Ozzy Osbourne – Patient Number 9

Die letzte musikalische Reise des Fürsten der Finsternis?

Artist: Ozzy Osbourne

Herkunft: Birmingham-Aston, UK

Album: Patient Number 9

Spiellänge: 61:19 Minuten

Genre: Metal, Rock, Doom Metal, Doom Rock, Progressive Rock

Release: 09.09.2022

Label: Epic, Sony Music

Link: https://www.ozzy.com/

Bandmitglieder:

Gesang – Ozzy Osbourne

Gastmusiker: Zakk Wyld, Eric Clapton, Mike McCready (Pearl Jam), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Taylor Hawkins (Foo Fighters),Robert Trujillo (Metallica), Duff McKagan (Guns n’ Roses), Chris Chaney (Jane’s Addiction), Tony Iommi

Tracklist:

  1. Patient Number 9
  2. Immortal
  3. Parasite
  4. No Escape From Now
  5. One Of Those Days
  6. A Thousand Shades
  7. Mr Darkness
  8. Nothing Feels Right
  9. Evil Shuffle
  10. Degradation Rules
  11. Dead And Gone
  12. God Only Knows
  13. Darkside Blues

Einen Tag nach dem Tod der Queen stehen die Zeichen weiter auf Abschied. Ozzy Osbourne, der Fürst der Finsternis und Pate des Metal, ist sehr in die Jahre gekommen und der Körper gibt ihm immer mehr Hürden auf, die er nehmen muss. Viele hätten es gar nicht mehr für möglich gehalten, dass Ozzy noch ein 13. Soloalbum zustande bekommt. Mit 13 Songs geht der Patient Number 9 jetzt an den Start und wurde über Epic / Sony Music veröffentlicht. In über einer Stunde lässt die Legende alle Kritiker mit ihrer unglaublichen Charakterstimme verstummen. Neben den Einflüssen aus Metal und Rock versetzt er seine Kunst mit einem dornigen Doom Sound, progressiven Pfaden und butterweichen Blues Elementen. Wenn einer alles gesehen hat, dann wohl Herr Osbourne, der abermals wie der Phönix aus der Asche bricht. Ich für meinen Teil vermute jedoch, dass mit Patient Number 9 tatsächlich die Ziellinie überquert wird. Ein Höhepunkt wäre noch eine Tour, an die man kaum noch glauben mag. Jetzt jedoch zurück zum aktuellen Silberling.

Ist Ozzy wirklich noch so auf der Höhe, ein komplexes wie komplettes Studioalbum aus dem Boden zu stampfen?  Die Ängste dürften berechtigt sein. Ist der Fürst senil? Spielt er die alte Leier? Kann er seine Kunst gar noch mal mit 74 Jahren neu erfinden? Viele Fragen und hoffentlich bekommt ihr jetzt eure ersten Antworten. Die Erste lautet, Tony Iommi und Ozzy finden wieder weiter zusammen. Erstmals ist der Gitarrist auf einem Soloalbum von seinem jahrzehntelangen Weggefährten. Das ist nicht alles, Unterstützung bekommt er noch von Zakk Wyld, Eric Clapton, Mike McCready (Pearl Jam), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Taylor Hawkins (Foo Fighters), Robert Trujillo (Metallica), Duff McKagan (Guns n’ Roses) und Chris Chaney (Jane’s Addiction). Die Namen muss man zweifelsohne erst einmal verdauen. Mit Patient Number 9 serviert die Platte nicht nur den Titeltrack als Opener, sondern auch einen richtig starken Song. Die Energie und Magie sind spürbar, das Musikvideo ergreifend, während Ozzy seinem Stil einfach treu bleibt. Mit einem Auge schielt er auf seinen Zustand, verrückt, gar wahnsinnig verkörpert er den Patienten Nummer 9. Technisch eine super saubere Komposition, mit einem grandiosen Refrain und ohne Ende Hitpotenzial. Die über sieben Minuten lange Version kann man als intensiv bezeichnen, langwellig wird sie nicht und stößt die Tür knarzend auf. Bei Immortal geht der Fuß aufs Gas. In drei Minuten jagen die Protagonisten durch die kurze Sequenz. Am Limit zeigt Ozzy, dass er auch mit 74 nicht nur langsamere Balladen umsetzen kann.

