breiter erscheinen als ich bin. Seltsamerweise wirkt der Stoff so dünn wie der einer Sommerjacke. Tatsächlich stimmt das auch: In der Jacke ist eine Fleece-Schicht eingesponnen, die, falls es wärmer wird, leicht entnommen werden kann. Ich ziehe sie über. Und öffne die Tür. Draußen liegt Schnee. Kein Hindernis, wenn man auf der Suche nach Antworten ist – ein weiteres Mal. Es ist dunkel, es ist kalt, die Laufstrecke hinterm Haus leer. Auf meinem Abspielgerät befindet sich Lord Agheros neuste Kreation, Demiurgo, welche ich trotz der langen Spielzeit schon einige Male zuvor konsumiert habe. Aber ich verstehe nicht. Auch nicht hier draußen, in der Kälte, in der Nacht, in der Einsamkeit, in der Idylle, nicht fern von Menschen, dennoch frei von ihnen.

Ich verstehe diese CD nicht. Es ist und bleibt ein Mysterium, warum man so etwas aufnehmen sollte. „Ambient Black Metal“ steht drauf. Das ich nicht lache. LACHE! Wenn man die zwei Hauptbegriffe in verschiedenen Schriftgrößen schreiben würde, wäre Black Metal eine 10 und Ambient eine 72. Versucht es selber, dann wisst ihr, wie die CD klingt.

Aber auch im Ambient gibt es Unterschiede. Ich liebe es, wenn Künstler ihre Raserei einstellen und mit Ruhe einen Gegenpol kreieren. Vielschichtigkeit einführen. Kontraste schaffen. Lautmalerei Einzug gewähren lassen. Dem Hörer das Gefühl geben „hier ist ein besonderer Aspekt in meinem lyrischen Werk, den ich besonders hervorheben muss“. Vielleicht ein plötzlicher Todesfall eines Hauptcharakters, eine unerwartete Wendung oder gar die Erklärung, warum bei einem Ein-Mann-Projekt, das Lord Agheros heißt, der Künstler einen anderen Namen trägt.

Doch all das gibt es hier nicht. Hier gibt es Kompositionen frei nach dem Motto „ich packe mein Keyboard aus, überleg mir ein-zwei nette Melodien und kleistere den Rest mit Teppichen zu.“ Übergänge? Nö. Black Metal? Manchmal, dann in einer halligen Version von Eisregens Zerfall von 1998. Nur nicht so gut. Wäre ja auch Qualität. Hier und da mal jaulender Frauengesang, Möchtegernepik und einen Pseudoaufbau (es gibt Kapitel I und II (hoho, römische Zeichen!) rein musikalisch komplett irrelevant).

Der Rundgang um den transzendentalen Laufweg hat mir nicht geholfen. Traurig ziehe ich die Jacke aus, entledige mich meiner Schuhe, bewege mich gen Himmel, wo mein Rechner wartet und verbinde mein Abspielgerät mit dem Computer. Dort greife ich auf das Laufwerk zu, das auch gleichzeitig mein Abspielgerät ist, markiere alle Lieder von Lord Agheros, drücke die rechte Maustaste und wähle „Löschen“. Die absichernde Nachfrage, ob ich dies wirklich tun möchte, empfinde ich als Provokation und hämmere noch auf „Ja“ ein, als das Fenster schon längst verschwunden ist und der Balken mir signalisiert „du bist frei“. Für immer.

Fazit: Es ist so schön, dass ein Review das Ende eines Weges symbolisieren kann. Für mich bedeutet das Erscheinen dieser Zeilen ein Abschied für immer von Evangelou Gerassimos und seinem vollkommen beliebig wirkendem Werk mit dem bedeutungsschwanger klingenden Namen Demiurgo. Nein, diese CD ist nicht bei der falschen Person gelandet, eigentlich liebe ich Musik dieser Art. Oder anders formuliert: Es gibt keine richtige Person. Wahrscheinlich. Vielleicht finden irgendwelche Esoteriker irgendwelche Splitter Gottes in den Kompositionen, die auf das Ende der Welt im Jahre 2345 hinweisen, was genauso belanglos für die Menschheit wäre, wie diese CD, da keiner von den jetzt Lebenden das Jahr erleben wird. Zwei Punkte gibt es, weil ich mir vorstellen kann, dass die CD beim Einsatz von grünen Gummibärchen (*hust*) eine einschlagende Wirkung haben KÖNNTE. Das ist es mir dann aber doch nicht wert. Anspieltipps: Nein. Keine Chance.
Gordon E.
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