Nach den ersten zwei Tracks kann man bereits bestätigen, dass der Sänger sein Vermächtnis in keiner Weise beschmutzt. Voll auf Augenhöhe will er noch mal einen Kracher in unsere Ohren tragen, der die Jahrzehnte überdauern soll. Der doomige Rock ’n‘ Roll kommt bei Parasite zum Tragen. Im Fokus sind immer die Vocals vom Hero ganzer Generationen. Der Fuß geht langsam vom Gas. No Escape From Now bereitet das Feld für ruhigere Momente vor. Die stark verzerrte Stimme wabert aus den Boxen. Nach dem gedrungenen Start in den vierten Song nimmt der Druck zu. Die Intensität nach oben geschoben, zeigt No Escape From Now viele Gesichter. Platz genommen auf dem Thron, blickt er mit One Of Those Days auf die vielen treuen Untertanen. Die erste eigentliche Ballade dringt durch den Abend. Radiotaugliche Partymoves lassen Ozzy in den Jungbrunnen springen. A Thousand Shades unterstreicht das Bauchgefühl, dass die Soloplatte ohne Probleme mit den Vorgängern mithalten kann. A Thousand Shades, die nächste ruhige Session, lässt düstere Gedanken zu und streckt sich der frostigen Knochenhand zögerlich zu. Die Dunkelheit kommt nicht zu kurz und bekommt einen Platz in Form von Mr Darkness. Schleppend fahren die Instrumente herunter, um in ihrem Sparmodus explosive Akzente zu setzen. Einmal losgelassen, kann man Mr Darkness nicht mehr einfangen. Die ganz große Power der ersten Minuten verfliegt. Sand im Getriebe bei Nothing Feels Right? Eher nein, auch wenn der Song nicht in die Top 5 des Langeisens kommt. Andächtig zieht Ozzy vorsichtig den Stecker, um mit der Doomwalze Evil Shuffle um die Ecke zu kommen. Aus dem Stand heraus drückt der Bass dem Konsumenten tiefe Rillen ins Gesicht, während der Brite die Vocals zum Schärfen der Klinge nutzt, um die Schnitte nochmals tiefer ansetzen zu können. Mit dem Groove im Blut gleitet er in Degradation Rules über.

Die Mundharmonika stellt die Nackenhaare auf. Nostalgie im Blues Gewand. Über 60 Minuten, die wirklich nichts auslassen. Das Ziel schon im Visier, möchte Dead And Gone ein Wörtchen auf Patient Number 9 mitreden. Fein rockig, mit einer moderneren Basis springt der Tod von den 70ern in die heutige Epoche. Der Scheinwerfer schwenkt dabei abermals auf Ozzy und seinen Vocals. Ohne Filler und negativen Ausfällen naht das Ende. God Only Knows auf Atmosphären-Tuchfühlung liefert ein fünfminütiges Ende, in dem das Lachen von Ozzy nicht fehlen darf. Das große Buch von einem Musiker fällt langsam mit Darkside Blues dem Outro zu. Das Kapitel erfolgreich beendet, bleibt abzuwarten, ob das Ende einer gigantischen Karriere geschrieben wurde oder der unerbittliche Ozzy noch mal einen Pfeil im Köcher hat.

Ozzy Osbourne – Patient Number 9
Fazit
Sollte Patient Number 9 das letzte Studiokapitel von Ozzy Osbourne sein, wovon wir einfach ausgehen müssen, dann geht der Altmeister mit erhobenem Haupt. Mit Bravour meistert er trotz der körperlichen Defizite ein sehr intensives Werk. Wer eine solche Veröffentlichung noch für möglich gehalten hat, wird für seinen mutigen Blick in die Zukunft belohnt. Die Zweifel dürften nicht nur bei mir schwer gewogen haben. Weggeblasen durch den ersten Durchlauf von Patient Number 9, kommen kleine Freudentränen aus den Augen gelaufen. Egal, wie verquer, verrückt oder auch peinlich Ozzy in seiner langen Karriere gehandelt hatte. Ein grelles wie schillerndes Feuerwerk wünscht ihm wohl die ganze Szene, welches jetzt mit Patient Number 9 abgebrannt werden kann. Eins der wichtigsten Alben des Jahres 2022 kann man Herrn Osbourne auf die Fahne schreiben. 

Anspieltipps: Patient Number 9 und One Of Those Days
René W.
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